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Anzeiger »>» Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung. 2a) Freitag, den 28. März 1851. !V e r m i s ch t e s. Preußen. Die Organe der Regierung weisen mit Nachdruck darauf hin, daß bei den neuerlichen Differenzen Preußens und Oesterreichs der Kai ser von Rußland sich entschieden auf die Seite des Berliner CabinetS gestellt habe. Der russische Czaar soll einen Brief an den Kaiser von Oester reich gerichtet haben, in welchem er erklärt, daß die von Preußen jetzt geltend gemachten Rechte ebenso begründet seien, als die, für welche der Kaiser von Rußland seinem Verbündeten (Oester reich) beigestanden habe. Wie Oesterreich sei ihm Preußen verbündet/und die Stellung, die dieses ejnnehme, müsse erhalten werden; wer dem Plane, diese Stellung zu verrücken, Vorschub leiste, sei sein Feind. Durch diese entschiedene russische Be fürwortung hofft Preußen Das zu erlangen, was es durch eigene Macht nicht zu erringen vermag. — Der Minister des Innern gab in diesen Ta gen einen neuen Beweis, wie wenig ihn ein Kammervotum genirt. Als nämlich die sonst so willfährige erste Kammer bei Berathung des Preß- aesetzes die von der Negierung beanspruchte Bo sugniß, den Zeitungen, die ihr nicht gefallen, den Postdebit zu entziehen, nicht genehmigte, er klärte der Minister geradezu: es sei einerlei, was die Kammer beschließe, die Regierung werde doch thun, was sie wolle, und die Postdebitsentzieh ung, wo sie räthlich erscheine, auf dem Verwal tungswege verfügen. Diese offene Erklärung soll selbst die konservativsten Mitglieder der Kammer verblüfft haben, und sie fangen endlich an zu fragen: wozu sind wir denn eigentlich da? In der letzte» Sitzung des Stadtverordneten« Collegiums zu Prag stellte der Stadtrath den An trag, dem Ministerpräsidenten Fürsten Schwarzen berg das Ehrenbürgerrecht zu verleiben. Stadt rath Jaros beantragte, die Debatte hierüber zu vertagen, bis unsere Zustände ruhiger und ge sicherter sein werden. Hr. Palaczky schloß sich dem an und hob hervor, daß eine Beschlußnahme hierüber unmöglich sei, so lange die Stadt unter dem AuSnahmSzustande schwebe. Hr. Riedel und Hr. Haase machten aus die vierfachen Verdienste des Ministerpräsidenten aufmerksam, so wie auf sein Wirken für den Frieden und den Bestand Oesterreichs, vr. Horaczek und vr. Pinkas, wel cher eine ausführliche Rede über unsere äußere Politik hielt, stimmten dem Vertagungsantrage bei. Palaczky bezeichnet den Antrag als einfAn« zeichen von Servilismus. Ein großer Lärm ent steht bei diesem Worte, das Auditorium stampft. Palaczky wird zur Ordnung gerufen. Der Bür germeister bestehlt den Saal zu räumen und for dert Palaczky auf, sein Wort zurückzunehmen. Der Vertagungsantrag erhielt 17 Stimmen. Der Antrag, dem Ministerpräsidenten das Ehrenbür- gerrccht zu verleiben, wird mit großer Majorität angenommen. In Schleswig, wo der bekannte Tillisch neuer dings als verantwortlicher Minister installirt wor den ist, sind die Kirchen gänzlich verödet, da Niemand an dem auf Befehl in dänischer Sprache abgehaltenen Gottesdienste Theil nehmen will. Man hat berechnet, daß die Zahl der Theil- nebmer an der Londoner Industrieausstellung 15,000 betragen wird. New, Jork, 10. März. In einem hiesigen Gerichtshöfe kam es vor einigen Wochen vor, daß ein Angeklagter eine VertheidigungSschrift ein reichte, welche nicht weniger als 6000 Folio-Sei ten füllte. Der Gerichts-Präsident sah sich dies Wunderwerk der Proceß-Literatur ar. und bemerkte dann mit ernster Miene: eS werde wohl am Be sten sein, dasselbe als Probe amerikanischer In dustrie zur großen Ausstellung nach London zu senden.