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und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur: Fritz Ar »hold. Für die Inserate verantwortlich: Arthur A » p s e r. beide iu Aue. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von q—s Uhr. — Telegramm-Adrcff«: Tageblatt Aue. — Fernsprecher 2or. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werde». Druck und Verlag Gebrlider Beuthner (Inh.: Paul Beuthner) in Aue. Le zu gs preis: Durch Misere Loten srei ins Han; monatlich so pfg. Lei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich qv pfg. und wdchcntlich >0 pfg. — Lei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich <.so Mk. — Durch -cv. Briefträger srei ins Haus vierteljährlich ,.gr Mk. — Einzelne Nummer zo pfg — Deutscher postzeilungs- katalog — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Soun- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens g'sz Uhr vormittags. 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Jin Anschluß nn die A b l c h u u n g des Nachtrags- rtalS für S ü d n> e st a s r i t a erklärtem der Budgetkvnnnission nm Mittwoch der ZeittrnmSabgcvrdnctc S p >r h n , das; er und seine Fraktion der Vorlage über den Weiterbau der Lü de r ü tz b u ch t b a h n bis K e e 1 in a n n ö h o o p s » m p a - thisch gcgenüberstünden. * Der bisherige Kommandeur der Großenhainer Husaren, Oberst Freiherr K a rl von Lindeuau, ist zum G e u c r a l st a b S ch e f der sächsischen Armee er nannt worden. ch Der Herzog vo n Anhalt Hal die L a u d e s b c h ö r d e angciviesen, wegen der gegenn'ärtigen Teuerung bei Besuchen durch ihn im Landesgebiet keinerlei A u s w e n düng e n aus ossenilichen oder Ronununalmitleln zuzulassen. In Trie r hat wiederum ein großer P r o z c ß wegen Lerirnloss ch windeIei e n begonnen.* ch Die Truppen des K v u g o st aaIes haben die uni- stritteneu P o st en in B a h r c l - G h a s a m gerä u in t. Die Posten sind nunmehr von ägyptische» Truppen beseht worden. * Näheres siehe unten. Frankreich vor dem Religionskriege - Die Hoffnungen, das; es dem Kabinette Cleinenceau ge Ungen werde, bei der Durchführung der Separationsgesetze nicht in einen ossenen Konflikt mit dem Vatikan zu geraten, habe» sich nicht erfüllt, und so steht denn Frankreich am Vorabend eines Religionskrieges. Denn der an der katholischen Kirche treuhän gende Teil der französischen Nation, also vor allem das Klein bürgertum und die Landbevölkerung, werden sich mit aller Energie gegen die praktische Durchführung des Gesetzes auslehncn, das den Gottesdienst gleichstellt mit öffentlichen Ver sammlungen überhaupt. Ging schon die Kirchenintervention nicht ohne Blutvergießen vor sich, so sind wohl jetzt zwischen den Gläubigen und der bewassneten Macht noch ganz andere Zusammenstöße zu erwarten; eine neue Periode innerer Kümpfe und politischer Zerrüttung ist für das schöne Land ausgebrochen, und wer weiß, zu welchem Ende der Kampf zwischen der Staats- gcwalt und der Kirche noch führen kann. Aber wie dem auch ist, die herrschenden Kreise in Frankreich werden die Politik sicher bereuen, die sie dazu ver leitet hat, die sozialistische Doktrin, Religion ist Privatsache, zu verwirklichen. Denn sie haben damit einen weiteren bedeutungs vollen Schritt getan, die bürgerliche Republik dem sozialde mokratischen Zukunftsstaate näher zu bringen. Ein lebensfähiges Staatsgebilde kann die Religion nicht entbehren, ebenso wenig wie die breite Masse der Mensche». Trost und gei stige Erhebung in de» Naturwissenschaften oder in der Philosophie als Ersatz für den Glauben an ein göttliches Prinzip zu finden, dies ist ein Vorzug, dessen sich nur wenig Sterblich erfreuen, und selbst unter den geistig Hochstehenden ist de Zahl jener, die an eine übernatürliche Welt, in welcher Vor stellung immer, glauben, bedeutend größer als die der Atheisten. Die Religion ist ebenso uralt wie die Geschichte selbst, und es wäre geradezu ein Verbrechen, sie der Menschheit zn raubü, ohne ihr dafür einen vollgültigen Ersatz zu bieten. Vor allem auch ein Verbrechen gegen die Kultur, denn wenn einmal die Religion ihre sittliche Macht über die Menschheit verliert, dann können wir zusehen, wie viel der Pöbel, der sich in den Großstädten angesammekt hat, von unseren geistigen, künstle rischen und technischen Werten noch übrig läßt! Die große fran zösische Revolution und die Pariser Kommune haben schon ein paar Pröbchen geliefert, und die revolutionären Unruhen in Rußland in unseren Tagen zeigten neuerdings, welche Zer störungswut iu der nur durch die Familie, Staat, Religion und Kultur gebändigten menschlichen Bestie schlummert. Natürlich sind wir bei diesen Betrachtungen weit davon entfernt, der Kirche eine vorherrschende Stellung im Staatswesen zuzusprcchen. Das Wort des alten Fritz „In mei nem Lande kann jeder nach seiner Fasson selig werden," eine der prächtigsten Regierungsmaximen dieses großen Königs, sollte für jedes Land gelten. Aber andererseits darf der Staat es seinen Untertanen nicht verwehren oder auch nur erschweren, ihr meta physisches Bedürfnis durch die Pflege des religiösen Kultus zu befriedigen, vorausgesetzt natürlich, daß die betressenden Reli gionsbekenntnisse den Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft und des modernen Staatswesens nicht Widerstreiten. In Frankreich hat mau jetzt den Grundsatz des alten Fritz wegen der Religionsfreiheit u m gestoßen , und wie man vor Jahrhunderten dort die Bekenner des evangelischen Glaubens verfolgte im Namen der alleinseligmachenden Kirche, so wendet man sich jetzt — o Ironie des Schicksals — gegen den Katholizis mus. Wenn das Separationsgesetz einmal durchgesührt ist, dann können die Katholiken nicht mehr frei und ungehindert der Messe oder Predigt beiwohnen, denn wie in jeder anderen öffentlichen Versammlung steht es Störenfrieden frei, durch Erregung von Lärm die Abhaltung des religiösen Kultus zu vereiteln, ohne daß sie dafür zur Verantwortung gezogen werden könne» Eine Polizeistrafe wegen Störung einer öffentlichen Versamm lung, wenn sie es gar zu exzessiv treiben, das i st alles, was den Kirchenfeinden in Frankreich noch passieren kann. Deutschland hat jedoch keine Ursache, sich über den Religions krieg, der in Frankreich zu entbrennen droht, irgendwie aufzu regen. Im Gegenteil: Je zerrütteter und zerklüfteter die französische Republik im Innern ist, je schärfer dort die politischen und religiösen Gegensätze auseinanderprallen, desto besser ist es für den Weltfrieden. Zu befürchten wäre nur, daß die französischen Machthaber in der Verzweiflung, daß sie die Geister des Atheismus und der Religionsseindlichkeit, die sie so leicht sinnig gern gerufen haben, nicht mehr los werden, eine Aktion nach außen hin unternehmen. Aber auch vor dieser Möglichkeit brauchen wir nicht zu bangen, denn einerseits liegen für uns die Chancen bei einem Kriege mit Frankreich heute ebenso günstig wie vor 35 Jahren, und dann hätten wir nicht die Revo lutionsheere des Convents zu besiegen, sondern die körperlich de generierte und sozialistisch verseuchte Armee des modernen Frankreichs, die wahrlich wenig Lust zeigen wird, für eine even tuelle Revanchepolitik des Kabinetts Clemenceaus ihre Knochen ins Feuer zu tragen. Politische Tagesschau. Aue, 13. Dezember 1900. Des Zentrums Revanchepolitik. Es macht einen komischen Eindruck, wenn die Germania sich heule gegen die allgemeine Auffassung wendet, daß die A b - lehnuug des ersten NachtragsetatS für Denlsch-Tüdweslasrita in der Budgcikvmmissiou im wesentlichen eine Revanche des Zentrums gegen den Kolonialdirektor bedeutet. Denn die sachlichen Bedenken, die die Zenlruinsführer gegen die Regierungsvorlage vorbraäuen, sind wahrlich nicht gewichtig genug, um den Antrag, die Trupvenzahl in Deutfch-Züdivcstafrika ans 2500 Mann herab- zusetzen, zn rechtfertigen. Wenn vor Jahr und Tag der damalige Kolonialdirettor die Ansicht äußerte, daß der Widerstand der Schwarzen so gut wie gebrochen wäre, so kann man diese Ansicht doch nicht gut als Argument sirr die Forderung beranzichen, nun mehr eine so bedeut e n d e Truppenreduklion durchzusuhren. Der Oberkonimandeur der in Südwestasrika känipfcnden Schutz truppen hatte eben damals die Widerstandskraft des Feindes unterschätzt, ähnlich wie inan 1870 im deutschen Hauptquartier fest daran glaubte, daß mit der Gesangeunahme Napoleons der Krieg beendet sein werde. Trotzdem siel es niemand ein, zwei Drittel der Armee nunmehr nach Hause zu schicken. Das deutsche Volk hat allerdings bisher noch immer keine Ursache, in die Kö- lonialyolilik seiner Regierung besonderes Vertrauen zu setzen. 3W-jjjhr. Jnbilimm der sächs. Post. (Nachdruck verboten.) Das erste Posthaus in Sachsen wurde im Jahre Uiv8 vom Rate der Stadt Leipzig errichtet, die Post kann somit im Jahre 1808 in Sachsen ihr 300jähriges Jubiläum feiern. Aller dings hatte es schon vorher eine Art Post, die Votenpost, gegeben, aber noch kein Postamt. Auch waren die Botenposten sehr man gelhaft. Dies beweisen die Klagen, die im Jahre 1588 aus dem Landtage zu Torgau geführt wurden, wobei die den Untertanen durch Frohnsuhren sowie durch das Post- und Küchensahren aus erlegten Lasten zur Sprache kamen. Diejenigen, die „Lohn- Klepper" halten mußten, beschwerten sich darüber, daß sie durch solche Verpflichtungen in Schulden gerieten. l5!)2 wurden diese Klagen wiederholt und der Kurfürst sowie der Administrator versprachen Abhilfe. Es herrschten damals uns kaum noch ver ständliche Zustände. Jede Stadt hatte „etliche Leute", die die -herrschaftlichen Sachen sortbringen mußten; der Kurfürst August hatte einen „reitenden Boten", Jakob Felgen ha u e r, der von 1587 an jährlich 300 Gulden erhielt. Am Ende des 10. Jahrhunderts eröffnete der Rat zu Leipzig ein Poten- stübchen auf der Wage, die früher die Sasranwage genannt wurde. Dort kamen die Voten aus Hamburg und anderen Städten zusammen, um Briese abzuliesern und zu empfangen, und dies Botenstübchen kann man als den ersten Anfang einer öffentlichen Postexpcdition bezeichnen. Dann ließ, wie er wähnt, 1008 der Rat von Leipzig das erste Posthaus bauen und und gab am 4. Februar jenes Jahres eine neue Botenordnung heraus, die am 4. März in Kraft trat. Fünf Jahre später, 1013, nahm sich der Kurfürst des Leipziger Postwesens an, woraus das Ratsboteninstitut in Verfall kam, während dadurch die Grund lage zu dem kurfürstlichen Po st regal gelegt wurde. Der erste Postmeister in Sachsen war Johannes Lieber, der verschiedene Fußposten neu anlegte und das Post botenwesen neu einrichtete, so daß die Briese des Kurfürsten, seiner Räte und Hosbeamten von und nach Leipzig srei besördert wurden. Dieser Postmeister erhielt das Privilegium, die Post botentouren nach Belieben zu vermehren und zu erweitern, sowie den Gewinn für seine Mühe und seinen Fleiß zu behalten. Er erhielt auch aus der Rentkammer einen Ueberschuß von 120 Gul den jährlich für diejenigen Sachen, die von Leipzig aus weiter geschafft wurden. Sieber legte nun auch ein Postamt inDres - den an. Die Dresdener Post wurde bis Prag fortgesetzt, war aber, wie die nach Franksurt, nur Botenpost. In Frankfurt a. M. befand sich die Generaldirektion der thurn- und toxischen Post, denn bekanntlich hatte schon 1510 Franz von Taxis auf Veran lassung Kaiser Maximilians I. eine reisende Post zwischen Wien und Brüssel errichtet und war 1545 zum Generalpostmeister des deutschen Reiches ernannt worden, worauf 1015 Leonhard von Taxis diese Würde erblich verliehen erhielt. Es war aber den Reichsstände» und Staaten die Errichtung eigener Posten er laubt, und bis zur Errichtung des norddeutschen Bundes er hielten denn auch noch 12 Staaten, darunter auch Sachsen, eigene Landespostcn, wie bekanntlich jetzt in Deutschland Bayern noch immer eine solche hat. Die Einnahmen der Post waren damals nicht besonders groß, denn der Nachfolger Siebers, Mühlbach, gibt als Grund da für, daß die Posten nach Prag und Frankfurt nur Fußbotenposten waren, an, daß die Einnahmen die Kosten zum Unterhalt der Postpferde nicht decken würden. Indessen kann es nicht so schlimm um die Einnahme» gestanden haben, denn der erste Postmeister Sieber ist ein reicher Mann geworden und erbot sich, 1000 Taler Pacht für das Amt eines kurfürstlichen Postmeisters zu zahlen. Auch bewarb sich um dieses Amt Siebers ein Postschreiber, na mens Koch, der sich mit seinem Herrn entzweit hatte; das Amt muß aber doch ziemlich begehrenswert gewesen sein. Als im Jahre 1042 die Schweden Leipzig eingenommen hat ten, wurde von diesen mit Sachsen ein besonderer, das Postwesen regelnder Artikel vereinbart. Die Schweden wollten gern den damals in Leipzig angestellten Postmeister Mühlbach behal ten, dieser aber wollte nicht den Schweden dienen, und ging nach Dresden, wo er das Postwesen ganz nach dem Leipziger einrich tete und dadurch dem schwedischen Postwesen viel Schaden zusügte. Die Schweden entschädigten sich aber aus andere Weise, so verbot z. B. der Feldmarschall Torsten den „Zeitungsschreibern", Zeitun gen zu schreiben und zu verbreiten, und behielt dies Recht ledig lich dem schwedischen Postmeister vor. Nachdem 1050 Leipzig wieder an die Sachsen übergeben morden war, trat Mühlbach wieder in den Dienst der Leipziger Post ein und zahlte dafür erst 800, vom Jahre 1058 ab aber 1000 Taler an die Rentkammer. Er muß aber trotzdem sehr gute Einnahmen gehabt haben, da er zu Grotz-Pöhna Erb- und Eerichtsherr wurde. Ein weiteres Postamt in Sachsen, außer denen in Leipzig und Dresden, wurde auf Wunsch des Kaisers, der eine direkte Verbindung zwischen Wien, Prag und Dresden wünschte, in Hellendors, Amt Pirna, an der böhmischen Grenze erbaut. Der Posthalter dieser Stelle erhielt 200 Taler jährlich als Reit geld. Diese Posthalterei wurde später nach Peterswalde ver legt und noch später finden wir sie bei dem Dorse Kubs bei Pirna wieder. Mit dem Postwesen wurde auch das Paßwesen aus gebildet. Schon vom Anfänge des 10. Jahrhunderts an hatte der Reisende einen Paß bei sich zu führen, der allerdings in erster Linie zu seinem Schutze dienen sollte. Als ein solcher Paß ist auch der Eeleitsbrief zu verstehen, den der Herzog Georg 1521 für D r. Martin Luther ausstellte, damit er auf dem Reichstage erscheinen und sicher reisen könne. Aus vorstehenden Ausführungen ist ersichtlich, aus wie be scheidenen Anfängen sich in Sachsen das Postwesen entwickelt hat, das in den seitdem vergangenen 300 Jahren zu einer großen Bedeutung im bürgerlichen und Staatsleben herangewachsen ist! Heute wird Sachsen von keinem Lande der Welt inbezug auf die Dichtigkeit der Postverkehrsanlagen Übertrossen. Das sächsische Postwesen steht natürlich unter der Verwaltung des Reiches, die oberen Beamten sind Reichsbeamte, aber die Postbeamten vom Postdirektor abwärts sind Landesbcamte, wie wohl noch wenig bekannt ist, werden vom königlichen sächsischen Finanz ministerium angestellt und sind nur dienstlich der Reichspostver waltung unterstellt. An Verkehrsumfange und den Einnahmen stehen die drei sächsischen Oberpostdirektionen Leipzig, Dresden und Chemnitz mit an erster Stelle im deutschen Reichspostgebiete. Nach der amtlichen Statistik betrug im Jahre 1904 die Zahl der Beamten und Unterbeamten der Post in Sachsen 21105, der Post- und Tclegraphenanstalten 2073, der ausgegebenen Sendungen 533 Millionen Stück, der eingegangenen Sendungen 493 Millio nen Stück, die Summe der Einnahmen 50 774 913 Mark. Der biedere erste Postmeister Sachsens, Johannes Sieber aus Leipzig, würde sich baß wundern, wenn er einen Einblick in dieses gewal tige Institut mit einem Beamtenstand, der vor 300 Jahren ein großes Heer bedeutete, gewinnen könnte! Diese amtlichen Zahlen illustrieren besser als Worte den ungeheuren Fortschritt der säch sischen Post in 300 Jahren!