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Amts- M AnzeiBlatt für den Abonnement viertelj. 1 M. 20 Ps. einschlietzl. des.Jllustr. Unterhaltungsbl.' u. der Humor. Beilage »Seifen blasen' in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. ISS GM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung i»»s Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltigc Zeile 12 Ps. Im amtlichen Theile die gespaltene Zeile 30 Pf. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. 43. Jahrgang. ----- Sonnabend, den 18. Oktober «RrrkriinrrrlLT (nur Krammarkt) am 3. und 4. November 1902 in Hine Mahnung. Die Verhandlungen des ersten deutschen Kolonial-KongresscS haben, wie nicht anders zu erwarten war, verschiedentlich über den Rahmen rein kolonialer Angelegenheiten hinauSgegrifsen und sich jenen Fragen von weitester Perspektive und allgemeinster nationaler Bedeutung zugewandt, die wir unter dem Namen der Weltpolitik zusammenfassen. Zu den beachtenSwerthesten Kund gebungen in dieser Richtung muß man die Rede zählen, in wel cher der Hamburger Direktor der DiSconto - Gesellschaft vom Standpunkte Les patriotischen Großkaufmannes au» die Grund linien unserer Ueberseepolitik gezogen hat. Herr Schinkel nimmt in der Centrale unseres überseeischen Handelsverkehr» eine führende Stellung ein, und er gehört zur Elite jener weitsichtigen und in der Praxis erprobten Kaufleute, deren Kompetenz zur Beurtheil- ung unserer Stellung und unserer Interessen in dem gewaltigen Konkurrenzkampf der Völker unbestritten ist. Verfolgt man nun den Gedankengang der Schinkelschen Rede, so erkennt man darin eine wohldurchdachte, kaufmännisch gefaßte Entwicklung derselben Grundsätze, die der Kaiser bei so verschiedenen Gelegenheiten als maßgebend sür die weltpolitischen Ausgaben de» deutschen Reiche» sestgestellt hat. Man sieht hier aufs Neue, wie diese Grundsätze, die manchem deutschen Philister zunächst so befremdlich in den Ohren klangen, in kurzer Zeit zum festen Inventar unsere» politischen Denken» geworden sind. Gerade in Hamburg war eine starke skeptische Strömung zu überwinden, bevor man sich zu der Einsicht durchgerungen hatte, daß die großen vom Kaiser verfolgten Ziele den besonderen In teressen untere» Handels in dem gleichen Grade zu gute kommen müssen, wie den allgemeinen Interessen unserer Nation. Wenn man früher in Hamburg al« höchste Weisheit den Satz vertrat, daß der Handel am besten gedeihe, wenn das Reich sich möglichst wenig um ihn bemühe, so weiß man jetzt, durch schwere Erfahr ungen gewitzigt, allgemein mit Schinkel den vollen Werth einer Regierung zu schätzen, „die Alle« daran setzt, um den Handel überall mit der Flagge ihrer Kriegsschiffe zu schützen." Man har sich von dem Dogma losgelöst, das wirthschaftliche» und nationale» Leben al« zwei ganz getrennte Dinge behandelte, man ist sich der Identität der großen wirthschaftlichen und politischen Interessen bewußt geworden. Damit ist denn auch Schritt sür Schritt da« Verständniß sür die weltpolitischen Gedanken de« Kaisers ausgegangen. Neben den allgemeinen Betrachtungen, die Schinkel dem Kolonial-Kongreß vorgetragen hat, verdient seine Warnung vor einer Unterschätzung der Kräfte Englands in Welt- und wirth- jchaftSpolitischen Dingen alle Aufmerksamkeit. Der Nächstbethci- ligte, der eher zum Optimismus neigende Interessent, spricht zu un« in der Mahnung, uns durch Statistiken nicht zu dem Glau ben verleiten zu lassen, als ständen wir im Begriff, den englischen Uebersee-Handel zu überflügeln. Und selbst unfern leichtfertigsten Anglophoben könnte aus diesem Munde da« Bekcnntniß Eindruck machen, daß wir noch mancherlei von dem englischen Uebersee- Handel zu lernen haben. Da« Ideal sieht Schinkel im Zusammenschluß Deutschlands, England« und Amerika« zu einer festen Interessengemeinschaft. „Wenn Deutschland, England und Amerika sich einig sind, so werden sie im Stande sein, auch da« korrumpirteste überseeische Land zur Ordnung und zu internationaler Gesittung anzuhalten und wieder mehr Sicherheit in den gesummten überseeischen Handel zu bringen." Es entspricht diesen Anschauungen, wenn Schinkel zum Schluß seiner Rede den Kolonial-Kongreß aufforderte, „unter voller Wahrung der nationalen Selbstständigkeit, aber auch unter Hintansetzung persönlicher Antipathien für ein gute« und ehrliche« Einvernehmen mit unsern beiden stammverwandten Konkurrenten auf wirthschaftlichem Gebiete einzutreten." ES ist bemerkenSwerth, daß diese Mahnung auf dem Kolonial-Kongreß, dem viele von jedem Verdacht der Engländerei freie Männer angehörten, großen Beifall hervorgerusen hat. Tagesgeschichte. — Deutschland. Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt folgende Mittheilung: „Nachdem sich die Audienz der Burengenerale bei Sr. Majestät dem Kaiser au« den bekannten Gründen zerschlagen hat, werden auch die amtlichen Kreise von der Anwesen heit der Generale in Berlin keine Notiz nehmen." — Berlin, l6. Oktober. Bei trübem Wetter und bereits eingetretener Dunkelheit haben heute die Burengenerale ihren Einzug in die Reich-Hauptstadt gehalten. In schlichten, einfachen Formen vollzog sich der Empfang, der aber trotzdem einen von Grund au« herzlichen Charakter trug. Schon von 4 Uhr ab hielt eine dichlc Menschenmenge die Straßen besetzt, welche der Zug passiren sollte. Namentlich in der Nähe de« Bahnhof« Zoologischer Garten stand die Menge wie eine Mauer. Die Polizei hatte umfangreiche Absperrungen getroffen, den Bahnsteig selbst dursten nur Persönlichkeiten betreten, welche eine besondere Legitimation de« Burenkomitees vorwcisen konnten. Pünktlich 5 Uhr 23 Min. rollte der dichtbesetzte Zug in die Bahnhofshalle ein, von nicht endenwollenden Hurrahrufen begrüßt. In der Mitte de« Bahnsteigs hielt der Wagen, in welchem die Generale Botha, Dewet und Delarey in einem reservirten Coupee Platz ge nommen hatten. Nach einer Begrüßungsansprache de« Vorsitzen den des EmpfangSauSschusse« Abg. Lückhoff fuhren die Generale durch die von der Menge eingesäumten Straßen nach dem „Hotel Prinz Albrecht", wo sie Schriftsteller Trojan Ramen des GesammtauSschusse« mit einer poetischen Ansprache begrüßte. Hierauf nahm Botha da» Wort. Er dankte für den prächtigen Empfang und betonte, daß da» Kommen der Generale keinen politischen, sondern nur einen philantropischen Zweck habe, weil da» Burenvolk im Elend liege, in so tiefem Elend, wie es in Worten nicht auSzuvrücken sei. Die Generale begaben sich bann aus ihre Zimmer und erschienen infolge anhaltenden Jubels der in der Straße angesammelten Menge auf dem Balkon, von wo aus Botha nochmals eine Ansprache hielt, in welcher er dem selben Gedanken Ausdruck gab, wie in der ersten. Hierauf nahm Dewet das Wort. Er führte aus, die Buren seien im Kampfe besiegt worden und fügten sich. Die Generale seien nicht ge kommen, Rache zu suchen, aber in ihrem Lande herrsche furcht bare Noch und sic brauchten deshalb Hilfe. Dewet schloß mit herzlichem Dank für den Empfang. Hieraus dankte Delarey ebenfalls noch mit einigen Worten. — Mit Bezug aus die Audicnzfragc der Buren gen er al c wird der „Südd. ReichSkorresp." au« Berlin ge schrieben: „Die Generale können nicht ex post in Abrede stellen, daß sic durch den lediglich auf Bezeichnung des richtigen Wege» sür die Audienz gerichteten deutschen Jnitiativschritt sehr befriedigt waren und sich bereit erklärten, diesen Weg zu betreten. Die amtlichen deutschen Stellen waren hiernach zu der Erwartung berechtigt, daß ihnen die Abgabe de« burischcn Gesuche» an den britischen Botschafter angezeigt werden würde. Statt dessen wurden sie durch eine Mittheilung überrascht, welche die Erfüllung der durch den Kaiser vorgeschriebcnen und durch die Burenführcr schon angenommenen EmpfangSbedingungcn von einer weiteren Kaiserlichen Willensäußerung abhängig macht, d. h. die Generale suchen England gegenüber Deckung hinter dem Kaiser und wollen an die britische VermittelungSstelle nicht ohne gleichsam ent schuldigenden Hinweis auf einen von deutscher Seite auSgeübten Druck herantreten. Ein solches Drängen aber lag von vornherein außerhalb der deutschen Absichten. Der Kaiser und seine Regier ung haben sich in dieser Sache von Anfang an auf den Stand punkt gestellt, daß Sympathiebcwcise nicht aufgedrungen werden." — Die Reise der Burengeneralc steht unter keinem glücklichen Stern. Der Enthusiasmus der Bevölkerung ist groß, unverhällnißmäßig gering die Opferwilligkeit. In Brüssel wie in Pari« flössen die Spenden spärlich. Nach einer Pariser Mel dung sind in alle Häuser Aufrufe mit den faksimilirten Unter schriften der Generale versandt worden. Daß in Berlin da» Ergebniß der Sammlung ein besseres sein wird, läßt sich kaum mit Sicherheit annehmen. Diejenigen vermögenden Personen, die sonst zu WohlfahrtSzwecken u. s. w. erhebliche Summen zeich nen, halten sich wahrscheinlich großentheil» zurück, nachdem die Regierung zu dem Entschluß gelangt ist, von dem Besuch der Generale keine Notiz zu nehmen. Die Masse der Versammlungs besucher und Bewunderer der Buren entrichtet ihren Zoll in Rührung und Begeisterung. Aufrichtig gesprochen, hat e« den Burenführern einigermaßen geschadet, daß sie keine klare, prompte Antwort auf die Frage geben, au» welchen Gründen die Audienz beim Kaiser sich zerschlug. Man versteht nicht, warum nicht mit schlichten Worten alsbald da« Erforderliche gesagt worden ist. Die halben Andeutungen in Unterredungen, die Erklärungen durch Mittelspersonen machen einigermaßen den Eindruck des Aus weichen». E« scheint doch, daß die rauhen Krieger gar zu viel Werth auf die Form der Einladung zur Audienz gelegt haben, gar zu sicher gehen wollten, daß sie empfangen würden. General Dewet soll für eine Audienz beim König von Dänemark eben falls die Zusage im voraus gefordert haben, berichtet eine dänische Zeitung. Derartige« ist allerdings nirgend« Brauch an europä ischen Höfen. E« scheint den Bärenführern an Freunden zu fehlen, die sie offenherzig über irrige Meinungen -ufklärcn. — Der Reichstag hat sich in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause mit Berichten der Petitions-Kommission be schäftigt. Der Abg. Bebel (Socd.) brachte nach bekannter Manier ein Sammelsurium von Beschwerden au» seiner Sammelmappe vor. Der Gegenstand seine« Zorne« war der Beschluß der Petitions-Kommission über Petitionen bezüglich Schaffung eine einheitlichen deutschen Verein«- und VcrsammlungSrechte«, der nicht in allen Stücken den socialdemokratisch-frcisinnigen Wünschen entspricht. Namentlich führte Herr Bebel in rührender Ueber- einstimmung mit einigen freisinnigen Rednern Beschwerde über geringe Zuvorkommenheit gegenüber den politischen Damen. Seinen Angriffen und auch denen de« Abg. Müller-Meiningen traten so wohl der Abg. Trimborn (Ctr.) wie auch der sächsische BundcSrathS- bevollmächtigte Ministerialdirektor Fischer und der Geh. Legations rath Dr. Paulssen wirksam entgegen. Bon den 40 auf der Tagesordnung stehenden Petitionen wurde die erste noch nicht erledigt, denn — Bebel sprach! — In der zweiten Sitzung am Mittwoch fand die Besprechung der socialbcmokratischen Inter pellation betr. Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit statt. Abg. Molkcnbuhr sSocd.) begründete dieselbe. Ihn widerlegte in höchst wirksamer Weise der CentrumSabgeordnete Bachem, indem derselbe nachwies, daß c« kein wirksameres Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gebe, al« die möglichst schnelle Verabschiedung der Zolltarif-Vorlage, und daß eben die zolltariffeindliche Politik der Socialdemokratie e« sei, welche die Arbeiter aus die Straße werfe. Vom RegierungStische führte Staatssekretär Graf Posadowrky au«, daß die Einzelstaaten und Communen viel mehr als da« Reich durch Inangriffnahme öffentlicher Arbeiten die Arbeits losigkeit bekämpfen könnten. Nicht der Zolltarif habe schuld an der Arbeitslosigkeit, sondern die Krisis sei dadurch entstanden, daß man eine vorübergehende Konjunktur aus manchen Gebieten für eine dauernde gehalten habe. Zur Frage der Arbeitslosen versicherung würden die verbündeten Regierungen demnächst Stellung nehmen. — In der Donnerstagsitzung gab Reichskanzler Gras Bülow eine Erklärung zum Zolltarifgesetz ab. Der Reichskanzler erklärte unter Anderem: Die verbündeten Re gierungen sind der Meinung, daß die in der Vorlage vorgesehenen Zollsätze für Getreide gerade noch den Abschluß von Handels verträgen möglich machen. Eine Erhöhung der Mindestzollsätze für Getreide oder eine Ausdehnung der Mindestzollsätze auf an dere landwirthschaftlichc Erzeugnisse halten die verbündeten Re gierungen nach wie vor für unmöglich. — Unter den Vorlagen, die dem Reichstage in dem neuen Tagungsabschnitt gemacht werden, befindet sich auch eine solche wegen de« Verbots der Verwendung von weißem Phos phor zu Zündhölzchen. Den Fabriken, welche auf eine dies bezügliche Fabrikation eingerichtet sind, wird, wie die „Nat.-lib. Korresp." erfährt, bis 1007 Gelegenheit gegeben werden, sich anders einzurichten. — Frankreich. Der allgemeine Kohlengräber-Streik hat sich sehr bald in einzelne Theilstreik« aufgelöst. Die Weisung de« leitenden Ausschusses der „köck-sration nationale" der Berg leute, aus Grund der Forderung de« Minimallohns in den Ausstand zu treten, stieß bei den Delegirten der Departement« Nord und PaS- rc-CalaiS auf Widerspruch. Die Letzteren erklärten fast mit Stimmcn- Einhelligkeit den allgemeinen Minimallohn für eine Utopie und beschlossen, die Lohnfrage zum Gegenstände besonderer Vereinbar ungen in jedem Becken zu machen. Damit war der allgemeine Ausstand beendet und dauern auch die Einzel - Ausstände noch sort, so ist der Streitbewegung das Rückgrat gebrochen und die Möglichkeit einer Einigung wesentlich näher gerückt. — England. London, 16. Oktober. Gestern Nach mittag marschirte ein Zug südafrikanischer Veteranen über den Trafalgar Square. Sic trugen Plakate, auf denen zu lesen stand: „Wollt Ihr, daß Leute, die mehr als drei Jahre in Süd afrika für die Ehre England« gestritten haben, verhungern sollen? Wenn nicht, so helft un», Mitbürger, Genugthuung zu erlangen!" Während de» Umzuges wurde eine Collecte veranstaltet. — Serbien. Mit ver Reise de« serbischen Königs paare S nach Rußland ist e« wieder nicht». In Serbien hatte man diesmal mit Bestimmtheit darauf gerechnet, daß der glühende Wunsch der Königin Draga, durch einen Empfang bei der Zarin ihre Stellung zu befestigen, in Erfüllung gehen werde, weil noch im Juni der russische Geschäftsträger in Belgrad dem Minister präsidenten Wujitsch eine Depesche de» Grafen Lambsdorff mit- gethcilt hatte, worin e» hieß, der Zar hielte an seinen Anschau ungen über die Reise de« König« Alexander nach Rußland fest und erwarte da« KönigSpaar im Herbst zu sehen. — Amerika. Washington, l6. Oktober. Die offizielle Erklärung, in welcher die Beendigung de« Kohlen- arbeit er-AuSstandes verkündigt wird, wurde heute früh 2 Uhr 20 Minuten veröffentlicht. — Den sehr energischen Bemühungen de« Präsidenten Roosevelt zur Vermittelung scheint zumeist dieser Ersolg zu danken. Man darf nun gespannt sein, die Bedingungen des Friedensschlüsse» zu vernehmen, welcher diesen kolossalen Ar beiterkamps abschließt, der unter Betheiligung von über 100000 Bergarbeitern ungefähr ein halbe» Jahr gedauert und einen Verlust von mehreren hundert Millionen Mark herbeigcfllhrt hat. — New-Aork, 16. Oktober. Einem Telegramm au« Willemstad zufolge sind dort Nachrichten cingegangen, wonach die Schlacht bei La Victoria am Montag begann und fort dauert, ohne daß e« zu einer wirklichen Entscheidung gekommen wäre. Nur ein Theil der Aufständischen ist in den Kampf ver wickelt. Die Regierung«truppen verloren 247, die Aufständischen 310 Mann. Man glaubt, daß Valencia zerstört ist. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 17. Oktober. Der am Mittwoch Vormittag verhaftete Besitzer de« durch Brand zerstörten Hause» vordere