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Verantwortlicher Redakteur - Fritz Arnhotd. Für di« Inserat« verantwortlich: Walter Krau» beide in Aue. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittag» von 4—» Uhr. — Telegramm-Adreffe: Tageblatt Aue. — Fernsprecher i!i. Für unverlangt «ingesandt« Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag Gebrüder Lruthner (Inh.: Paul Beuthner) in Aue. V«zug»pr«tr: Durch unser« Voten frei in» Sau» monatlich so pfg. Lei der G«schüft»stelle abgeholt monatlich »o pfg. und «Lchentllch ,0 Pfg. — Vet der Post bestellt nnd selbst ab-eholt vierteljährlich l.so Mk. -7- vnrch den Vfietzräser ftei in» Kay» vivtellsthrltch l-s Usk. — Einzelne Nummer ,0 vfg. — Deutscher Postzeitung», lsgtalpg. — «^scheint täglich in den Mittagsstunden, Wt Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Vies* «mfsrtzt <» Ockßtckir ' Ms- Mutm«ßlich« Weiterung vom S. Mai: «estwiude, »ol- »ist, pritwefie Rchen. Annahme von Anzeigen bis spätesten, 4'/.Uhr vormittag». Für Aufnahme von grSjerenAnzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn st» am Tage vorher Hel »n» etngehen- Insertionsxreir: Vie fiebengespaltene Lorpurzeile oder deren Raum lo pfg., Reklamen rs pfg. Lei größeren Aufträgen entsprechender Rchbatt. — Das Wichtigste vom Tage. i Drr Reichstag hat sich gestern bis zum 20. Oktober vertagt. (S. Parl.-Brcht.) Lei einem Eisenbahnzusammenstotz in Indien sind 2b0 Menschen umgek 0 mmen. (S. N. u. a. Welt u Tel.) v » Die Iu b i l ä u in s f e ier l i ch kei t en in W i en nehmen eine» überaus herzlichen Verlauf. (S. Ort i. Hptbl. und Tel.) Der Prozetz Olga Molitor gegen zwei badische Blätter hat Donnerstag in Karlsruhe begonnen. O Die bürgerlich-demokratische Barthgruppe veröffentlicht einen Aufruf zur Werbung von Mit gliedern. 1 ' Der entthronte Kaiser von Korea wird nach Ja- e pan gebracht, die koreanischen Minister werden durch I a - I s paner ersetzt Die Finanzen des Reiches. Rach einer Zeitungsnotiz soll der Staatssekretär Sydow entsetzt gewesen sein, als er entdeckte, daß die Reichsschuld auf die fünfte Milliarde los marschiert. Diese Nachricht ist gewiß unrichtig, denn der Unterstaatssekretär Sydow im Reichspostamt hat lange genug an dem Reichshaushalte mitge arbeitet, um zu wissen, daß die Schuld nicht nur schon 4 Mil liarden beträgt, daß der Etat für 1908 schon «ine neue Viertel milliarde Anleihe vorfieht und datz bei der Fortführung der bis herigen Wirtschaft in wenigen Jahren die fünfte Milliarde voll sein muß. Er wird wohl die Verantwortung seines neuen Amtes, je mehr er die Jinanzverhältnisse des Reiches kennen » ' lernt, Lfito schwerer fühlen. Und wahrlich, der Anfang ist für ihn nicht erfreulich. Der Abschluß der Einnahmen des Jahres 1907 ist recht schlecht. Sie ergeben zwar ein Mehr gegen den Etat von 6,3 Millionen, aber darin stecken diejenigen Zoll beträge, die dem Fonds für die Witwen- und Waisenversorgung zugute kommen; wahrscheinlich wird für den Reichshaushalt eine nicht unerhebliche Mindereinnahme sich ergeben. Die Aus gaben werden aber erhebliche Ueberschreitungen bringen. Die Betriebsausgaben der Eisenbahn und der Post sind sehr stark E gestiegen und bei Militär und Marine werden sich auch erheb liche Eieigerungen bei der Naturalverpflegung und sonst infolge d«r allgemeinen Teuerung ergeben. Da bedeutet, datz die Bun desstaaten die ihnen im Etat aufgelegten ungedeckten Matriku- larbeiträge voll zu zahlen haben. Aus 1906 haben sie schon eine im Jahre 1909 zu zahlende Schuld an Matrikularbeiträgen. Das Jahr 1907 wird außerdem noch einen erheblichen Fehlbetrag haben. Das Jahr 1908 fordert nach dem Etat etwa 100 Millionen ungedeckte Matrikularbeiträge, eigentlich waren es 124 Millionen, aber den für die gesetzliche Schulden tilgung vorgesehenen Betrag von 24 Millionen hat man ge strichen. Die Erhöhung der Beamtenbesoldungen, di« ja für das ganze Jahr 1908 gewährt werden soll, wird etwa 80 Millionen betragen, das Erfordernis wird sich also ziemlich 200 Millionen nähern. Dieser ganze Betrag fällt auf die ungedeckten Matriku larbeiträge, denn die sogenannte Finanzreform, d. h. die Steuererhöhung, kann erst im Jahre 1909, vielleicht auch nicht einmal vom 1. April an, wirksam werden, da der Reichstag erst frühestens im Anfang des Jahres 1909 zum Beschluß kommen kann. Nach den Ergebnissen des Jahres 1907 und der ganzen ungünstigen Wirtschaftslage ist nicht anzunehmen, daß der Ein nahme-Etat von 1908 überschritten wird, ehe das Gegenteil, und die Ueberschreitung des Ausgabe-Etats ist nicht ausgeschlossen. Am Schlüsse des Jahres 1908 werden also die Bundes staaten mit weit mehr als 200 Millionen rück ständiger Matrikularbeiträge belastet sein, die zu zahlen ihnen recht schwer fallen wird. Das Jahr 1908 wird auch «ine Vermehrung der konsolidierten Schuld von einer Viertelmilliarde gebracht haben. Für 1908 würde man also — wenn es keine ungedeckten Matrikularbeiträge haben soll — etwa 200 Millionen Mark neue Steuern nötig gehabt haben, für 1909 wird aber diese Summe, sonst gleichbleibend« Verhältnisse ange nommen, nicht ausreichen, wenn man mit der üblichen Vermeh rung der Ausgaben für Heer und Marine rechnen muß. Kann nicht mit dieser Gewohnheit gebrochen werden, 0 haben wir m i t einer Steigerung der Steu« rn»-i m mer wieder zu rechnen. Das Jahr 1909 wird aber auch noch zu rechnen haben mit dem Ausfall von 35 Millionen Zuckersteuer —> die be kanntlich etwa um Liesen Betrag ermäßigt werden soll; ferner wird wohl die Erhöhung der Löhne der Soldaten und der Unteroffiziere kommen. Dann steht in Aussicht die Einführung der Beamtenverstcherung und der Witwen- und Waisenversor gung und die allmähliche Erschöpfung des Jnvalidenfonds. Die Schuldzinsen find gestiegen. Kurz, man wird für nahe Zett schon mit einer Steigerung der Steuern nicht bloß um 100, sondern um 300 bis 400 Millionen zu rechnen haben. Und dabei kommt noch in Betracht, daß wahrscheinlich jedes Jahr noch etwa 100 Millionen Anleihen für Heer und Marine werden gemacht werden, deren Zinsen wieder den ordentlichen Etat belasten. Hieraus ist ersichtlich, daß es sich nicht eben darum handelt, wieder einige neue Steuern auszuklügeln oder alte zu erhöhen, sondern um eine wirkliche Finanzreform, und zwar eine, die nicht, wie die früheren Stengelschen Reformen nur beabsichtigten, die Bundesstaaten von Matrikularbeiträgen möglichst befreien soll, sondern di« das ganze Finanz wesen, Einnahmen und ganz besonders auch Ausgaben, betrifft und wahrscheinlich auch nicht ohne Bedeutung für die Finanzen der Bundesstaaten bleibt. Die größte Schwierigkeit liegt aber in der durchaus notwendigen Beschränkung der Ausgaben für Militär und Marine, die ja bei weitem den größten Teil der Reichsausgaben ausmachen. Die Schwierigkeit ist um so größer, weil die Steigerung zum guten Teil auf der stets wach senden Teuerung aller Bedarfsartikel, Wohnung, Kleidung, Futter der Pferde ufw., zu einem andern Teil darauf beruht, daß die Technik sowohl für die Landarm« als auch für die Marine fortwährend neue, sehr kostspielig durchzusührendee Er findungen und Verbesserungen der Feuerwaffen, für di« Marine verbesserte Schiffsmaschinen, wirksame« und schwerere Geschütz«, infolge davon Verstärkung der Panzerung, Vergrößerung der Schiffe, Unterseeboot« usw. Von 1900 bis 1908 find die oÄent- lichen Ausgaben für Heer und Marine von 784 auf 1088 Millio nen, die außerordentlichen von 68 auf 146 Millionen gewachsen, beide zusammen also um etwa 380 Millionen in acht Jahren! Hier ist die außerordentlich schwierige Frage, selbstverständ lich nicht vom Schatzsekretär, sondern vom Reichskanzler und Bundesrat zu erörtern^ wie di« Machtinteressen Deutschlands mit seinen finanziellen Interessen in Einklang zu bringen sind; unberücksichtigt können die letzteren sicher nicht bleiben; die Finanzkraft spielt ja auch eine sehr große Nolle nicht bloß im Fall eines Krieges, sondern auch im Ansehen einer Nation bet andern Völkern. Für die Stellung Deutschlands ist es nicht gleichgültig, daß es nicht bloß außerstande ist, alle Ausgaben für die Wehrkraft aus laufenden Einnahmen zu decken, sondern da für allmählich nahezu 4 Milliarden Schulden gemacht hat und den ordentlichen Etat des Jahres 1908 nicht decken kann, wäh rend England alle Ausgaben, ailch alle großen Schifisbauten und Rüstungen, durch die ordentlichen Ausgaben deckt, im Jahr« 1907 außerdem große Summen der alten Schuld getilgt und mach 100 Millionen Mark übrig gehabt hat. Es ist unmöglich, immchk wieder Steuer-Erhöhungen vorzunehmen; schließlich versagt di, Steuerkraft des Volkes. ' Zum Reglerungsju-iliwur des Kaisers Franz Joseph. Um 12 Uhr fuhren die in Wien anwesenden deutschen Bundesfürsten gestern an der Blauen Stiege vor und wurden an deren Fußend« vom Oberzeremonienmeister empfangen und sodann unter dessen Vorantritt über die Stiege geleitet. Im Laternenzimmer wurden die Bundesfürsten vom zweit«» Ober hofmeister empfangen und in das -große Rosazimmer geleitet, woselbst sie sich versammelten. Der zweite Oberhofmeister begab sich hierauf in die Wohnräume d«s Deutschen Kaisers, um ihm Meldung zu erstatten, und führte ihn sodann in da» große Rosa zimmer. Inzwischen hatte der Oberzeremonienmeister dem Kaiser Franz Josef Meldung erstattet, worauf sich dieser in das Maria Antoinettezimmer begab. Die deutschen Bundesfürsten versammelten sich nunmehr im Empfangappartement, wo Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Josef Ansprachen hielten. Bei der Gratulation der deutschen Bundesfürsten hielt der Deutsche Kaiser folgend« (von uns bereits im Auszugs wiedergegeben«) Ansprache: Eine erhebende Fügung d«r göttlichen Gnade und Vorsehung ist es, die uns am heutige« Mai-Delikatessen. Ein« kulinarisch« Plauderei. Nachdruck verboten. Der Mai ist so recht ein Monat nach dem Herzen des Fein schmeckers, denn er bringt ihm Erstlinge der Natur, die erlesene Genüsse find. Mit dem Mai tritt die Maibowle in ihr« Rechte. Di« Erde schmückt sich neu mit ihrem bunten Kleid, mild« Lüfte umschmeicheln uns nach den wetterwendischen Lau nen des April, und mit all dem Grünen und Blühen zieht neu« Lebensfreude in unser Herz. Das Bowletrinken ist im Rückgang begriffen. Leider, denn die Bowl« hat «igentlich nur gute Sei te« — aber sie muß selbst gut sein! Sie eignet sich zum köst lichen Frühschoppen, sie schmeckt prächtig an heißen Nachmittagen «Nd nicht minder in traulichen Dämmer- und Abendstunden, attch in mondbegliinzter Zaubernacht kann man fi« mit Genuß schlürfen. Sie .fit angenehm für jede» trinkfähig« Lebensalter, st« öffnet die Herzen und läßt Liebe und Freundschaft darin keimen! Roch vor garnicht langer Zeit erschien die Bowl« nach de« -weiten Gang (so 1879 bet König Ludwig II. von Bayer» auf «in«m Diner auf Schloß Berg) oder ähnlich dem Ehampagn«r am End« der Tafel. Im Mai ist der Wa ld m «ister di« prädestinierte Bowlen würz«. Ueberall an schattigen Stellen wächst da» Kräutlein Her- -«»»sreund, wie unser Waldmeister (asperula odorata) um 1600 genannt wurde. Di« Verwendung de» Waldmeisters al» Würze geht bi, w«tt in» Mittelalter zurück, da» ja Überhaupt reich- lichttr vbrauch Son Kräuterwürzen macht«. Allerdings diente det'WaLmeister zuerst mähr al, Epeisenwürze, z. B. am Hirsch- braten. -Jetzt, am Beginn des SO. Jahrhundert», find e» unge- Jahre, seit der Maiwein in dtt Lttztattz, äuftauchte. Es war der Botaniker und namhaft« Leibarzt Kaiser Maxi milians II., Rembertus Dodanaeus, bei dem sich die früheste uns bekannt geworden« Erwähnung der — ihrer wirklichen Anwen dung nach wohl freilich weit älteren — Sitte findet, einem leich ten Weine mit duftigem Waldmeister eine Blume zu geben, um das Herz froh und — die Leber gesund zu machen. Auch in dem New vollkommenlich Kräuterbuch des Jacobi Theodori Ta- bernaemontani, Ehurfürstl. Pfaltz Medici von 1664 wird die Abbildung der bescheidenen Asperula odorata mit der ErNärung begleitet: Im Mayen, wann das Kräutleyn noch frisch ist und blühet, pflegen es viele Leute in den Wein zu legen und darueber zu trincken; soll auch das Hertz stärken und erfreuen. Während nun bei allen Bowlen ein Zusatz — je mehr, je bester! — von Sekt durchaus angebracht ist, gilt ein solcher bei der Maibowle geradezu als verpönt! Nun, gönnen wir den dickbäuchigen Flaschen mit den übermütig sprudelnden Silber köpfen ruhig einen Monat Schonzeit, bis die Erdbeer «n reif find! Diese köstliche Frucht unserer märkischen Wälder wurde von dem soeben verstorbenen russischen Botschafter General Graf Schuwaloff so verehrt, daß er sich davon zentnerweise nach seinen russischen Besitzungen und sogar nach Italien, wo er seiner Ge sundheit wegen in den letzten Jahren so viel weilen mußte, nachsenden ließ. Wie ganz ander» hat sich doch di« Schaum- weintndustrie entwickelt, der man anfangs gar kein Ver trauen entgegenbrachte! So schrieb z. B. 1779 Constant L'Or- vtlle: Seit 20 Jahren hat die Mode, perlenden Wein herzu stellen, ganz und gar aufgehört. Nur «inige alt» Trinker er innern sich noch, bei dem Anblick eine» an di« Decke springenden Pfropfen« begeistert gewesen zu sein. Unter Napoleon I. aber trank man wieder viel Champagner. In Epernay bet dem ThampagnerSnig weilte Napoleon sogar zweimal al» Gast. Da» erstemal im Jahre IM. Später besuchte auch Jerom«, fein Bruder, der bekannt« König Lustik, Epernay, al» er zu, Tauf« des König» von Rom nach Pari» reiste. Indem er 6000 Flaschen von der besten Sorte bestellt«, tat er die ahnungsvolle Aeußerung: Ich befürcht«, daß die Russen mir den Wein aus- trinken werden. 1812 kam es nun noch nicht dazu. Aber am 7. Februar 1814 wurde auch Epernay von Len Truppen der Verbündeten besetzt, am 17. März entsetzte wieder der Kaiser den Ort, und «» ficht historisch fest, daß damals Napoleon dem Ehampagnerfabrikanten eigenhändig das Kreuz der Ehrenlegion anheftete. Vielleicht' tröstete diesen di« Auszeichnung darüber, daß die Verbündeten ihm seinen Keller in buchstäblichem Sinne lsertranken. Aber «ins ist Tatsache, nämlich was A. Franklin im 8. Bande des Werke» „Das Privatleben von ehedem" sagt: Di« heimgekehrten Offiziere der Verbündeten haben «fit dem französischen Champagner seinen Weltruf verschafft. Der Mai sicht auch im Zeichen de» Krebse» und des Spargel», beides erlesen« Genüsse, di« m«rkwürdigerw«tse am schönsten munden, wenn sie auf di« allereinfachste Weise zu bereitet, nämlich in Salwasser abgekocht werden! Ebenso primi tiv werden fi« auch beim Verspeisen behandelt: mit den Fingern I Aber können muß man'»! Die Krebs« «erden leider immer teurer, da di« Ausfuhr, so nach Frankreich, alljährlich zunimmt und noch immer nicht die Folgen der Kreb»prst ganz Überwunden sind. Bor 60 Jahren kostche da» SchÄ schöner MMlKrhs, «inen guten Groschen (z. B. in Bütow, im gesegneten Hinter- spommern), und zur selben Zeit würbe im Oderhruch während Les «fiten Wiefenschnitte» den Mähern «in Backtrog voll ge- kochte, Krebs« htngestellt, au» dem st« sich nach Belieben bediene» konnten. »Tempi passati! Die Krebs« her Oder und der märki schen Gewässer waren schon im 18. Jahrhundert berühmt; schon Marpurger schreibt 1718: Unter den Ländern Deutschland» hat wohl die Mark Prandenburg den grMr» Kybafan^M« den» . des Sommer» kein Tao nicht binaeht. da di« au» Berlin ab gehetzten Posten und Fuhren nicht ein« Quantität derselbe, mit-