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Auerihal -Zeitung. Lage-latt für die Stadt Aue and Umge-uag «rschetut täglich Nachmittags, außer an Sonn- n. Feiertagen. — Preis pro Monat frei ins Hau« SO Pfg., auswärts 25 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspicgel" 5 Pfg. mehr. — Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. Verantwortlicher Redakteur. Ernst Funke^Ane ^Erzgebirge.) Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. die einspaltige PeMzeile tO Psä., amtliche Inserate die CotpUS-Zeile rb PU. RettäiNen pro Zeile 20 Pfg. Bei 4 maliger «nfNtch«» 25°/o Rabatt. - Bei größeren Jnfpeaten u. mehrmaliger Ausnahme wird entsprechend, höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalteü undLaudbriefträgcr nehmen Bestelmkgmä»! Nr. 8b Freitag, den 23. Juni 1899. IS. Jahrgang. Der geprüfte Maurermeister Herr Brust OSkar Mann an» Zwickan ist heute als I. Assistent für unser -Stadtbauamt verpflichtet word«n. Aue- am 20. Juni 1899. Der Rath der Stadt. Rathsassessor Taube. Wendler- Mit der Stellvertretung des Friedensrichters für den Bezirk Lößottzk Alberoda und Dittersdorf ist aus die Zeit vom 19. Juni bis 12. Juli 1898 Hk Aktuar Sprenger in Lößnitz beauftragt worden. Der Stellvertreter übt seine Thätigkeit an hiesiger Gerichtsstelle aus. Lößnitz, am 19. Juni 1899. Königliche- Amtsgericht. Lechla. Thr Airevtdnl-Zeitttng erscheint jetzt täglich, k o st e t g-vs Alsirirt nur SO Pfennige. rieiehst«rs S7. Sitzung vom 20. Juni, I Uhr. Der zweite Tag der Verhandlungen über die Vorlage betr. den Gewerbeschutz. Bor Eintrit in die Tagesordnung rüst Präsi dent Graf Ballestrem den Abg. Bebel nachträglich zur Ordnung, weil er am Montag das eventuelle Zustandekommen des Gesetzentwurfes als eine Schmach und Schande für Deutschland bezeichnet habe. (Lebhafter Beifall rechts, lärmende Zurufe bei den Sozd.) Präsident Gras Ballestrem verbit tet sich jede Kritik. Abg. Singer (soz.): Wenden Sie sich nur dahin! (nach rechts.) Präsident Graf Bällestrem: Jede Kritik! Hieraus wird in die Tagesordnung: Fortsetzung der ersten Beratung der Vorlage, eingetreten. Abg. Dr. v. Levetzow (kons.) erblickt in dem Entwurf das Bestreben, das natürliche Koalitions- recht zu sichern und will sich auf die Besprechung deS'ß 1, der die Tendenz des Gesetzes enthalte, beschränken. Seine Freunde ständen auf dem ent gegengesetzten Standpunkt wie die Sozialdemokrat ten und könnten keine Bedrohung des Koalitions rechts darin finden. Auch in nichtsozialdemokrati schen Arbeiterkreisen mache sich ein Wiederstand ge gen die Vorlage bemerlich, doch sei dieser nach ihrem Inhalt unbegründet. Es empfehle sich die Verweisung an eine Kommission von 28 Mitglie dern. (Beifall rechts.) Abg. Dr. Lieber (Ztr.) führt aus: Man sage, die Vorlage richte sich gegen den Koalitionszwang. Seine Partei stehe einmütig auf dem Standpunkt, daß di« Vorlage die Frage der Koalitionsfreiheit aufrolle, allerdings indem sie das Pferd beim Schwanz aufzäume. (Heiterkeit.) Anstatt positiv aufzubauen, greise man zu Repressalien und wähle das System der Lücktnbüßer, anstatt organisch zu schaffen. Wenn man die Koalitionsfreiheit schützen wolle, müsse sie überhaupt erst da sein. (Vielseitige Zustim- mung.) Ein großes Gemeinwesen wie das deut sche Reich könne sich nicht aus die Aufhebung von allen Vorschriften beschränken, es müsse positiv sagen, wüS' Rechtens sei. Koalitionsfreiheit sei nur für gewerbliche Gehilfen, Arbeiter und Fabrikarbeiter uttker gewissen Bedingungen und zu gewissen Zwecken (8 162 G.°O.),also in beschränktem Maße gegeben. Das Zentrum verlange die Koalitionsfreiheit nicht nur aus dem Boden des gemeinen Rechts, sondern außer für den einzelnen auch für die Koalitionen selbst. ES verlange die Rechtspersönlichkeit auch für die Berufsoereine. Nicht eher könne von einer Regilvng der Koalitionsfreiheit die Rede sein, als bit'dtrse Forderungen erfüllt seien. Nicht zu leug nen fei K, daß den äußeren Anlaß zur Vorlage Ausschreitungen von sozialdemokratischer Seite ge geben hätten. (Wiederspruch b. d. Soz.) Die ka tholischen Arbeiter littenschwer unter den Bedräng ungen und Bedrückungen durch Sozialdemokraten. Deshalb fordere das Zentrum zunächst wirklich völ lige Koalitionsfreiheit, damit die katholischen Ar beiter eine wirksame Waffe gegen die Bedrängungen erhielten. Die Vorlage enthalte kein allgemeines Recht, sondern nur Ausnahmebestimmungen. An- gesichts der oft geradezu haarsträubenden Urteile der Gerichte aus Grund des Z IS3 der G.-O. gegen Arbeiter und der himmelschreienden Parteilichkeit aus der anderen Seile, wenn es sich um Unterneh mer handele, sei zu erwägen, wie man Bestim mungen abändern könne, deren Anwendung der Absicht des Gesetzgebers offenbar zuwiderlaufe. Präsident Gras Baüestrem bemerkt, der Redner habe den deutschen Richtern Parteilichkeit vorge- worsen (Ruse bei den Soz.: Sehr richtig!). Er rufe ihn deshalb zur Ordnung. Abg. Lieber (sortfahrend) sprich: sich nicht direkt für Kommissionsberatung aus, will aber auch nicht, wie Abg. Bebel, gleich in die 2. Lesung treten, um einen Versuch zu machen, das zu verwirklichen, was sie erstrebe. Vielleicht komme die Regierung ent gegen und mache im Zeiträume bis zur 2. Lesung eine entsprechende Vorlage. (Beifall im Zentrum.) Abg. Wassermann (natl.) ist enttäuscht von der Vertretung, die die Vorlage durch die Regierung gefunden habe. Aus den Reden der Regierungs vertreter habe Resignation herausgeklungen. Der Streik führe unter Umständen zu bedauerlichen Ausschreitungen, die Remedur heischten. Aber ein Gesetz, wie es von der Regierung verlangt werde, sei dazu jungeeignet. Redner könne Maßnahmen nicht zustimmen, die die Sozialdemokratie nicht schwächen, sondern stärken würden. Jede der fitzt vorgeschlagenen Maßnahmen müsse das Solidaritäts gefühl der Arbeiter sehr stärken, und darin liege die Gefahr, daß auch die abseits stehenden Arbeiter der Sozialdemokratie ^»geführt würden. Redner ver weist aus eine Rede v. Benningsens, der sich im selben Sinne ausgesprochen habe. Die Sozialdemo kratie habe wirklich Glück, in dem Augenblick, wo ihre Organisation ins Wanken gerate, wo die Vern- stein und Genossen aufträten, komme die Regierung mit dieser Vorlage. Die Begründung in der Denkschrift sei einsei« tig uüd tendenziös. (Lebhafte Zustimmung). Red- ner kritisiert eingehend die Denkschrift äußerst ab fällig. Weder könne die Vorlage die Kontrolle der „weißen Wäsche", noch die „schwarzen Listen" be- fettigen, das gebe die Regierung selber zu. Bei der Kritik der Einzelheiten weist Redner darauf hin, daß nach der Vorlage bei Beleidigung des Reichs kanzlers ein Antrag notwendig, wenn aber auf einem Bau eine Schnapsflasche zerbrochen werde, solle künftig kein Antrag mehr nötig sein. Ein Teil der Nationalliberalen bekämpfe die 88 1, 2 und 4 nicht und halte sie zur kommissarischen Wei terberatung geeignet. Ein anderer Teil werde für die Weiterberatung im Plenum stimmen und wünsche ihre möglichst rasche Ablehnung. (Lebhaf ter Beifall). Staatssekretär Dr. Nieberding ergeht sich in Erläuterungen juristischer Natur über die Paragr. 1 und 2, in denen die Grundzüge des Entwurfs enthalten seien. Abg. Dr. Arendt (Rp.) hält die freundliche Stel lungnahme eines Teiles der Nationalliberalen für erfreulich. Das Gesetz sei am Platze für die Frei heit der Arbeiter -egen den Terrorismus. Die Rede des Abgeordneten Lieber schließe eine ander? Stellung seiner Partei bis zur 2. Lesung nicht ganz aus. Die vom Abgeordneten Bebel angeführ ten richterlichen Urteile seien nicht maßgebend,- seit er mit seinem Tucker-Brief das ganze HauS und das ganze Land irregesührt habe. (Unruhe und Zurufe links.) Redner hofft, daß man noch- kleine Unebenheiten aus dein Gesetze entfernen werde. (Große Heiterkeit und Zurufe links.) Er verbitte sich ungehörige Zwischenrufe (Vizepräsident v: Fvege erklärt, keine derartigen Zwischenrufe gehört zu ha ben.) Allerdings seien zu seinen Ohren ungehörig« und unparlamentarische Zwischenrufe gedrungen. (Lachen links.) (Vizepräsident v. Frege ersucht wiederholt um Ruhe.) Abg. Lenzmann (freis. Vp.) hätte lieber gesehen^ wenn der Vorredner gegen die Goldwährung ! ge sprochen hätte, da Reden Gold, Schweigen Silber sei. (Große Heiterkeit.) Wer die Arbeit anbtete, sei für sich zur Preisregulierung zu schwach. Die Sozialdemokratie wolle daher die Regulierung durch den Staat, die Partei des Redners wolle sie durch die freieste Koalition erreichen. Die Liebe zur Koa litionsfreiheit sei auf Seiten der Regierung erst' er zwungen, ja platonisch zu sein. Wenn der Reichs tag die Aufhebung des Koalitionsverbots verlange, erscheine vom Bundesrate niemand, hier bei der Vorlage, wenn ein Stück Koalitionsfreiheit begra ben werden solle, würden die Vertreter vön Hett und Marine, die preußischen Minister usw. toie^zsti! Leichenfeier eines großen Mannes aufgebotem (Zehr gut!) Die Vorlage entstamme demselben Boben wie das Sozialistengesetz, die Umsturzvorlage ü. a. Die Motivierung der Vorlage lasse ihren AüBnäh« mecharakter deutlich erkennen und auch der SkäätS- sekretär habe zugegeben, daß der Arbeiter mehtzfil^ der Arbeitgeber durch dies Gesetz getroffen werde. Das Gesetz gewähre gar keiken Schutz für die Ar- beitsunwilligen gegen die Roheiten AtSMÄbilliger. Ein kleiner Ansatz sei vorhanden, der sichitzegAt die Unternehmer richte. Auch sei kein Schutz-gigrllM gegen die Vergewaltigung der ArSeitärVer''ÜrWk sich. Das Gebühren der Syndikate kofiue ustM Umständen auch gemeingefährlich werdet ÄW viel größere Kalamität sei es, wenn in Westfalen die Fabriken zum Stillstand kämen dadurch, dÄ ihnen von den Roheisen- und KohlensyndikatendaS Material verweigert würde. Redner ergeht" sich des weiteren in abfälliger scharfer Kritik der-Vor lage und betont zum Schluß: Der beste MiSthS für die Arbeiterfreundlichkeit sei die AbMniiA^ der Vorlage, das Bürgertum werde seinen Mut gegM die Scharfmacher durch eine Zurückiveisürtg vLft'Mr setzes von vornherein beweisen. (Lebhafter Bestall, vereinzelt Zischen rechts.) Abg. Liebermann o. Sonnenberg (Ant.) -spricht sich namens seiner Partei gegen die Vorlage auiSj die den kaiserlichen Erlassen widersprächet Befstt sei ein weiterer Ausbau des KoalittonsrechtS 'uNV die Errichtung von Arbeiterkammern. AirchbiÜ Ar beitgeber ständen zuweilen Posten. UM dte^UMn schrift des Gesetzes „zum Schutze der Arbeitswilligen* zu rechtfertigen, werde seine Partei für Kommissions beratung stimmen; hoffentlich komme zu dieser Ueberschrift weiteres Gute. (Heiterkeit.) Hierauf wird die weitere Beratung aüf Mitt woch 11 Uhr vertagt. (Außerdem HüNdettpröW sortum mit England 3. Lesung; KaroltnenvvtlätzH Abstimmung über den Antrag Caroläth? Wähv Prüfungen. Schluß 6>/i Uhr,