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Freitag. 10. Februar 1»1i. Ilebi« 4000 »wio »üiliintn Nr 34 Sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge , >.ch« R-d-k'-u- mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. v"«, V g*».« FSr die Inserate verantwortlich; . "m.b^H M«lr»e Sprechstunde der Redaktion mit Aosnatzme der Sonntage nachmittag, von r Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt AueerzgeLirge. — Fernsprecher »S. Aue t. Lrzgeb. Seide in Aue I. Er,geb. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in» Hau» monatlich sc» Ofg. 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Dir R.ichtlagSkomw ssion sür die elsaß-lothringische VeriasiungSfrage beschloß mit 17 gegen 7 Glimmen Vie Erhebung der Reichalande »um selbst« ständigen Bundesstaat. Der Re t ch s ta 1 letzte am gcst.igen Doni rrnag die zweite Lesung d s G richlsversassun qeseyes fort. Der Bundesrat si'mmie gestern den vom Reichstag angenom menen Entwurf des Reich swertz u wasch sie u e r ge- setzes zu. Während der gestrigen Sitzung de» ungarischen Abge» ordnetenhauses ist der Abgeordnete Mayländer, Vertreter der Stadl Fium>>, an Herzlähmung plötz lich gestorben. Du SIadt Aleppo (Sy ien) ist niol >e eines sei« 25 Tagen a dauernden Scdneeialles von de. Nutz nwelt völlig abgeschnittkn. Di' en o r S ch a 1 u n a b a d n voi »»komm'n-n Peniälle beschränkte» sich aas zw 1 stellen 180 u d 370 Kilo- Miner von Tn' Nt ru ' n t s e r n t. All.deut'chen-ln- gtstelli> n 0er Scda> tung-Bergbauueielltchatt 1 lit d woh »auf. Deuts »lanv und Englano. Es ist ja unleugbar, daß in den Beziehungen zwischen Deutschland und England, zumal bei den offiziellen Stellen, eine Wendung zum Besseren eingetreten ist. Ebenso wenig aber kann in Abrede gestellt werden, daß eine wirklich tiefere Herzlichkeit nicht so recht aufkommen will und daß immer wieder Momente auftauchen, die ein gegenseitiges Mißtrauen Hervor rufen. Wenn auch nicht an den maßgebenden Stellen, so doch immerhin in der beiderseitigen Bevölkerung, die schließe lich den Ton angibt. Kaleidoskopartig wechseln daher auch die Bilder: Heute Liebenswürdigkeiten, «yorgen lscharfe Angriffe, .sobald irgend eine deutsche Maßnahme den Herren jenseits des Kanals nicht paßt. So sind dieser Tage hervorragende deut sche Geistliche vom König Georg empfangen worden^, wobei es an freundlichen Worten nicht gefehlt hat, und ebenso hat an ¬ läßlich der Anwesenheit der Geistlichen «in großes Meeting statt gefunden, auf dem herzliche Verbrüderungsworte gewechselt wur den. Nicht ganz im Einklang hiermit stehen die Erörterungen im Oberhause über di« deutsch-russische Verständigung. Aus der ganzen Art und Weise, wie die Angelegenheit vorge bracht wurde, ersieht man Neid und Mißtrauen, nicht gegenüber Nußland, wie vielmehr gegen Deut'chland. Auch aus der Ant wort, die vom Regicrungstische tus fiel, gewinnt man den Eindruck, als wenn das Ereignis den Herren doch nicht so ganz genehm -wäre, und daß man in der Dowingstreet eifrig darü ber wacht, daß gar nickst auch nur der geringste Teil der englischen Interessen irgendwie verletzt wird. Wie sehr di« deut'ch-russische Verständigung den Engländern an die Nieren geht, ersieht man auch aus dem kürzlich gemachten Vorschläge, daß die Türkei sich mit England und Frankreich ins Einvernehmen setzen möge, wobei sie weit besser fahren würde, als bei Deutschland. Nicht uninteressant ist es auch zu sehen, daß dasselbe Eng land, das so lebhaft Mr di« Abrüstung schwärmt und gegen über Deutschland den Vorwurf erhöbt, es wolle nicht mitmachen, daß dieses selbe England, das uns über unsere Wehrkraft zur See Vorschriften erteilen wollte, selber seine Flotten rüst ungen verstärkt. Den Evening News zufolge er reicht das englische Flottenbudget die bisher nie dagewesene Summe von 45 Millionen Pfund. Nicht weniger als sieben neue Dreadnoughts sollen gebaut und binnen wenigen Monaten auf Stapel gelegt werden, sodaß.Ee^l-nd im Jahre IvlI über nicht weniger als 31 Dreadnouhts verfügen könnte. Zu jenem Zeitpunkte hätten Deutschland 17, Oesterreich und Italien je 4 Dreadnoughts, sodäß der Dreibund zusammengenom men zur selben Zeit nur über 25 Dreadnoughts verfügen würde. Man soll uns von der Themse her nur noch einmal mit schönen Abrüstungsvorschlägen kommen und dann im Ablehnungsfälle Deutschland als Karnickel hinstellen wollen! Jedenfalls zeigt das englische Vorgehen, Laß man sich nicht stark genug glaubt, und allem Anscheine nach von der Entente mit Rußland und auch Frankreich sich nicht allzuviel verspricht. Bezeichnend ist es gerade im gegenwärtigen Moment, daß maßgebende französische Blätter, wie der Temps, nicht müde werden, auch die Entente mit England als ziemlich bedeutungslos für die französischen In teressen hinzustellen, nachdem man eben erklärte, daß der Nutzen des Zweibundes im Hinblick auf die ganze Stellungnahme Ruß lands recht problematisch geworden sei. So bröckelt eins nach dem andern ab, die Einkreisungsversuch«, p>ie sie Edu ard VII. anfänglich nicht ohne Erfolg versucht hatte, dürften in absehbarer Zeit nicht wiederkehren. Seine führende Stellung, die es eine Zeit lang besaß, hat England ersichtlich abgeben müs sen. Eine direkt führende Macht gilbt es augenblicklich kaum, und das ist an und Mr sich ganz gut, denn eine derartige Position verleitete leicht zu Ueberhebungen und jeder Druck erzeugt Ge gendruck. Andererseits steht außer Frage, daß Deutschland seit dem serbischen Konflikt sich doch ryieder mehr in den Vordev- grund der Weltpolitik schiebt und berufen erscheint, wieder die erste Geige im Konzert zu spielen, diesen voraussichtlichen GkM der Ereignisse wird England im Hinblick auf die gesamte Welt politik schwerlich zu hindern vermögen. Die Laien in der Berufungsinstanz. X In der Beratung des Eerichtsverfassungsgesetzes war man gestern im Reichstage beim 8 77 angelangt, der von grund legender prinzipieller Bedeutung ist. Denn es handelt sich um die Frage, ob und in welchem Umfang dqs Laienele ment auch in die Strafkammern eingeführt werden soll. Der konservative Redner Abg. Wagner, seines Zeichens auch Ju rist, wandte sich mit Entschiedenheit gegen die darauf abzielenden sowohl von der Linken als vom Zentrum kommenden Anträge. Ihm antwortete Herr Gröber vom Zentrum, der den gegentei» ligen Standpunkt vertrat, was «inen späteren Redner zu der nicht unrichtigen Bemerkung veranlaßte, daß in diesem Falle di« Juristen wie immer nicht einig seien. Auch der nationallibe rale Äbgeordnete Bassermann trat warm Mr die Ausdeh nung der Laienrichter ein, indem er auch darauf himvies, wie sich diese Einrichtung bereits bei den Gewerbegerichten und Handelskammersachen bewährt habe, feiner, daß ja auch bei den Schwurgerichten Laien tätig seien, so daß wenig erfindlich wäre, warum man sie nicht auch in der Berufungskammer verwenden könnte. Mit Entschiedenheit wandte sich dieser erfahrene Jurist gegen das projektierte Dreirichterkollegium, das er als die schlech teste Organisation bezeichnete. Nachdem noch Stadthagen und Müller-Meiningen sich.mehr oder minder scharf zu demselben Standpunkt bekannt hatten, erhob sich ziemlich umvirrifch Staats sekretär Lisc 0, indem er betonte, daß da» Schicksal de« gan« zcn Gesetzes von diesem Paragraphen abhänge. Fn der Be rufungsinstanz handle es sich um eine kritische Methode und hierbei müsse man die Laien fernchalten. Gewiß erkannte der Staatssekretär die Bewährung des Laienelements an, aber in der Berufungsinstanz handle es sich um eine kritische Methode und hierbei müsse man die Laien fernhalten. Gewiß erkannte der Staatssekretär die Bewährung des Laienelements an, aber in der Berufungsinstanz sei es unannehmbar für di« Regierung und es wäre bedauerlich, wenn wegen einer einzelnen Bestim mung die ganze Vorlage scheitern sollte. Nachdem noch di« Herren Vahrenhqrst von der Reichspartei und Graef (Wirtschaftliche Vereinigüng) sich im Sinne der Regierung ausgesprochen hat- Naturwissenschaftliche Rundschau. in. (Nachdruck > (Die Grundlagen der Lebenserschcinungen und Detailarben. —Zur Physio logie de» Klamerspiels. — 8500 Eindrücke pro Minute. — Schreibmaschine und Kraftoerbrauch. — Untersuchungen über den aufrechten Gang. — An passung oder Vererbung e — Das Obseroatiuin auf dem Monut Wil son. — Ein Riesenteleskop. — Neues vom Saturn. — Zwei oder drei Ringe?) Die Physiologie hat uns während der letzten Jahrzehnte durch zahlreiche Forschungen Aufklärung über die meisten Vor gänge unserer Lebenstätigkeit gebracht: sie hat die Atmung, die Ernährung, unsere Sinne und noch «ine ganze Anzahl weiterer, mit unserem Dasein eng zusammenhängender Erscheinungen und Vorgänge in den Bereich ihrer Untersuchungen gezogen. Nach dem sie so, wie man wohl sagen kann, die Grundlagen der Le benserscheinungen aufgeklärt hat, beginnt sie sich in immer stei. gendem Maße einer Art von Detailarbeit zuzuwenden, indem sie speziell« und nur von einzelnen ausgeübte Tätigkeiten heraus greift, um die bei ihnen sich abspielenden physiologischen Verhält. Nisse zu erforschen. Hierdurch wird uns «ine Reihe von inter essante«« Einblicken in so mancherlei Gebiete menschlichem Tuns verschafft, über dt« man sich bisher eigentlich wenig oder gar keine Gedanken «nachte. Dazu gehören z. B. d ie Beschäftigungen, Lei denen eine gewisse Fingerfertigkeit vonnöten ist, wie das Kla vierspielen und das Schreiben auf der Schreibmaschine. Wie von englischen Physiologen kürzlich festg«stellt wurde, stellt das Kia. vierspielen an die Tätigkeit des Gehirns größere Anforderungen, als man bisher gemeinhin anzunehmen geneigt war. Di« Sin- neseindrücke, di« dadurch im Gehirn ausgelöst werden, folgen sich in außerordentlich rascher Reihenfolge; mutz doch ein Spieler, der einigermaßen geläufig spielt, imstande sein, in der Minute nicht weniger als 1500 Noten zu lesen. Da» Notenlesen allein übermittelt also in dieser kurzen (Zett dem Gehirn 1500 Ein drücke. Um diese Noten zum Gehör zu bringen, müssen die Fin ger des Klavierspielers in derselben Zeit rund zweitausend Bewegungen machen; und da bekanntlich jede unserer Be wegungen gleichfalls durch die Tätigkeit des Gehirns ausgelqst wird, so sind hierzu natürlich wieder ebensoviele einzelne Gehirn funktionen nötig. Wer also Klavier spielt, dessen Gehirn hat pro Minute die stattliche Zahl von 3500 Einzelmomenten zu ver arbeiten — eine Tatsache, die die Nervosität so manches Mu sikers begreiflich macht! Ebenso wie mit dem Klavierspielen hat man sich neuerdings auch mit der Physiologie der Schreibmaschine näher befaßt, und es waren vor allem die beiden englischen Forscher Carpenter und Benedtkt, die feststellten, welcher Energieverbrauch Leim Schreiben auf der Schreibmaschine stattfindet. Die Versuche wurden in der bei solchen Energiemessungen üblichen Weise an gestellt: man setzte die Versuchsperson in ein allseitig geschlossenes Glasgehäuse, und dann wurde gemessen, wieviel sie bei ruhigem Lesen Sauerstoff verbrauchte, und um wieviel dieser Sauerstoff verbrauch beim Schreiben auf der Schreibmaschine zunahm. Eine mittelmäßige Schreiberin schreibt im allgemeinen in der Stunde 1500 bi« 1600 Morte; dies« Arbeitsleistung erfordert gegenüber dem ruhigen Lesen einen Mehrverbrauch von zehn bis dreizehn Gramm Sauerstoff und (was gleichfalls gemessen wurde) ein« Steigerung der Atmungstätigkeit, durch die zehn Lis vierzehn Gramm Kohlenstoff mehr oxydt«rt werden. Aber das alles ist eine so geringe Steigerung des Energieverbrauches, daß daraus irgendwelche Schlüsse auf schädliche Wirkungen des Maschinen schreibens nicht gezogen werden konnten. Im Gegenteil — mußt« das Tippeln als eine leichte und gesund«, mit nur geringen Erhöhungen des Energteumsatzes im Körper verbundene Arbeit bezeichnet werden. Mit einer sehr interessanten entwicklungsgeschichtlichen Frage haben sich Professor Dr. Eoldscheider und Dr. Gerhartz in Berlin beschäftigt, nämlich mit Untersuchungen über den auf rechten Gang de» Menschen: Welchen Einfluß hat diese Art de? Gehens auf die Entwicklung des menschlichen Körpers ausgeübt? Die Untersuchungen wurden «'n der Messe ausgeführt, daß man s einen Vierfüßler lange Zeit hindurch zwang, aufrecht zu gehen;, I denn nur auf diese Weise konnte das in Liologischer Hinsicht so bedeutsame Problem studiert werden, welche Veränderungen der aufrechte Gang gegenüber dem auf vier Füßen bewirkt. Gs wurde also ein Foxterrier dazu abgerichtet, auf den Hinterbeinen zu laufen, und volle vier Wochen lang mußte er täglich bis zu sieben Stunden in dieser Haltung spazieren gehen. Dann wurde er ge tötet und untersucht. An seinen verschiedenen Organen konnten die verschiedenartigsten Veränderungen feistgestellt werden» die aber in biologischer Hinsicht weniger wichtig sind, als die Ver- änderungen, die die Muskulatur erlitten 'hatte. Bei den Vierfüßlern, vor allem beim Hund, sind die Streckmuskeln ebenso schwer, wie die Beugemuskeln. Beim Menschen hingegen sind an den unteren Extremitäten die Streckmuskeln stärker als die Beugemuskeln. Bei dem zu den Versuchen benutzten Hund ergab sich das gleiche Verhältnis: auch bei ihm Übeywogen die Streck muskeln. Daraus folgt, daß der Mensch nicht durch die Eigen art seiner Muskulatur gezwungen worden ist, aufrecht zu gehen, sondern daß er sich aus anderen Gründen den aufrechten Gang angewöhnt hat, und daß sich dann seine Muskulatur dieser Art des Gehens anpaßte. Man muh danach die Entwicklung der menschlichen Muskulatur als einen Anpassungsvorgang ansehen. Das gleiche gilt für di« Gestaltung seiner Mirbelsäul«, die ihre eigenartige Biegung lediglich durch ein« zur Herstellung de« beim aufrechten Gang nötigen Gleichgewichtes vorgenommen« unwillkürliche Zurückbeugung des Oberkörpers erhalten hat. Im Gegensatz zur Gestaltung der Muskeln und d«r Wirbelsäule ist die des Brustkorbes, des Becken» und der Knochen der Extremi täten nicht durch Anpassung erworben worden. Hier scheint, wie sich aus Len Versuchen von Goldscheider und Gerhartz folgern läßt, wahrscheinlich reine Vererbung vorzuliegen, wenn man nicht gewisse Wachstumsgesetze annehmen will, di« sich mechanisch nicht erklären lassen. Die Veränderungen der inneren Organe hingegen beruhen wieder auf mechanischer Einwirkung, also auf Anpassung, und werden durch die gröberen Anstrengungen be dingt, die der aufrechte Gang an st«, besonder» an da» Herz