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Amts- M AMigeblatt Wl-VNUtMtltl oiertelj. 1 M. 25 Pf. einschließl. des „Jllustr. UnterhaltungSbl.' u. der Humor. Beilage .Seifen blasen' in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Lrlegr.-Adrrssr: Amtsblatt. für den MM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. InsertionSpreiS: di« kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Ur. 818. —- 55. Ia-rgang. Donnerstag, den 27. Angnst L»»8 Das Schütten von Kehricht und Unrat in die Einfallschächte der städtischen Schleusen wird hiermit verboten. Uebertretungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder Haft bis zu 14 Tagen bestraft. Gtadtrat Eibenstock, am 19. August 1908. I. B.: Justizrat Landrock. L— Die Feier de- Tedarrtage- wird in diesem Jahre in folgender Weise begangen werden: Dienstag, den 1. September 1908, abend- 7 Uhr Zapfenstreich, Mittwoch, den S. September 1908, früh 6 Uhr Weckruf. Die städtischen Gebäude werden Ftaggenfchmuck erhalten. Die Bürgerschaft wird ersucht, auch ihrerseits die Häuser mit Fahnen oder auf sonst geeignete Weise zu schmücken. Stadtrat Eibenstock, am 24. August 1908. I. V.: Justizrat Landrock. M. Deutschland und Amerika. Der Tod des deutschen Botschafters in Washington Frei herrn Speck von Sternburg lenkt naturgemäß die Blicke wieder auf die Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, zumal sehr viel darauf ankommen wird, wer in das deutsche Botschaftshotel in Washington seinen Einzug halten wird. Fünf Jahre hat der nunmehr seinem lanaiährigen Leiden erlegene Speck von Sternburg auf seinem Posten gewaltet, und es geschieht keines wegs nach dem Satze „äs mortuis M8i nil dsns", wenn in den Nekrologen von Blättern, die seinem Wirken mehr wie einmal feindlich gegenüberstanden, ihm lebhafteste Anerkennung gezollt wird. Gerade das Amt eines Vertreters Deutschlands bei der Unionsregierung ist ein überaus diffiziles, es gehört sehr viel Takt dazu und vor allen Dingen gehört auf diesen Posten eine Persönlichkeit, welche der Eigenart des ameri kanischen Volkes gerecht zu werden versteht. Unter Herrn von Holleben hatten sich die Beziehungen zwischen Deutsch land und Amerika ganz bedeutend gelockert, es herrschte ein fast feindseliges Verhältnis, vor allem hegte man in Nord amerika das größte Mißtrauen gegen Deutschland und blaubte allen Lügennachrichten, die geflissentlich von London hmüber- gekabelt wurden. Als Freiherr Speck von Sternburg nach Washington kam, fand er daher ein überaus schwieriges Feld vor, aber aus mehrfacher Tätigkeit bei der dortigen Botschaft kannte er die Verhältnisse ziemlich genau und er verstand es vor allem vortrefflich, durch sein ganzes Auftreten das Ver trauen für Deutschland wiederzugewinnen. In diesem Sinne war er unermüdlich tätig, ihn verband nicht nur eine innige Freundschaft mit dem Präsidenten Roosevelt, welche zweifellos Deutschland ungemein während der letzten Jahre zu Gute gekommen ist, sondern er unterhielt auch Beziehungen zu allen hervorragenden Persönlichkeiten des Landes, eben nur in der Absicht, auf diese Weise einen günstigen Boden für die Annäherung beider Länder zu schaffen. Dies ist ihm unzweifelhaft gelungen und das ist das große Verdienst Freiherrn Speck von Sternburgs, welches man ihm auch über das Grab hinaus danken wird. Wegen seiner vielen Reden, die er bei den verschiedensten Gelegenheiten halten zu müssen glaubte, ist er oft genug angefeindet worden, aber mit Unrecht, er wußte sehr wohl, daß er nur durch den ständigen Verkehr mit den Uankees diese für Deutschland ge winnen könne und daß er daher keine Gelegenheit versäumen dürfe, Land und Leuten näher zu treten. Freilich der große Wurf ist ihm doch nicht geglückt, er hat es nicht mehr erlebt, daß ein Handelsvertrag zwischen Deutschland und Nord amerika perfekt geworden ist, die Schwierigkeiten sind noch immer so große, daß sie sich nicht von heute auf morgen au- dem Wege räumen lassen, sondern daß man sich mit Geduld wappnen und die Zeit abwarten muß. Denn schließ lich wird doch einmal die Vernunft siegen, daß ein Handels vertrag mit Deutschland auch für Amerika die größten Vorteile in sich birgt. Nach dieser Richtung hin wird sich für den Nachfolger Speck von Sternburgs ein ergiebiges Feld der Tätigkeit eröffnen. Man spricht davon, daß der jetzige preußische Gesandte in Hamburg, Graf Goetzen, der dieses Amt nur als Uebergang erhalten habe, für den Bot schafterposten in Washington ausersehen sei. Diese Wahl würde keine ungeschickte sein, der Genannte ist kein zünftiger Diplomat, der in der Schule der Bureaukratie groß ge worden, sondern ein Mann, der in der Welt viel herumge kommen ist und sich u. a. als langjähriger Gouverneur von Ostafrika bewährt hat, nachdem er den schwarzen Erdteil mehrmals unter großen Gefahren durchquert hatte. Auch in Amerika selbst ist er kein Unbekannter und den ange sehensten Familien steht er durch die Heirat mit einer Amerikanerin nahe. Jedenfalls darf man aber hoffen, daß in den Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika in absehbarer Zeit keine ungünstige Veränderung eintreten wird, zumal auch der eventuelle Nachfolger Roosevelt», der jetzige Kriegsminister Tast, der Ueberzeugung ist, daß für die Ver einigten Staaten ein gute» Verhaltm» zu Deutschland mehr al» wünschenswert sein muß. Deutscher Wohlstand in fremder Beleuchtung. Der bekannte französische Publizist JuleS Huret, dessen Empfang beim Reichskanzler in Norderney im vorigen Jahre wohl noch im Gedächtnisse der meisten Leser sein wird, eben so wie seine Veröffentlichung über die ihm zuteil gewordene Aufnahme, läßt augenblicklich im .Figaro' eine Reihe von Artikeln erscheinen, in denen er seine Beobachtungen über Berlin niederlegt. Huret ist ein von Vorurteilen freier Kopf, der allem, was er steht, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen bestrebt ist; natürlich bricht be» ihm zuweilen der Franzose durch, bei dem von vornherein das Französische besser und schöner ist als alles, was er im Ausland zu sehen bekommt. Trotzdem bieten seine Artikel viel des Interessanten. In erster Linie fällt ihm in Deutschland und speziell in Berlin der Luxus auf, der in den Mietshäusern an der Tagesordnung ist. Personenaufzug, Marmortreppe, doppelte Badezimmer, Zentralheizung, Warmwasserversorgung, Vaku um-Reinigung — alles Beweise eines Reichtums, die m Paris nur in den wenigsten, auserlesensten Privatwohnungen bekannt sind, während man in Mietswohnungen selbst besseren Charakters nichts derartiges vorfindet. Gleichzeitig mit der Eleganz frappiert ihn die Anzahl neuer Häuser, die wie die Pilze aus dem Boden heroorwachsen, eins besser und schöner eingerichtet als das andere. Als ganz besonderer Luxus erscheint ihm der verschwen derische Blumenschmuck, mit dem vom Beginn der wärmeren Jahreszeit an sich ganz Berlin bedekt. Von einem Ende der Stadt bis zum andern, vom Tiergartenviertel bis zu den Arbeiterwohnungen im äußersten Osten gibt sich die Blumen freudigkeit zu erkennen; ganze Häuserfassaden verschwinden unter wildem Wein, Kapuzien und ähnlichen Kletterpflanzen; Geranien, Fuchsten u. ä. bedecken Balkons und Loggien und verwandeln diese in blühende Lauben, zu heiterem Ver weilen auffordernd. Und die Menschen, die in solchen Räumen wohnen und diese so mit Blumen schmücken, erscheinen anders im Leben als ihre Eltern. Ganz ausgestorben ist der alte Typ noch nicht: der Philister im schlecht sitzenden schwarzen Gehrock, mit Zugstiefeln u. vorsintflutlichem Hute, aber er ist im Verschwin den begriffen. Die Mehrzahl liebt es, sich elegant anzuziehen, nach dem „clsrnisr ori" aus den neuesten Pariser oder Lon doner Journalen, und frei und sicher bewegt sich der „Neu deutsche', wie ihn Huret nennt, in seiner Eleganz. Am meisten zeigt sich aber der Luxus abends — strahlendes elek trisches Licht erhellt die Straßen und Plätze, daß sie wie in einem Lichtmeer gebadet erscheinen; in Restaurants und in privaten Wohnungen, selbst in kleineren, wird ein Luxus mit Licht getrieben, wie er 20 oder 30 Jahre früher ganz uner hört gewesen wäre. Solche Bemerkungen eines Fremden, von denen hier nur einige wenige herrausgegriffen werden konnten, die aber be- beliebig vermehrbar wären, zeigen uns besser als langatmige statistische Nachweisungen über Zunahme des Exports oder Imports, die doch niemand liest, wie unser Wohlstand im Laufe der letzten Jahrzehnte zugenommen hat, und wie der durch ihn verursachte Luxus selbst solchen auffällt, die nur vorübergehend sich in Deutschland, speziell Berlin, aufhalten. Derartige Schilderungen geben aber noch nach anderer Rich tung hm zu denken. Zur gleichen Zeit, wo die deutsche äußere Welt sich so verändert hat, so viel reicher und üppiger geworden ist, hat das Reich mehr als 4 Milliarden Schulden kontrahiert und hat andauernd mit finanziellen Schwierigkeiten zu tun gehabt. Sollte das wirklich eine materielle Not wendigkeit sein? Jedenfalls bat man, wenn man die Huret- schen Schilderungen von Deutschland liest, den Eindruck, daß dem Staat mit neuen Steuern geholfen werden könnte, ohne daß darunter das Behagen der Bevölkerung Schaden litte. TageSgeschLchte. — Deutschland. Berlin, 25. August. Auf die Nachricht vom Ableben des Botschafters Frhrn. Speck v. Sternburg hat der Kaiser der Witwe das nach stehende Kondolenztelegramm zugehen lassen: „Tief erschüttert durch die unerwartete Nachricht von dem Heimgang Ihres Mannes spreche ich Ihnen innigste Teilnahme und herzliches Beileid aus. Ich verliere in vem Entschlafenen einen be währten Freund und ausgezeichneten Diplomaten, der mir und seinem Vaterlande wertvolle Dienste geleistet hat und schwer zu ersetzen sein wird. Der Herr verleihe Ihnen in Ihrer großen Trauer seinen himmlischen Trost. Wilhelm.' — Berlin. Auf Veranlassung des Kaisers wohnen in diesem Jahre zum ersten Male deutsche Offiziere den Manövern in Griechenland bei. — Berlin. Der jüngste Sohn des Fürsten Philipp zu Eulenburg, Karl Graf zu Eulenburg, hat sich in London mit der VaristSsängerin Tilly Marx vermählt. Diese, die Tochter eines Münchner Schlosser meisters, galt in den zweitrangigen Varists - Etablissements der bayrischen Hauptstadt als ein kleiner Star. — Thorn. Heute früh wurde auf dem Wege vom Leibitscher Tore der Kaserne der Bespannungsabteilung der Kanonier Touissaint von der zweiten Kompanie des 11. Fußartillerieregiments ermordet aufgefunden. An scheinend ist er nach heftigem Kampfe mit dem eigenen Seitengewehr erstochen worden. — Essen a. d. Ruhr, 25. August. Der hiesigen Poli zei ist es gelungen, innerhalb vier Tagen zwei Falsch münzerwerkstätten zu ermitteln. Die Polizei beschlag nahmte viele falsche Zweimarkstücke und das dazu gehörige Material. — Düsseldorf. In der vierten Partie des Schach wettkampfes Tarrasch-Laskcr in Düsseldorf gewann Lasker, der in einer spanischen Partie den Nachzug hatte, im 42. Zuge. Lasker Hal bis jetzt 3, vr. Tarrasch eine Par tie gewonnen. Die nächste Partie wird, da Lasker 3 Gewinn points erzielt hat, bestimmungsgemäß erst am 31. August in München gespielt werden. — Frankfurt a. M., 25. August. Auf dem Standes amt entdeckte man heute bei zufälliger Einsichtnahme der Register, daß von frevelhafter Hand die Urkunde über Goethes Geburt herausgeschnitten worden ist. Wann die Tat verübt wurde, ist noch nicht festgestellt. Gegen eine Gebühr können die Register vom Publikum ein gesehen werden. — Metz, 25. August. Herzog Karl Borwin von Mecklenburg-Strelitz, der jüngste Sohn des Großherzogs Adolf Friedrich, ist in vergangener Nacht an einem Herzleiden gestorben. Der Herzog gehörte dem diesjährigen Kursus der Kriegsschule an. Herzog Karl Borwin hat noch nicht ein Alter von zwanzig Jahren erreicht. — Metz, 25. August. Auf dem Fort Gentringen bei Metz wurden in der Nacht auf einen Wachtposten drei Reoolverschüsse aus dem Hinterhalt abgegeben. Der Posten feuerte drei Schüsse auf den unbekannten Angreifer ab, der jedoch entkam. — Friedrichshafen. Ein unbekannter Stifter hat vor einigen Wochen 5000 Mark behufs Schaffung einer Brunnenanlage zu Ehren Zeppelins auf dem Rathausplatz geschenkt. Jetzt ist das Modell angekommen, das der Bildhauer Bruno Diamant, ein gebürtiger Friedrichs hafener, hergestellt hat. In einer Schale ist auf einem Sockel der Erdglobus zu sehen und auf diesem eine Putte, welche triumphierend das Zeppelinluftschiff trägt. — Oesterreich-Ungarn. Pilsen, 24. August. In Oberlichtenbuchet war der Wirtschaftsbefltzer Franz Bayer vorgestern mit der Umackerung eines Flachsfeldes beschäftigt. Da überbrachte ihm ein Knecht die Mitteilung, daß nächst dem Felde im Dickicht zwei Rehböcke grasten. Bayer ließ das Gespann stehen, holte das Jagdgewehr herbei und schoß zweimal hintereinander nach der ihm von dem Knechte bezeichneten Stelle, wo sich etwas bewegte. Den Schüssen folgten einige Schmerzensschreie und als der Schütze im Dickicht nachsah, bemerkte er zu seinem Entsetzen, daß er den 10 Jahre alten Sohn seines Nachbars er schossen hatte. Der Knabe suchte im Dickicht Pilze, als ihm plötzlich die Ladung des verhängnisvollen Schusses in die Brust drang. — Rußland. Am Freitag, 2K August, feiert Rußlands greiser Philosoph, Graf Leo Tolstoi, seinen 80. Geburtstag. — Petersburg. Durch ein Zirkular des Gouver neurs Tambow ist jede öffentliche Feier zu Tol stois 80. Geburtstage in Rußland verboten worden. Weder Schulen noch Behörden dürfen irgend etwas unternehmen, was als eine Ehrung Tolstois gedeutet werden könnte. — Der letzte der New-Nork—Paris-Fahrer, der ita lienische Zü st-Wagen, ist am Sonntag abend glück lich in Moskau eingetroffen. Die Führung des Wagens, der in Rußland von allerlei Mißgeschick betroffen wurde, liegt jetzt in den Händen eines Barons v. Scheinvogel, den zwei Chauffeure und der Journalist Antoni Scarfoglio be gleiten. — Belgien. Brüssel, 24. August. Die alte Kirche von Leysele ist ein Raub der Flammen geworden. Das einzige Kunstwerk, das gerettet wurde, ist ein Ruben „Die Anbetung der Weisen aus dem Morgenlande', das in der Eile aus dem Rahmen geschnitten wurde.