Volltext Seite (XML)
Amts- imS Aiizeikebllitt für den Lchrk des Amtsgerichts Eibenltoek und dessen Umgebung Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. — -is----- 53. Jahrgang. - ... > Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. einschließl. deS „Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage .Seifen blasen* in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Lrlrgr.-Adrrsir: Amtsblatt. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Insertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Nr. 2lll. »8. Donnerstag, den 23. Angust Tagesgeschichte. — Deutschland. Die Entscheidung über den Rücktritt des Ministers v. Podbielski ist vorläufig ver tagt worden. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung ver öffentlicht folgende offiziöse Mitteillung: „Wie wir hören, hat der Herr Reichskanzler und Ministerpräsident das von uns bereits erwähnte Schreiben des Herrn Landwirtschaftsministers vom 13. d. M. zum Gegenstand eines eingehenden Vortrages bei Seiner Majestät dem Kaiser und Könige gemacht. Seine Majestät hat darauf in Uebereinstimmung mit dem Anträge des Fürsten Bülow erklärt, daß Allerhöchst Er auf Grund der Ausführungen des Herrn Ministers vom 13. d. M. zur zeit nicht in der Lage sei, über die Frage der Entlassung von Excellenz v. Podbielski aus dem Staatsdienst eine definitive Entschließung zu fassen." — Aus der Fassung der ohne Zweifel direkt vom Reichskanzler herrührenden Notiz geht hervor, daß erst die Klärung m dem Falle Fischer-Tippels- kirch abgewartet werden soll, bevor auf das Schreiben des Landwirtschaftsministers, das dieser selbst nicht als Entlas sungsgesuch aufgefaßt wissen wollte, das vom Fürsten v. Bülow aber als solches angesehen wurde, eine entscheidende Antwort erteilt wird. Der Kaiser will also den ihm persön lich sympathischen und in den verschiedensten Staatsstellungen bewährten Minister nicht kurzer Hand aus dem Amte ent lassen, solange noch die Möglichkeit besteht, daß das Ver halten des Herrn v. Podbielski in der Tippelskirch-Angelegen- heit einwandfrei aufgefaßt werden kann. Die Situation hat sich aber für den Letzteren durch die ungewöhnliche Form der Veröffentlichung in der „Norddeutschen Allgem. Zeitung" recht unerquicklich und unerfreulich gestaltet. Er steht vor der Oeffentlichkeit gewissermaßen als ein Minister da, der nur noch auf kurze Kündigungsfrist über sein Portefeuille verfügt. Ob er sich unter diesen Umständen veranlaßt fühlt, nunmehr sein Entlassungsgesuch in aller Form dem Kaiser zu unter breiten, darüber wird die nächste Zeit Aufklärung bringen. — Berlin, 21. August. Amtliche Meldung. Wie schon gemeldet, hatten etwa 50 Hottentotten am 6. August die Pferdewache der 2. Feldkompanie des 2. Regiments bei Alurisfontein angegriffen, waren aber durch die herbeieilende Kompanie zurüngeworfen worden. Der Feind bekam unterwegs verschiedentlich Zuzug, anscheinend von Bondelzwarts unter Johannes Christian, sodaß er all mählich wieder eine Gefechtsstärke von 150 Gewehren erreichte. Unsere Truppen verfolgten den Gegner fortgesetzt und zwar zuerst Abteilung Sie berg bis Pelladrift, dann Kompanie Grüner bis Duurdrift und zuletzt Abteilung Beck (1., 8. und 9. Kompanie des 2. Infanterieregiments und 7. Batterie) mit sehr niedriger Gefechtsstärke. Der schlechte Ernährungs zustand der Truppen im Süden, entstanden durch den ge ringen Nachschub aus den wenig leistungsfähigen Etappen straßen und der dadurch eingetretene Mangel an Proviant und Hafer, machte eine solche Ablösung der verfolgenden Abteilungen nötig. Hauptmann Beck, der sich schon früher durch den Ueberfall gegen Morenga ausgezeichnet hatte, über raschte den Feind hx, Loibis südöstlich von Kalkfontein und zersprengte ihn in dreistündigem Gefecht. Der Gegner hatte größere Verluste und ließ eine Anzahl Tote auf dem Gefechtsfelde. Auf unserer Seite siel Leutnant von Heyden, früher Infanterieregiment 164, und ein Reiter; ein Mann wurde schwer, ein anderer leicht verwundet. Die Abteilung Beck setzt die Verfolgung fort. Oberst von Deim ling ist mit seinem Stabe in Warmbad eingetroffen. — Der Termin der Reichstagsersatzwahl in Stade-Bremervörde ist auf den 23. Oktober, also einen Tag nach der Wahl in Döbeln, angesetzt worden. Als Kandidaten sind in Stade bisher aufgestellt: Senator Reese- Stade (natlib.), Lehrer Otto-Charlottenburg (freis. Volkspt.), Hofbesitzer Meding, (Welfe) und Ebert-Bremen (Soz.). — Sozialdemokraten als Arbeitgeber. Die Angestellten haben über die Zustände in den sozialde mokratischen Konsumvereinen eine Umsrage veranstaltet. Von 837 Vereinen haben sich 774 mit Antworten beteiligt. Das Ergebnis der Erhebungen ist, wie das Organ der Handlungs gehilfen bemerkt, nicht erfreulich. Arbeiter, die sonst kür den Achtuhrladenschluß schwärmen, haben in den Konsumvereinen die Angestellten in vielen Fällen bis 10 Uhr beschäftigt. Nur in 79 Vereinen ist der Achtuhrladenschluß durchgeführt. Nach i dem Ende der Geschäftszeit müssen die Angestellten noch Aufräumungsarbeiten vornehmen. Uebertretungen der ge setzlichen Ruhezeit sind an der Tagesordnung. Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten haben keine vollständige Sonn tagsruhe. In 150 Fällen ist eine Geschäftszeit von fünf Stunden und länger am Sonntag vorgeschrieben. Die Ge haltssätze sind durchweg sehr gering. Besonders tritt das bei weiblichen Lagerhaltern zutage. Ein Konsumverein zahlt einer Lagerhalterin beispielsweise im Maximum 65 Mk. für den Monat, er verteilt aber dabei 14. v. H. Dividende. In Augsburg z. B. beschäftigt der Konsumverein Verkäuferinnen mit 20 Mark Monatsgehalt. — Oesterreich-Ungarn. Aus Belgrad war einem Pester Blatte gemeldet worden, die serbische Regierung sei in den Besitz zweier österreichischen Generalstabskarten gelangt, auf denen angeblich die Linien für den Durchmarsch österreichisch-ungarischer Truppen durch Serbien und den Einmarsch in Mazedonien eingezeichnet seien. Darauf wird von feiten des Wiener Kriegsministeriums offiziös erklärt, daß, wenn die serbische Regierung wirklich solche Karten besitzen sollte, sie gewiß nicht aus dem Archiv des österreichischen Generalstabes stammten, sondern lediglich Kombinationen seien, die auf Grund der territorialen Dislo kationen der österreichisch-ungarischen Truppen an der Süd grenze der Monarchie ausgearbeitet und durch private Kundschaftsbureaus im Auslande verbreitet worden seien. Die Kenntnis solcher angeblichen strategischen Pläne Oester reich-Ungarns sei schon oft in Belgrad behauptet worden. Allerdings sei es richtig, daß der Generalstab der österreichisch ungarischen Armee Dispositionen für alle Eventualitäten an den Grenzen ausarbeite, namentlich gegen Südosten. Aber es sei ganz ausgeschlossen, daß solche Pläne aus dem General stabsarchiv ins Ausland gelangen können. Die Machwerke, die nach Belgrad kommen, seien gar nicht imstande, irgend welchen Aufschluß über die Absichten Oesterreich-Ungarns gegen Mazedonien zu geben. — Mit der Möglichkeit einer militärischen Aktion wird also in Wien sehr stark gerechnet. Das offiziöse Dementi ist im Grunde eine volle Bestätigung der verbreiteten Gerüchte. — Schweiz. Das Vorgehen gegen die Sozialdemokratie ist sehr energisch. Die Züricher Regierung hat das Streikpostenstehen verboten. Darauf ver suchten es die „Genossen" zuerst mit einem Generalstreik, allein damit fanden sie bei den Arbeitermassen keinen Anklang. Dann wollten sie durch Umzüge die Bürgerlichen und die Regierung erschrecken. Wenn der Massenschritt der Arbeiter bataillone erdröhnt, so dachten sie, fällt unseren Gegnern das Herz in die Hosen und sie gewähren dann, was wir fordern. Auch diese Rechnung zeigte sich als falsch. Die Regierung verbot den DemonstrationsumHug, der auf einen Sonntag geplant war. Er fand auch nicht statt, und der Umzug, der dann am Dienstag in Szene gesetzt wurde, verlief ganz harm los, der Erfolg blieb ganz aus. Und nun schritt der Re gierungsrat fest ein und verbot alle Straßen- und Massen kundgebungen, die sich gegen die von den Behörden anläß lich der gegenwärtigen Arbeitseinstellungen und damit in Verbindung stehenden Maßnahmen richten. — Frankreich. In Marseille ist der italienische Schuhmacher Cirillo Francesco unter dem Verdachte verhaftet, einen Bombenanschlag gegen den Präsidenten der Republik, der am 15. September in Marseille eintrifft, vorbereitet zu haben. Die Polizeivräfektur war benachrichtigt worden, daß ein von Spanien kommender bekannter Anarchist den Francesco besucht und diesem sowie anderen Gesinnungs genossen Anweisungen für ein gegen Fallwres zu unternehmen des Attentat gegeben habe. In der Wohnung des Verhafteten wurden Sprengstoffe und zur Füllung von Bomben bestimmte Projektile sowie Schußwaffen gefunden. Vermutlich werden alsbald weitere Verhaftungen folgen. — Marseille, 21. August. Der unter dem Verdacht der Teilnahme an einem a n a r ch i st i s ch e n Komplott verhaftete italienische Schuhmacher Cirillo Francesco hat sich bisher geweigert, dem Untersuchungsrichter Auskunft zu geben. Die Polizei ist jetzt der Ansicht, daß das Attentat nicht gegen den Präsidenten Falliöres, sondern gegen den König von Italien vorbereitet wurde. — Rußland. Gegenüber den in der russischen Presse immer wieder verzeichneten Gerüchten von der Möglichkeit der Einsetzung einer Militärdiktatur in Rußland er klärt die Petersburger Telegraphen-Agentur, sie sei ermächtigt worden, diese Gerüchte auf das entschiedenste für unbe gründet zu erklären. Wie ferner aus Petersburg gemeldet wird, beschäftigte sich der Ministerrat in seiner ersten Sitzung mit den Grundzügen des politischen Programms und begann die Prüfung der Gesetzentwürfe, die der Reichsduma »ach ihrem Wiederzusammentritte vorgelegt werden sollen. Der Ministerrat wird ferner die Maßnahmen prüfen, die vor dem Zusammentritt der Duma ergriffen werden sollen. — Mit den Meuterern geht man andauernd streng ins Gericht. Wie man aus Kronstadt telegraphiert, verurteilte das dortige Kriegsgericht weitere 10 Teilnehmer an dem bewaffneten Aufstand zum Tode und 122 zu Zwangsarbeit; 15 Angeklagte wurden freigesprochen. — Ein aufsehenerregendes Attentat auf einen deutschen Generalkonsul in Rußland wird erst jetzt bekannt. Am 14. August ist in Warschau der Ver weser des deutschen Generalkonsulats Freiherr v. Lerchen feld auf der Straße von einer Person angefallen worden, die russische "Offiziersuniform trug. Diese kam Herrn v. Lerchenfeld entgegen und versetzte ihm 2 Faustschläge gegen die Schläfe. Darauf entfernte sich der Angreifer eilig, be stieg eine Droschke und fuhr davon. Freiherr v. Lerchenfeld war nicht bewaffnet. In St. Petersburg wurde der Ueber- sall auf Weisung der deutschen Regierung alsbald diplo matisch zur Sprache gebracht. Am nächsten Tage sandte die russische Regierung der deutschen Botschaft eine amtliche Note, worin sie ihr lebhafres Bedauern über den Angriff ausdrückte und mitteilte, daß dem Generalgouverneur in Warschau schleunigst die Weisung zugegangen sei, die ener gischsten Maßregeln zur Aufklärung des Vorfalles zu er greifen. — Kronstadt, 20. August. (Meldung der Peters burger Telegraphen-Agentur.) Heute früh sind in der Batterie Litke 7 Soldaten und 3 Zivilpersonen infolge Beschlusses des Kriegsgerichts wegen Teilnahme an dem bewaffneten Aufstand und der Einnahme des Forts Konstantin erschossen worden. — Kuba. Ein Komplott zur Ermordung des Präsidenten Palma ist in Havanna entdeckt worden. Am Palast und Schatzamt wurden die Wachen ver doppelt und andere Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Callistro, Garcias Sohn, und andere Führer der Revolutionspartei werden streng überwacht. — Süd-Amerika. Nach neuen Drahtmeldungen aus New-Hork hat sich die erste Panik in Valparaiso anscheinend gelegt, und die jetzt einlaufenden genaueren Mel dungen von dort lassen den ganzen Umfang der Kata strophe erkennen. Das Elend der heimgesuchten Bevöl kerung ist unbeschreiblich. Welche Ausdehnung das Erdbeben hatte, geht daraus hervor, daß in der ganzen Viktoria-Straße nur ein einziges Haus stehen blieb. Die Lage in der Stadt ist dieselbe wie seinerzeit in San Franzisko. Hunderte von Opfern dürften unter den Trümmern begraben liegen, während infolge Beschädigung der Hauptwasserrohre der Kampf gegen die Feuersbrünste, die in allen Teilen der Stadt wüten, aus sichtslos ist. Eine der schlimmsten und widerlichsten Er scheinungen bildete wieder das Auftauchen von Leichenräubern, die die Gelegenheit zur Plünderung auszunutzen gedachten. Das rücksichtslose Eingreifen des Militärs, das alle dabei Ertappten sofort erschoß, machte dem Treiben bald ein Ende. — In Santiago ist, wie von dort gemeldet wird, ein völliger Stillstand im Geschäftsleben infolge des Erdbebens eingetreten. Die Zahl der Getöteten wird amtlich auf 55 angegeben. Hunderte sind verletzt. Durch die ganze Stadt hindurch sind die Häuser beschädigt. Die Paläste des Erz bischofs, des Ministeriums des Innern, des Parlaments, städtische Gebäude, die National-Bibliothek, das Universitäts- Gebäude und die Kasernen sind sämtlich beschädigt. Die Kathedrale blieb unversehrt. Dem Publikum ist das Betreten der Kirchen, Schulen und Theater verboten worden. — Nach einem aus Fort de France eingelaufenen Telegramm sind auf der I n s e l M ar t i ni q u e mehrere heftige Erdstöße wahrgenommen worden. — Dem „Reuterschen Bureau" wird über Lima unterm 2l. August gemeldet, daß Valparaiso in vergangener Nacht abermals von einem schweren Erdbeben heim gesucht wordcn ist. In Lima selbst wurden heute früh und in Huacho gestern Erderschütterungen verspürt. — Die Nachrichten aus den vom Erdbeben heimge suchten Orten kommen jetzt zahlreicher. Wie über New-Pork aus Valparaiso gemeldet wird, liegen die Orte Los Andes, Nogales, San Felipe, Melon, Supallar, Casa Blanca, Limache, Quillota, Ouihin, Vino del Mar, Petorca, Hierro Viejo und Llai-Lai infolge des Erdbebens in Trümmern. Der Ver lust an Menschenleben beträgt in Limache 130, in Quillota 30. Man nimmt an, daß außerhalb Valparaisos 1000 Men schen durch das Erdbeben um das Leben gekommen sind. Nach den aus den südlichen Landesteilen vorliegenden Nach richten sind heftige Erdstöße in den Orten Talcahuano lind La Concepcion in der Provinz Talca verspürt worden. Der an diesen Orten angerichtete Schaden ist jedoch nicht bedeutend und nur wenige Ausländer haben ihr Leben dabei eingebüßt. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 22. August. Vor einigen Tagen ging durch die sächsische Presse eine Notiz aus Adorf, wonach das kgl. sächs. Nebenzollamt Ebmath mit einem Automobil zur Verfolgung der Pascher ausgerüstet worden sei. Auch wir hatten in letzter Nummer unseres Blattes davon Notiz genommen. Wie uns nun vom yies. kgl. Hauptzollamt mit geteilt wird, ist diese Nachricht nicht zutreffend. Richtig ist nur, daß der dortige Einnehmer ein solches für seinen Privat gebrauch anzuschaffen beabsichtigte und einige Probefahrten damit unternahm, schließlich aber doch vom Kaufe absah. — Eibenstock, 22. August. Wettervorhersage: Mittwoch, den 22. 8. 06, abends 6 Uhr bis Donnerstag, den 23. 8. 06, abends: Schwache südliche Winde, vielfach heiter, meist trocken, etwas wärmer. — Schönheide. Nun sind die letzten Brücken, die die Unternehmer den Arbeitern gebaut hatten, durch die Um triebe terroristischer Agitatoren abgebrochen worden. Nun werden in den Wohnungen zahlreicher Bürstenfabrikarbeiter die Sorgen ihren Einzug halten, welche sich gerade in diesem Jahre der Lebensmiktelteuerung besonders fühlbar machen