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Mittwoch, den 2. August 1893. No. 90. 6. Jahrgang. Mt 3 issustrirterr AeiStättern: Deutsches §iamittenötatt, Kute Krister, Aeitspieget. Inserate di« einspaltige EvrpuSzeil« 1V Pf., di« volle Seite 30, S. 20, >/. St. 6 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und Landbrieftrstger nehmen Bestellungen an. . , ^scheint MUttvach», Freitag« n. Sonntag«. Udonnement-Pret- tncl. der 3 werlbvollen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlohn 1 Mk. 20 Pf. durch di« Post 1 M. 28 Pf. Beranlwortlicher'gtedak.eur: Smtl Hegemeister in Lu« (Erzgebtkg«). Redaktion u. Eichedition: Au«, Marktstraß«. .<^.,ti < Auechal-Zeitung. Lokalblatt für An«, Auerhammrr, Zelle-Klöfterlein, Rieder- u. Oberpfannenstiel, LaNter, »Mau, Bernsbach und die umliegenden Ortschaften. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Geschäftsräume des unterzeichneten Stadtraths bleiben die selben einschließlich der Sparkasse und des Standesamt« Dönnerstag und Freitag, den 3. und 4. August d. I. geschlossen, nur im Staudesamte werden driu-liche Augelegeuheite» am Donnerstag, vo« 10—II Uhr vormittag« erledigt. Aue, am 31. Juli 1893. Der WcltH der Stadt. I. B: Bochmann. E. WMmMib Bekanntniachung. Die Grundsteuer» für den II. Termin 1893 werden am 1. August d. I. fällig und sind bei Vermeidung zwangsweiser Beitreibung bis zum 14. August d. Js. an unsere Stadtsteuer-Einnahme odzosühren. Aue, am 24. Juli 1893. Der Wcrtb der Stadt. I. V.: Bo ch mann. Krch. Bestellungen . auf die LE" Auerthclt-Ieitung "MW (No. 665 der Zeitungspreisliste) für August und September werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus trägern des Blattes, sowie den Landbriefträgern jederzeit gern angenommen. ' Hrpedition der „ Auerthal-Aettmrg," I^mtl «legeiuvlntvr. Im Zollkrieg fallen die Streiche Schlag auf Schlag. Es sind noch nicht acht Tage verflossen, seit Rußland den Maximaltarif ver hängt Hot und schon erfolgt die deutsche Antwort. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht in feiner neuesten Nummer den vom Bundesrat bereits genehmigten Entwurf einer Verordnung, betr. die Erhebung eine« ZvllzuschlageS für aus Rußland kommende Waren. Begleitet wird dieser Entwstrs von einer eingehenden Denkschrift, in welcher die ReichSregierung über den bisherigen Verlauf der Handels- vertragS-Verhandlungen mit Rußland Mitteilung macht und dir Maßregel de« ZollvorjchlagS rechtfertigt. Die Höhe der Zuschlagsabgabe ist mit Rücksicht aus di« im Vergleich zu dem russischen Zolltarif geringen Sätze des deutschen Tarifs und im Interesse der Wirksamkeit der Maßnahmen auf 50 Prozent der tarifmäßigen Emgangs- I abgab« bemessen. Russische- Getreide hat demnach auf 1000 Kilogramm 7k Mk. zu zahlen, also 40 Mk. mehr, al« SstreichischeS und amerikanisches. Dieser Unterschied macht das russische Getreide völlig konkurrenzunfähig. Es heißt nunmehr vorbeugen, daß uns die Aussperrung Rußlands nicht ins eigene Fleisch schneidet. Die erste Maßregel trifft die Militärverwaltung. Sie giebt in der „Nordd. Allg. Ztg." bekannt: „Schon längere Zeit war beabsichtigt, eine möglichst gründliche Schälung oes Brod- kornS au« der Vermahlung eintreten zu lassen, um zu ei ner ergiebigeren Ausnutzung deS NahrungSgehaltcs des KornS zu gelangen. Es sinv nunmehr Versuche mit die sem Versähe«« angestellt worden, dir zur Zeit allerdings noch nicht abgeschlossen sind. Erfüllen sich indeß die ge hegten Erwartungen, so wird für die Folge eine nicht unwesentliche Ersparnis an Roggen bet der Brotverpfle gung der Armee und damit auch eine verhältnismäßige Einschränkung in der Benutzung ausländischen Getreides eintreten. Es sind ferner die Truppenkommandos ver ständigt worden, bei der Verpflegung der Pferde für Fou- ragrdestanü.eile der reglement-mäßigen Ration Ersatzmittel verwenden zu lassen. Da hierbei u. a. auch der verhält nismäßig billige Mai- n Betracht kommt, dessen Einfüh rung hauptsächlich aus Amerika erfolgt, so wird auch durch diese Maßnahme dazu beigetragen werden, daß von der Benutzung russischen Getreides Umgang genommen werden kann. Auch die teilweise Verwendung von Weizen zur Bcotverpflegüng der Truppen war in Erwägung gekom men. Es ist jedoch von einer solchen Maßregel Abstand genommen worden, «eil hierzu «egen der mäßigen Höhr, auf welcher sich die Roggenpreise halten, und mit Rück sicht auf den wahrscheinlich günstigen Ausfall der inlän dischen Getreideernte Anlaß zur Zeit nicht gegeben erschien." Ein Blick auf die Handelsstatistik der letzten Jahx« zeigt, wie sehr sich die russische Regierung darin irr«, daß Drusch- land die Einfuhr russischen Getreides auf die Dauer nicht zu entbehren vermöchte. Während noch im Zahl« 1889 die Einfuhr russischen Getreides, namentlich Roggen- und Hafers in den freien Verkehr Deutschland- 1837, 636 To., im Jahre 1890 noch 1730, 711 To. 1891 immer noch 1631, 507 To. hatte war sie im Jahre 1892 aus 592, 751 To. zurückgegangen und hat im ersten Viertel des laufenden Jahres nur 60846 To. betragen. Dagegen hat sich die Einfuhr derselben Getreidearten aus Rumänien von 107 144 To. im Jahre 1889, auf 2Ü4 309 To. im Jahre 1892 gehoben und im ersten Viertel diese- Jahre» bereits 134 781 To., also mehr als das Doppelte der rus sischen Einfuhr in demselben Zeiträume, betragen. Außer Rumänien sind auch Nordamerika und Oestreich-Ungarn in der Lage, Rußlands Stelle in der Versorgung Deutsch lands mit Brotfrucht einzunehmen. Inzwischen wird zu retten versucht, was noch zu r.tten ist. Aus dem östli chen Bahnlinien ! ingt ein Güterzug nach dem andern Mässen russischen Getreides, darunter schon neuer und be sonders viel auch Hafer, nach Deutschland herein. Rußland sührle im Jahre 1891 für 579 Millionen Mk. Waren nach Deutschland rin, während letztere- nur für 145 Millionen in- Zarenreich sandte. Diesen Zif fern werden die Wunden entsprechen, die der Zollkrieg bei den Teilen schlagen wird. (Nachdruck verdotens. IseuMeton. Die Erbschaft der Tante. Novelle von Max Ring. (Schluß.) Attch rechtfertigte er im vollsten Maße da- ihm geschenkte Vertrauen/ nachdem ihm der Hauptmann die ihn beschäf tigende Angelegenheit mitgetheilt und da- unterschlagen« Testament gezeigt, so daß er nicht mehr an der Schuld der Amtsräthin zweifeln konnte. „Eine böse Geschichtet" sagte er bestürzt. „Wenn Sie den Prozeß auf Gründ dieser neuen Beweise wieder auf nehmen und, «le ich mit Sicherheit glaube, gewinnen, so trifft meine Tante ein« neunjährige Gesängnißslrafe." „Davor möchte ich sie gern bewahren, obgleich st« die Strafe reichlich verdient hat. Wa« sie auch gelhan hat, sie bleibt doch immer unsere Verwandte." : „Aber M kann nicht verlangen, daß Sie auf" die Erb schaft, verzichten und ihr da» Geld lassen." , „Wenn e« allein auf mich ankäme, so würde ich keinen Pfennig beanspruchen, aber ich habe Pflichten gegen meine Familie." . .... , „Ganz gewiß! Niemand kann es Ihnen verdenken, daß Ihnen Ihre Kinder mehr am Herzen liegen al» di« Amt«- räthiy und der saubere Herr von Schmielin-ki." „Trotzdem möchte ich nicht die Frau unglücklich machen und die unschuldige Familie kompromittiren. Darum wollte ich Ihren Rath erbitten. Vielleicht gelingt elZhnen, tinw'Mt»v^.u« diesrr sÄM PtinMüiist' zu fkM." „Ich will mir dir größte Mühe geben, obgleich ich mir die Schwierigkeiten nicht verschweigen kann. Die einzige Möglichkeit wäre ein gemüthlichrr Vergleich, den ich an Ihrer Stelle einem skandalösen Prozesse vorziehen würde. Ich selbst bin jedoch Partei in dieser Angelegenheit und deshalb nicht gang unbefangen." „Gerade deshalb wünsche ich, daß Sie die Sache in Ihre Hand nehmen, da ich überzeugt bin, daß Sie ebenso meine Interessen wie die verwandtschaftliche« Rücksichten wahren und auch mit der nöthigen Diskretion verfahren «erden, wodurch Sie mich zu dem größten Dank verpflich ten und Ihrer eigenen Familie einen wichtigen Dienst lei sten würden. Durch all« diese Gründe bewogen, erklärte sich Ludwig bereit, die schwierige und nicht- weniger als angenehme Mission zu übernehmen, nachdem er mit dem Hauptmann di« genaueren Bedingungen verabredet, und dieser ihm ein« förmliche Vollmacht ausgestellt sowie auch da- Testamenr zum geeigneten Gebrauche etngehindigt hatte. So mit allem Röthigen versehen, reiste Ludwig am näch sten Lage auf da» Gut der Tante, welch« er zum Glück allein fand, da sie, im Begriffe sich scheiden zu lassen, Herrn von SchmielinSki schon seit einigen Wochen ver lassen hatte. Die unerwartete Ankunft ihre» Neffen schien sie mehr zu beunruhigen al- zu erfreuen, woran wohl ihr schlechte» Gewissen die Schuld tragen mochte. Noch mehr aber er schrak sie, al- Ludwig im Verlaufe der gewünschten Unterre dung ihr den wahren Grund seine« Besuche- mittheilt« und sie aufforderte, dem Hauptmann die ihm zukotnmende Erb schaft herauszuzahle», oder di« Anklage wegen Betrüge» und Testau.entSfälschung zu gewärtigen. „Nimmermehr I" rief die Amtsräthin entsetzt. „Lieber lass« ich e» auf «inen Prozeß ankommen.' „Bedenke, was Du thust!" niahnte sie Ludwig. „Ich meine e» gut mit Dir und biete Dir meine Hand zur Ret tung, um Dich vor der Schande zu bewahren. Wenn di» alte Dietrich ihre Aussagen vor Gericht beschwört, bist Du verloren." „Da- Weib ist eine schändliche Lügnerin und an der ganzen Geschichte nicht ein wahres Wort. Wo sind die Zeugen, die Beweise?" „Wenn auch die Zeugen nicht mehr leben," versetzte er, „so sind die Beweise noch vorhanden." „Da- ist nicht möglich. Du willst mich nur durch Dein« Drohung einschüchtern. Ich glaube Dir nicht.' . „So wirst Du Deinen Augen glauben müssen. Sich' her I"Zugleich zog Ludwig au» der Tasche seine« Oberrock» da» unterschlagene Testament und hielt es ihr hin. Bei diesem unerwarteten Anblick brach die AmtSräthin, wie vom Blitz getroffen, vernichtet zusammen und sank auf de» nächsten Stuhl, keine» Wortes mächtig. Länger konnte sie ihre Schuld nicht leugnen, so sehr sie sich auch noch gegen die HerauSzahlung der Erbschaft unser allerlei Vorwänden und Winkelzügen sträubte, indem sie über ihre großen Verluste und über die Verschwendung de- Herrn von SchmielinSki bitterlich klagt« und jam merte. „Wenn ich," stöhnte sie verzweiflung-voll, „dem Haupt mann seinen Antheil geben muß, bin ich ruinirt." „Du behälft noch immer über hunderttausend Thaler übrig, mehr als Du zum Leben nöthig hast, und solltest Gott danken, daß Du noch so gut davongekommen bist." Vergeben« suchte Ludwig die «mt-räthtn, mit der er demungeacotet noch immer ein verwandschaftltche» Mitleid empfand, zu beruhigen und zu trösten. Zn ohnmichttger Wuth verwünschte Ne den Hauptmann, Herrn von Schmie- linSkt, di« alte Dietrich und ihr« ganz« Familie.