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188S Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Untcrhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Vo ten, sowie bei allen ReichS- Postanstalten. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. ZK. Jahrgang. Dienstag, den 22. Januar Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Bekanntmachung. Der 1. Termin Grundsteuern sür 1889 ist bis spätestens zum 1l. Februar d. I., die Ortsschankgewerbefteuern für I. Halbjahr und die Hundesteuern für das Jahr 1889 sind bi« spätestens zum 31. d. Mts. in hiesiger Stadtkasse bei Vermeidung der zwangsweisen Einziehung zu entrichten. Eibenstock, am 21. Januar 1889. Der St ad tratst. Löscher. Bg. Die deutsch-ostafrikanische Kolonie wird selbstverständlich bei der Besprechung der Kolo- nialangclegenheiten im Reichstage den breitesten Raum in Anspruch nehmen, weil sie die größte, die am heftigsten umstrittene und gegenwärtig die am »leisten gesährdete ist. I)r. Karl Peters hat soeben eine kleine Schrift veröffentlicht, welche die Entstehungsgeschichte und wirthschaftliche Eigenart dieser Kolonie ausführlich behandelt und daher jetzt gerade ganz gelegen kommt; denn überall spricht man von den deutschen Kolonien, nirgends aber macht man sich ein annähernd richtiges Bild davon. Peters Schrift ist in sachlichem Tone gehalten und hält sich von Ucbcrtrcibungen fern. Bezüglich der Lage der ostafrikanischcn Kolonie wird darauf hingewiesen, daß sie Tropengebiet im eigent lichsten Sinne und zur Ansiedelung nicht geeignet sei. Indessen sei für Deutschland auch der Besitz einer Tropenkolouie unerläßlich. Denn eine solche genüge ganz andern Bedürfnissen als eine Ackerbau-Ansiedel ung. Letztere wäre für Deutschland sehr wllnschens- werth, um seine Auswanderermasse aufzunehmcn und deren Kapital und Bolkskraft dadurch dem Paterlande zu erhalten. Die Tropenkolonie aber ist nothwcndig, um die vielfachen Bedürfnisse von Kolonialartikeln zu befriedigen, die Deutschland heute vom Auslande kaufen muß. Welchen Umfang aber diese Bedürfnisse für unser Volk haben, das beweist ein Gang durch die Straßen einer Stadt, oder auch nur eines Dorfes. Aller Orten die Ankündigung „Kolonialwaaren"; und jede Hausfrau weiß, wieviel von ihrem HauShaltungsgeld allwöchentlich sür Kaffee, Thee, Chokolate, Vanille, Pfeffer und Gewürze u. a. auSgegebe» werden muß. Thatsächlich bezahlt Deutschland für diesen Thcil seiner Bedürfnisse ans Ausland alljährlich gegen 1 Milliarde Mark. Für Kaffee allein etwa gegen 172 Millionen Mark, für Baumwolle l 68 Millionen Mark, für feine Tabacke etwa 4b Millionen Mark. Nun lehrt aber eine allgemeine Berechnung, daß au diesen 1000 Millionen Mark der ausländische Pflanzer, Kaufmann und Reeder zusammen mindestens 50 pCt. verdienen. Solche Berechnung ergiebt eine jährliche Kapitaleinbuße von gegen bOO Millionen Mark für unser Volk. In diesen Zahlen liegt die Nothwendig- keit einer Tropen-Kolonisation für das Deutsche Reich begründet. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, daß eine Kolonie nicht sämmtliche erwünschten Kolonial produkte hervorbringt und daß auch im Gebiete der ostafrikanischen Gesellschaft bisher nur wenig geschehen ist, vielleicht auch nur wenig geschehen konnte, um diese erwünschten Produkte in eigener Regie zu er zeugen. Die Thätigkcit der Gesellschaft sollte und mußte sich in erster Linie auf den Handel mit den Eingeborenen erstrecken, von denen die betreffenden Artikel allerdings weit billiger zu haben sind, al« auf dem »Weltmärkte". Der Nutzen, welchen der Zwischenhandel und die Verfrachtung aus den Maaren zieht, würde allerdings in deutsche Kassen fließen, wenn Deutschland die von ihm benöthigtcn Kolonialwaaren aus eigenen Kolonien bezöge; aber der Vortheil de« Konsumenten wäre verschwindend gering, vielleicht sogar gleich Null. Immerhin sind unsere Kolonien Pflanzstätten deutschen Unternehmungsgeistes, deutschen Fleißes, deutscher Kultur und Intelligenz, und wenn sich aus ihnen in absehbarer Zeit auch wirklich keine Reich tümer herausschlagen lassen, so sind sie doch der Sympathien aller Deutschen sicher. Nur die allzu hoch gespannten Erwartungen muß man schwinden lasten, nur dürfen die Kolonisationsgesellschaften an den Reichssäckel keine allzuhohen Anforderungen stellen, nur müssen sie so vorsichtig auftretcn, daß aus dem ihnen von Reichswegcn zu gewährenden Schutz keine politischen Ungelegenheiten entstehen. Was Ostasrika betrifft, so kann dort die deutsche Stellung nicht aufgegeben werden. Davon unab hängig ist die Frage, ob die jetzige deutsch-ostafrikanische Gesellschaft bestehen bleibt oder einer anderen Ge- scllschaftsbildung den Platz räumt. Im Küstengebiete von Sansibar ist die Ehre der deutschen Flagge engagirt, und wo die deutsche Flagge weht, da schlägt Deutschlands Herz. Hagesgeschichte. — Deutschland. Am Freitag erst ist die er wartete Vorlage betr. Ostafrika an den Bundes rath gelangt. In derselben wird für Maßregeln „zur Unterdrückung des Sklavenhandels und zum Schutze deutscher Interessen in Ostafrika" eine Summe bis zur Höhe von 2 Mill. Mark gefordert; zugleich soll ein Reichskommissar zur Ausführung jener Maß regeln nach Sansibar entsandt werden. — Berlin. Der kommandirende Admiral nud stellvertretende Chef der Admiralität, Vize - Admiral Graf von Monts, ist Sonnabend Abend 8'/^ Uhr durch den Tod von seinen schweren Leiden er löst worden. Der Admiral, welcher bekanntlich nach der Verabschiedung des Generals von Caprivi an die Spitze der Marine berufen wurde, hat eine glänzende Laufbahn zurückgclcgt; denn sein Patent zum Unter lieutenant zur See vatirte erst vom 19. Januar 1855. Bereits am 20. Februar 1868 bekleidete der Graf den Rang eines Korvetten-Kapitäns, während er am 2. Juni 1874 zum Kapitän zur See, am 12. April 1881 zum Kontre-Admiral und am 24. September 1884 zum Vice-Admiral befördert wurde. Beim Untergang des »Großen Kurfürst" wurde Graf Monts mit großer Mühe aus den Wellen gerettet. In ihm verliert der Kaiser, das Vaterland und die deutsche Marine einen hervorragend befähigten liebenswürdigen Offizier, welcher im Sinne seines Kriegsherrn mit größerer Energie der Marine einen neuen Aufschwung zu geben begann, wie dies aus dem zur Zeit dem Reichstage vorliegenden neuen Flottengründungsplan hervorgeht. Leider war es dem Admiral nur einmal vergönnt gewesen, diesen umfassenden Plan im Reichs tage zu vertreten, denn kurz darauf wurde er auf das Krankenlager geworfen, ein tückisches Leiden raffte ihn jäh dahin. — Der des LandeSverraths angeschuldigte französische Ingenieur Dreyfuß ist Straßburger Meldungen zufolge, trotzdem man verschiedene Pläne von deutschen Brückenbauten bei ihm gefunden, aus der Untersuchungshaft entlassen und sofort über die Grenze geschafft worden. — Heidelberg. Am 18. Januar er. waren es zweihundert Jahre, daß König Ludwig XIV. auf Betreiben seines Ministers Louvois der in Heidel berg liegenden französischen Besatzung den Befehl gab, wegen des Anzuges eines kaiserlichen Heeres abzumarschiren und beim Rückzug da« Schloß in die Luft zu sprengen, die Umgegend zu verwüsten, Städte und Dörfer in Brand zu stecken. Wie Ge neral Melac diesen grausamen Befehl vollführt hat, ist bekannt. Nachdem am 28. und 29. Januar etwa 700 Gebäude in der Umgebung Heidelbergs ange zündet waren, erfolgte am 16. Februar die Zerstörung des Prachtschlosscs. Am 2. März räumte Melac die Stadt. Am 5. März begann die schreckliche Mordbrennerei in den herrlichen Städte» und den wohlhabenden Dörfern der Pfalz, welche zur Wüstenei gemacht werden sollte. Noch heute können die Städte Mannheim, Speier, Worms, Oppenheim u. a. von den Gräueln jener Verwüstung erzählen. Erst im Spätherbst des Jahres 1669 waren die Mordbrenner vom deutschen Boden vertrieben. — Frankreich. Viele deutschen Einricht ungen werden in Frankreich schleunigst nachgeahmt. Jetzt sollen 10 Dragoner-Regimenter je zur Hälfte versuchsweise mit Lanzen bewaffnet werde»/ — Dänemark. Im Folkething scheint die unversöhnliche Richtung Oberhand zu gewinnen. Die Majorität trägt sich mit dem Gedanken, das Mini sterium Estrup wegen der verausgabten acht Millio nen zur Befestigung Kopenhagen« unter Reichsge richts-Anklage zu stellen. (Das dänische Reichsgericht hat schon einmal, in der Stcuerverweigerungsfrage, gegen die Opposition entschieden.) — Rußland. In diesen Tagen hat ein Ab gesandter aus Petersburg in Neapel und in dessen Nähe verschiedene Villen in Augenschein genommen, um eine Residenz für die Kaiserin von Rußland ausfindig zu machen, für die ein Wechsel des Aufent haltes immer dringender erscheint, wenn ihr durch die Eisenbahnkatastrophe bei Borki erschüttertes 'Nerven system nicht eine gänzliche Zerrüttung erfahren soll. Locale und sächsische Nachrichten. — Pirna. Das Jahr 1889 bringt den Be wohnern unserer Stadt neben der freudigen Erinner ung an die vor 350 Jahren stattgcfundcnc Einführung der Reformation auch eine traurige Erinnerung an denkwürdige Tage ans der Vergangenheit der Stadt. Ein Vierteljahr-laufend ist in die Welt ge gangen seit dem Jahre des „Pirnaische» Elends" 1639. Am 16. April jenes Jahres rückten die Schwe den vor die Stadt, am 23. wurde sie erstürmt und erst am 25. September von ihren Bedrängern wieder verlassen. Der Osterdienstag, im Jahre 1639 den Anfang der Belagerung bezeichnend, fällt in diesem Jahre auf den 23. April, den Tag der Eroberung der Stadt durch die Schweden. — Bautzen. Der älteste Bewohner unserer Stadt, der vormalige Tischlermeister und Kriegsveteran August Wilhelm Hellmann, ist am 17. Januar gestorben. Derselbe war am 8. Juni 1792 zu Löwen in Schlesien geboren und trat 1812 in die Armee ei». Obgleich mehrfach schwer verwundet, erfreute sich Hellmann bis vor einigen Wochen einer steten Gesundheit. Mit großer Begeisterung erzählte er in Freundeskreisen seine Kriegsabcnteuer und mit Eifer verfolgte er die Ereignisse ver Jahre 1866 und 1870. An seinem letzten (96.) Geburtstage war Hellmann seitens des Stadtrathes zu Bautzen eine Beglückwünschungsadresse überreicht worden. — Mittweida. Daß die Ratte ein Haupt träger von Trichinen ist, hat sich wieder bei der vor einigen Tagen durch den hiesigen Trichinenschauer Fritzsche vorgenommcnen Untersuchung eines solchen Thieres erwiesen. Der genannte Beamte hat in 36 Präparaten nicht weniger als 82 Stück eingekapselte Trichinen vorgesunden. — Ebersbach. Dieser Tage gelang es dem Zollamtsverwalter Richter aus Georgswalde mit 2 Finanzwacheaufsehern auf dem hiesigen Bahnhofe eine Parthie Spitzen, welche einen größeren Werth reprä- sentiren, auf einer Lokomotive mit Beschlag zn belegen. — Hartenstein, 19. Januar. In der am gestrigen Nachmittage stattgefundenen Stadtgcmcinde- rathssitzung wurde Herr SchützenhauSbcsitzcr Viktor Pitschel von hier, gegen eine Stimme, als Bürger meister für hiesige Stadt gewählt. — Eine in Sachsen wohl einzig dastehende kirch liche Gesellschaft ist die „Thurmlantbrüderschaft"