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uns Anzeiger Mr das Erzgebirge ^»>a»lwo«!ichcl ReSaklcui Fritz Ai »hold zur -i, Znjerure vcramwvriiich !V aller ttrau» deiae i» Au». mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntag« nachmittag» von -z-5 Uhr. — Telegramm Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher tt. Für nnvrrlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Uruck und Verlag Gebrüder Beuthner «Inh.: Paul Beuthner) in Aue. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in, Sau, monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich pfg. und wichentlich >o pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich >.5v Mk. — Durch den Briefträger frei in» kau» vierteljährlich z.-r Mk. — Einzelne Nummer to pfg. — Deutscher postzeitungs- kotalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens y'/, Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingehen. Znsertionspreis: Die siebengespaltene Aorpuszeile oder deren Raum >o pfg., Reklamen 25 pfg. Bei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Vies« rrrtinineV «infatzt 6 Keita« Das Wichtigste vom Lage. InMün ch e n wurde gestern der Kongreß des National vereins für das liberale Deutschland eröffnet. (S. Art. i. Hptbl.) * Die badische Regierung bealfichligt, die Elektrisierung des Eisenbahnbetriebes einzuführen. * Das Projekt für einen Kanal Elbe-Kiel ist jetzt ausge arbeitet. * In Paris sand am Sonnabend abend eine große sozialisti sche Protest versa ni ml ung gegen die Neise des Präsidenten nach Rußland statt. sS. pol. TgSsch.) * In Galizien sind infolge B l i tz s ch l a g e s s e ch s P c t r o l e u ur sch ächte ausgebrannt. Brennendes Rohöl ergoß sich in ein benachbartes Dors und äscherte drei Häuser ein. (S. N. a. a. Welt.) Auf -em Kriegspfave. Bon geschätzter Seite wird uns geschrieben: Die sächsische Mtttekstandsvereinigung, Firma Fritsch, Fahrenbach u. C o.z macht die größten Anstrengungen, die störrigen Wähler massen von der Güte des Hohenthalschen Wahlrechtsentwurfs zu überzeugen. Dabei nimmt sie den Mund regelmäßig voller, als ihrer Bedeutung entspricht; und wenn ihr dann die wohlver diente Zurückweisung zuteil wird, begehrt sie gewaltig auf und jammert über verwerflichen Terrorismus im sächsischen Wahl rechtskampfe. Grund zu solchem Klagelied gab ihm der Fre i- berger Anzeiger, der kürzlich mit schonungsloser Offenheit die Machenschaften auf der bekannten Dresdner Mittelstands versammlung im Februar d. I. enthüllte. Sicher wird das genannte konservative Organ den Mittelständlern eine Antwort geben, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt, denn die langatmige Gegenerklärung der Mittelstandsvereinigung redet mit großem Ungeschick um den Kern der Sache herum. Ihm bleibe daher auch die Abwehr der Herren Fritsch und Fahrenbach überlassen; uns aber sei es gestattet, dieMethode, die Kampfesweise der Mittelstandsvereinigung auf Grund des vorliegenden Materials näher zu beleuchten. Die Dresdner Versammlung endete, wie noch erinnerlich sein dürfte, mit der Annahme einer Resolution zugunsten des Hohenthalschen Entwurfs. Das war in hohem Grad« auffällig, da der Versammlung eine ganze Reihe Landtagsabgeordneter beiwohnten, die auf entgegengesetztem Standpunkte standen? Der Freiberger Anzeiger zeigt nun in jenem von der Mittel standsvereinigung inkrimiNiertcn Artikel, wie s gemacht wurde, damit eine einmütige Kundgebung zustande kam. Herr H. Ter Philanthrop. Erzählung von R. F. Baly. „We:> ist dieser Herr Manchmont?" fragte Lady Catlow den Lord Algie Strephon, der zwischen ihr und ihrer Tochter Angela die breiten Treppenstufen zum Ballsaale hinaufgestiegen war. „Ich habe den Namen noch nie gehört. Natürlich ein neu aufgetauhter Millionenmann?" Sie wies mit einer Kopf- bowegunz aus einen hochgewachsenen, breitschultrigen jungen Mann, der sich eben vor der Dame des Hauses verbeugte. „Was ich von ihm weiß," entgegnete der Attache, „ist nicht eben viel. Er ist in unfern Klub eingetreten. Severin und Quartford, zwei >inwandfreie Bürgen, wie Sie zugeben müssen, haben ihn eingefich't und uns zu verstehen gegeben, daß der Vorgeschlagene aus gunr Familie sei und von seinem Onkel, einem indischen Nabob, unerwartet ein großes Vermögen geerbt habe." „Warum nennt man ihn einen Philanthropen, ich hörte ihn vorhin so bezeichnen?" fragte Lady Angela und blickte mit sichtlicher Teil nahme auf den Gegenstand des Gesprächs. Der Mutter Herz erfüllte plötzlich eine bange Ahnung, und sie derer re ihre Neugier. Lady Angela war sehr lebhaft und barg in ihrem hübschen Köpfchen allerhand überspannte Ideen von Selbstbestimmung, Freiheit des Willens usw., die gelegent lich ihre Mutter schon zur Verzweiflung gebracht hatten. Dies war ihre zweite Ballsaison, und sie'hatte schon mehrere, höchst annehmbnre Heiratsanträge ausgeschlagen, darunter einen Her zog, weil sie di« Betreffenden nicht liebe, oder weil sie gehört habe, daß ihre Vergangenheit nicht tadellos sei. „Warum nennt man ihn «inen Philanthropen?" fragte also Lady Angela. „Es hat sich so herumgesprochen, daß er bei der Einrichtung seines Hauses in Grosvenor Gate geäußert, er wolle keine Dienerschaft nach üblichem Londoner Muster. Ich mag diese verwöhnte, über fütterte, diebische Gesellschaft nicht um mich haben, erklärt« er, während so viele Arm«, die «in b«ssere» Los verdient, aus Fritsch behandelte die Wahlrechtsfrage in der Weise, daß er ungefähr dreiviertel Stunde über berufs ständische Wah len sprach und dann mit einer kühnen Wendung den Regierungs entwurf als mittelstandssreundlich empfahl. Von den anwesen den Abgeordneten wollte nun im Namen der Konservativen der Abg. Andrä sprechen; von nationalliberaler Seite wollte der Abg. Langhammer entgegnen. Aber da wurde plötzlich beiden Herren von Herrn Fahrenbach bedeutet, die Abgeord neten seien lediglich zu ihrer Information eingeladen worden! Diese zarte Rüchicht der Mittel ständler frappierte natürlich außerordentlich, sintemal man aus dem Landtagswahlkampfe das. gerade Gegenteil gewöhnt war. Damals hat man sich nicht im geringsten gescheut, auf die Kandi daten einen starken Druck auszuüben, damit sie ihre Stellung zur Umsatzsteuer klipp und klar darlegten. Dieses damals be liebte Anfragesystem wurde in Dresden verabscheut. Uns allen begreiflich, sonst wäre ja auch das herrliche Konzept verdorben worden; denn die beiden Abgeordneten, die für sich das Wort er beten hatten, find Gegner des Regierungsentwurfs. Aber es kommt noch besser. Bei Eröffnung der Aussprache über die Ausführungen des Herrn Fritsch meldete der Leiter der Versammlung, daß bereits neun Herren das Wort erbeten hätten. Al» aber Debatteredner Nummer 3 aufgerufen wurde, entschlüpfte diesem die unbedachte Aeußerung: Ich habe mich doch gar nicht gemeldet! Nach kurzem Hin und Her zwischen ihm und den Führern der Vereinigung ließ er aber doch noch eine Rede vom Stapel, die natürlich in eine Zustimmung zu den Ausführungen Fritschs auslief. Und nun der dritte köstlichste, aber auch bezeichnendste Scherz: Der konservative Abg. Heymann, der etwas später als die andern Abgeordneten in jener Versammlung erschienen war und in folgedessen nicht an der Ehrentafel Platz fand, hatte sich unter di« übrigen Versammlungsteilnehmer gesetzt. Hier ist ihm — so schreibt der Freib. Anz. — mehrfach der Wunsch zu Ohren ge kommen, daß doch jemand gegen die Ausführungen Fritsches und die vorgeschlagene Resolution sprechen möchte! Die glänzende „Einmütigkeit" der Versammlung wird dadurch am deutlichst«« bewiesen. Wenn also das Freiberger Blatt bemerk, daß die für diese Wahlrechtspropaganda gewählten Formen den Verdacht er wecken müssen, als wenn nicht nur die große Menge der Mit glieder in einer geradezu unverantwortlichen Weise beeinflußt, sondern auch in Regierungskreisen irrige Vorstellungen über die Volksstimmung erweckt werden sollten, so hat es damit nur den Nagel auf Len Kops getroffen. Das Jammerlied der Mittelständler wendet sich aber nicht gegen die Darstellung des Sachverhalts — der ist also richtig gewesen! — sondern lediglich gegen die durchaus logische Schluß folgerung, wodurch „die persönliche Ehrenhaftigkeit der Mittel- standsfiihrer" verdächtigt werde. Wer aber das ganze Getriebe dieser Mittelstands—„komödie" in Dresden — dieses Wort ist im konservativen Lager geprägt worden — überschaut und durch denkt, wer dann gar die weitere „Kundgebung", die am 1. April in Chemnitz stattfand, damit vergleicht, der kann sich eben doch der Meinung nicht verschließen, daß man dort in Dresden mit falschen Mitteln den Anschein einer gewissen Stimmung erwecken wollte, die der Wirklichkeit nicht im geringsten entspricht. Der Berufung auf das einmütige Urteil der Delegierten der Mittel- Mangel an Arbeit Hungers sterben. Und er ist buchstäblich auf die Landstraße gegangen und hat sich aus den Bedrängten, die ec gefunden, einen Hausstab nach seinem Gefallen zusammen gesetzt." „Wie edel, wie wahrhaft edel!" rief Lady Angela be geistert aus. „Lord Algie, Sie sind mit Herrn Manchmont be kannt. Stellen Sie ihn uns vor." Als Lady Catlow eine halbe Stunde später ihre Tochter im Arme Ralph Manchmonts vorübertanzen sah, blickte sie dem Paare mit bekümmertem Herzen nach. „Das unselige Mädchen ist imstande, den Menschen, mir gerade zum Trotz, zu heiraten," sagte sie vor sich hin. „Er ist doch nur ein Emporkömmling. Und dem Herzog gibt sie einen Korb." Lady Catlow hatte wahr prophezeit. Am Ende der Saison erschien in der Zeitung fol gende Anzeige: Getraut am 2V. d. M. in der Eeorgskirche: Ralph, ältester Sohn des verstorbenen Stephan Manchmont, Esq., aus Glasgow mit Lady Angela, der jüngsten Tochter des Grafen und der Gräfin von Catlow. * * Es war ein halbes Jahr später. Ralph Manchmont und seine Gemahlin Lady Angela saßen am gedeckten Frühstückstisch. Nicht in der herkömmlichen ungeselligen Weise, an den Enden des langgestreckten Tischtuches, zwischen sich di« Teekanne, Blu menvasen und die ausgebreitete Zeitung, sondern dicht neben einander, so daß sich die Hände erreichen und oft ineinander legen konnten. Sie schienen noch immer in den Flitterwochen zu sein. Die Heirat war dem Paar« zum Glück ausgeschlagen. Lady Angela hatte den rechten Gefährten gefunden. Sie nahm vollen Anteil an den philanthropischen Unternehmungen und Plänen ihres Gatten und begleitete ihn auf seinen Wegen des Wohltuns. Nur einmal wöchentlich oder so ungefähr bestand er darauf, allein auszugehen, gvwöhnlich am Abend. „Nein, Lieb ling," pflegte er ihr sanft aber bestimmt auf ihre wiederholt« Bitte um Mitnahme zu erwidern, „diese Nachtspelunken find standsvereinigung endlich ist entgegenzuhälten: 450 Vertrauens männer und 33 Vorstandsleute der Vereinigung haben die Vor schläge des Vorstands in der Delegiertenversammlung laut An gabe jener Mittelstands-Korrespondenz gutgeheißen. Wenn man einer derartigen Kundgebung durchschlagende Kraft genug zutraut, dann läßt man ruhig die Gegner ihre Lungen erproben; denn man weiß, daß sie umsonst reden. Wenn man aber sorg lich jede Stimm« der Entgegnung ausschließt, dann ist man seiner Sache eben nicht sicher. Solche bängliche Gefühl« mögen die Mittelstandsführer beschlichen haben, als sich die Abgg. Andrä und Langhammer zum Worte meldeten, und da man die Stich haltigkeit der eignen Resolution offenbar doch nicht so hoch ein schätzte, wie man den Zeitgenossen immer glauben machen will, schnitt man ihnen eben von vornherein das Wort ab. Also nicht auf Seiten der politischen Parteien, sondern von der Mittel standsvereinigung wird Tetrorismus geübt! Der Aerger, daß die Mittelstandsretter durchschaut worden sind, hat jene flam mend« Kundgebung hervorgerufen; man wirft der konservativen Partei oder wenigstens — Vorsicht ist immer die Mutter der Weisheit — den Gewährsmännern des Freiberger Anzeiger» den Fehdehandschuh hin und gibt gleichzeitig seine Empfehlungs karte ab. Diese Art der Kriegsführung wird aber ebensowenig fruchten wie alle anderen bisher versuchten Mittel. Das Volk verlangt ein fortschrittliches Wahlrecht, es ver wirft alle ständischen Systeme; und'damit auch die Propaganda der Mittelstandsvereinigung für Wahlen nach BeruMLnden. vr. S. Prise -es «Wgs «ach »em Erzgebirge. Am letzten Sonnabend früh 7 Ahr -«gab sich d«r König vom Auersberge über Mittelfliigel und Zimmersacher nach Blauenthal, wo die Ankunft 81/, Uhr erfolgte. Zum Empfang hatten sich hier der Gemeinderat, die Schulkinder von Blauenthal und Wolfs grün, die Militärvereine von Blauenthal, Wolfsgrün und Um gegend, die Arbeiterschaft des Gutes, sowie der Tölleschen Holz schleiferei eingefunden. Nachdem Herr Amtshauptmann Dem- mering dem König« Herrn Kommerzienrat Tölle vorgestellt hatte, hielt Lieser eine Ansprache an den Monarchen. Sodann überreichte der S«chn des Herrn Kommerzienrats Tölle dem König einen Blumenstrauß und brachte ein Hoch auf die Prinzen und Prinzessinnen des König!. Hauses aus. Kurz nach S Uhr kam der König im Hofzug von Blauen thal in Bockau an, wo sich der Gemeindevorstand Herr Herrmann meldete. Nach der Vorstellung mehrerer Herren erfolgte die Begrüßung des Monarchen durch Herrn Oberbergrat Fischer aus Schneeberg. Der König begab sich sodann in das Blaufarbenwerk, wo Herr Direktor Dr. Hiller die Führung übernahm. Im Fabrikhof standen etwa 200 Arbeiter und Arbeiterinnen in Paradeauf stellung und begrüßten den König mit einem Glück auf! Lev- Haftes Interesse schenkte der Monarch dem Blaufarbenwerk und seinen Einrichtungen. Von Bockau aus begab sich der König nach Auerhammer und über Aue nach N i ed e rpfa n nen- kein passender Aufenthalt für eine Dame. Ich möchte dies« Abendversammlungen mit meinen Gamins nicht aufgeben, aber ich will dich nicht der Gefahr einer Beleidigung oder Schlimme rem aussetzen." Und Lady Angela mußte sich fügen. Was den viel besprochenen Hausstand anbelangt, so ging alles wie am Schnürchen. Welche Schulung die Dienerschaft für ihre verschie denartigen Pflichten gehabt oder nicht gehabt, so viel stand fest, daß sich jeder für das ihm zugewiesene Gebiet eignete, als sei er dafür geschaffen. Lady Angela hatte, als sie noch verlobt war, darauf bestanden, daß auch ihr Kammermädchen aus dem Kreise gewählt würde, dem die andern entstammten. „Mein guter Ralph wollte hier, wo es sich um meine persönliche Bedienung handelte, eine Ausnahme machen." Der gute Ralph war über Len Beweis des Vertrauens seiner Braut so entzückt, daß er ihrem Verlangen nachgegeben, und d«r Vertrag war mit den zärtlichsten Liebkosungen besiegelt worden. „Was gibt's neues, Schatz?" fragte Lday Angela den Gatten, der die Zeitung durchflog. „Nichts besonderes, Herzchen, so weit ich sehe. In Belgrave Square hat gestern abend wieder ein großer Einbruchsdiebstahl stattgefunden," fügte er gleich gültig hinzu. „Ein Einbruchsdiebstahl? Dabei fällt mir ein. Ralph, al» du gestern abend in deine Versammlung gegangen warst — meiner Meinung nach konntest du kaum das Haus ver lassen haben — wollte ich zufällig zu der kleinen Seitentür gehen, die nach der Arville-Straße führt, du weißt wohl, roelche ich meine?" — Ralph nickte. „Da traf ich mit einem sonderbar au»s«henden Menschen zusammen. Gr war ganz vermummt und stürzte in solcher Eile an mir vorbei zur Tür hinaus, daß er mich fast umgerannt hätte." „Großer Gott!" murmelte Ralph. Er sah ganz blaß und verstört au». Wie besorgt er für seine klein« Frau »ar! „Ich glaube nicht, daß mich der Mann sah," fuhr Lady Angela fort, „und ich war so erschrocken, daß ich nicht rufen konnte. Erst al» er die Tür zugemacht, klingelte ich Brakes, und er sagte mir, daß es nur ein Bote gewesen, den du gefchickk hättest, etwa» Verß-f^s zu holen. Ein merkwürdiger Bote,