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Auerthal -Muug. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle-Klöfterlein, Meder- u. Oberpfannenstiel, Lauter, Bockau und die umliegenden Ortschaften. Erfckeinl Pltttw-cku», Kreitags u «onntag». Abonnementspreis incl. der 3 werlbvollen Beilagen vierleliiihrlich mit Bringerlohn 1 Mk. 20 Pf. durch die Post 1 M. 28 Pf. Ml 3 issustrirten UeiStättern: Deutsches Aamitienölatt, Hute Heister, Zeitspieget. t-eramwortllcher Redakteur: Emil Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: Au«, Marktftraße. Inserat« die einspaltige Evrpuszeil« 10 Pf., Petitsatz wird nach Petitzeilen, Nonpareille satz nach dieser berechnet. Bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalte» und LanddriestrLger nehmen Bestellungen an. No. 136. Freitag, den 17. November 1893. 6. Jahrgang. BesenreisigAmtion auf Pfannenstieler Revier. Im Gasthof zum „wilden Mann" in Oberpfannenstirl sollen Dienstag, den 21. November 1893 Nachmittags 2 Uhr 15 Plätze anstehendes Bejenreifig zu den von der Auktion bekannt zu machendeu Bringungen versteigen weiden. Fürstl. Schöub. Forstverwaltung Pfannenstiel. Die Sparkaffe der Stadt Aue ist jeden Wochentag von 8—12 Uhr Vormittags und 2—6 Uhr Nachmittags geöffnet und verzinst die Einlagen mit 3'/, Prozent. Die bayerische Haberer. — Eine allbairische schlimme Unsitte ist das „Haber- Siziliansche Mißwirthschast. ES liegen acht Infanterie- und drei Bersaglieri-Regi- menter, ferner Artillerie, Genie-Truppen, Kavallerie und 3000 Karabiniert ständig in Sizilien — allein mit Sol daten lassen sich wohl Wunden schlagen aber nicht heilen. Und Sizilien leidet an schweren Wunden. Das Elend ist grauenhaft. Die Bergleute leben — so schreibt HanS Barth dem „B. T." — schlimmer als die Hunde, begnü gen sich mit Tageseinnahmen von. 50 Centimes bis zu 1 Franks, und die Bauern sind gewöhnlich nur 6 Mo nate des ZahreS hindurch beschäftigt, werden vom Herrn mit elendem Mehle bezahlt und fristen ihr Dasein viel- fach von Kräutern Baumrinde usw. wie die unglücklichen deutschen Bauern während des dreißigjährigen Krieges. Am allerelendesten sind jedoch noch die Bergleute daran; mit acht Jahren werden die Kinder (obschon baS Gesetz — das gute elastische, nie beachtete Gesetz! — eS ausdrück lich verbieten) — mit acht bis neun Jahren werden die armen Kinder schon als „Oarusi" (menschliche Lasttiere) verwandt, die im Dienst eines eiwachsenen Bergmanns (dem sie von ihren Eltern verkauft sind, dem sie als jörmlicheS Eigentum gehören) täglich zwölf Stunden lana da» Mineral aus der Tiefe heransfchaffen müssen. Der den Eltern des Jungen bezahlte Preis schwankt zwischen 150 und 200 Lire; dafür hat der „Picconiere" auf Jahrzehnte hinaus dasselbe Verfüngungsrecht über das Kind, wie der Sklavenhalter über den Sklaven; er kann da» arme, meist verkümmerte und immer zum Skelett ab magerte Geschöpf, wenn es seine 50 Kilo Mineral nicht weiter zu schleppen vermag, mißhandeln, zum Krüppel schlagen, ja löten. Weder Gendarmerie noch Behörden kümmern sich im Geringsten darum, denn der Caruso „gehört" dem Picconiere, und es ist dessen „gutes Recht" mit dem Sklaven anzusangen, was er will. Der An blick dieser tief unter der Erve fortwährend gefolterten Kleinen ist so fürchterlich, daß der fühlende Mensch, der ein sizilianisches Bergwerk besucht, darob in Thränen auS- brechen muß. Die Nahrung des Unglücklichen, der oft bis zum 30. Jahre Leibeigener bleibt, falls ihn eine mit leidige Krankheck nicht vorher hinwegraffl entspricht dem TageSlohn von 50 Centimes. Dabei darf nicht einmal der Gedanke trösten, daß auf dem Lande ja alles billiger sei — im Gegenteil! das Brot in Sizilien ist teuerer als in Nom (wo das Kilo 40 bis 45 Centimes kostet), und für ein elendes Loch, das einer Familie als Behau sung dient, müssen 70 Franks JahreSmiete bezahlt wer den! Trotz des ungeheueren UeberschusseS an Wein bleibt dieser dem sizilianischen Proletariat — ebenso wie das Fleisch — meist ein unerreichbarer Genuß. All dies hat zu einer so bedenklichen Degeneration geführt, daß die Rekrutierung empfindlich darunter leidet. Den „Signori" ist alles erlaubt, sie fühlen sich als unumschränkte Herren, und die vom Festland noch Sizilien versetzten Beamten bestärken die Herren noch in diesem Hochgefühl. Ueberhaupt ist es grade das büreaukratische Element, da» der Revolution in die Hände arbeitet, — ,gilt doch Sizilien gewissermaßen als Strasaufenthalt für i schlechte Beamte. Drei Jahre gehen ost darüber hin, dis ein Prozeß in Angriff genommen wird, und dabei sind al» natürliche Folge dieses entsetzlichen Systems alle Ge fängnisse überfüllt. Ja die Witwen verfchüiteter Berg leute mußten sieben Jahre (!) warten bis sie eine elende Entschädigung erhielten, und auch dann war dies nur möglich dank den unablässigen selbstlosen Bemühungen ei nes jungen, sozialistisch angehauchten Advokaten. Sonst hätte sich da- Gericht um die „Bagatelle" wohl nieq>al» gekümmert. Erbaulich lst die Act und Welse, wie die Signori (natürlich nicht alle, aber die Mehrzahl von ih nen) aufzutreten lieben. Abgesehen von der konsequenten Uibervorteckung und grenzenlosen Bewucherung der von ihnen abhängigen Bauern (Darlehen zu 100 Prozent sind an der Tagesordnung!), geben sich die Herren noch ganz als mittelalterliche Ritter, verbieten ihren Leibeigenen, Schnurrbärte zu trage», und schießen denjenigen nieder, oer dem Herrn, wenn auch ehrfurchtsvoll und.demütig zu widerfprechen wagt. Em Latilundienhesitzer Salafani, der einen Tagelöhner ohne Gruno, b!oS weil er den so zialistischen Klub leitet, erschoß, wune nicht einmat ver haftet ! Ebensowenig ein anderer, namens Demetrso.Ear- meni, der aus demselben Grunde einen gewissen Carpo- ni mit dem Flintenkolben niedergeschlagen hatte. Und da wundert man sich noch darüber, da» vielt dieser Geächte ten in die Berge fliehen und sich dem Räuvertum in.die Arme werfen, während die große Masse mit begeistertem Herzen auf die schönen Zukunftsbilder starrt, die die So zialdemokratie an die Wand malt. Ehe das Jahrhundert zur Neige geht, wird man in Sizilien noch den Bauern krieg sich wiederholen sehen, der vor 368 Jahre» Deutsch lands Himmel rötete, es fei denn, vaß noq rechtzeitig da» Uebet gelindert werde. Eine Anzahl sizilianischer Grundbesitzer ging auf da» Halvpartsystem ein, teilen also mit ihren Pächtern, die die Arbeit verrichten, die Ernte. Die Bauern brachten ihnen zum Danke Ovationen dar. (Nachdruck verboten. Iseurü'eton. Die Gouvernante. Roman von Rudolf Scipio. Fortsetzung. Jetzt, wo der Freiherr selbst ihm die Bestätigung gab, konnte er allerdings nicht länger mehr zweifeln, staunte nun aber um so mehr über die Ruhe, mit welcher Felden sich in seine neuen Verhältnisse fand. Der Kommerzienrath fühlte seinen Kopf schwindeln bei dem Gedanken, was aus ihm selbst werden würde, wenn er in derselben Weise plötzlich von feiner jetzigen Höhe in das alt« Nichts hinabsteigen solle. D r Tod selbst erschien ihm dagegen gering, obwohl er ja den größten Theil seines Leben» sich in einer niederen Sphäre wohl gesühlt und erst später die Genüsse des ReichthumS kennen gelernt hatte. Den Parvenü, der niemals etwas höhere- gekannt hatte dlS da» Geld und die Jagd nach demselben, mochte in die sem Augenblicke eine Ahnung überkomme», daß eS doch noch etwa« höheres geben müsse, und nicht ohne «in Ge fühl die Bewunderung vermochte er zu dem vor ihm Stehen den aufblicken, der, obgleich von Jugend an die großen Verhältnissen erzogen, den Wechsel des Glücke» gar nicht zu empfinden, sondern den Uebergang ung fähr so zu be-I trachten schien, al« ob er einen Rock wechsel«. „Um Ihnen keinerlei Zwang aufzuerlegen," fuhr Fel de« fort, der da« Schweigen de» Kommerzienrath» in anderer weise deutete, „vrtlassr ich Sie jetzt und stelle > es Ihnen anheim, mir Ihre Entschließung schriftlich mit- zutheilen." „Mein Entschluß ist bereits gefaßt," entgegnete Wehr hahn verbindlich, „und es kommt nur darauf an, ob Ihnen meine Bedingungen genehm sind." Er nannte hierauf als Gehalt eine Summo, mit wel cher Felben sich einverstanden erklärte. Die Sache war damit abgemacht und Felden verließ wenige Minuten spä ter di« Fabrik mit dem angenehmen Gefühle, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Sobald Felden weggegangen war, setzte sich der Kom merzienrath wieder an seine Arbeit; es wollte indessen nicht mehr recht damit gehen und obgleich die Stunde, zu der man bei ihm zu Hause z^esstMwflegte, noch nicht herangekvmmen war, so sah er sich ddch'il-Folge d«S neues ten Vorkommnisses, welches ihn lebhaft beschäftigte, veran laßt, sein Arbeitszimmer zn verlassen, um?fieiner^rau so balv al» möglich die Neuigkeit von der Fel- denS mittzutbeihen. In Begriff, die Treppe hinabzusteigen, cr sich nochmal» um und trat in ein Zimmer, Hessin Thür die Aufschrift: „Technisches Bureau" trug, um zunächst hier seine Neuigkeit zu verkünden. Die M ttheilung des Kommerzienrath» wurde von den sech» an langen Zeichentischen beschäftigten Herren mit sichtlichem Interesse, ober ohP( eine weitere Bemerkung oder Frage ausgenommen. Der Kommerzienrath liebte es nicht, außer tn streng geschäftlicher Weise, mit seinen Beamten zu verkehren. Man wußte da- einmal und richtet« sich danach. Kaum hatte er aber da- Zimmer mit einem kur zen Gruße wieder verlassen, al» die Unterhaltung über da eben Vernommen« um so lebhafter begann. „Freiherr von Felden, also ein Junker," bemerkte ein am Fenster stehender, etwa» selbstbewußt dretnschauender' Herr mit spöttischem Tone. „Und daß er vom reinsten Wasser ist, darauf können Sic Gift nehmen, Seidel," bemerkte einer der jungen Herren, indem er kunstgerecht seinen zukünftigen Schnurr bart strich. „Ich bin ihm nämlich aus ter Treppe begeg net. Er sieht verteufelt vornehin unv bestimmt au», so viel kann ich Ihnen sagen, und wenn ich bei ihm nach dem äußeren Augenschein schließe» darf, so scheint mir mit ihm gerade nicht besonder» gut Kirschen essen zu sein." „Alt oder jung?" sagte Seidel, indem er eine gewal tige Dampswolke von sich blies. „Nun, ich denke, er wird so um die Dreißig sein, «her darunter al» darüber." Also kaum hinter den Ohren trocken geworden," brumm, te Seidel grimmig, „und obendrein einer, der die Arbeit bisher wahrscheinlich nur zur Unterhaltung gelrieben hat." „Sie haben aber eben gehört, daß er seine Wirke selbst geleitet hat und da muß doch etwa« mehr dahinter stek» ken," warf ein Anderer ein. „Papperlapapp," versetzte Seidel, „man kennt ha». Alte» Werk, mach! nichts, als einerlei Fabrikat) die reine Tretmühle. Ist dann einmal etwa» nicht in Ordnung, so wird ein Ingenieur verschrieben, der den Karren über den Berg ziehen muß, bi» er wieder von selber läuft; da« nennt man dann ein Werk selbständig leiten. Fällt mir deshalb auch gar nicht rin, mich hier, wo ich seit der Gründung der Fabrik selbstständig gearbeitet habe, nun zu guter letzt noch einem solchen arroganten adeligen Grün schnabel unterzuorbuen. Bei einem älteren Manne, wie Balzer, war da» ein andere» Ding.,, „Wollen Sie un» denn auch verlassen?" warf der vorige Sprecher mit einem Tone ein» au» re» man den Zweifel heraushört«. „Dummes Zeug, daran denke ich nicht, aoer ich werde