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Freitag, 24. April 1S»8. ^2,7. «r. 94. Dritter Aahraang. 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge vnaiilwortlichrr Re-akt«ul Fritz Arnhold. Für die Inserat« veranlwortlich: lv alter Uran» beide in Aue. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde -er Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von L Uhr. — Letearamm-Aürepe: Tageblatt Aue. — Fernsprechel 8N. Für nnveriangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. vliick und Gebrüder Ucirrhtter <J,ch.: Paul Lenthner) in Aue. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich 40 pfg. und wöchentlich >o pfg. — Lei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich l.so Mk. — Durch d«« Briefträger frei ins Haus vlerteliährlich l.yr Mk. — Einzelne Nummer tv pfg. — Deutscher postzeitnngs- katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. 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Die Ba n k en g u e te - Kv mm i s i o n ist zum > Mai ein berufen woiden. Beim Fürsten von Monaro wird Ausbruch des Wahnsinns befürchtet. Staatssekretär Dernburg tritt am 14. Mai von London aus seine zweite Studienreise nach Süd west a f r i k a an. Hamburg wird im Bundesrat nicht für Aushebung der A b ga b e n s r c i h e it aus den deutschen Fl ü s s e n stimmen. Die Organisation der Privatvcamten. X Während das Wachstum der gewerkschaftlichen Arbeiter bewegung im Jahre 1007 nicht die Erwartungen der Beteiligten erfüllt hat, ist der Mitgliedcrgeminn in den Verbänden der P r i va t a n g cst e l l t e n *) im verflossenen Jahre sehr stark gewesen. Er betrug insgesamt 55 000 Köpfe gegen 33 000 im Jahre 1000. Dabei zeigt sich, daß der größere Teil des Zu *) Aus deren Kreisen wir gestern eine beachtenswerte Zu schrift brachten. wachsos wieder fast überall auf die neueren Vevbände ent fällt, deren werbende Kraft weniger auf der Unterhaltung von Unterstiitzungs- und Wohlsahrtseinrichtungen als auf der Ver tretung von Standessorderungen beruht. Unter den Organisationen der kaufmännischen An gestellten hat, wie wir einem Aufsätze von Ingenieur H. Lüde- mann in der Soz. Praxis entnehmen, der Deutsche Verband kaufmännischer Vereine in Frankfurt a. M. eine kleine Ver minderung um 773 zu verzeichnen. Der Deutsche Vuchhandlungs- gehilsenverband hatte auch schon 1000 eine kleine Verminderung der Mitgliederzahl aufzuweise». Bei den übrigen Verbänden ist durchweg eine Vermehrung sestzustellen, die allerdings nicht gleichmäßig auf alle Organisationen verteilt ist. Den größten Zuwachs hatte der Deutschnationale Handlungsgchilfenverband in Hamburg, dessen Mitgliederzahl im vergangenen Jahre 100 000 überschritten hat. Neu hinzugckommen sind zu den kaufmännischen Organisationen die Verbündeten kaufmännischen Vereine für weibliche Angestellte, die zwar schon mehrere Jahre als lose Vereinigung bestanden, sich aber erst im Jahre 1000 einen festeren Zusammenschluß gegeben haben. Von den Verbänden der technischen Angestellten haben zwei einen Rückgang an Mitgliedern zu verzeichnen. In bei den Fällen sind das die Folgen von ungünstig verlaufenen Zu sammenstößen mit dem Unternehmertum. Es handelt sich um den Verein der Kapitäne und Schifssossizicrc und den Deutschen Zeichnerverband. Der erste hatte einen Konflikt mit den Ham burger Reedern, beim zweiten ist die übrigen,» geringe Mit- gliedcrabnahme aus einer Lohnbewegung zu erklären, die die kunstgewerblichen Zeichner im Vorjahre in Gera einleiteten; hier kommt auch die Modekrise in Betracht, unter der die Textil branche schon seit mehreren Jahren zu leiden hat. Die übrigen Technikerverbändc haben sämtlich gute Zunahmen aufzuweisen. Am günstigsten schneidet verhältnismäßig der Bund der tech nisch-industriellen Beamten ab, dessen Mitgliederbestand nach kaum dreijährigem Bestehen bereits die Zahl 10 000 über schritten hat. Die Organisation der V u r c a u b ea m t e n hat in allen Verbänden Fortschritte gemacht, doch ist die Zersplitte rung jn viele kleine Vereine noch vorhanden. Langsam geht der Zusammenschluß unter den l a n d w i r ts ch a s t l i ch e n Privat angestellten vor sich, jedoch ist auch hier eine Zunahme zu ver zeichnen. Die Mitglicderzahlen der Verbände sind nicht immer iden tisch mit der Zahl der organisierten Privatangestcllten. Be sonders die älteren Verbände zählen einen teilweise recht erheblichen Prozentsatz von Arbeitgebern zu ihren Mitglie dern. Nur ein kleiner Teil der Verbände ist aus reiner Arbeit- nehmergrundlage ausgcbaut. Berücksichtigt man außerdem, daß viele Angestellte gleichzeitig mehreren Verbänden angehören (um die Vorteile der Stellennachweise, Wohlfahrtseinrichtun gen usw. dopplt ausnuhen zu können), so wird man die Ge samtzahl der organisierten Privatangestellten im günstig sten Falle auf 0 0 0 0 0 0 aunehmen können. Das wäre ein recht hoher Bruchteil der überhaupt vorhandenen Privatangestellten. Zentralisierende Zusammenfassungen für die Privat angestellten sind erst in geringem Umfange vorhanden. Es gibt seit einigen Jahren einen Hauptausschuß für die Pensions frage, jedoch hat sich dieser bisher auf seinen einzigen Pro grammpunkt beschränkt. Jn den letzten Jahren ist durch di« Gründung des Sozialen Ausschusses von Vereinen technischer Privatangestelltcn der Versuch zu einer strafferen Zusammen fassung der Privatangestellten-Verbände oder wenigstens eines Teiles derselben gemacht worden, und zwar auf dem Boden der Wahrnehmung der Arbeit n e h m e r interessen. Der. Soziale Ausschuß hat in der Frage der Statistik die Initiative ergriffen und im vorigen Jahre mit Hilfe des Kaiserlichen Statistischen Amtes eine umfangreiche Erhebung über die Stärke und die finanziellen Leistungen aller größeren Prioatbeamtenverbände durchgesührt, die in jedem Jahr wiederholt werden soll. Die im Sozialen Ausschuß vom Verband technischer Privatangestellten zusammengeschlossenen Verbände vereinigen zusammen rund 70 000 Mitglieder, über zwei Drittel aller organisierten Techniker. Einige Privatbeamtenverbände unterhalten feste Beziehun gen mit der gewerkschaftlichen Arbeiterbewegung, so der Deutsch nationale Handlungsgehilsenverband mit den christlichen Ge werkschaften, der Zentralverband der Handlungsgehilfen und Gehilfinnen Deutschlands, der Verband der Lagerhalter und der Zentralverband der Bureauangestellten mit den freien Ge werkschaften und der Verein der deutschen Kaufleute mit den Deutschen Eewerkvereinen H. D. Bestrebungen zur Verein heitlichung der Privatangestellten-Organisationen sind im verflossenen Jahre verschiedenlich hervorgetreten, so unter de« kunstgewerblichen Zeichnern, wo sie allerdings noch nicht zu einem festen Abschluß gebracht worden sind. Neuerdings haben bekanntlich auch die beiden größten Handlungsgehilfenverbände Aerschmelzungsverhandlungen angeknüpst. «iichjjscher Aimvtag Erste Kammer. 3!» vifenrlickie Sitzung. ?. Dresden, 23. April. Präsident Graf Vitzthum von Eckstädt eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 20 Minuten. Am Regierungstische: Staatsminister Graf Hohenthal und Kommissare. Abg. Dr. v. Wächter verlieft zunächst eine ständische Schrift über Weiterführung der Göltzsch- talbahn und eine weitere über Errichtung einer Eüterladestelle Tulpen uns Hyazinthen. Skizze von Paul Pasig. Nachdruck verboten Den prächtigsten Schmuck unserer Frühlingpgärten bilden zweifellos die vornehmen, stolzen Tulpen in ihrer wechsel vollen Farbcnglut, und die süßduftenden Hyazinthen in ihrem buntschillernden Vlütenkleide. Denn was sonst noch unsere Frühlingsslora an bunten Kindern ausweist, Scilla, ^Primel, Aurikel und wie sie alle heißen, ist uns wohl herzlich willkommen als freundliche Voten des endlich erschienenen Len zes, vermag uns aber nicht mit solch hoher Freude und Genug tuung zu erfüllen, wie die erwähnten Frühlingsblumen. Denn sie erst sind es, die den vollen, endgültigen Sic>g des jungen Lenzes künden. Die Tulpe — Tulipa — ist gleich der Hi)azinthc ein Zwiebilgewächs und gehört zur Familie der Liliacecn. Es gibt ihrer etwa 5o Arten, deren Verbreitungsgebiet Mittel- und Südeuropa bis Japan ist; am üppigsten gedeihen sie in Zen tralasien. Die Bildung neuer Formen erfolgt sehr schnell. Ein wesentliches Verdienst um die Kultur der Tulpen hat der be kannte Naturforscher Ges ner, der deutsche Plinius genannt, 1510—1505 in Zürich. Zu seiner Zeit kannte man in Euro;a nur 17 Arten, jetzt etwa 37. Nach ihm wird die bekannteste unserer Tulpenarten, die Dartentulpe, genannt — T. Ges- neriana L. — mit 30—45 Zentimeter hohem Schaft, eirund lanzettsürmigcn Blättern und ursprünglich karmoisinrote, am Grunde gelblichen Blüten. Sie ist in der Krim, Armenien, Kurdistan, im Altai usw. heimisch, kam durch Vusbecq, den Ge sandten Ferdinands I. in Konstantinopel, wo sie bereits von den Türken kultiviert wurde, nach dem westlichen Europa, blühte 1500 in Augsburg, wurde von Gesner zuerst gezogen und beschrieben, kam 1573 durch Clusius — Lecluse —, den berühm ten Botaniker, gest. 1000 in Leiden, in Wien, 1577 nach England und Belgien und ward schon 1020 in 140 Spielarten kultiviert. 1034—1040 erreichte in Haarlem, wo noch heute Tulpen und Hyazinthen in besonders ausgiebiger Weise gepflegt werden und einen hervorragenden Ausfuhrartikel bilden, die Tulpen liebhaberei ihren Höhepunkt: zahlte man doch für eine einzige Zwiebel zuweilen nicht weniger als 13 000 holländische Gulden — «twa 22 000 Mark —! ' . / Es gab Sammlungen mit mehr als 500 klassifizierten Arten. Gegenwärtig unterscheidet man Früh- und Spättulpen. Erstere haben einen kürzeren Stengel, blühen an warmen Standörtern schon im April und lasten sich sehr gut treiben — in Gewächs häusern, Th sen usw. —, z. B. Duc van Toll, Tournesol u. a. Die Spättulpcn, auch Landtulpen genannt, teilt man in einfarbige und bunte Blumen ein: Baquellcn, Vybloemen und Bizardcn. Der Kenner wird stets die einsache Tulpe dir gestillt blühenden vorziehen. Außerdem unterscheidet man noch sog. Monströse mit sehr großen Blumenkelchen von prachtvoller Färbung — gelb und rot — und weit abstehenden, zerrissen ge fransten Blättern. Wegen ihres Aussehens und ihrer originellen Färbung heißen sie wohl auch Papageitulpen. Die Kultur der Tulpen stimmt im wesentlichen mit der der Hyazinthen überein. Auch diese gehören zur Familie der Liliacecn und sind Zwiebelgewächse. Es gibt etwa dreißig Arten, meist im öst lichen Afrika. Die gemeine oder Gartenhyazinthe gedieh ur sprünglich in Dalmatien, Griechenland und Westasien, verwil derte in Slldcuropa und wird in etwa 5-000 Varietäten kulti viert, die entweder einfach oder gefüllt sind und sich alle meist durch ihren süßen, balsamischen Dust auszeichnen. Eine gute Hyazinthe besitzt einen aufrechten, geraden, 15 bis 20 Zenti meter hohen Schaft mit 20—30 gedrängt stehenden Blüten. Jn der Regel blühen die einfachen früher als die gefüllten und sind auch zum Treiben mehr geeignet. Die Hyazinthe liebt gleich der Tulpe tiesen, lockeren, fetten, sandigen Boden, am besten schwarze, mehrere Jahre mit Nindermist gedüngte, mit dem 4.-5. Teil reinem Sand gemischte Eartcnlanderde. Je reiner und sandiger die obere Erde ist, in welche die Zwiebeln ge pflanzt werden, um so bester gedeihen diese. Die Beete werden im Winter mit Laub oder Mist gegen Frost zugcdcckt. Man pflanzt die Zwiebeln im September und Oltober 8—12 Zenti meter tief und uiligibt jede Zwiebel zum Schutze vor Fäulnis mit einer Sandschicht. Auch sorgt man für gehörigen Abstand derselben von einander — 10—15 Zentimeter—. Die Blüte zeit, die natürlich vom Wetter abhängt, dauert etwa drei bis vier Wochen. Nach der Blüte erfordern die Zwiebeln zu ihrer Ausbildung fortgesetzte Feuchtigkeit, doch nicht zu große. Wenn die Blätter welken, nimmt man die Zwiebeln aup der Erde, säubert sie von Blättern und Erde und bewahrt sie bis zur Pflanzzeit trocken auf. Sie können bei guter Pflege ein Alter von sechs bis sieben Jahren erreichen. Ueber das Treiben im Zimmer zu sprechen, ist hier nicht der Ort und die Zeit. Die Hyazinthe kam in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts von Bagdad nach Aleppo und von da nach England, wo sie schon 1500 kultiviert wurde. Ihre volle Ausbildung erhielt sie in Holland — Haarlem —, das noch immer die zahlreichsten und schönsten Sorten liefert trotz der Konkurrenz, die ihm vor allem in Berlin, Erfurt usw. machen. Die Alten, denen unsere Blumen auch bekannt waren, wuß ten gar manche sinnige Sage über sie zu erzählen. Von der Tulpe berichten sie: Als die Göttin Flora mit ihrem Zauber stabe die Blumen aus dem Erdenschöße hervorrief, erschuf sie auch eine, die sich durch Regelmäßigkeit und Symmetrie ihrer Formen durch Prunk und Pracht auszeichnete, die stolze Tulpe. Dann tauchte sie diese in alle sieben Farben des Regenbogens und verlieh ihr alle Zauber berauschenden Duftes. Hierüber waren die übrigen Blumen tief bekümmert, denn keine konnte sich mit der so bevorzugten Tulpe messen. Sie baten daher die Göttin, sie wieder zu vernichten, da keine neben diese Blume bestehen könnte. Hierüber war die Göttin betroffen, erkannte aber doch ihr Unrecht. Sic beugte sich auf die Tulpe, löste ihren Mund an ihre dustströmende Koralle und entzog ihr mit einem Atemzuge ihren süßen Wohlgeruch, den sie nun unter ihren anderen Kindern verteilte. Diese erklärten sich für befriedigt. So steht die Tulpe einsam Inmitten der Vlumenwelt, angetan mit dem prächtigste» Farbenschmuck, aber steif und stolz, duft los und marmorkalt, ein Bild jener koketten, stolzen Schönen, die herzlos und einsam ihr Leben vertrauern. — Die Hyazinth« verdankt ihr Dasein der Sage nach dem Sonnengotte Apollo, der sie schuf, als er in neckischem Spiele seinen Liebling Hyakinthos, einen anmutigen Jllw.sting, getötet hatte. Das Blut, das strö mend des Erdreichs Kräuter gefleckt, hört auf, Blut zu sein, rief der Gott in Uberquellender Trauer. Voll Glanz wie syri scher Purpur hebe sich die Blume und empfange Gestalt gleich Lilien, die «ine von rötlicher Bläue, die andere von Silber go- färbt. — Und sogleich entsproßten dem rinnenden Blute de« Geliebten die süß duftenden, anmutigen Hyazinthen.