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Anzeiger >m» Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung. 8. Freitag, -en 18. Januar 1850. Schattenbilder auö Ungarn. Bon den eisbedeckten Spitzen der Karpathen, die Donau und Tbeis entlang, bis zu den unend lichen PuSzten Niederungarns herrscht die Todten- stille des Grabes. Das durch die Sclaven der vereinigten Kaiserreiche zertretene, niedergedrückte Volk zieht sich in die einsame Behausung seiner Bäter zurück, blickt sehnsüchtig nach dem 'fernen Osten, wo sein Abgott weilet, hofft und wartet. Die Städte sind wie ausaestorben. An der Stelle der freiheitbegeisterten Kampfer klirren die Säbel der servilen Soldateska, und wo kurz vorher die heißen Klänge des Rakocry-MarscheS zum Kampf aufriesen, schallet dum pf dasTrommelnfder Wacht« Paraden. Von irgend einem politischen Leben ist keine Rede. Nach den kaum durchlebten hef tigen Stürmen ist diese Stille um so drückender, und nur nothdrrftig können wir uns hier durch das servile Geschreibsel östreichischer Journale die Lange weile vertreiben. Aber in der Einsamkeit des Bakonier-Waldes und auf den Steppen der Debrecziner Haide haben die langen Winternächte einen gar angenehmen Gast, da zieht die poetische Mythe von Lssrda zu Esärda und umgiebt mit einem heiligen Glorienschein die jüngsten Kämpfer und Märtyrer der Freiheit. — Wenn die Gulyäsok eingehüllt in ihre zottigen Bundss um'S Feuer sitzen, da legt wohl einer die kurze Pfeile auf die Seite und erzählt seinen auf horchenden Gefährten wie folgt: „Der Morgenstern ist untergegangen, sein Glanz ist erloschen, nur wenn einst Kossuth mit sei nen Getreuen zurückkehrt, und die Unterdrücker aus dem Lande jagt, wirst er den Schleier der Trauer wieder von sich, und glänzt wie früher ein fröhliches Gutenmorgen dem frühen Hirten ent gegen." „Auf den blutgetränkten Schlachtfelder», wo die Besten deS Landes fielen, erscheint die heilige Muttergottes mit schneeweißen Engelein in ihrem Gefolge, bekränzt die Gräber mit Blumen und ruft dem erschrockenen Landmanne mit überirdischen Tönen zu: „Bleibet treu und harret auö, Kossuth weilet in meiner Nähe, unter den Geistern Huny adys, Brinyis und Racoczys wartet er auf die Tage der Vergeltung, da werde ich selbst Cberu» bine mit feurigen Schwertern ihm zur Hilfe sen den." Und während so in aller Herzen der unterir dische Vulkan gährt, und der Zeit wartet, nm in seinem Ausbruche die Unterdrücker zu begraben, schreitet die Regierung in ihrer Strenge immer weiter und thut keinen Schritt zur Versöhnung. In der Kaiserstadt, in den Sälen der Burca r- kratie, wird die acht Jahrhunderte alte Konstitu tion der Magyaren vernichtet, und aus der tabula rasa der ungarischen Freiheiten erhebt sich über starrenden Bajonetten das Gebäude del Despotis mus. — Nichts wirb versäumt, um die Nation bis in den innersten Nerv zu verwunden und sie bis auf das äußerste zu treiben. Nachdem sie en gros gehängt, erschossen und eingekerkert hatten, suchen sie neue Sccanterien auf, mit denen sie ihre Op fer peinigen können. Sie, die all ihr Beginnen mit deck hochtrabenden Prahlen der Gleichberechtigung beschönigen, gaben erst vor Kurzem einen Befehl heraus, nach welchem in 48 Stunden alle ungarischen Gewölbeschilder in deutsche zu verwandeln sind. Ob der schon sonst gedrückte Gewerbsmann die Mittel hiezu hat, oder ob es überhaupt die Kürze der Zeit zuläßt, küm mert sre nicht. Jeder, dem eS unmöglich war, die ser eigenthümlichen Verordnung nachzukvmmen, wird mit ansehnlichen Summen bestrast, die dann natürlich zu wohlthätigem Zweck, d. i. für Ihre Familien und Speichellecker verwendet wyMt. Und beinahe jeden Tag fleht man den Feldzeugm. Haynau die Straßen Pesth'S durchs^iten und,