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Annahme von Anzeigen Ins spätestens 9'1, Uhr vormittags, Für Aufnahme von gräßeren Anzeige» an bestimmten Steilen kann mir dann gebürgt werden, wenn sic am Tage vorher bei uns eingehen. ^nkerlionspreis: Vie siebengesxallene Rorpuszeilc oder deren Raum io pfg., Reklamen rs pfg Bei grdtzeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Bezugspreis: Durch Misere Boten frei ins Haus monatlich so Pitz. Bei der Gcichällssnlie abgeholr monatlich Psg und wächentlich lv pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich i-äu ilik. — Durch den Bliesiräger frei ins Haus vierteljährlich l.92 Mk. -- Einzelne Nummer >o pfg — Deutscher Postzeitnngs- katalog — Lrschcliit täglich in den Miltagssimiden, init Ausnahme von Sonn- und Feiertagen Viese rrninincv »»«»fstizt (> Seits» Das Wichtigste vom Tage. In Dresden erfolgte gestern in Anwesenheit des Königs Friedrich A n gn st die V c r e i d i g n n g der R ekrnten der Garnison Dresde n. Ter K vnig hielt eine Ansprache. Prinz .start von Baden ist heute srüh 7 Uhr 30 Minlncn gestordcn. * Der Kronprinz von L ch w e d en" ist gestern abend von Stockholm nach Berlin abgereist. Der neue Leiter der Berliner.st nn st g c w er be t' ch n l c, S i in p l i z i s s i in n ü - P a n l, siedelt bereis N eu - jahr von Miinchen nach Berlin über. * Tie gestern Abend der spanischen Regierung aus Marokko zugegangenen Rach richt en sind nicht befriedigend. In W i e n wurde gestern ein Denknial für .st a i s e r st a r l den Grosten, in Bndape si eines »nr den Grasen Ju lins A ndra s s y enthüllt. Dein Reichstage ist die Vorlage betr. dieGencral - alte von Algeciras zugegaugen. Gestern fand die Beerdigung der Opfer der st ata- st r ophc bei Willen statt, jede weitere Cxplos ionsgcsahr ist seht beseitigt* Der H auplma u n v o n st öpcnick ivird gegen den ihn zu 4 Jahren Gefängnis vernrteilcuden Richterspruch R e- vision nicht cinlcgen* Näheres siehe unten. Die Byzantiner an der Arbeit. An dem gleichen Tage, da das ganze deutsche, ja die ganze Kulturwelt aus's Heftigste erschüttert wurde durch eine Katastrophe, die in ihrer Furchtbarkeit beinahe an Cour- riäres heranreicht, verkündeten deutsche Blätter, und waren dar unter sehr graste Blätter, tonangebende Blätter der Reichs hauptstadt, dast der preutzische Kronprinzder Kolonial- schlacht am letzten Mittwoch vom A n s a n g b i s z u m E nd e beigewohnt hat. An der Verzeichnung dieser an sich gewist erfreulichen Tatsache ist natürlich nichts gelegen, denn der Kron prinz ist immerhin eine Persönlichkeit, die ausfällt und vermöge ihrer Stellung ja auch ausfallen soll. Wenn man uns aber spaltenlang erzählt, wie er sich räusperte, wie er in hohem Maste „gespannt" den Worten des Kanzlers und des Herrn Dernburg folgte, die doch gewist nichts so besonders neues zu sagen wußten, wenn man uns jeden Bleististstrich, den der Kronpring machte, jedes Verziehen des Gesichtes, und gar das wiederholte über legene Lächeln, bei den Ausführungen des Bamberger Dom dekans und des Genossen Lcdebour vorsetzt, so wirkt diese mehr als epische Breite doch recht seltsam. Und wenn ein mittel deutsches Blatt, das sonst ziemlich frei von byzantinischen Allüren ist, gar mit Behagen bemerkt, der Kronprinz habe ersichtlich durch die Rede Ledebours eine vergnügte halbe Stunde gehabt, so weist man nicht, soll man sich ärgern, oder soll man darüber lachen. Gewiß ist es erfreulich, wenn der Kronprinz, der dermal einst'die deutsche Kaiserwürde bekleiden wird, an den Verhand- lunge»- des deutschen Reichstags Interesse findet. Es kann au», ,stn. daß die Einführung des Kronprinzen in die Politik, die der Kaiser bekanntlich angcordnet hat, das Erscheinen des Kronprinzen in der Hosloge des Reichstags veranlaßt hat. Oder das Interesse, das der Kronprinz vielleicht an den Kolonien nimmt. Oder das Interesse an dem neuen Mann der Kolonial verwaltung, von dem sicher auch der Kronprinz schon Einiges zu hören bekam. Das alles ist möglich. Aber in dem Erscheinen des Kronprinzen im Reichstag ein besonderes Verdien st zu sehen, das ist denn doch recht deplaziert. Es ist doch eigentlich so selbstverständlich, wie nur etwas, dast der Kronprinz jetzt, nachdem er das Jünglingsalter hinter sich hat, anfängt, sich in die Politik des Reiches einzuführen, das er einmal regie ren soll. Pflichterfüllung ist für Monarchen, und die es werden wollen, genau so notwendig, wie für den geringsten Arbeiter, sie ist ein moralische« Gebot. Und darum ist es völlig unerfindlich, wie manche Leute darüber aus dem Häuschen ge raten tonnten, dast der Krünprinz in seiner Loge weilte und sich Notizen machte. Aber es ist die alte Geschichte. Die Leute müssen immer ein Idol Haden, und die genannte öffentliche Meinung, wie sie au» den großen Fabriken hervorgeht, ebenfalls. Es scheint, dast-man den Kronprinzen dazu augenblicklich berufen fühlt, und darum b^gebikri' stch die Byzasttisier ast di« Arbeit und'fingen auf den Kronprinzen, der im Reichstag war und sich Notizen machte, ein Loblied. Es wird uns nicht wundern, wenn man uns demnächst zum Abendschoppen oder Nachtmahl schwarz aus weiß erzählt, dast der Kronprinz sich eifrigst an der inneren oder der Kolonial politik beteiligt, und zu dem einen Adjutanten diesen Ausspruch getan und dem anderen jenes geflügelte Wort gesagt hat. Und mit dem Augenblick, da der Kronprinz sich um die Politik küm mert, wird er einen Schwarm von Leuten hinter sich haben, die alles erdenklich Großartige von ihm erzählen, die dem Kron prinzen das zu werden suchen, was andere Leute dem Kaiser geworden sind. Dast dann die Oefsentlichkeit ein vollständig fal sches Bild über den Kronprinzen und dessen Fähigkeiten erhält, daß der Kronprinz selbst vielleicht eine falsche Meinung über sich beibringen läßt — was kümmert es die Byzantiner! Am Kaiserhof haben nicht alle die Leute Platz, deren „Ergebenheit" und „Loyalität" sich lediglich auf die Ergatterung von hohen Stellen und hohen Orden bezieht. Darum scharen sich die übrigen vermutlich jetzt um den Kronprinzen, um durch diesen ihren schönen Zielen näher zu kommen. Man hat dieses Schau spiel bekanntlich im deutschen Reich schon einmal erlebt, und mancher Charakterzug an unserem Kaiser erinnert heute noch an jene Zeit, da sich um den damaligen Prinzen Wilhelm gern eine kleine Neben regierung gebildet hätte. Wir zweifeln aber gar nicht daran, daß Kaiser Wilhelm das unter seinem Regime nicht dulden würde, aber es ist immerhin möglich, dast die Schmeichler, die heute schon an dem jungen Kronprinzen mit einmal so ausgezeichnete Herrschereigenschasten entdecken wollen, ihr Wesen weiter treiben und einen schlimmen Einfluß auf den zukünftigen deutschen Kaiser auszuiiben versuchen werden. Das ist nun einmal die Art dieser Byzantiner. Die e r n st e deutsche Presse sollte aber dieses widerliche Trei ben nicht mitmachen. Der Kronprinz ist ein junger Mann, und niemand kann von ihm verlangen, daß er heute schon volles Ver ständnis für die komplizierten Fragen der inneren wie der kniste ren Politik besitzt. Niemand kann verlangen, dast er sich über einen sozialdemokratischn Abgordneten gaudiert, niemand, dast er eine überlegene Miene zur Schau trägt, wenn ein Dom- dekan spricht. Der bayrische Dialekt ist dem Kronprinzen ja nicht ungewohnt, und ob Herr Dr. Schädler mit seinen Ausfüh rungen am Mittwoch recht hatte oder nicht, darüber dürste der Kronprinz trotz seiner sicher vorhandenen Begabung doch kein Urteil haben, das ihn zu einer überlegenen Miene berech tigt. Er wird im Gegenteil noch manches aus Ersahrung lernen müssen, wenn er einst den Platz seines Vaters cinnehmcn soll, und es wäre direkt verderblich, wenn eine gewisse Art von Presse den Prinzen zur Ucberhebung erziehen wollte, wie es den Anschein hat. Der Prinz hat in der Politik etwas zu leisten noch keine Gelegenheit gehabt. Man lasse ihn sich entwickeln — die Weihrauchdllstc byzantinischer Heuchelei sind in diesem Alter sehr gefährlich! Politische Tagesschau. Anc, 3. Deiember 100b Kronprinzessin Cecilie als Schissspatin. Die deutsche Kronprinzessin traf Sonnabend mittag kurz vor 12 Uhr in Stettin ein und wurde am Bahnhofe von den Spi tzen der Zivilbehördcn empfangen. Nach kurzer Begrüßung begab sie sich an Bord eines Dampfers und fuhr unter dem Jubel der Bevölkerung nach der Schiffswerft des Vulkan, wo sie 12'/^ Uhr eintras. Sie wurde von der Direktion und den Aussichtsrälen. an ihrer Spitze dem Geh. Kommerzienrat Schlutow, empfan gen und zur festlich geschmückten Tauskanzel geleitet, wo der Bür germeister von Bremen, Dr. Varthausen, sodann die Tauf rede hielt. Er knüpfte an den Umstand an, dast der Nord deutsche Lloyd demnächst sein bvjähriges Bestehen feiern werde, dast er klein angesangen habe zu einer trüben Zeit, wo der Verkehr begrenzt und der Handel unbedeutend war. Mit dem Wachsen des Deutschen Reiches wuchs auch er und hat manches Schiff über das Weltmeer entsandt. Das heutige Schiss ist das vierte in der Reihe der sogenannten Kaiserklasse. Möge es sich der drei Schwesterschisfe würdig erweisen, namentlich des jenigen Schiffes, das das blaue Band trägt, als das schnellste Schiff der Welt, Kaiser Wilhelm II. Er schloß mit den Worten, daß die Werft sowohl als der Norddeutsche Lloyd es als einen neuen Beweis der Huld des Kaisers mit besonderem Stolze be trachten müssen, dast das neuerbaute Schiff den Namen der Kron prinzessin führen solle. Seine Rede klang aus in ein Hoch auf die Kronprinzessin. Die Kronprinzessin fuhr dann zu Schiff mit ihrer Begleitung bis zur Hafenterrasse und wurde gelandet und durch die Stadt mit Wagen zum Bahnhofe gefahren, von wo nach Einnahme eines Frühstücks mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 1 Uhr 40 Mln. die Rückreise nach Berlin erfolgte. Der Kaiser richtete am Sonnabend aus Slawentzitz an die Direktoren des Norddeutschen Lloyd und des Stettiner Vulkan folgendes Tele gramm: Für die Meldung über den Stapellauf des Schnelldampfers, Kronprinzessin Cecilie sage ich Ihnen meinen besten Dank. Möge das stolze Schiff seine friedliche Bestimmung im inter nationalen Wettberwerbe erfolgreich erfüllen zum Nutzen des, deutschen Handels und zur Ehre der heimischen Schiffsbau technik! Wilhelm I. Ik. Latein kann er nicht.... Es ist anläßlich einer Mitteilung der Hardenschen Zukunft, die auch vom Auer Tageblatt übernommen wurde, darüber gestritten worden, ob die Unterschrift < avo, ncknuin!, die der jetzige Kaiser als Prinz Wilhelm dem Reichskanzler Fürsten Bis marck unter eine Photographie gesetzt hatte, eine Warnung bedeuten sollte oder ob sie als eine Versicherung steter Bereit schaft zur Unterstützung interpretiert werden sollte. Dazu macht nun der Neichsbote eine in mehrerer Beziehung ganz interessante Mitteilung. Er schreibt nämlich: „Ein Herr, der im September 18!>2 wiederholt East im Hause des Fürsten Bismarck in Varzin war, teilt uns in Bezug auf die Auffassung des Fürsten Bis marck über das l'nvc-, nckmun folgendes mit: „Die Unterhaltung drehte sich um die auf Veranlassung des Kaisers beschlossene R e - organisation der Gymnasien, besonders die Ver mehrung des Unterrichts in den realistischen Fächern aus Kosten der alten Sprachen. Der Fürst sagte: „Ich halte das für etwas Vorübergehendes,- der Deutsche läßt sich seinen Idealismus nicht rauben." Damit wendete sich das Gespräch zu amerikanischen Zuständen, und er schien anzunehmen, daß Geheimrat Hintz- peter dabei grasten Einslust ausgeübt habe. Dann bemerkte der Fürst: „Uebrigens schätzt auch der Kaiser den Wert der alten Sprachen zu gering, weil er sie zu wenig kennt, und was man nicht kennt, liebt man nicht. Das kann ich Ihnen beweisen: Prinz Wilhelm schenkte mir, als ich noch sein volles Vertrauen besaß — Sic werden mir zutrauen, daß ich mich darin nicht täuschte —, sein Bild mit der Unterschrift t'avv, »ckmim! Er wollte offenbar sagen: dono oi» nniino (sei unverzagt) oder uoli invtuerv (fürchte nichts) oder Aehnlichcs. Sie sehen: La tein kann er nich t." — Das ist der genaue Wortlaut der Aeusterung des Fürsten." — Falls diese Darstellung der Sache richtig sein sollte, so würde sie die Auffassung des Wortes t'ave, uckmim! in anderem Sinne bestätigen. Die Worte Bismarcks „Latein kann er nicht" sind wohl auf Konto einer persönlichen Gereiztheit gegen den Kaiser zu setzen, denn tatsächlich ist im l'nve, nckmim ein Musterbeispiel lateinischer Prägnanz gegeben. >v. Der Kaiser traf Sonnabend abend in Radzionkau ein, wo er vom Fürsten Henckel von Donnersmarck und dem Landrat Graf zu Limburg-Stirum empfangen wurde. Der Kaiser begab sich dann zu Wagen nach Schloß Neudeck, wo er in der Vorhalle von der Fürstin Henckel von Donnersmarck und den näheren Ver wandten des Fürsten begrüßt wurde. Auf dem Wege zum Schlosse bildeten Kriegervcreine Spalier. Geradezu unglaublich klingt eine Mitteilung sozialdemokra tischer Blätter, wonach der Rcichstagspräsident Graf Balle st r e in im Seniorenkonvent zur allgemeinen Ueberraschung den Standpunkt vertreten hat, in dem Eindr ingen der Poli- z e i in die Reichstagsräume zwecks Untersuchung des Erzberger- schen Aktenmaterials sei eine Verletzung der Immunität nicht zu erblicken! — Vielleicht erfährt man über diese höchst sonder bare Anschauung des Präsidenten am nächsten Donnerstag mehr, denn an diesem Tage sollen die Anträge des Zentrums und der Freisinnigen über die Immunität der Abgeordneten im Reichs tage zur Verhandlung kommen. Der Landtags- und Reichstagsabgeordnete Breuer, Vertreter des Wahlkreises Veyhcim (Köln 3) ist auf seinem Gute Groß- Mönchhof bei Niedcrassem im Alter von 75 Jahren gestorben. Von der Friedenskomödie. Zu der zweiten Haager Friedens konferenz und dem dazu in Aussicht gestellten Antrag Englands auf internationale AbrUstung weist die SUdd. Reichs- korresp. in einem offiziösen Tomuniquö darauf hin, daß Deutsch land schon bei der ersten Konferenz seinen Standpunkt in dieser Frage, ohne Widerspruch zu finden, dargelegt habe, und fährt fort: Der Vorschlag, Uber militärische Abrüstungen zu beraten, könne ja nur theoretisch gemeint sein, denn praktisch werde nicht ab-, sondern ausgerüstet zu Wasser wie zu Lande, in Eng land wie in Frankreich, und es könne nicht abgeleügnet werden, daß zwischen britischen und französischen Sachverständigen bereits technische Vorausbesprechungen für eine gegenDeutschland gerichtete Kooperation stattgefunden haben, unbeschadet der wohl begründeten Friedensliebe der beteiligten Regierungen, unbe schadet auch der Anstrengungen des nichtamtlichen Paci- fizismus. Aus dem Reichstage. Sitzung vom 1. Dezember. (Nachdruck verboten.) Die Kolonialdebatte wurde fortgesetzt. Zu Beginn der Si tzung gab der stellvertretende Kolonialdirektor Dernburg, dessen Vater auf der Diplomätentribüne den Verhandlungen bei wohnte, eine kurze Erklärung ab. Der Abgeordnete Erzber ger hatte gestern den Geheimrat Seitz beschuldigt, er habe im Reichstage eine objektiv unrichtige Darstellung der Tatsache ge geben, die zum Abschluß des Vertrages mit der Firma Tip- pelskirch führte. Geheimrat Seitz hatte nämlich behauptet, . die Firma Tippelskirch sei die eitlUge FktMa, die Khaki fabri ziere. Nach Dernburgs Feststellung verhält sich die Sache folgen- vrit GStzWW "der vOOV UdlMMli! Montag, 3. Dezember UM». Rr. 78. Erster Jahrgang. 5luer Tageblatt und (Anzeiger für das Erzgebirge mit der wöchentlichen Unterhuitunasbeiluae: Illustriertes ^-onntcigsblutt. Druck uu- Verlag Gcbrlider BculI, ncr Onh.: Paul Beuthner) i» Rue. Verantwortlicher Rcdallncr: Fritz ArnUolS. Filr die Inserate verantwortlich: Arthur Rupfer, beide iu Aue. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonnlatze nachmittags von 4—5 Uhr. — Tclctzrauim.Adrejje: Tageblatt Aue. — Fernsprecher 202. Für unverlangr ciiitzesanSte Mai usrriple kann Gewähr nicht geleistet werden.