Volltext Seite (XML)
Lvmrerstag. SS. Februar 1« I i. uittk »oou ««>«« »«mtti «r 4S Sechster Aahrgar-. 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge o.-°n.w°- l.ch.. R.d^.u- mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. _ , vrock »nd Für die Inserate verantwortlich: 0N>cK- o^yekl-gr-St-II»»»» «'»»» Sprechstunde der Redaktion mit Nuenahme der Sonntage nachmittag» von q—» Uhr. — Telegramm-Ndreffe: Tageblatt Nueerzgebirge. — Fernsprecher »s. j Erzgeb. Seide IN ritt» I Er,geb. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich sn psa. e^ci der Geschäftsstelle abgeboltmonatlich qo psg. und wöchentlich iopfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich >.5o Mk., monatlich so pfg. — Durch den Briefträger srei ins Haus vierteljährlich Mk., monatlich S4 Psg. — Einzelne Nummer zo Pfg. — Deutscher Postzeitungskatalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden mk« Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Znscrtionsxreir: Die siebengest>altenc Korpuszeile oder deren Raum für Inserate ans Nuc und den Ortschaften de» Nmtshauptmannschaft Schwarzenberg >o psg., sonst >s Pfg. Reklamepetitzeile 2S Pfg. Bei größeren Abschlüssen ent sprechender Rabatt. Nnnahme von Anzeigen bis spätestens g'/e Uhr vormittags. Für klufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingehen Vies» NiMMk >»ka»i - tritt» Das Wichtigste vom Lage Nach in Dltbden etngcgangener Nachricht tstKöntgFliedrtch Auqust wohlbehalten in Kodok eingelroisen Der Reichstag erledigte am gestrigen Mittwoch den I u> stizeial in zweiler Lesung. Der Reich°anzeiger veröffenillckt eine B e k a n n t m a lp u > g llk>r die Beschränkungen der Ein- und Durchfuhr aus China. 11 der S ch i s f a li l l s i b ft a b en k o m m i l s i o n sp! ach sich am Mittwoch Äbg. Dr. Iunk sehr scharf gercn Einzel heiten der Vorlage aus » Dr Staiihaller von Elsah-Lothringen hielt eine bemerk ns veite Rede, in er eS als einen unschätzbaren V o r- teil nach innen und außen bezeichnete, daß das Land unter der fördernden Obhut eines mächtigen Staatsoberhauptes fuhr. G Die irische Partei beschloß, sich an den englischen K r ü- n u n g S i c i e r l i ch k e t i e „ nicht zu b e l e i l l g e n, den König aber bei «einer Reise nach Irland herzlich zu empfangen. Die Wahlvewegrmg. Cs gibt wohl kaum einen einzigen Wahlkreis, in dem nicht mindestens e i n Kandidat für die nächsten Reichstagswahlen bereits nominiert wäre. Und doch trennen uns noch Monate von der Entscheidung, möglicherweise finden die Wahlen sogar erst im Januar nächsten Jahres statt. Der noch zu erledigende Beratungs stoff für den jetzigen Reichstag ist so umfangreich, daß er bis zum Sommer kaum erledigt werden kann. Da sich außerdem darunter wichtige Gesetze befinden, mit deren Beratung man andernfalls in der nächsten Legislaturperiode noch einmal von -vorn anfangen müßte, so soll in Regierungskreisen die Absicht bestehen, eine Herbsttagung anzuberaumen und dann erst das Haus zu schließen. Ob freilich in diesem ^Abschnitte sehr viel Er- sprießli ches geleistet werden würde, ist eine andere Frage. So sehr das Bemühen der Regierung begreiflich ist, die wichtigsten Vorlagen noch zu erledigen, so läßt sich doch nicht in Abrede ! stellen, daß das Weiterhinausschieben der Wahlen derAgita - tion zugute kommt. Oder richtiger gesagt: den Wahlkampf noch intensiver zu gestalten geeignet ist. Die vielfach bereit» jetzt erfolgte Aufstellung von Kandidaten läßt manche interessante Schlüffe zu. Ein großer Teil altbewähr ter Parlamentarier wird wiederkehren ,aber manch anderen Ve teran, wie z. B. den greisen fortschrittlichen Führer Schrader wird man missen. Ebenso ist mancher bemerkenswerte Kandi daturen wechsel in einzelnen Wahlkreisen zu verzeichnen. So kandidiert beispielsweise der bekannte sozialdemokratische Rechts anwalt Wolfgang Heine nicht mehr in seinem sicheren Berliner Wahlkreis, sondern man hat ihn in Dessau nominieren lassen, das jetzt fortschrittlich vertreten ist und wo der Ausgang recht zweifel haft sein dürfte. Der nationalliberale Abgeordnete Weber wird auch in seinem bisherigen Wahlkreise nicht mehr kandidie ren, weil er dort nicht mehr als gemeinschaftlicher bürgerlicher Kandidat aufgestellt wird, sondern Konservative und Fortschritt ler selbständig vorgehen wollen, so daß man ihn anderweitig un- terbringen will. Das gleiche gilt von dem Führer der national liberalen Partei, Herrn Wassermann, der in seinem Wahl kreise aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gewählt werden würde, weshalb inan ihn in dem sicheren Saarbrücken auf den Schild erheben will. Diese Aufstellung dürfte Übrigens ein interessantes Nachspiel haben, weil man sie von fortschrittlicher Seite dazu be nutzen will, auf die Nationalliberalen zwecks eines gemeinsamen Zusammengehens einen Druck auszuüben. Man will nämlich Herrn Bassermann trotz seiner Fühlung mit der Linken einen fortschrittlichen Gegenkandidaten gegenüLerstellen, in der Hoff nung, durch dessen etwaige Zurückziehung ein gemeinsames Zu sammengehen in andern Wahlbezirken zu erzielen. Von der viel fach gewünschten großen liberalen Partei ist man demnach noch recht weit entfernt, und die in zahlreichen «Kreisen von beiden Seiten erfolgte Nominierung von Kandidaten läßt auf alles an dere als Einigung schließen. Freilich könnte in dieser Hinsicht im Laufe der nächsten Monate doch noch hie und da eine Aende- rung eintreten. Bemerkenswert für die ganze gegenwärtige Si tuation ist auch das Zusammengehen von Konservativen und Zentrum im -Wahlkreise des konservativen Führers von Heydebrand, wo bisher das Zentrum seit Jahrzehnten stets einen eigenen Kandidaten aufgestellt hat. Uebrigens glaubt man doch hier und da, daß die Aussichten des Herrn von Heydebrand, dem von nationalliberaler Seite «in im Kreise angesessener Landwirt gegenilbergsstellt wird, nicht ganz sichere seien, weshalb noch ein anderer Kreis, der sich im konservativen Besitzstände befindet, für ihn ausersehen sein soll. Menn jetzt schon allerorts so gearbeitet wird, wie soll es da erst im SpLtherb st werden, wenn der eigentliche Kampf beginnt! Ans dem Königreich Sachsen. Vorstandswahlen zum verband Sächsischer Industrieller« SS Bei den auf der Generalversammlung de» verband« Sächsischer Industrieller oorgenommenen Wahlen für den Vorstand wurden von den ausscheidenden Herren wtedergewählt die Herren: Landtagsabgeordneter Stadtral Alwin Baue r-Aue, Kom- merzic- rai Ernst Baumaärl l-Lengemeld, Konsul Dürfflb-CheMnitz, Paul Franke-August n-Le vzig, Georg Heyde-Dresden, Alfred Kahle- Werdau, Kommerzienrat Ernst Kirchner-Leipzig, Dr. Viktor Klink» Harbl-Leipzig, Stadtrat Robert Merkel-Mylau, Kommerzienrat Paul Pfund-Dresden und Freiberr Speck von Sternburg. Neu ein getreten in den Vorstand sind die Herren: Direktor Richard Bausch t. Fa. Gehe L Co., Aktien-Gen lbchatt, Dresden, Rudolf Marthaus i. Fa. Ambrosius Manhaus, Ochatz, Kommerzienrat Wiede i. Fa. Moritz Sml. Esche, Chemnitz u >d Gustav Petters, stellv Direktor der V reinigten ElbeschiffahrtSgrsellschasteu, A.-G., Dresden. > Erzgebirgische Zugochsenmärkte. Der Landwirtschaftliche Kreisverein im Erzgebirge hält, wie wir bereits mitteilten, in dieser Woche am heutigen Donners tag in Wolkensiein und Freitag, den 24. dieses Monats, in Scheibenberg die bereit» seit zehn Jahren bestehenden Erz- gcbirgischen Zugochsenmärkte ab, auf denen die Landwirte des oberen Erzgebirges «bisher in der Regel je 200 bis MV verkäuf liche Zugochsen aufgetrieben und zum Teil an Landwirt« und Viehhändler aus anderen Gegenden ibes deutsches Reiche»'zu gün stigen Preisen verkauft haben. Nachdem di« Maul- und Klauen seuche in allen den in Frage kommenden Bezirken erloschen ist, steht auch für dieses Jahr ein zahlreicher Auftrieb für di« Märkte in Aussicht, so daß die Käufer wieder reiche Auswahl vorfinden werden und ihren Bedarf an Zugochsen vollständig decken werden können. Die erzgebirgischen Zugochsen haben sich bisher in allen, Gegenden, in die sie geliefert wurden, aufs beste bewährt, zunächst als gute Zugtiere und dann als vorzügliche Mast- und Schlacht tiere, die dann auch von den Fleischern jederzeit gern gekauft wer- den. Die Märkte bieten somit eine günstige Gelegenheit, An gebot und Nachfrage zu vermitteln, sodaß der Besuch der Märkte von Jahr zu Jahr steigt. Die Güterverwaltungen des Bahnhofe» zu Wolkenstein und Echeiberg i. Sa. sind bisher stets fn der Lage gewesen, die zahlreich verkauften Tiere umgehend weiter zu be fördern. . Die allgemeine sächsisch« Mrgcrmeistervereinigung trat am Mittwoch im Stadtverordnetensitzungssaale zu Dresden zu einer Konferenz zusammen, über deren Beratungen, bezw. Be. schlüffe in den nächsten Tagen Mitteilungen erfolgen werden. Die Konferenz war von über 7V Mitgliedern besucht, die nach den Verhandlungen das neue Rathaus besichtigen und sich dann im Ratskeller zu gemeinsamem Mahle vereinigten. Leuchtende Zeichen. Novelle von Walter Kabel. (Nachdruck »erboten«) Ein wunderbar lauer Maiabend war's. Mr hatten die Fenster in Karlchens großem Wartezimmer weit offen gelaßen, saßen um den viereckigen Tisch unter den milden Strahlen der halbverhüllten Glühbirne und spielten Skat. Heinz Ehlert hatte wie immer ein geradezu anständiges Glück. Eben war von ihm abermals ein Grand mit drei Jungens, Schneider-Schwarz ein gebracht worden. „Wenn das so weitergeht," meinte er, Lehag. lich nach seinem Bierseidel langend, „dann kann ich morgen ei nem Manne zur höchsten irdischen Seligkeit verhelfen — mei nem Schuster, der nun schon ein ganze» Jahr auf di« Bezahlung der leider inzwischen längst aufgebrachten Lackschuhe wartet." Inzwischen hatte ich Karten gegeben. Aber das neue Spiel sollte nicht mehr zu End« geführt werden. Plötzlich trat Karlchen» Wirtin, eine behäbige Dame in den Fünfzigern, mit wunderbar grünlich-braun gefärbten Haaren, sehr eilig in» Zimmer und rief nicht ohne Schadenfreude (sie liebte die SkataLende wegen der überall umhergestreuten Ztgarrenasche nicht soitderlich): „Herr Doktor, unten steht der Wagen au» Blt-Fietz. Herr Gutsbesitzer Werner hat sich einen Nagel in den Fuß getreten. Da» ganze Bein ist schon geschwollen, sagt« der Kutscher." Unser gemein samer Freund Dr. Karl Msinkow, der erst vor einem halben Jahre seine Praxis hier in der äußersten Dorstadt der ostdeutschen Hanse stadt begonnen hatte, zögert« keinen Augenblick. Er nahm er mit seinem Berufe stet» sehr ernst. „Kinder, ihr entschuldigt mich. Ich muß fort," meinte er hastig und eilte schon in» Nebenzimmer, um di« nötigen Jnstru, mente und Medikamente zusammenzupacken. Heinz Ehlert schüt- telte bedauernd den «Kaps. .Mein armer FufchÄleidungskünstler tut lyir l«id. Dieser Nagel d«» Herrn Gutsbesitzer» Werner dürft« ihm um d«n angedeuteten selige« Augenblick der Bezahlung mei ner Rechnung bringen." Dann erhob er «sich .trank stehend sein Bier aus, holte sich Hut und Paletot aus dem Flur, schaute durch das Fenster nach der nächsten elektrischen Straßenbahn aus und stürmte schon davon, um den gerade vorbeikommenden Wagen nach der Stadt noch an der nächsten Haltestelle zu erwischen. Er rief mir nur noch zu: „Ich bekomme von euch im ganzen fünf Mark zwanzig." Das war ihm anscheinend die Hauptsache. Da trat auch schon Karlchen fix und fertig wieder ein. „Eigentlich könntest du mitkommen," meinte er zerstreut und steckte sich schnell eine frische Zigarre an. „Es ist ja erst zehn, und in zwei Stunden sind wir sicher wieder zurück. Der Vorschlag ließ sich hören. Der köstliche Abend lockte. Die Wkgenfahat in der Frühlingsluft durch die stillen Felder hatte fraglos ihre Reize. Al» unser bequemes, mit zwei Pferden bespanntes Ge fährt das holprige Pflaster der Vorstadtstrahen verließ und in di« von alten Linden umsäumte Chaussee einbog, schob ich mir wie befreit aufatmend den Hut aus der Stirn. „WlnderLarer Abend," sagte ich, indem ich damit zugleich Karlchen meine Freude über diesen unerwarteten Ausflug bekunden wollte. „Ich werde fünf zehn Mark für diesen Besuch liquidieren," meinte der prosaische Freund und fügte nach einer Weil« hinzu: „Ich vorigen Monat hab« ich fast fünfhundert Mark eingenommen. Di« Sach« macht sich." Da verzichtete ich auf ein« Fortsetzung de» Gespräch« ' Mir war die Poesie dieser Mainacht doch zu lieb, als daß ich sie durch meine trockn« Unterhaltung über da« leidig« Geldverdiener» entweiht Höhe. Mir führen jetzt auf einem kahlen Feldweg entlang. Dor uns tanzte d«r Lichtschein der Wagenlaternen über die staubige Straße dahin; um un» lagen die dunklen Saaten, und am Him mel stand die Sichel de» Neumondes, glänzten die unzähligen Sterne wie ebenso viele geheimnisvolle, ungelöste Rätsel. Kein Laut störte d«n Fried« diese» nächtlichen Bilde». Nur von fern drang da» Rollen eine» Etsenbahnzuges und da» heiser« Kläf fen einiger Dorfköter zu un« herüber. Dann blinkten einige Lichter auf. Di« schwarze« Umriss« von Gebäuden wurde« sich- Lar, die Räder ratterten über Steinpflaster hin, und der schläf rige Kutscher drehte sich zu uns um: „Wir sind gleich da, Herr Doktor." „Halten Sie an!" befahl ich dem Manne, einer schnel len Eingebung folgend. „Ich möchte aussteigen,' erklärte ich kurz. „Die Nacht ist zu schön, Ich gehe hier auf und ab. Di« Zeit wird mir schon nicht lang werden." Ich war den LMg, den jwir gekommen, ein ganzes Stück zurückgewandert. Meine Augen hatten sich schnell an die Dun kelheit gewöhnt. Auf einem Hügel, von dem man die Landschaft weithin überblicken konnte, blieb ich stechen. Ich wußte, etwa einen Kilometer vor mir lag der See. Und bisweilen vernahm ich von dorther auch ein leises Rauschen, als ob der Wind durch die Baumgipfel streicht. Dann blitzte« in jener Richtung mit ei nem Mal« Helle Lichtkegel auf, irrten in gespenstischer Helle durch die Nacht und verschwanden ebenso wieder. Kein Zweifel — dort draußen in der Bucht manöverierten Kriegsschiffe, von deren Scheinwerfern jene weißen Lichlstreifen herrührten. Aufmerk sam starrte ich in dis Dämmerung hinein. Ich wartete auf eine Wiederholung des lautlosen Spiels der hin- und hersuchenden Scheinwerfer. Aber ich wartete umsonst. Und da, während ich so angestrengt von meinem hohen Standorte nach dem Meere hinblickte, bemerke ich etwas andere», das mir unwillkürlich auf fällt und bald mein« ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Ein rötlich-gelber Lichtschein ist'», der stet» an derselben Stelle in unregelmäßigen Zwischenräumen erscheint, verschwindet, wie- der auftaucht und erlischt. Gerade dieses unregelmäßige Auf blitzen gibt mir zu denken. Schon minutenlang beobachte ich die seltsame Lichtquelle, die so beharrlich in Pausen ihre Strahlen in die Dunkelheit htnausschickt. Ich schätze die Erntfernung ab. Es mögen vtelleicht VV0 Meter bis zu jenem Orte sein, wo da« Licht immer wieder sichtbar wtrh. Demnach muß die Stell« ziem lich dicht am Seestrande zu suchen sein. Abed dort befindet sich doch, soweit ich weiß, nitgendB eine menschlich« Behausung. Das merkwürdige Licht wtrd mir immer interessanter. Roch immer blinkt e» da vor mir auf, erlischt, «scheint wilder. Fast