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«»-M-,, 1«. WM t»»8. « ZOOO L« «- »». DM--gM«m>«, Huer ^ugeblaii und Anzeiger für das Erzgebirge o..-^^ch.- R.d^.°,^ E wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. v«u-.nd v»r,°g F», die Inserat« veranivortlich: Gebrüder Beuthner lv alter Krau, beide tn Aue. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittag, von L Uhr. — Teiegramm-Adcesse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher 58. Für unverlangt elngesandt« Manuskript» kann Gewehr nicht geleistet werden. lZnh.: Paul Beuthner) in Aue. Vezn-spreis: Durch unser« Boten srei tn, Hau, monatlich ro psg. Bet der Geschäftsstelle abgeholt monatlich V> psg. und wöchentlich ,o pfg. — Bei der Post bestellt nnd selbst abgeholt vierteljährlich l.so Mk. — Durch den Briestrüger frei in, kau, vierteljährlich i.gr Mk. — Einzelne Nummer >0 Psg- — Deutscher Postzeitung», kalalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von ^ln;cigcn bi» spätesten» g >/, Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingehen. Jnsertrsnsprcis: Die siebengespaltene Rorpuszeile oder deren Raum »o psg., Reklamen r» Psg. Bei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Viese Urr innrer rrnrfntzt v Seite« Das Wichtigste vom Tage. Reichskanzler Fürst Bülow wurde gestern in ein stündiger Audienz vom Papste empfangen. (S. pol. Tgssch. u. Tel.) Rach einer unverbürgten Meldung aus der konser- »ativen Partei soll die sächsische Wahlrechtsreform »och vor Vertagung des Landtags erledigt werden. Im ReichSschatzamt sind die Vorarbeiten für die abermalige Reichsfinanzreform bereits im Gange. Die dänische Folkething nahm den Entwurf über Dinsührung des a l l g e m e i n e n W a h l r e ch t S für alle steuer- ßahlenden Männer und Frauen über 25 Jahre cnd- tzültig an. * Ein of s i z i ö s e r A r t i k e l der Köln. Ztg. richtet an die französische Regierung die Mahnung, dem deutschfeindlichen Treiben der französischen Blätter in Tanger ^Einhalt zu tun. IM»" De» Karfreitags «egen erscheint die nächste Ausgabe des Auer Tageblattes erst Sonnabend, den 18. d- M., zur gewohnten Stunde. Für dies« Stumme» bestimmt« Inserate erbitten wir bis spätestens Sonnabend vorm ttag 1V Uhr, damit auf ihre Ausführung mehr Sorgfalt verwendet «erden kann, als das möglich ist, wenn sie erst lm letzten Augen blick bei uns eingehen. Da die am Sonnabend erscheinende Ostrr- numiner des Auer Tageblattes den Charakter e ner Festnum- « er trägt und dreiTage lang ausltegt, eignet st« sich be sonders zu einer erfolgreichen Insertion, woraus auch an dieser Stell« hinzuweisen wir nicht unterlasten wollen. Am Karfreitag bletben d.e Eeschästsstellen des Auer Tageblattes den ganzen Tag über geschlossen. -Wc Polen und Rüthener. Das unseren Lesern bekannte blutige Verbrechen lenkt die Aufmerksamkeit von neuem auf die tiefen nationalen und sozialen Gegensätze, die von jeher zwischen den herr schenden Polen und den beherrschten Ruthenen in Galizien bestehen. Es ist weit mit Galizien gekommen, wenn auch dort, nach dem Beispiel des russischen Nachbarlandes, der Meuchelmord zum politischen Verteidigungsmittel wird. In wilden Agrar unruhen tobt sich von Zeit zu Zeit der Groll des ruthenischen Bauern gegen die polnischen Grundbesitzer aus; in grimmigen Wahlschlachten, die reich an Menschenopfern sind, versucht es die ruthenische Wählerschaft immer wieder vergebens, das Joch zu brechen, das ihnen der polnische Verwaltungsapparat auf erlegt; in stürmischen Kundgebungen an der Lemberger Uni versität kämpft die studierende ruthenische Intelligenz, hinter der di« gesamte ruthenische Bürgerschaft steht, gegen die Ent rechtung an, unter der das Volk leidet. Es ist viel Zündstoff im Laufe der Jahre angehäuft worden, aber die Polen, denen das Land an der Wiener Zentralregierung ausgeliesert tst, haben, unbekümmert darum, ihren eigensüchtigen Weg weiter verfolgt. Sanfte Mahnungen, die hin und wieder von Wien her ertönten, fruchteten nichts, und selbst schärfere Warnungen, wie sie einst der frühere Ministerpräsident v. Koerber im Parlamente ergehen lieh, blieben wirkungslos. Ein entschie denes Einschreiten gegen die ständigen Amtsmitzbräuche tn Galizien hat noch keine der österreichischen Regierungen gewagt. Offenbar denkt man in Wien, daß gegen Naturnotwendigkeiten nicht anzukämpfen ist, und Mißbräuche in der Verwaltung sind eben dort, wo die Polen die Macht in Händen haben, eine un umgängliche Notwendigkeit. Im Märzhest der in Wien erscheinenden Ukrainischen Rundschau, einer Zeitschrift zur Verteidigung des Ruthenentums gegen das Polentum, heitzt es: Die jüngsten Landtagswahlen in Galizien lieferten erst einen eklatanten Beweis dafür, datz der Statt halter Potocki den Verfügungen der Regierung nicht nur gar keine Bedeutung beimitzt, sondern vielmehr dieselben in einer für die letztere höchst beleidigenden Weife ignoriert, selbst aber in Galizien ein absoluter Monarch ist, für welchen nur der höchsteigene Wille und die Interests» der polnischen Schlachta ausschlaggebend sind. Die zur Zeit des Antritts der Regie rung Potockis in Galizien verbreiteten Gerüchte, derselbe habe sich für fein Vizekönigtum eine unbeschränkte Freiheit der Handlungen ausbedungen, bestätigten sich in einer geradezu erschreckenden Weise. Wir können mit einem Gefühl der Betroffenheit verfolgen, daß die berüchtigte Wahlprozedur in Galizien, statt mit der Zett in legalere Bahnen einzulenken, im Verhältnis zu dem im steten Fortschritte begriffenen Waä)- sen des politischen Bewußtseins des ruthenischen Volkes sich in einen immer größeren Kontrast zu jeglichen Rechtsbegriffen stellt. Die letzten, auf Grund des allgemeinen und gleichen Wahlrechts durchgesührten Reichsratswahlen bewiesen dies zur Genüge, müssen aber vor den letzten galizischen Land tagswahlen sehr in den Hintergrund treten. Der Mörder des Grafen Potocki gibt an, daß er zu seinem Verbrechen durch die Vorgänge veranlaßt worden sei, die sich bei den letzten Landtagswahlen im Bezirke Butschatsch abgespielt haben. In dem Orte Koropetz jenes Wahlbezirks wurde, wie die Voss. Ztg. schreibt, am 4. Februar während der Wahlkam pagne der ruthenische Bauer Marko Kahanetz, Mitglied des erweiterten ruthenischen Nationalrats, von zwei Gendarmen durch Bajonettstiche getötet. Seine ganze Schuld be stand darin, daß er gegen die Fälschung der Wählerlisten prote stiert und am Vortage seines Todes ein Telegramm wegen der gefälschten Wählerlisten an den Bezirkshauptmann abgeschickt hatte. Am 4. Februar wurde Kahanetz auf dem Wege zur Eemeindekanzlei von Gendarmen verhaftet und am hellichten Tage in Anwesenheit einer großen Menschenmenge und im Angesichte seines Bruders und seiner Frau, oder daß er sich etwas sonst hätte zuschulden kommen lasten, von den Wächtern der öffentlichen Sicherheit einfach umgebracht. Statthalter Graf Potocki mag persönlich nicht all« die Schreckenstaten gutgeheißen haben, die seine Untergebene» ver übten, aber, an der Spitze der Landesbehördcn stehend, hatte er die Verantwortung dafür zu tragen. Das Allerschlimmste indes war, daß auch in diesem Falle die Rechtlosigkeit der Nu- thenen gegenüber den Polen zutage trat. Man weiß tn ganz Oesterreich, wie galizische Gerichte arbeiten. Häufig genug kommt es vor, daß Prozesse, namentlich Schwurgerichtverhandlungen, von der obersten Justizverwaltung den zuständigen galizischen Gerichten entzogen und vor die Geschworenen nichtgalizischer Städte, zumeist Wiens, gebracht werden, da man die sogenannt« Rechtsprechung der galizischen Gerichte zur Genüg« kennt. So ist z. B. auch der Prozeß wegen der ruthenischen Studentendemon stration von Lemberg nicht in Galizien, sondern in Wien ver handelt worden. Die Gewaltakte bei den galizischen Wahlen pflegen stets ungesühnt zu bleiben. Auch da» Verbrechen von Koropetz hat keine Sünde gefunden. Der ver blendete Jüngling rächt« es an dem Grasen Potocki. Er wird seine entsetzliche Tat schwer zu büßen haben, doch damit wird die Ursache, die ihm die Mordwaffe in die Hand gedrückt hat, nicht aus der Welt geschasst sein, und die Feindschaft zwischen Polen und Ruthenen wird sich nicht besänftigen, sondern nur noch mehr emporslammen. Die Erregung in Galizien ist durch die Tat des jungen Ruthenen aufs höchste gesteigert worden. Beide Nationalitäten des Landes haben nun ihre Märtyrer, und weitere ernste Zwischenfälle sind sicher noch zu erwarten. Die neuesten Telegramme, die uns vorliegen, lauten: * Krzeszowire, 15. April. Heute vormittag fand in der hie sigen Schloßkirch« die Beisetzung des Grafen Potocki statt. Anw«send waren Erzherzog Karl Stephan, der Vertreter des Kaisers, Oberzeremonienmeister Gras Tholoniewsky, Mini sterpräsident Freiherr von Beck, Minister des Inneren Freiherr von Vienerth, Finanzminister Dr. von Korytowskt und zahlreich« andere Würdenträger. * Lemberg, 15. April. Die ruthenenfeindlichen Kundgebungen haben sich gestern abend wiederholt. An verschiedenen Stellen der Stadt kam es zu Ansammlungen, doch schritt die Polizei sofort ein und verhinderte größer« Aus schreitungen, wobei sie durch Gendarmerie und Kavallerie patrouillen unterstützt wurde. Alle ruthenischen Gebäude waren von Polizei besetzt. Die demonstrierende Menge wurde stet« auseinandergetrieben. Einer kleinen Gruppe gelang es, im Lauf« der Nacht, vor eine ruthenische Buchhandlung zu gelangen, wo die Fensterläden herausgerissen, die Scheiben zertrümmert und die Bücher aus den Schaufenstern auf die Straße geworfen wurden. Als die Menge in den Laden selbst «inzudringen im Begriffe war, sprengten Ulanen heran und vertrieb sie mit der blanken Waffe, wobei mehrere Personen leicht verletzt wurden. * Lemberg, 15. April. Den Blättern zufolge sind die drei verhafteten Schwestern des Studenten Siczynski, der den Staathalter Grafen Potocki ermordete, und sein Freund Zamora freigelassen worden. Politische Tagesschau. Aue, den 16 April. * Fürst Bülow beim Papst. Gestern begab sich Reichskanzler Fürst Bülow vo mHotel Regina, dem interimistischen Sitz der preußischen Gesandtschaft, aus in Begleitung des Gesandten v. Mühlberg nach dem Vatikan, wo er in einstündiger Audienz vom Papst empfangen wurde. Der Audienz folgte ein Besuch des Fürsten beim Kardinal-Staatssekretär Merry del Vak. Zeugnisse nnv Urkunden zum Karfreitagswunder. Studie von Dr. S. L. Harth. N«chdk>ck vrrboien. i Der heiligste und ernsteste Tag d«r Thristenheit, der Kar- jreitag, der unser Herz erstarren macht ob seines erschütternden Geschehnisses und doch zugleich wieder ihm einen Blick erschließt in den unerforschlihen Abgrund der höchsten Gnade und Liebe, Ibtrgt in seinem di,iern Schoße eine Fülle von Rätseln, Geheim nisten und Wundern, die Menschenwitz wohl niemals ganz zu ergründen, sondern nur von fern« leise zu ahnen vermag, um dann anbetend still zu stehen vor dem tiefen Geheimnis der »göttlichen Liebe. So mag es zu erklären sein, daß seit alters »ich an diesem Tag eine ganze Anzahl von Sagen, Vermutungen wnd Hinweisen knüpfen, die sämtlich teils zur Aufklärung und ^Belehrung, teils zur Erbauung und Warnung im Hinblick auf tia» einzigartige Ereignis, das sich an ihm dereinst vollzog, Dienen wollen. Inwieweit auch die historisch« Forschung hieran ^beteiligt ist, läßt sich natürlich nicht immer ohne weiters ent scheiden, tst auch für unsere Zwecke zunächst gleichgültig. Im Vordergrund« steht hierbei die Person de» Pontius IPilatus, jenes römischen Prokurators, der geg«n seine bessere Meberzeugung den Erlöser dem fanatischen Haste der Priester und Wharisärr opferte. Es ist wenig, was die Geschichte über ihn zu Gerichten weiß. Zehn Jahre lang bekleidete «r unter Kaiser Kibrrtu» — 14 bis 37 n. Ehr. — fein Amt in Jerusalem und »rregte durch sein willkürliches und gewaltsame» Vorgehen wie- Dberholt Ausstände, weshalb ihn d«r Präses von Syrien, Vitelltus, Dur Verantwortung nach Rom zum Kaiser sandte, wo «r aber Selbstmord geendet. — Aber das ist nur ein bescheidenes erst nach besten Tode ankam. Eine Sage berichtet, er habe durch Reis in dem üppigen Sagenkranze, der sich um Pilatus flicht. Da wird berichtet — merkwürdig — er sei ein D e u t s ch e r von Geburt gewesen. Er solle aus Forchheim stammen, wie ein alter Vers sagt: Hier zeigte man noch im Mittelalter seine — roten — Hosen, und an der Stätte dieser Geburt soll kein Baum, kein Strauch, kein Kraut je Früchte getragen haben. Eine andere Sage nennt Mainz als seinen Geburtsort. Wegen eines Mordes sei er nach Rom als Geißel geschickt worden und, nachdem er dort eine zwefte Blutschuld auf sich geladen, nach Pontus am schwarzen Meere — daher sein Name — dem Ver- Lannungsorte Ooids, verbannt worden. Hier habe er die wilden Eingeborenen dem römischen Imperium unterworfen, sei daher zu Gnaden angenommen und als Prokurator nach Judaea be rufen worden. Nun nimmt sein Leben eine tragische Wendung. Auf einer Reise in Kampanien erkrankt« plötzlich der 78jährige Kaiser Tiberius. Ein Sklave erzählt ihm von dem Wunder- rabbi in Judaea, der Lahme, Blinde, Taube und Aussätzige ge- heilt und selbst Tote erweckt habe. Ein Bote, Volusianus — Albanus — wird abgefandt, ihn zu holen. Aber es ist zu spät — des Pilatus Todesurteil ist bereits vollstreckt. In Hessel ge schlagen, wird nun der Landpsleger nach Rom gebracht, um sich zu verantworten. Da er Ehristi Leibrock trägt, gewinnt er zu nächst aller Sympathien. Aber kaum hat er das Kleidungsstück abgelegt, so erwacht auch des Kaisers Zorn; er wird zum Tode verurteilt. Die Vollstreckung wartet Pilatus nicht ab, sondern begeht Selbstmord. Der Leichnam wird altem Brauch gemäß in den Tiber geworfen. Aber all« Elemente weigern sich, den Verfemten aufzunehmen. Die Fluten des Stromes empören sich und treten über die Ufer, und entsetzliche Gewitter und furcht bare Stürme begleiten die Ueberschwemmung. Nach langem Mühen findet man die Leiche und schafft sie nach Frankreich, um sie in der Rhone zu versenken. Dieselben elementaren Erschei nungen. Ohne Rast und Ruh', «in toter Ahasverus, wandert der Leichnam von Ort zu Ort, von Land zu Land, und wird schließlich in einem hochgelegenen Alpense« versenkt, weil er hier in der menschenfernen, wüsten Einöde nicht schaden kann. Dem vielzackigen Berggipfel aber, auf dem dieser See lag, gab er feien Namen — Pilatus —. Hier schweift er zu Zeiten in Sturmesnächten rastlos durch Klüfte und Felsen oder sitzt auf einem Block am Ufer und streitet mit Herodes über Christus, und die schwarzen Fluten brausen dazu ihr« unheimliche Melodi«. Am Karfreitage kommt der Teufel, holt ihn aus dem See, um ihn von Schmach und Schande zu reinigen — umsonst: er muß sein unheimliches Wesen in all« Ewigkeit forttreiben. Zum Namen dieses allbekannten Berges sei bemerkt, daß er mit dem des römischen Prokurators nichts gemein hat. Der Berg hieß im frühen Mittelalter Kloos pileatu», der behelmte Berg — plloa —, weil sich bet klarem Wetter um feinen Gipfel eine Wolkenschicht lagert. Daher spricht man dort: Hat der Pisatus «inen Hut, So wird das Wetter gut, Hat er einen Degen, > So gibt's Regen. Unruhige, düstere Gebirgsseen wählte die Sage mit Vor liebe als Aufenthaltsörter verruchter Ee«l«n, die hier ihr gott loses Wesen trieben. — Vor nicht zu langer Zeit veröffentlichte eine Pariser Zeitung eine Wiedergabe des Todesurteile», das Pilatus über Jesum fällte. Es ist in hebräischer Sprache abgefaßt, auf -'ne Platt« graviert und in der Kapelle von Taserta aufbewahrt.