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188S Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionSpreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. S«. Jayrgan,. Dienstag, den 10. September Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. Amts- und Anzeigeblatt für den LeM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Bekanntmachung. In Folge freiwilligen Abgangs des derzeitigen Inhabers ist bei dem unter zeichneten Stadtrathe die Rathsregistratorstelle vom 1. Januar 1890 ab anderweit z« besetzen. Dem Rathsregistrator liegt neben der Erledigung sämmtlicher stadträthlicher Expedientenarbeiten die Protokollsührung in den Raths-, Stadtverordneten- und Ausschußsitzungen sowie die Verwaltung kleinerer Kassen ob, auch wird ihm nach Befinden die Stellvertretung des Standesbeamten übertragen. Die Anstellung dcS Registrators, welcher Gemeindeunterbeamter in Gemäß heit von § 105 der revidirten Städteordnung ist, erfolgt gegen 's. jährliche beiderseitig freistehende Kündigung. Der Jahres-Gehalt beträgt 1350 Mark und steigt bei zufriedenstellender Dienstführung deS Beamten alle zwei Jahre nm 150 Mark bis zum Höchstbetrage von 1800 Mark. Im Verwaltungsfache vollständig geübte Bewerber wollen sich unter Bei fügung ihrer Zeugnisse bis zum 27. dieses Monats allhier melden. Eibenstock, am 4. September 1889. Der Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Kl. Hagesgeschichle. — Deutschland. Nicht ohne symptomatische Bedeutung ist, daß die Landesverwaltung von Elsaß- Lothringen die bisher im Auftrage des Ministeri ums herauSgegebene .Landes-Zeitung für Elsaß-Loth- ringen" mit Eure des laufenden Quartals eingehen läßt. Es wird sich zeigen müssen, ob die Regierung des Reichslandes ohne ein Blatt bestehen kann, durch welches sie ihre Ansichten und Urtheile kundzugeben vermag. — Frankreich. B o u l a n g e r hat eS jetzt ziemlich schlau angefangen, um mit Anstand von Frankreich fernzubleiben. Er richtete nämlich ein Schreiben an Tirard und verlangt darin, vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Sowie ein solches zusammengetreten sei, werde er sich demselben ungesäumt stellen. Da man nun mit einem Ange schuldigten, der schon Verurtheilter ist, nicht über den Gerichtshof verhandelt, vor den er gestellt werden soll, so hat die Schrift BoulangerS selbstverständlich keinen praktischen Erfolg. — Die Regierung wird Boulangers Brief an Tirard nicht beantworten. Die Untersuchung über Boulangers Veruntreuungen wird fortgesetzt; wenn sie geschlossen ist, wird die Regier ung sich entscheiden, ob Boulanger vor ein Kriegs gericht gestellt werden soll. — Belgien. AuS Antwerpen wird über eine am 6. d. daselbst stattgehabte große Explo sion Folgendes gemeldet: In einer Patronenfabrik unweit des Hafens fand heute eine Dynamitexplosion statt. Dieselbe fand in einem Depot für Patronen rind Pulver statt, welche für den Export bestimmt sind. Die Fabrik beschäftigte 126 Arbeiter und Arbeiterinnen, welche sämmtlich todt sind. Die Explosion entzündete zwei große russische Petroleumlager. In Folge der Erschütterung sind viele Häuser stark beschädigt und andere in der Nähe befindliche Lager in Brand ge- rathcn. Hülfe war schnell zur Stelle. Die Behörden, die gesammte Polizei, die Gendarmerie und die Gar nison haben sich an den Ort des Unglücks begeben. Priester und barmherzige Schwestern sorgen für die Verwundeten, welche sehr zahlreich sind, und führen die Tobten in großer Anzahl nach dem Leichenhause. Das Feuer greift mehr und mehr um sich. — Die Explosion der Patronenfabrik ging von einer Werk statt aus, wo alte Patronen auseinandergenommen werden. Daselbst lagerten 50 Millionen Patronen, deren Hälfte bereits auseinandergenommen war. Die Zahl der Tobten beläuft sich aus ungefähr 125, die der Verwundeten auf gegen 200. Die Opfer sind meist Arbeiter. Das Feuer ergriff große Schuppen, fast ausschließlich Petroleum enthaltend. Die bren nende Fläche umfaßt etwa einen Hektar. Die Flam men schlagen gegen zweihundert Dieter hoch und man hört fortwährend Detonationen, welche von fortge- schlcuderten Patronen herzurühren scheinen. In fast allen Häusern sind die Fensterscheiben zerbrochen; ein Theil des Daches des Börsengebäudes ist beschädigt. DaS Feuer dauert fort; 60,000 Barrells Petroleum stehen in Flammen. Eine spätere Nachricht aus Brüssel besagt, daß bei der Explosion eS sich weder um eine Patronen fabrik, noch um ein Patronenausfuhrlager handelt. Der Unternehmer Corvillain hatte der spanischen Regierung 60 Millionen wegen der Ncubewaffnung der spanischen Truppen unbrauchbar gewordene Patronen abgekauft und in seiner zwischen Kattendyk und dem Vorort Austruweel gelegenen Fabrik 130 jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen damit beschäftigt, das Pulver herauszunehmen und das Blei und die Kupfertheile einzuschmelzen. Die klerikale Provinzial behörde hatte, trotz des Einspruchs der liberalen Stadtverwaltung, dem klerikalen Unternehmer die Erlaubniß zu diesem feuergefährlichen Betrieb ertheilt. Die Ursache der Explosion wird unaufgeklärt bleiben, da sämmtliche Fabrikarbeiter todt sind. — England. Die Wiederaufnahme der Arbeit in den Londoner Docks dürfte, nach Ausweis der neuesten Berichte über den Stand der Streikbe wegung, baldigst zu erwarten sein. Der vom Lord mayor unternommene Versuch, zwischen de» streitenden Parteien zu vermitteln, hat diese günstigere Wendung der Dinge zu Wege gebracht. Man einigte sich dahin, daß vom 1. Januar 1890 ab den Arbeitern ein Stundenlohn von sechs, statt wie bisher von fünf Pence gezahlt werden soll — ein Arrangement, dessen Annahme die Streikeführer ihren Leuten empfehlen wollten und das auch von den Direktoren der Dock gesellschaften der Erwägung für werth gehalten wird. Wenn nicht sofort, so doch am Montag, würde dann die allgemeine Wiederaufnahme der Dockarbeit statt finden und damit eine Krise ihr Ende erreichen, wie sie in den wirthschaftlichen Jahrbüchern des britischen Reiches noch nicht dagewesen ist. Die Arbeiter können mit dem von ihnen erzielten Resultate wohl zufrieden sein. Sie haben sowohl in Beziehung auf die Or ganisation als auf die Entlohnung der Arbeit in den Docks ihre wesentlichen Forderungen durchgcsetzt und dürfen sich als Sieger in dem, den Arbeitgebern gelieferten Treffen betrachten. Werden sie nun mit den eingeheimsten Erfolgen zufrieden sein? Werden sie Einsicht und Mäßigung genug besitzen, um den Lockungen zu widerstehe», welche von sozialrevolutio- närcr Seite zweifellos in mehr oder minder eindring licher Weise in Zukunft an sie herantreten werden? Hier liegt der Schwerpunkt der Situation. — London. In einer Kohlenzeche unweit Edin- burg brach Feuer aus, während 72 Bergleute in der Tiefe arbeiteten. Nur 2 derselben vermochten sich zu retten, die übrigen 70 erstickten. — Rußland. Die vom Czaren vollzogene Erhebung der Gräfin Beauharnais, Schwester deS verstorbenen Deutschenfresser Skobeleff, zur Her zogin von Leuchtenberg, erregt in politischen Kreisen ein gewisses Aufsehen. Man ist um so weniger geneigt, die Auszeichnung der Dame als einen ihrer Person geltenden SympathicbeweiS von Allerhöchster Stelle anzusehen, als ja bekannt genug ist, daß Gräfin BeauharnaiS durch ihre Beziehungen zu einem Mitgliedc der kaiserlichen Familie, deS Czaren strengen Familiensinn und sein starkes Ge fühl für gute Sitte sehr empfindlich verletzt hat. Die Mißstimmung des Kaisers gegen die Gräfin ging soweit, daß ihr jeder Verkehr beim Hofe untersagt wurde. WaS in des eigenwilligen Czaren Haupt die Sinnesänderung hervorgebracht, das zu errathen mag dem großen Stab» der Magier überlassen bleiben, welche die Mystik der politischen Kabbala Rußlands zu cnträthseln Zeit und Neigung haben. Seltsam trifft eS sich, daß in dem Augenblicke, da eine glühende Feindin deutscher Art und Sitte so unvermuthet ausgezeichnet wird, die einzige Dame am Czarenhofe, welche die Sympathieen für Deutschland allezeit muthig und rückhaltlos bekannt hat, in schwerer Lebensgefahr auf dem Schmerzenslager liegt. Die Großfürstin Wladimir, die in blühender Gesundheit aus ihrer mecklenburgischen Heimath in ihr neues Vaterland zog, ist bekanntlich nach einer langen Reihe von Täuschungen, die ihr die Ehe gebracht, körperlich so zurückgekommen, daß ihr Zustand zu den ernstesten Befürchtungen nöthigt. Die Großfürstin war einst der Liebling Alexander II., seitdem dessen Sohn Ruß land regiert, hat sie keine angenehme Stellung am Petersburger Hofe gehabt. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 9. Septbr. Gestern Abend fand im Saale des „Feldschlößchen" Hierselbst ein Kin- der-Concert statt, welches eine sehr große Besucher zahl angelockt halte. Zur Aufführung gelangte die von Julius Otto in Musik gesetzte patriotische Dich tung von Friedrich Hofmann: „DaS Vaterlandsfest". Das Merkchen, besonders für Aufführungen an natio nalen Festtagen geeignet, ist hervorragend dazu an- gethan, die Liebe zum deutschen Vaterlande in den Herzen der Heranwachsenden Jugend zu entflammen und dieselbe für die Großthaten unseres ruhm reichen Heeres zu begeistern. Text und Musik bieten eine für die Herzen der Kleinen wie der Er wachsenen gleich fesselnde harmonische Abwechselung, so daß für den Zuhörer während der 2'/z stündigen Aufführung nicht die geringste Ermüdung eintritt. Und selbst den Kindern, worunter die Mädchen in der Mehrzahl waren, merkte man nicht die geringste Ermattung an, waren sie doch stolz darauf, unter Leitung bewährter Lehrer der Oeffentlichkcit und neben bei einem edlen Zwecke dienen zu können. Die Be mühungen des Hrn. Kantor Viertel als Dirigent, der Herrn Organist Neumerkel als Begleiter des Gesanges auf dem Pianoforke und des Herrn Lehrer Sternkopf, welcher den deklamatorischen Thkil über nommen, waren denn auch nicht erfolglose gewesen, denn reicher Beifall folgte den exakten Darbietungen, welche die Zuhörer in hohem Maße befriedigten. Der sehr stark gefüllte Saal gab zugleich die erfreuliche Ueberzeugung, daß auch der Zweck deS Concerts in gewünschter Weise erreicht und für die Anschaffung eines neuen Harmoniums in der Schule ein respek tabler Fond erzielt worden ist. — Eibenstock. Bezüglich des in Nr. 105 d. Bl. mitgetheilten Vorfalls, wonach in Schedewitz durch drei geborene Eibenstocker am Abend des 1. September er. grober Unfug verübt worden ist, wel cher ven Tod des Schlosserlehrlings Scheithauer im Gefolge hatte, erfahren wir heute von einem ter an geblich dabei betheiligt Gewesenen, daß Möckel ein gestanden hat, den verstorbenen Scheithauer erstochen zu haben und demgemäß seiner Bestrafung entgegen sieht. Schreiter wurde am Tage nach dem Vorfälle von der Arbeit weg verhaftet, Tags darauf aber wie der der Haft entlassen, während Vogt überhaupt nicht verhaftet wurde, sondern nur von dem Staatsan walt über den Vorfall vernommen worden ist. — Dresden. DaS Sonnabend Nachmittag in den Paradesälen des Königl. Schlosses stattgefundene Paradediner mit den Fürstlichkeiten nebst deren Gefolgen, den fremdherrlichcn Offizieren, dem Königl. sächs. Ehrendienste, den Königl. sächs. Generalen und Stabsoffizieren, dem Corps diplomatigue und den auswärtigen Gesandten zählte etwa 260 Gedecke. Als der Schaumwein aufgetragen worden war, ergriff Se. Majestät der König den Pokal und führte in festen, markigen Worten, nachdem er zuvor Kaiser Wilhelm als den Feldherrn der Zukunft gefeiert hatte, aus: Er werde, wie er in schweren und guten Tagen zu dem Großvater treu gestanden, auch mit Freuden dem Rufe Sr. Majestät deS Kaisers folgen, wenn eS die Gefahr dcS Vaterlandes erfordere. Meine Kameraden,