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Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint »ei Abonnement s«LL--r Kemb des AmtsaerWs Glbenltsm MLSL lag und Sonnabend. In- ! Exped.twn, bei unfern Bo- serlionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs- M.>°« und dessen Amgeöung. Verantwortlicher Redakteur: E. Hanoebohn in Eibenstock. —— 41. Jahr«-«». S8. Sonnebend, den s. Mni 1SS4. Das dicsjlihrigc Wandcrsest des unterzeichneten KrciSvereinS soll Menstag, den 15. Mai d. I. in Ane abgehalten werden. Die Predigt in dem 3 Uhr Nachmittags beginnenden Gottesdienste bat Herr Pfarrer v. Seydewitz in Leipzig übernommen. Die Nachversammlung findet um 5 Uhr im Schießhause statt. Zur Theilnahme ladet ergebens! ein Das Direktorium des Schneeberger Kreisvereines für innere Mission. Frhr. v. Wirsing, Bors. BckalllltiliachilNß. Mittelst Bekanntmachung vom 24. Oktober 1893, abgedruckt in Nr. 127 des Amts- und AnzcigcblatteS vom 28. November 1893, hat der unterzeichnete Stadt rath darauf hingewiescn, daß an der Hintcrseite der Grundstücke vielfach nicht massive nnd den baupolizeilichen Bestimmungen nicht entsprech ende Schuppen erbaut worden sind, und zugleich die Aufforderung erlassen, bis längstens Ende Mai d. Js. derartige unvorschrisSmäßige Schuppen entweder wegzureißen oder eventuell nach vorheriger Einholung baupolizeilicher Genehmigung vorschriftsmäßig herzustellen. Es wird dies mit dem Bemerken hierdurch in Erinnerung gebracht, daß vie betreffenden Grundstücke nach Fnitablauf levidirt werden, und die 'Nichtbefolgung dieser Aufforderung nach Maßgabe von 8 367 Ziffer 15 res Reichsstrafgesetz- buchcs bestraft werden wirr. Eibenstock, den 2. Mm 1894. Der Rath der Stadt. »>.- Körner. Gnüchtel. Bekamt machuiiii. Diejenigen unbemittelten Einwohner hiesiger Stadt, welche die Erlaubnis zum Leseholzsammeln für nächstes Jahr nachsuchen wollen, werden hiermit aufgefordert, sich längstens bis zum 31. Wai ds. Js. in unserer Anmeldestube zu melden. Später eingehende Gesuche finden »eine Berücksichtigung. Im Uebrigen wird bemerkt, daß nur bedürftige und unbescholtene Personen Leseholzscheine erhalten können. Eibenstock, den 2. Mai 1894. Der Rath der Stadt. »r. Körner. Gnüchtel. Die agrarischen Unruhen in Ungarn. DaS Problembündel, das man kurzweg „soziale Frage" nennt, drück! gegenwärtig auf alle Kultur staaten und nicht nur auf diejenigen mit hochent wickelter Industrie, sondern auch auf solche, in denen der landwirthschaitliche Betrieb noch bedeutend über wiegt, wie Spanien, Italien und Ungarn. In Ungarn ist es vor wenigen Tagen zu bedeuten den Ausschreitungen gekommen, bei denen die Polizei, die bestellte Hüterin der öffentlichen Ordnung, den Kürzeren gezogen hat. Das große ungarische Tief land — das Alföld — ist wie Sizilien durch seinen guten Boden und seine Fruchtbarkeit bekannt und be rühmt; man sollte meinen, daß dort die Vorbeding ungen für annähernd paradiesische Zustände gegeben seien, so daß die Bewohner ohne allzucrhebliche An strengungen sich eines behaglichen Daseins erfreuen könnten. In Wirklichkeit liegen die Dinge aber ganz anders. Der Grund und Boden des Alföld« befindet sich in den Händen weniger Großgrundbesitzer und Landspekulanten, die die große Masse der Bevölkerung in vollständige Abhängigkeit von sich gebracht haben. So ist die Lage der Landarbeiter eine sehr gedrückte; das Pferd, das den Hafer verdient, bekommt ihn nicht. Da ist es denn kein Wunder, daß bei dieser vom Bodenbesitz ausgeschlossenen und doch auf die Boden bearbeitung angewiesenen Bevölkerung die von der Landeshauptstadt Budapest her verbreiteten sozialist ischen Lehren begeisterte Aufnahme finden. Wenn man hört, daß ein Tagelöhner im Alföld während der Erntezeit einen Höchstverdienst von 1 Mk. bis 1,-0 Mk. hat und dabei während des ganzen Winter» verdienstlo« ist — wenn man ferner hört, daß sie „noch zehnmal besser stehen, als tausende slowakischer Fa milien", dann wird man sich ein Bild von den länd lichen Zuständen in Ungarn machen können. Die agrarisch-sozialistische Bewegung in Alföld ist so tiefgehend und so weit verbreitet, daß die ungarische Regierung dagegen mit einfachen Polizeimitteln nichts wird auSrichten können. Der ungarische Minister des Innern hat dies selbst in der Kammer ausgesprochen und reformatorische Maßregeln in Aussicht gestellt. Solche müßten sich naturgemäß in erster Linie darauf richten, daß jedem strebsamen Arbeiter die Möglichkeit gegeben wird, sich selber eine Scholle Landes zu er werben, deren Ertrag seinem eigenen Flciße zu gute kommt. Gerade der deutsche Bodenbesitz-Modu«, das Bestehen Hunderttausender kleiner und mittlerer Besitze neben den Latifundiengütcrn erschwert der Sozialdemo kratie ihre Agitation auf dem Lande. Der Mensch saugt sich seiner GemüthSveranlagung nach an den Besitz fest, man muß ihm also die Möglichkeit de» Besitze« geben; da« hat man in Ungarn versäumt — das „Bauernlegen" ist dort seit Jahrzehnten zur Norm geworden — die Landspekulation feierte dabei förmliche Orgien — die Früchte davon treten jetzt zu Tage. Wenn der gute Schiller noch lebte und er würde mit seinem Ausspruch: „Etwas muß der Mensch sein eigen nennen. Sonst wird er morden, sengen und brennen," vor die Oeffenllichkeit treten, liefe er Gefahr, als Anarchist verschrien zu werden oder doch wenigstens mit dieser Sorte in das gleiche Horn zu stoßen. In den letzten hundert Jahren haben sich dis Besitzver- hältnisse gewaltig verschoben; die Entwickelung des Verkehrswesens und der Industrie haben den Kapitalis mus zur obersten Weltmacht erhoben und noch ist nicht die Zauberformel gefunden worden, die die un leugbaren Nachlheile einer solchen einseitigen Ent wickelung für die breiten Schichten des Volkes bannt. Daß der Arbeitlosenzug in Nord-Amerika, die Bcmben- Attentate der Anarchisten, die Unruhen in Sizilien und Ungarn die gewünschten Heilmittel nicht bieten, ist jedem Verständigen klar; aber alle kiese furchtbaren Thatsachen, erwachsen aus traurigen Verhältnissen, sind zugleich Mahnrufe, der sozialen Entwickelung unausgesetzt Beachtung zu widmen und ihre unge sunden Auswüchse durch wohldurchdachte und ver ständige Reformen zu beseitigen. Hagesgeschichle. — Deutschland. Die Maifeier der So zialdemokratie ist in Deutschland ruhig verlaufen. Die Ungunst der Zeiten hat die Arbeitnehmer vor sichtig gemacht und so ist wohl von ihnen nirgends Arbeitsruhe erzwungen oder auch nur zu erzwingen versucht worden. Nach den Berichten aus den ver schiedensten Industriestädten Deutschlands ist die Feier des 1. Mai überall ohne Störungen und unter recht matter Betheiligung der Arbeiter vor sich gegangen. Mit jedem Jahr zeigt eS sich mehr, daß diese einst mit großen agitatorischen Plänen in« Leben gerufene Demonstration eines ganz willkürlichen Feiertag« mitten zwischen allgemein anerkannten Feiertagen an dem gesunden Sinn der ordentlichen Arbeiter selbst gescheitert ist. Das Gleiche gilt übrigens auch von den weitaus meisten Jndustrieorten des Auslandes. — Der „Festtag der Arbeit", so schreiben die „Berl. N. N", ist wieder einmal vorüber. Gleich- müthig hat die bürgerliche Gesellschaft ihn kommen gesehen und gleichmüthig läßt sie ihn im Kreislauf der Tage untertauchen. Der Phrasenschwulst der Volksversammlung und de» Straßenmeeting« ist am letzten Ende unschädlich und vermag in dieser Welt der harten Tbatsachen das Bestehende nicht umzu stürzen. In Deutschland vollend« hat man bei dem nüchternen WirklichkeitSsinn, der auch in unserer Arbeiterbevölkerung lebt, keinerlei Ueberraschungen er wartet; man wußte, daß da und dort ganz vereinzelt ein paar tausend „starke Arme" feiern würden und daß eS im Uebrigen bei Kaffeekochen und bildsamen Reden bliebe. Ander« vielleicht im AuSlande. Dort gährt noch ungezügelter und ungeschulter da« Tem perament in den Arbeiterherzen und wenn man auch an keine ernsthafte Revolten dachte, so waren kleine Putsche und Zusammenstöße doch nicht ganz ausge schlossen. Der Verlaus des Tages bat auch diese Befürchtungen als grundlos erwiesen. Fast bis auf dis Einzelheiten übereinstimmend lauten die Berichte aus allen Ländern und allen Orten und es wird geradezu eintönig zu registriren, daß man überall Versammlungen abhielt und schöne Resolutionen für Achtstundentag und 36stündige Sonntagsruhe annahm und daß im Uebrigen die Ruhe nirgends gestört wurde. In Oesterreich mochte man vielleicht am ehesten un liebsame Eventualitäten erwarten. Aber lag cs an dem kalten Regenwetter, das erfahrungsgemäß seit je am wirksamsten die Volksaufläufe zerstreut Hal oder an der Wachsamkeit der Polizei — kurz, auch hier entwickelte sich die Maifeier ganz ruhig, programm mäßig und ohne alle Zwischenfälle. In Wien am Nachmittag Fcstzllge im Prater und ein harmloses Kokeltircn mit rolhen Kravatten und sozialistischen Emblemen, in Prag eine Versammlung von etwa 30,000 Personen auf der Schützeninsel, in Brünn ein Meeting von etwa 20,000 Menschen am weißen Berge — das ist alles. Die zahlreich anwesende Polizei hatte keinen Anlaß zum Einschreiten. Wo dennoch, wie in Prag ein paar radaulustige Genossen gelegentlich die Fenster einschlagen, zerstreut die Po lizei mühelos die Exzedenten. Die nämlichen Mel dungen aus Amsterdam und Brüssel, au« Turin und Marseille. In Mailand sind die Genossen sogar so verständig gewesen, von allen öffentlichen Veran staltungen von vornherein abzusehen. In Paris ist man nach den Dhnamitschrecken der letzten Monate auf dem Posten: vor dem Ministerium des Innern und dem Palais Elysöe sind die Wachtposten verstärkt; eine größere Anzahl von Arbeitslosen, die sich auf dem Concordia-Platze den sozialistischen Delegationen anschließen will, wird von der Polizei zerstreut. Nur die Delegationen werden durchgelassen und begeben sich nach der Kammer, wo sie von einigen Abgeord neten empfangen wurden. Auch hier ist da» Alle«: im Uebrigen bieten die Straßen der Stadt den ge wohnten Anblick. — Frankreich. Zu der bekannten Spionage- Asfaire wird der „Frf. Ztg." unterm 29.^April aus Marseille geschrieben: Herr Otto von Seel, an geblich Major der deutschen Armee und Kommandant von Bitsch, wurde am 13. d«. unter dem Verdachte der Spionage hier verhaftet und sitzt im Gefängniß Chave. Die gerichtliche Untersuchung scheint nun er geben zu haben, daß der Verhaftete schon 1889 aus der deutschen Armee ausgetreten ist in Folge einer Gehirnkrankheit, welche ihm eine Art Verfolgungs wahnsinn hinterließ. Eine bei ihm vorgefundene Karte der Alpen mit allerlei Vermerken, welche sich auf Festungen und strategische Plätze der Grenzen beziehen sollten, stellt sich al» eine Wegkarte von 1872 heraus, ein höchst unschuldige» Ding, und die sonstigen