Volltext Seite (XML)
und Anzeiger für das Erzgebirge Nora ttw onlicher Rcdakleur: Friy Ar »da Id. Filr dic Zuscralc rcraulivorllich: Rr > hur Tupfer. beide in Aue. nut der wöchentlichen Unterhaltungsbeilnge: Illustriertes ^oiUltagsblatt. Sprechstunde der Nedukliou mit Ausnahme der Sonntage uachmillags von 4—5 Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher :<>?. Für unverlangt cingesandtc Mannskriple kann Gewähr nicht geleistet werden. Bruck und Verlag Gebrüder venthuer >^t,h.: Paul Bcuthuer) in Aue. B-zn nspr eis: Unrch unsere Voten frei ins liaus monatlich 50 psg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich 40 Psg und wöchentlich t« Psg. — Bei der Post bestellt und selbst abgcholt vierteljährlich ,.so Ulk — Burch den Brieflräger frei ins Naus vierteljährlich ,.<)2 Ulk. Einzelne Nummer >» psg — deutscher postzcituugs- katalog — Lrschelnt täglich in de» Mittagsstunden, mit Ausnahme von Soun- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens Uhr vormittags. Für Aufnahme von grdsjereu Anzeigen au bestimmten Miellen kann nur dan» gebürgt werde», wenn ne am Tage vorher bei uns cingeben ) n ser t i o usp re is: Bie stebeugespallcne Uorpnszeilc oder deren Baum t» ptS- Reklamen 25 Pfg. Lei grSgercu Aufträgen entsprechender Rabatt. Viese rrnnrureo l» Seit«» Das Wichtigste vom Tage. Anläßlich des gestern in Dresden erfolgten Einzuges des Prinzen Johann Georg und Gemahlin hat König Friedrich August ca. l20 in der Landes hauptstadt wohnende Personen begnadigt. " der K o l o n i a l v e r w a l t u n g werden Beratun gen gepslogen über die Acnderung des Beamtenge- setzes siir die Kolonien. " Dic Kommission sür die I u ft i z r e s o r in in Frankreich sprach sich mit 8 gegen 2 Stimme» sür Abschasfung der Todes st rase aus. Der bekannte österreichische Landschaftsmaler Wilhelm Bcrnatzik, das führende Mitglied der Sezession, ist, 63 Jahre alt, gestorben. DailyMail wiro vom l. Dezember ab eine für Blinde bestimmte, in Brailleschrift gedruckte Wochen a u s- gabc zum Preise von l Penny ausgebcn. In Birminghamer Fabrikantenkreisen wird erzählt. E h a m- berlain hätte einen zweiten Schlaganfall gehabt und sei ans einem Auge erblindet. Chamberlains Fa milie stellt eine solche schwere Verschlimmerung in Abrede. * Näheres siehe unten. Dernbnrg, der Rechner. - Herr Bernhard Dernburg, der neue Leiter unserer Kolonialpolitik, hat, was bei seiner wichtigen Vorbildung als Leiter großer Bankunternehmungen nicht Wunder nehmen kann, bereits eine Bilanz fertig gebracht. Er hat einmal heraus gerechnet, daß in unseren Kolonien eine Milliarde deutsches Geld investiert ist, und zum anderen, daß unsere Schutzgebiete seit ungefähr zwei Jahren die sämtlichen Kosten ihrer Verwal tung aus eigenen Einnahmen decken. Endlich, daß diese Ein nahmen fortgesetzt eine schöne und stetige Steigerung ausweisen. Wenn mans so liest mags glaublich scheinen, aber cs wird im deutschen Reich auch Leute geben, die da der Ansicht sind, diese Bilanz wäre von ihrem Versasser ein ganz klein wenig frisiert worden. Wir möchten uns zu dieser an sich freilich ziemlich nahe liegenden Meinung nicht bekennen, sondern sind der Ansicht, daß Bernhard Dernburg, der ja im Kolonialsach noch nichts zu ver schleiern hat, wohl die Wahrheit herausgerechnet hätte, auch wenn sie weniger angenehm geklungen hätte. Dem Mann kann ja an dem Nachweis, daß seine Vorgänger nicht entsprechend gewirtschaftet haben, nichts liegen — sür ihn müßte cs um so lobenswerter sein, wenn er nach Jahrzehnten der Mißwirtschaft der e r st e wäre, der glückliche Erfolge auszuwciscn hat. Darum glauben wir, daß Bernhard Dernburg recht hat in beiden Be hauptungen. Es ist ja auch niemals ein Geheimnis gewesen, daß viel deutsches Geld in unseren Schutzgebieten steckt — wo wären denn die Summen hingekommen, die unser Reichs tag außerhalb des Etats der ständigen Ausgaben sür die Schutz gebiete alljährlich genehmigt hat? Zählt man diese Summen zusammen, so müßte das Resultat noch viel höher sein, als der neue stellvertretende Kolonialsekretär ausgerechnet hat. Es ist viel Geld ins Wasser gefallen, aber immerhin ist eine Milliarde noch ein recht hübsches Kapital sür ein Volk, das erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit Kolonialpolitik treibt. Was ist nun aus dieser Milliarde sür ein Schluß zu ziehen? Herr Dernburg sagt das wohlweislich nicht, son dern läßt den Gesetzgebern das Rätsel zum Lösen. Aber die Lösung liegt sehr nahe. Wenn wir schon einmal eine Milliarde deutscher Reichsmark anlegen, dann kann man dieses schöne Sümmchen Geld doch nicht kaltlächelnd verfallen lasten. Es muß also unser Bestreben sein, dieses Vermögen zu erhalten und zu vermehren. Das aber kann nur geschehen, wenn das deutsche Reiche nicht in alter Weise sortfährt, zu nörgeln und zu knau sern, wenn es sich bereitsinden läßt, auch einmal eine tüchtige Summe zu riskieren. Die Kolonien decken ihren eigenen Be darf an Administration und Verwaltung. Wenn also von Sei ten des Mutterlandes nichts mehr geschieht, dann wird es, Aus- nahmssälle wie Kriege usw. natürlich auch ausgenommen, rund umgehen, ohne Gewinn und ohne Verlust. Das heißt, wir haben irgendwo eine Milliarde liegen, aber sie trägt keine Zinsen. Daß dieser Gedanke einem Dernburg grüß- l i ch sein muß, versteht sich ganz von selbst. Man hat davon vernommen, daß der neue Mann im Ko lonialamt, den wir wahrscheinlich doch bald als Kolonialstaats- sckretär begrüßen werden, die löbliche Absicht hat, einen Kredit von 300 000 Mark sür die Schutzgebiete — auf zehn Jahre ver teilt — zu verlangen. Dem Mann ist das allerdings zuzu ¬ trauen! Seine Bilanz ist auch schon durchaus daraus zuge- chnitten, ist daraus angelegt, uns den Mund wässerig und das Herz kolonialsreundlich zu machen. Aber einen leichten Stand wird der unternehmungslustige Mann nicht haben, denn man wird seine Rechnung nicht ohne weiteres im Reichstag unter- chreiben, man wird von Wechseln auf die Zukunft sprechen, und dem Optimismus Dernburgs einem umso schwärzeren Pessimis mus entgegensetzen. Und — offen gestanden! — das ist auch ganz gut! Vielleicht wird man dann endlich einmal die grundsätzliche Frage zur Entscheidung bringen, ob wir Kolonial politik treiben, blos um auch ein paar Kolonien zu haben als Ausslugsorte sür erholungsbedürftige Parlamentarier, oder ob mir energische Kolonistenarbeit tun und uns in unseren Schutz gebieten auch einen Gewinn sür spätere Zeiten sichern wollen Daß das Letztere möglich ist. kann kaum mehr bestritten werden. Wir halten nicht viel von den phantastischen und überschwenglichen Schilderungen parlamentarischer Reisender, aber auch von ernster Seite, von fachmännischer Seite wird be teuert, daß unsere Kolonien ertragssähig sind, einige wenige Striche ausgenommen. Aber um die Schätze zu heben, bedars cs eben des Unternehmungsgeistes und vor allem auch des Geldes. Wir müssen Kommunikationswege schassen, wir müssen Kolonisten haben, denen wir den entsprechenden Schutz auch in Wirklichkeit gewähren können, und wir müssen — dic Verwaltung unserer Kolonien etwas anders, d. h. weniger kostspielig gestalten. Wenn heute schon die Kolonien im stande sind, sür die Vcrwaltungskosten selber auszukommen, dann werden sie es erst recht sein, wenn einmal einige Tausend Mark pro Jahr sür Tinte weniger geleistet werden müssen. Herrn Dernburg halten wir, ohne von vornherein schon von ihm entzückt und begeistert zu sein, sür einen praktischen und energischen Mann. Vor allem sür einen modernen Mann ohne Zopf und ohne Bureaukratenenghcrzigteit. Wenn jemand im stande ist, aus unseren Kolonien etwas zu machen, dann ist e r cs, und in dieser Hinsicht darf ihm wohl das unbedingte Ver trauen entgegengebracht werden. Er hat die Sache gut cinge- leitet, seine Rechnungskunststücke sind ein Prolog zu den For derungen, mit denen er dem Reichstag kommen wird. Die Be gründung wird dann nicht fehlen — hoffentlich findet dann das deutsche Volk den Weg, den es gehen muß! Politische Tagesschau. Au», 27. November 1906. Prinz Eitel Friedrich und Caruso. Eine New Porter Meldung der Franks. Ztg. besagte, daß Prinz Eitel Friedrich an den Tenoristen Caruso telegra phiert hätte, er schenke jenen Anschuldigungen keinen Glauben, aufgrund deren Caruso am Freitag wegen eines Sittlichkeitsvergchens verurteilt worden ist. Hierzu äußern sich die B. N. N.: Selbstverständlich interessiert niemanden, wie Prinz Eitel Friedrich über diese Frage denkt. Trotzdem hassen wir, jene Meldung werde alsbald dementiert werden Denn ein derartiges Telegramm wäre unter den verschieden sten Gesichtspunkten schwer zu mißbilligen. Im all gemeinen sollen s ii r st l i che P e r s o n e n sich immer nur dann öffentlich äußern, wenn ihr Schweigen zu Mißver ständnissen oder berechtigten Beschwerden führen könnte. In diesem Falle aber wäre Schweigen nicht nur möglich, sondern nötig gewesen. Denn wenn dic Gerichte sprechen, hat der Laie zu schweigen. Wie kann einem Sohne des Deutschen Kaisers in den Sinn kommen, sich über eine dem amerikanischen Gerichte vorliegende Deliktssrage zu äußern? Was würden wir sagen, wenn ein Cohn des Königs von England etwa dem Fräulein Anita Augspurg telegraphieren wollte, er glaube nicht, daß sic die Schimpswortc gebraucht habe, wegen deren sie in Ham burg verurteilt wurde? Was weih ferner Prinz Eitel Friedrich von dem Privatleben Carusos? Er kennt ihn doch hoffentlich nur als Inhaber einer glänzenden Tenorstimme. Dem Prin zen stehen zwei Berater zur Seite, die ihn, wenn er eine solche Telegraphie-Absicht andeutete, darauf Hinweisen mußten, daß seine Worte von den reklamesllchtigen Caruso, Conried und Kon sorten sofort in die Presse gebracht würden. Hoffen wir, daß die ganze Sache von jenen Theaterleuten erlogen wurde! Denn cs wäre außer allem Spaß, wenn der ganzen Welt Anlaß ge boten wäre, sich Uber diesen Mißgriff eines deutschen Kaiser sohnes aufzuhalten. Berlin und Bukarest. 'S? Wenn es noch eines Beweises bedürfte, daß Impressio nen und Stimmungen in unserer ckuswärtigcn Politik einen nicht zu unterschätzenden Faktor bilden, so brauchte man hier für nur das auffallend laue Verhältnis zwischen Berlin und Bukarest heranziehen. Es ist gewiß schon ausgefallen, daß der prächtige und hervorragend tüchtige König Carol, dem Ru mänien seine hervorragende Stellung unter den Balkanländern verdankt, es vermeidet, seinen Fuß aus deutschen Boden zu setzen, während Kaiser Wilhelm, obgleich er bereits zweimal in Kon stantinopel war, es jedesmal unterließ, den so naheliegenden Abstecher nach Bukarest zu machen. König Carol steht mit seinen Sympathien vollständig auf Seit« des Dreibundes, und es ist ja rin ojjenes Geheimnis, daß er mit seiner ausgezeichneten Armee für den Fall eines Krieges zwischen Rußland und den beiden mitteleuropäischen Kaisermächten sich auf Seite der letz teren gestellt hätte. Jahr für Jahr hat König Carol eine Be gegnung mit dem greißen Kaiser von Oesterreich, weil die beiden Monarchen ein enges Freundschaftsband umschlingt, aber von Berlin aus behandelt man diesen ausgezeichneten Hr.henzollern- sürsten auf fremden Throne derart kühl, daß sich Fürst Bülow in seiner jüngsten großen Reichstagsrede zu einer ängstlichen Korrektur veranlaßt sah, als er den König Carol einen der tüchtigsten Fürsten genannt hatte, die ihm vorgekommen seien. Rasch setzte er aber hinzu. „Ich sage, während meiner Tätigkeit in Bukarest." Dieser interessante Zwischenfall ist von unseren Reichsboten nicht beachtet worden; schade, denn er hätte zu einem famosen Angriff auf die Schönrederei des Reichs kanzlers eine brillante Waffe geboten! Man muß sich wirklich fragen, warum der ganz unter französisch-englischem Einflüsse stehende König Alfons von Spanien mit Liebenswürdigkeiten geradezu überschüttet wird, während das sür unsere auswärtige Politik und das Deutschtum so hochwichtige Rumänien nicht entfernt jene Beachtung findet, die es verdient. Hoffentlich wird bei der Beratung des Etats im Auswärtigen Amte unser Verhältnis zu Rumänien im Reichstage zur Sprache gebracht! Der Eroßherzog von Luxemburg schwer erkrankt. (Nachdruck verboten.) . Auf dem Großherzog von Luxemburg lastet ein schweres Ge schick. Schon wiederholt von Schlaganfällen heimgesucht, die ost wochenlang schwere Störungen seines Wohlbefindens im Ge folge hatten, ist er nunmehr wiederum von einem Gehirnschlage hmung und Bewußt losigkeit hervvrgerusrn Hal. Das Leben des Gros,- herzogs stehl in der höch sten Gefahr und dic Acrzlr hegen auch wenig Host'nung aus eine Genesung. Grostherzog Wilhelm steht zur Heil im ö-t. Lebens jahre. Ihm ist wenig Freude beschieden geivcseu. Zn ganz jungen Jahren ver lor er ichon dic Aussichten aus eine Thronfolge in Hessen-Kassel, als 1866 sein Vater nach 27jähriger Regierung von Prensten des Thrones verlustig erklärt wurde Als dann der König Wilhelm der Nieder lande, der Vater der Königin Wilhelmina, der zugleich Großherzog von Luxemburg war, 1800 starb, folgte der Vater des jetzigen Großherzogs ihm auf den Luxemburgischen Thron. Das zunehmende Alter nötigte den Großherzog Adolf, dem Erbgroßherzog Wilhelm schon seit 1902 die Regentschaft des Großherzogtums zu übertragen. Aber schon damals begann der Erbgroßherzog zu kränkeln. Seine einzige Freude bildete die Jagd, der er aüs seinem oberbahrischen Schlosse mit Leidenschaft oblag. Vermählt ist der jetzige Eroß herzog, der vor zwei Jahren seinem Vater folgte, mit der In fantin Maria Anna von Portugal. Der Ehe entstammen sechs Töchter, kein Sohn. Das regierungsfähige Haus Hessen-Nassau ist mit dem Eroßherzog daher im Mannesstamme erloschen. Es lebt freilich noch ein nassauischer Prinz aus der zweiten Ehe des 1839 verstorbenen Herzogs Wilhelm zu Nassau, der Prinz Niko laus, der 1832 geboren ist. Da er aber mit Natalia Puschkin unebenbürtig vermählt und Stammvater der Grafen Meren berg geworden ist, kommt er sür die Thronfolge in Luxemburg nicht in Betracht. Nächster Agnat für Luxemburg wäre daher das Haus Wied, das auch vielleicht in den Niederlande» erbbe rechtigt wäre. Die Schwester des alten Großherzogs Adolf, Prinzessin Marie, vermählte sich 18-12 mit dem Fürsten Hermann zu Wied. Dessen Sohn, also der jetzige Fürst Wilhelm zu Wied, Präsident des preußischen Herrenhauses, dürfte als Nachfolger in Luxemburg auch zu gelten haben. Zur Kritik der kolonialen Denkschriften. u. Unter diesem Titel schreibt die Nordd. Allg. Ztg.: „In verschiedenen Blättern ist bei der Kritik über die kolonialen Denkschriften beanstandet worden, daß darin der Mangel des Baues von Eisenbahnen als einziger folgenschwerer Fehler der Verwaltung angesehen wird. Die Kritik vergißt hierbei, daß es sich um fachtechnische Arbeit handelt, die sich ausschließlich mit dem Stand der administrativen Verwaltung in Schutzgebieten befaßt, soweit dieser in finanziellen Ergebnissen ausgedrückt werden kann. Niemand wird der gegenwärtigen Leitung der Kolonialverwaltung zutrauen, daß sie glaubt, damit alle diejenigen Anstände erschöpft zu haben, die sich zum großen Teil mit Recht — gegenüber der bisherigen Verwaltung ergeben haben. Aber alle diese Anstände sind — sonst müßte man ja an die Möglichkeit einwandssreien Kolonialver waltung überhaupt zweifeln — reparabel. Der Mangel einer rechtzeitigen Erschließung der Schutzgebiet« durch Ver- betronen worden, der völlige La