Volltext Seite (XML)
Mittwoch, IS. Mai 1VV8. vrii litt SGOO vmntnl Rr. 11V. Dritter Jahrgang. ttuer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge Verantwortlicher Redakteur. Fritz Uenhold. Für Li, Inserat« verantwortlich: Malter Arau» deid« in Aue. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonnlagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von 4—5 Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher S8. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag Gebrüder Beuthner tInh.: Paul Beuthner) in Aue. Bezugspreis: Durch unsere Boten srei ins Haus monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich «o pfg. und wöchentlich <0 pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich l.so Mk. — Durch den Briefträger frei ins Kau, vierteljährlich t.zr Mk. — Einzeln« Nummer >o pfg. — Deutscher Postzeitungs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens g'/, Uhr vormittags. Für Ausnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingehen. Jnsertionspreis: Die siebengespaltene Aorpuszeile oder deren Raum lo Pfg., Reklamen rs pfg. Bei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Vttse rrrrinnre* »riirfertzt <r Lette« IM»- Mutmaßliche Witterung vom 14. Mai: Wechselnde Windes veränderlich, zeitweise Regen, Gewitterneigung. Das Wichtigste vom Lage. Die sächsische Wahlrechtsdeputation hat gestern den Kompromiß« »trag angenommen. S. Kgrch. Schs. Die Thronrede bei der Eröffnung des außerordent lichen mecklenburgischen Landtags kündigte eine V e r- sM fassungsreform an. , , Die Schutzmächtc haben die allmähliche Zurück- ? zichung der internationalen T r u p p e n von K r e t a beschlossen. * Der Bundesrat stimmte der M ü n z n o v c l l e in der vom Reichstage beschloßenen Form und damit auch der Wieder ausprägung von Dreimarkstücken zu. (S. pol. Tgsch.) Die Nachricht über ein schwedisch-russisches Biind- nis als Ergebnis des Besuches des Königs von Schweden m Petersburg wird vom Minister des Aeußeren in Stock holm dementiert. Die Frau in -er Politik. I-. Die Gründung und das Auftreten des liberalen Frauenbundes hat wohl auch den Teil der Männerwelt, der an der politischen Betätigung der Frau bisher keinen Ge schmack fand, nachdenklich gestimmt und es wäre begreiflich, wenn jetzt nichtliberale Kreise sich mit dem Gedanken beschäftigten, der einen Wirkung eine Gegenwirkung durch Frauen entgegen zusetzen. Denn bis in die Kreise hinein, die am meisten rechts stehen, gibt es Frauen, die um eine Teilnahme an den Sorgen der Zeit ringen. Dieser Frauenring geht nicht nur von Normann bis Naumann, sondern von Normann bis Noske. Unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenz darf man die Frauen bewegung nicht in erster Linie betrachten. Mancher wird be wußt oder unbewußt empfinden, daß es nicht eine Verarmung, sondern eine Bereicherung des eigenen Lebens wäre, wenn ihm dermaleinst ein Weib beschieden wäre, das wie in andern Dingen so auch im politischen Leben ein guter Kamerad oder venigstens ein verständnisvoller Anteilnehmer sein könnt/s Das weibliche Ideal der männlichen Jugend von heute ist du:chaus nicht die Puppe, ist es wohl auch nie in gesunden Zeiten der deutschen Geschichte gewesen. Begreiflicherweise hegt man gerade im Zeitalter der Sozialpolitik die Ansicht, daß eine freiwillige Anteilnahme am Gemeinwesen und besten Geschicken immer vom Guten und eine Beschränkung auf kleinliche Inte ressen des Jchs immer vom Uebel ist. Wenn die Schwalben wiederkommen. d " Ornithologische Studie von Dr. H. Kaempf. Nachdruck verbiteu Wenn der Winter seine letzten Atemzüge tut, und der Vor frühling seine ersten Kätzchen an Sträuchern und Bäumen hervor zaubert, wenn das Leben der toten Natur sich wieder langsam zu regen beginnt, dann kehren auch unsere gefiederten Sänger, die uns im Herbst verließen, wieder in die nordische Heimat zurück. Schon vieles ist darüber geschrieben und geforscht wor den, was die Segler der Lüste eigentlich zu einem solchen r Nomadenleben veranlaßt. Man hat ihren scharf ausgeprägten Ortssinn bewundert und zu erklären versucht, allein des Rätsels Lösung hat bisher noch keiner gefunden. Die verschiedenen ß Ansichten über alle diese wunderbaren Vorgänge in der Vogel- f weit ein.wenig näher zu betrachten, soll im folgenden unsere s Aufgabe sein. In erster Linie ist die Höhe zu bewundern, in welcher die f meisten Zugvögel ihre Wanderzüge ausführen. Gewöhnlich gilt 1 hier die Regel, daß die größeren Vögel höher steigen, als die k kleineren und schwächeren. Die Flughöhe ist dabei immer rela tiv, d. h. sie hält sich anscheinend in einem solchen Abstand von ! der Erdoberfläche, daß das scharfe Vogelauge die Erde noch immer erkennen kann. So sollen Vögel, namentlich in den amerikanischen I Felsengebirgen und der zentralasiatischen Hochebene in einer I Höhe bis gegen 2VVV Meter beobachtet worden sein. Unsere grö- I ßeren, heimische« Vögel, Kraniche und Störche, pflegen etwa in I einer Höhe von 500—700 Metern zu fliegen. Die Flughöhe soll, g nach Beobachtungen von Fachleuten, sich dabei immer nach der I Klarheit der Luft richten, je klarer die Luft, je höher der Flug I «md umgekehrt. Man nimmt im allgemeinen an, daß es den UBögeln in den oberen Luftschichten, die diinner als di« un- Mieren find, leichi« , wird zu fliegen. Vielleicht ist die Mis- Vom 15. Mai an können sich Frauen auf Grund desneuen Vereinsgesetzes im ganzen Deutschen Reich öffentlich politisch betätigen. Darob stößt in den Jungliberalen Blättern, der Monatsschrift des Reichsverbandes der Ver eine der nationalliberalen Jugend, eine Frau, Anna Lied! (München) einen Jubelruf aus. Zur Erläuterung sagt sie: Und warum mich diese Botschaft so freudig stimmte, ist vor allen Dingen dies: unser deutsches Vaterland braucht noch viel, viel mehr Begeisterung, es braucht begeisterte Kämp fer für seine Ideale, und daß ein neuer, frischer Zug in die Begeisterung fiirs Vaterland kommt: das erhoffe ich von Deutschlands Frauen. Denn die Frauen sind der Begeiste rung, der Hingabe an eine Sache in hohem Grade fähig; die deutschen Frauen sind aber auch empfänglich für die großen Ideale ihrer Nation. Ihr Frauen, bereitet den Männern, die Euch begeistern und gewinnen wollen für politische Dinge, einen empfänglichen Boden, laßt Euch sehend machen und lohnt ihre Geduld und Mühe, die Euch vorwärts bringen will auf politischen Pfaden! Legt Zeugnis dafür ab, daß es Euch nicht am Verstehen für die großen Geschehnisse des Tages mangelt und beweist, daß Ihr nicht ohne Interesse daran vorübergeht! Hinein in den Kampf! rufe ich Euch zu; denn edel und gut ist es, teilzunehmen an dem Wohl und Wehe Eures Vaterlandes. Alles soll in den Kampf ziehen und besonders Euch Müttern wünsche ich die regste Anteilnahme, wünsche ich das Verständ nis für die Aufgaben unserer Zeit, weil vornehmlich in Euren Händen die Macht liegt, in unser zukiinftigesGe- schlecht den freiheitlichen, fortschrittlichen Gei st einzupflanzen, der uns so dringend not tut. Ihr werdet selbständiger denken lernen, gefestigtere Persönlichkeiten werden und Euren Kindern ein umso besseres Vorbild sein. Kommt mir nur nicht mit der Ausrede: Ach, davon verstehe ich nichts, was soll ich dabei tun? Denn die Männer wußten in ihrer Jugend ebensowenig von Politik, wie wir jetzt wissen. Aber sie haben gearbeitet und arbeiten müssen auch wir! Verschwinden muß aus den Büchern, die uns über den Umgang mit Menschen belehren, die bisherige Forderung: Vermeidet in Gegenwart von Frauen jegliches Gespräch über Politik; denn wir werden lernen und wissend werden und uns in Zukunft den Genuß nicht versagen, an den Debatten der Männer über politische Fragen teilzunehmen, wenn wir uns auch vorerst, ob unserer Unkenntnis, mit dem Zuhören begnügen müssen. Für das Nachahmen männlicher Gepflogenheiten ist Anna Liedl nicht; sie meint, nur die Frau in ihrem ureigensten Wesen könne der Politik wirklich nützen. Beim Liherigen politischen Auftreten der Frau ist ein Erundzug des weiblichen Wesens: der Wunsch, zu hegen und zu pflegen und dafür zu sorgen, daß nichts Unschuldiges und Reines, das sich nicht genügend wehren kann, unter die Füße getreten werde, vielleicht nicht immer voll zum Ausdruck gekommen. Von der Einführung des weiblichen Eigenbesitzes und vor allem des mütterlichen Sinnesin Las öffentliche Leben darf man sich viel versprechen. Eine Verstärkung dieser Kräfte des Bewahrens kann nur vom Guten sein. Ein Beispiel diene statt vieler. Die Studenten kneipe alten Stils und das was ihr gleichkommt im Offiziers kasino und im Leben anderer nicht akademischer Stände hat doch eigentlich nur bestehen können und kann nur deshalb noch heute das Dasein fristen, weil kein mütterliches Auge dies kelanstrengung in diesen oberen Luftschichten auch leichter,, als in den Schichten, die näher dem Erdboden gelagert sind. Die Be deutung der Luftsäcke, die man im Vogelkörper vorfindet, und denen man früher die Fähigkeiten für ein größeres Flugver mögen beimaß, ist in neuerer Zeit wieder mehr fallen gelassen worden, jedoch keineswegs so, daß man diese Organe gänzlich außer Acht gelassen hätte. i Immerhin ist es intressant, daß selbst die geübtesten Flieger große Wasserflächen meiden. Sie suchen, wenn irgend möglich, immer das Land im Auge zu behalten, und wählen zu ihrem Zuge vom Norden nach dem Süden immer die Wege über Gibraltar, dem griechischen Jnselarchipel oder Sizilien und Tunis. Alle Hindernisse pflegt der Zugvogel auf seiner Fahrt gerne zu meiden. Niemals strfeicht er'in geradlinigem Fluge über die hohen Eebirgskämme, sondern er behält immer gewisse Flugstraben ein: Täler» Flüsse usw., die ihm auf seiner Wanderfahrt vom Norden nach dem Süden oder umgekehrt wohl auch die besten und sichersten Orientierungspunkte geben. Man hat dabei ferner die Beobachtung gemacht, daß die Flußvögel, wie die Kraniche usw., deren Nahrung die Flüsse enthalten, sich in ihrem Fluge immer von dem Lauf der großen Ströme leiten lassen; die anderen Vögel hingegen ziehen den kürzeren Weg durch die Täler und die Gebirgspässe vor. Auch hier schreibt der Kampf ums Dasein dem einzelnen Individuum seine eiserne Norm vor. Die Massen, in denen die Vögel ihre Züge antreten und ausführen, ist sehr verschieden. Sie ziehen in Gruppen von nur wenigen Exemplaren und auch in wolkenähnlichen Schwärmen, die oft 15 000 Individuen und mehr zählen. Die Art der Ge meinschaften hängt ganz von der Flugart und dem Flugarrange ment der Gruppen ab. BÄanntlich fliegen z. B. die Enten in gerader Linie nebeneinander, während die Kraniche keilförmig, die Gänse schräg, di« Schwalben in bestimmten Abständen von Treiben sieht. Eine Mutter würde nicht mitansehen können, was merkwürdigerweise die alten Herren so lange mitangesehen haben, bis denn aus diesen Kreisen und zugleich aus denen der Jugend selbst eine Gegenwirkung erwuchs. Das Gewicht der bewahrenden und rettenden Mächte in unserem Volksleben zu stärken, wird eine der Hauptaufgaben sein, die die Frau im öffentlichen Leben zu erfüllen hat. So wird sie den Fort schritt zum Guten anbahnen helfen. Sächsischer Landtag. Erste Kammer. 44. öffentliche Sitzung. ?. Dresden, 12. Mai. Präsident Gras Vitzthum von Eckftädt eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 20 Min. Es erfolgt zuerst der Vortrag einiger ständi scher Schriften und zwar über den Bau der Bahn Freiberg- Waltersdorf, über Errichtung einer Haltestelle auf Bahn hof G i p p a und über die Petition wegen Herstellung einer nor malspurigen Eisenbahn von Großhartmannsdorf. Die sämtlichen Schriften werden genehmigt. Punkt 2 bildet der An trag der zweiten Deputation, sie um ein weiteres Mitglied für den Rest des Landtages zu verstärken. Die Kammer genehmigt Len Deputationsantrag. Die Wahl findet in Ler nächsten Sitzung statt. Für Punkt 3 und 4 hat das Referat der zweiten Depu tation zu erstatten Dr. v. Wächter, der folgende Anträge stellt: zuPunkt 3: Die unter Tit. 22 des außerordentlichen Etats auf 1908/09 geforderten 634 000 zur Erweiterung des Betriebs elektrizitätswerkes Chemnitz-Hilbersdorf nach Ler Vorlage zu be willigen; zu Punkt 4: Die unter Tit. 27 Les außerordentlichen Etats auf 1908/09 zur Herstellung des zweiten Gleises zwischen Meerane und Gößnitz eingestellten 850000 -tl als erste Rate nach der Vorlage zu bewilligen. Die Deputationsanträge werden ge nehmigt. - ' Unter Punkt 5 folgt die Beratung über den Bericht der ersten Deputation, betr. Len mit König!. Dekret Nr. 41 vorgeleg ten Entwurf eines Gesetzes gegen die Verunstaltung von Stadt und Land. Berichterstatter Dr. Sly-Meißen stellt im Namen der Deputation hierbei verschiedene Anträge. In Ler Generaldebatte spricht zuerst Staatsminister Graf Hohenthal: Nur dort, wo Unverstand und böser Wille in Erscheinung treten, will die Regierung eine gesetzliche Handhabe zum Einschreiten haben. Oberbürgermeister Beutler-Dresden würde es für bedenklich halten, wenn bei Prü fung der Frage, was schön oder häßlich ist, Las Urteil eines ein zigen Mannes maßgebend sein sollte. Dann möchte er noch an die Regierung die Frage richten, ob das Gesetz rückwirkende Kraft haben soll. Staatsminister Graf Hohenthal! Der 8 1 des Gesetzes soll, wenn bewilligt, rückwirkende Kraft haben. Ober bürgermeister Keil-Zwickau hat Bedenken dagegen. Wie soll das Empfinden der gebildeten Gesamtheit festgestellt werden? Ge heimrat Dr. Gurlitt: Nach Erlaß des Gesetzes wird man sich ein zig an die Sachverständigen wenden. Rittergutsbesitzer Dr. v. Hübel bespricht die Notwendigkeit der Pappdächer auf landwirt schaftlichen Gebäuden. Geheimrat Dr. Wach: Der Zweck Les Ge setzes sei ein positiver, nicht ein negativer. Freilich werden auch die Sachverständigen nicht immer den Nagel auf den Kopf treffen. Wir werden auch mit diesem Gesetz dem Milieu, der herrschenden einander ihren Flug aussühren. Daß größere Vögel kleinere und schwächere Individuen auf dem Rücken durch die Lüfte tragen, gehört zu den Märchen. Was die Vögel zur H e i m k e h r und zum Weggehen veranlaßt, kann wohl keineswegs in einem Art Heimwehgesühl zu suchen sein, sondern vielmehr darin, daß der Vogel, dessen Nahrungsquellen durch den Wechsel der Jahreszeiten erschöpft sind, sich nach neuen, besseren^ Lebens bedingungen umsteht. Auch hier ist es wieder der Kampf ums Dasein, der ihn zu diesem abwechselnden Nomadenleben nötigt. Natürlich hat im Laufe der Zeiten der ganze Organismus des Vogels sich in diesem Veränderungszwange in so hohem Grade angepaßt, daß man selbst bei eingesperrten Zugvögelindividuen (die also nicht durch Nahrungsmangel zu einer Veränderung ihres Wohnortes gezwungen werden) zur Zeit des Fortfliegens oder der Ankunft ihrer Artgenossen eine körperliche Unruhe be merken kann. Der Volksglauben hat natürlich Len Fort zug und die Wiederkehr der Zugvögel auf das reichste mit seiner Phantasie ausgestattet. Ihm sind Schwalbe und Storch die Propheten für die Ereignisse des beginnenden Sommers. Ist der erste Storch, der sich dem Laudmanne zeigt, am ganzen Körper weiß, so gestaltet sich die Ernte, wie überhaupt der ganze Landwirtschaftliche Erfolg des Sommers günstig. Hat der Storch hingegenauf seinem Gefieder einen größeren dunkeln Fleck, so gibt es viel Regen, der den Ernteevfolg sehr fraglich macht. Auf dem Haus, auf welchem der Storch nistet, bleibt der Blitz machtlos und jegliche Jeuersgefahr ist ausgeschlossen. Die Schwalbe ist gleichfalls ein Glücksvogel. Deshalb sieht sie jeder gern unter seinem Hausdach« nisten. Die Schwalbe heißt deshalb auch vielfach Vögelchen der Madonna. Rur im Traum darf keine Schwalb« erscheinen, denn dann bringt sie stcher Unglück. Man könnte gerade dteses außerordentlich interessante Kapitel noch ack Inttoitum verlängern, allein, es gehört nicht zu dem von un, behandelten Thema. ,