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Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint . e . e e Abonnement -Z8S-L Skiirk des Amlsgenchls Eidenßeck Z-ZZZ sertionSpreis: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs- M-w P, und dessen Umgebung. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. 3«. Sa-r«,«g. 64. Donnerstag, den 30. Mai 188S. Aufruf. Der am Abende des 20. Mai über die Gegend zwischen Mosel und Crimmitschau niedergegangene Wolkenbruch hat derartige Verwüstungen angerichtet, daß die öffentliche Inanspruchnahme der Milbthätigkeit gerechtfertigt erscheint. Zwölf Menschenleben sind verloren gegangen, drei Wohnhäuser und ein Färbereigebäude sind mit allem Mobiliar vollständig verschwunden, viele andere Gebäude sind theilweiS zerstört oder beschädigt, zahlreiches Vieh ist ertrunken, Felder, Wiesen und Gärten sind zerrissen und verschlämmt, Waarenvorräthe und Mobiliar von den Fluthen mit fortgeführt oder bis zur Unbrauchbarkeit beschädigt. Ueberdies sind viele, darunter mehrere vollständig massive Brücken ganz, andere theilweis zerstört, die öffentlichen Wege zerrissen. Langer, mühsamer Arbeit wird es bedürfen, in den geschädigten Gemeinden das traurige Bild solcher Ver wüstung zu beseitigen. Nach de» von Beamten der K. Amtshauptmannschaft Zwickau unter Mitwirkung Sachverständiger in den letzten Tagen angestellten Erhebungen beziffert sich allein der Gesammtschadcn, welcher in den betroffenen Lanvgemeinden entstanden ist, also noch ungerechnet der voraussichtlich noch bedeutenderen Schäden in der Stadt Crimmitschau, auf rund eine halbe Million Mark. Bei solcher Nothlage drängte es die Unterzeichneten, sich zu einem öffentlichen Aufrufe um milde Gaben zu vereinigen, und bitten sie, auch anderwärts Ortscomites zur Einsammlung von Beiträgen für Linderung jenes Elends zu bilden. Sowohl die Unterzeichneten selbst, als die Hauptkaffen der Kgl. AmtS- hauptmannschaft Zwickau und der Stadträthe zu Zwickau und Crimmitschau sind zur Annahme von Beiträgen bereit. Zwickau und Crimmitschau, den 26. Mai 1889. Das Kenlral-Kütfscomile für die Wasseröeschädiglen im Mulden- und M'eißenMl'e. Kreishauptmann Freiherr von Hansen, Landgerichtspräsident von Mangoidt, Oberbürgermeister Streit, Justizrath Lichter, Superintendent Meyer-Zwickau. Kom- merzicnrath Kürzel, Stadtvcrordneten-Vorsteher Albrecht-Crimmitschau. Superintendent l)r. Lichter, Obcramtsrichler Lätz-tverdau, Rittergutsbesitzer Mnmmert- Carthause, Ritterguts- und Fabrikbesitzer Eugen Esche-Chemnitz, Rittergutsbesitzer Hagcr-Gablrnz, Rittergutsinspector Däwcritz, Pastor Arcißig-Lauterbach, Ge meindevorstand Saucr-Leitelshain, Rittergutsbesitzer Größer. Gemeindevorstand Pfeifer, Pastor Zschommler-Mosel, Rittergutsbesitzer Scuhne, Gemeindevorstand Kießling-Oberrothenbach. Fabrikbesitzer Saumgarten, Fabrikbesitzer Sarfert, Gemeindevorstand Lrcnncr-Wahlcn. Amtshauptmann v»» Losv-Lvivlrsii, Bürgermeister vr. I. Vorsitzender. II. Vorsitzender. Unter Bezugnahme auf obigen Aufruf erklärt sich der unterzeichnete Stadtrath zur Annahme von Gaben und zur Weiterbeförderung derselben gern bereit. Auch sind noch in den vier Gasthöfen „Rathhaus", „Stadt Leipzig", „Englischer Hof", „Stadt Dresden", sowie in der „Union" mit Genehmigung der Besitzer derselben Sammelstellen errichtet worden. Eibenstock, den 29. Mai 1889. Dtk Löscher, Bürgermeister. Am heutigen Tage ist für den abwesenden Copisten Friedrich Eduard Tuchscheerer aus Schönheide Herr Gemeindevorstand Haupt daselbst als Abwesenheitsvormund verpflichtet worden. Eibenstock, am 23. Mai 1889. Königliches Amtsgericht. Peschke. Hagesgeschichle. — Deutschland. Wenn man das Jnvaliden- und Altersversicherungsgesetz als den Schluß stein und die Krönung des Gebäudes der sozialist ischen Gesetzgebung bezeichnet, so ist dies in gewissem Sinne richtig, in anderm aber auch nicht richtig. Zutreffend ist allerdings, daß die soziale Gesetzgebung damit zu einem gewissen Abschlüsse gelangt ist; die durch die kaiserliche Botschaft von 1881 in Aussicht genommene Gesetzgebung zur Versicherung der Ar beiter gegen Krankheit, Unfälle, Altersschwäche und Arbeitsunfähigkeit ist damit zur Thatsache geworden, das kaiserliche Versprechen eingelöst. Daß nach den großen Anstrengungen der Gesetzgebung nunmehr eine gewisse Ruhepause eintreten muß, wird als selbstverständlich zu betrachten sein. Damit ist aber keineswegs gesagt, daß die Reichsgesetzgebung auf sozialem Gebiete nunmehr ruhig die Hände in den Schooß legen dürfe. Die Aufgaben, die ihrer in den nächsten Jahrzehnten auf diesem Gebiete harren, sind gewaltig und bedeutsam. Der Abg. Miquel hat schon in seiner jüngsten Rede auf einige der selben hingewiesen und unter ihnen der Wohnungs frage die gebührende Wichtigkeit eingeräumt. Die Ausdehnung der Arbeiterschutzgesetzgebung, die Witt- Wen- und Waisenversorgung und die Regelung der Verhältnisse der hausindustriellen Arbeiter dürften außerdem Wohl die Gegenstände sein, welchen sich die Thätigkeit der gesetzgebenden Gewalten im Reiche zuwenden wird. Man sieht, es fehlt für die kom menden Jahre nicht an Arbeit, um die Lage der arbeitenden Klassen mehr und mehr zu heben und dieselben in immer größerm Maße mit den bestehen den Verhältnissen auSzusöhnen. — König Humbert hat Berlin verlassen. Die Heimreise erfolgte auf demselben Wege wie die Her reise, also über Frankfurt, Baden und die Schweiz. Hingegen unterbleibt ein Berühren von Straßburg. Der Gedanke, die Rückreise durch Elsaß zu nehmen, ist erst kürzlich aufgetaucht, eine Zeitlang erwogen, dann aber fallen gelassen worden. ES wäre besser gewesen, man hätte das Vorhaben überhaupt nicht in die Oeffentlichkeit gebracht, wenn seine Ausführung nicht gesichert war. Das Bekanntwerden der Absicht des Königs Humbert, Straßburg zu besuchen, hat in Frankreich geradezu tolle Wuthausbrüche hervorgeru fen. lieber die Grimassen, welche die Pariser Presse dabei geschnitten hätte, würden wir mit gewohntem Gleichmuth haben hinwegsehen können; aber König Humbert mußte vor französischen Ungezogenheiten ge schützt werden, solange er als unser Gall auf unserem Boden weilte; in Straßburg aber hätte das Aufgebot von FranzöSlingen leicht eine unliebsame Kundgebung Hervorrufen können. Daher unterblieb sowohl die Berührung von Straßburg als auch die Begleitung des scheidenden Königs durch unfern Kaiser. Bis auf diesen Zwischenfall haben Deutschland wie Ita lien alle Ursache, mit Genugthuung und freudigem Stolze auf den Besuch des Königs von Italien am deutschen Kaiserhofe zurückzublicken. — Recht ernst lauten die Nachrichten, welche aus dem rheinisch-westfälischen Streikge biet zu uns gelangen. Nachdem dort der Friede für endgiltig geschlossen galt, nachdem dann weiter die partielle Wiederaufnahme des Ausstandes durch die unter Leitung des Vorstandes des Vereins für die bergbaulichen Interessen, I)r. Hammacher geführten Verhandlungen nahezu für beglichen erachtet werden durfte, hat sich schließlich die Sachlage so ungünstig entwickelt, daß 1>r. Hammacher die Einigungs-Ver suche aufgab und am Montag nach Berlin zurück gekehrt ist. Inzwischen haben die Behörden sich ver anlaßt gesehen, gegenüber der Ausstandsbewegung in ganz anderer Weise aufzutreten, als es vordem der Fall gewesen. Der Verlauf der unruhvollen Ver sammlung der Delegirten der Arbeiter zu Bochum am 24. er. muß wohl die Handhabe zu den energ ischen Maßnahmen, welche jetzt getroffen worden sind, geboten haben. Kaiser Wilhelm hält fortgesetzt sein Augenmerk auf die Vorgänge im Streikrevier gerichtet. Während des Rundganges durch die Ausstellung für Unfallverhütung, den der Monarch mit seinen hohen Gästen Sonnabend früh machte, nahm der Kaiser in einem der Säle den Vortrag des Ministers Herfurth entgegen, welcher wichtige Mittheilungen über die Streikbewegung in Westfalen machte. Der Kaiser nahm mehrfach Veranlassung, zu einzelnen Herren seiner Umgebung sein Bedauern darüber auszudrücken, daß die soeben eingegangenen Nachrichten den erneuten Ausbruch des Streiks fürchten ließen. Der Kaiser kam wiederholt auf diese Angelegenheit, die ihn sicht lich auf's Lebhafteste beschäftigte, zurück und sagte beim Abschied: „Hoffen wir, daß die nächsten Be richte aus Westfalen friedlicher lauten!" — Am Mon tag fand ein Kronrath unter dem Vorsitz des Kaisers statt, und eS dürfte sich darin wesentlich um die An gelegenheit des Ausstandes der Grubenarbeiter ge handelt haben. Die zahlreichen Verhaftungen (so z. B. des Streikcomites einschließlich der Kaiserdeputation) und anderweiten polizeilichen Vorkehrungen, die aus den Streikbezirken gemeldet wurden, könnten immer hin den früher schon aufgetauchten Gedanken strenger Sicherheitsmaßregeln (Verhängung des Belagerungs zustandes) wieder in den Vordergrund gerückt haben. — Im Hinblick auf den tiefbcdauerlichen Wie- derauSbruch des Streiks im rheinisch-west fälischen Bcrgbaubezirk veröffentlicht Herr Abg. Hammacher, der sich, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für die bergbaulichen Inter essen im Oberbergamtsbezirk Dortmund, die erdenk lichste Mühe gegeben hat, mit den Vertretern der Arbeiter zu einer Verständigung und auf diese Weise zur endgültigen Beilegung des Kampfes zu gelangen, über die bezüglichen Verhandlungen einen ausführ lichen Bericht. In demselben wird von Herrn lir. Hammacher die Behauptung des Arbciterausschuffes, „eine größere Anzahl von Zechen habe sich wider Er warten an die Ausgleichs-Beschlüsse des Vorstands für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamts bezirk Dortmund nicht gebunden," für durchaus un wahr erklärt. „Ich hatte," — so heißt es in seinem Bericht — „die Arbeiterdelegirten, mit denen ich ver handelte, gebeten, mir die Zechen anzugeben, auf welche sich diese Behauptung beziehe. 'Niemand konnte mir aber eine solche bezeichnen, und man mußte an erkennen, daß der Aufruf eine Unwahrheit an die Spitze und die Autorität des Vorstandes für die