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Rr. S>. Sechster Jahrgang. mtt der wdchenüichen Unterhaltungsbeilage: Äuer Sonntagsblatt. vstst Ni»»er » rett» lllttk 0Ü0V «ZLWII ßttinit» - Im neuen iranzüsischen Kabinett Moni» haben Berteaux da» Krieg-Ministerium und Del« casse da« M arin-em i ni st erium angenommen. Für heute wird in B.lgrad die Rü ckke h r d e» d e u l s ch en Gesandten erwartet. Damit dürfte der Zwischen« fall eiidglltlig betgeltgt sein. Der deut sch «FrachtdampferMargarete von Grtmeby «ich Lahborg unterweg», ist in der Nordsee mit 18 Mann Besatzung untergegangen. ganz wesentlich an Terrain verloren haben. Schlimm ist es in »Oesterreich. Prag war bi» 1836 «in« säst ganz deutsche Stadt, jetzt nehmen sie di« Tschechen in Anspruch. Auch in den sonstigen gemischtsprachigen Bezirken der Donaumonarchie wird von den Deutschen «in, Etappe nach der anderen etngebüßt, und speziell in Böhmen geht «p schn«ll rückwLrt». In Umgarn ist e» ähnlich. In Budapest, wo, wie in Prag, früher dis deutsche Sprache vor« herrscht«, hört man j«tzt vorzugsweise Ungarisch. Di« Ungarn bedrängen namentlich die Deutschen, wo fie können, und in Sie» benbürgen führt man «inen ziemlich au»stcht»losen Kampf um die Sprach«. In Rumänien, wo einst di« deutsche Bewegung sich gutentwickelte, in der Schweiz, in Belgien find Rückschritt« zu verzeichnen. Also überall in Europa keine Aufrechterhaltung der deutschen Eigenart, überall «ine Anpassung an fremde Natio nalitäten unter Ausgabe der eigenen Individualität. In nicht europäischen Ländern ist die» alles wohl noch in verstärktem Matze der Fall; jedenfalls find zum Beispiel die Deutschamerika ner, wenn fie sich auch gern der Heimat erinnern und -um Teil auch zusammenlhalten, in Sitten und Gebräuchen gut amerikanisch geworden, und ihr« deutsche Sprach« verlernen fie in den meisten Fällen. Man fragt sich nun natürlich, wie es kommt, datz di« all« sich gewissermaßen traditionell vollzieht. Manch« geben der Regierung Schuld, di« da» Ansehen der Kinder ihr« Lande» im Ausland« mehr heben sollte. Gewiß mag man in einzelnen Fällen mehr Energi« gewünscht haben. AVer « kann andererseits doch unmöglich Sach« der deutschen Regierung sein, dafür zu sorgen, daß di« ausländischen Deutschen nicht in ande- r«n Nationalitäten ausgehen. Nur in Streitfällen, bei Hilf«, leistungen ufw. kann di« Regierung Vorstellungen erheben Und mehr oder weniger Energi« entwickeln. Wenn daher auch zuge geben werden mag, datz ein tatkräftig« Auftreten unserer Regte- rung dop Ansehen auch der Ausländsdeutschen -u stärken ver- mag, so hat di«» doch im allgemeinen nicht» mtt dem langsamen Prozeß -u tun, d«n di« Aussaugung de« deutschen Element» durch fremde darstellt. Bereit» Bismarck führte hierüber Klage, und man wird wohl nicht sagen können, datz dieser Donnerer in der auswärtigen Politik« an Nachdruck fehlen ließ. Man mutz also die Gründe anderswo suchen, und wenn man weit in der Ge- schichte zurückgeht, so findet man, wie der Dresdener Anzeiger schreibt, daß DeutWand im Dreißig jährigen Krieg« Wunden geschlagen wurden, die auch jetzt noch thr«Nach» Ein Armeebefehl der britischen Hrere-lettung ordnet die Bildung eine« Luftschifferbatatl» lon» mit einer Frieden »stärk» von ISO Mann an. ^'»»antwoetüchei Redakteur feit, Aenbolck §ür die Inserat« verantwortlich! ollalree Uran». Seide in Aue i. Lrzgeb. Der Rückgang des Deutschtums im Auslands. Mit Bedauern -muß festgestellt werden, datz da» Deutschtum außerhalb der schwarz-weitz-roten Grenzpfähle fast überall zu- rückgedviingt wird. Blicken wir nach Rußland, so ist nicht zu leugnen, daß die Russifizierungaversuche immer weiter vom Glück begünstigt find. Inden Ostseeprov inzen geht es sicher nicht vorwärts mit den Deutschen, die an der Wolga und in Wolhynien Das Wichtigst, vom Lage. Die Leipziger Stadtverordneten beschlossen mit 88 gegen 81 Stimmen die Einführung der Kommunalen Btersteuer. Bon offiziöser Seit« werden die Gerüchte, wonach der' Urlaub de« Grafen Aehrenthal al» Borbot« seiner Demission betrachtet werden könne, al» un sinnige» Gerede bezeichnet. swehen haben. Damals, al» da» ganze deutsche webtet mit namenlosem Unheil erfüllt wurde, teilten sich die anderen Natio nen in di« Welt, wurden reich und trugen den Kopf hoch So ge- rieten wir arg in» Hintertreffen und blickten mit Bewunderung auf das Ausland. Die folgenden Jahrhundert« waren dann mit ihrer Kleinstaaterei und der gegenseitigen BefeAmng der Stämme unter sich auch absolut nicht geeignet, einheitliche Begriff« von der Macht de« deutschen Volke» aufkommen zu lassen, und seit der Gründung und der Machtentfaltung d« neuen Reiche» alp Einheitsstaat ist zu kurze Zeit verflossen, um Gewohnheiten und Uebel, die seit Jahrhunderten «ingenistet find, abzulegen. Ul» deutsche Reichsbürger find wir allerdings noch Emporkömmlinge gegenüber Engländern, Franzosen usw., aber hinsichtlich unserer Leistungen aus kulturellem Gebiete werden wir sicher von keinem Bolle übertroffen. Da» bedarf erst keiner Be lege. Man sieht, daß der Macht-egriff eine» Bolle» nicht mit dtssen Kultuywert identisch ist. Ginge es nach dem letzteren, so müßten wir di« Vorbilder abgeben. Dabei, ist der Deutsche im Au»land« anerkannt tüchtig, hervorragend al» Kraft und hin sichtlich seiner Zuverlässigkeit geschätzt, nur ist «» dem Ausländer im allgemeinen zur Gewohnheit geworden, sich selbst hinsichtlich seiner Umgangsformen und sonstigen Gepflogenheiten einfach höher «inzuschätzen, und der Deutsch« im allgemeinen bewundert da» Ausländische. ' Die» Gefühl fitzt tief im Deutschen verborgen, und wir sehe« täglich in der Grotzstadt, datz nicht nur di» Anpreisungen der Ge schäfte da» Deutsch« vielfach meide«, sondern daß auch -mr Bei- spiel englische Kleidung, Gebräuche und Sitten bet und ausgenom men werden. Der Fist o'lock — eigentlich 'eine scheußliche Ein richtung, die den Nachmittag «rbarmungilo« zerreißt oder ver nichtet — findet Ligeistrrt« Nachahmer, der Smoking beherrscht die Mod«, und von sonstigen Dingen gar nicht zu reden. Dabei müssen wir offen gestehen, daß manche» praktisch ist und gesund. Wir senden dem Ausland« unsere Bier« usw., aber unser« Ge wohnheiten bürgern sich dort nicht ein. Mit dies«« Klagen kann man natürlich nicht» ändern. Di« älter« gesellschast- ltcheKulturder anderen Völker, die im allgemeinen in die ser Hinsicht traditionell viel Geschmack entwickeln, wird wohl noch lange den Vorrang behaupten, und leider ist die» auch der wirk- liche Grund, weshalb wir im Auslande so schnell da» Deutsche ab- streifen. Die Hilfe kann nur vom deutschen Dolle selber kommen, da» sich hoffentlich immer mHy al» solche» fühlen wird! Geschichtliches zur Rockhose. <N»<Sdru<k undoikn.) Natürlich ist alle» schon dagewesen, auch di« Rockhose, di« neueste Neuheit auf dem Gebiete der Damentotlette, und selbst die Empörung über diese Ungeheuerlichkeit der Mode ist nicht neu. G» haben auch schon früher Kämpf« stattgofunden über die Frag«, wa» sittlicher sei: di« Frauenhose oder der Frauenrock, und die Frag« wurde damal» etwa um 1870 in Frankreich — zu gunsten der Frauenhose entschieden, und -war von einem Geist lichen, einem ALb6 Fröre». Uebrigen» dürft« man entschieden Unrecht haben mit der Annahme, datz dqs den Unterkörper um- schlietzende Kleidungsstück, das dem heutigen Frauenrock gleich- kommt, von Anbeginn an nur dem weiblichen Geschlecht ange hörte. Wenn man fich nämlich vergegenwärtigt, daß die ersten Kleidungsstücke der Menschen dadurch entstanden, doch diese sich Tierfelle um di« Hüften banden und um di« Schultern hängten, ergibt fich daraus, datz ursprünglich Mann und Weib ähnliche Be kleidung trugen. Dann aber hat wohl da» männliche Geschlecht, da di« da» herrschende war, gegenüber dem abhängigen, in Ella- venstellung gehaltenen weiblichen da, Vorrecht für sich in An. spruch genommen, eine komplizierter«, allo kostbare« Kleidung zu tragen. Und also mögen di« Männer darauf gekommen sein, jede« Vein mit einer besonderen Hüll« zu bekleiden. Später, al» die Meldung nicht nur al» «in« Umhüllung gegen die Unbilden der Witterung angesehen wurde, sondern auch al» Schmuck diente, trat da, ««Mich« Geschlecht natürlich mehr und mchr in Wett, bewerb mit den Männern, und «vir finden da bet verschiedenen Völkern de» Altertum» bereit» di« Frauenhose. So trugen im Orient in den ältesten Zetten Frauen bauschig« Hosen, d. h. -an- wette Pumphosen, di« rockarttg fielen, ab«r jede» Vein un- ten fest umschlossen. Daß aber auch di« eigentlich« richtig« Frauen- Hof« im Altertum bereit» bekannt «ar, zeigt un» die Ab bildung «ine« au, dem dritten Jahrhundert v. Ehr. stammen- den ägyptischen Traten, der fich in dem Dictionair» de» Anti- quttö» Grecque» et Romaine» (Part» 1896) findet. Dieser Tra- ter — «in Trat» «ar «in Mtschgefäß, da, etwa der Karaffe de» modernen Hausstände» gleichkam, — zeigt un, Akrobatinnen d« Altertum», di« regelrecht« Hosen tragen, oben von einem Gür- tel iekaebalten und üb« dem Knöchel zugeschnürt. G» liegt auf > L de, Kleidungsstück»» durch di« Druck and Vota» äme tzmch- «. veettge-oeeeMchek» m. b. H. Sprrchsiund« d« R-daktiov mit Ku»nahm« d« Sonntag« nachmittag» von » Uhr. — Telegrmmn-Rdrrffr i Tagrblatt Roerrzgrbtrg«. — Lemßwch« »5. tn kW» t. Lrzged. Für unverlangt «ing«sandt» Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. 8 ezng»prei»l Durch unsere 8oten frei in» kau» monatlich »o 0fg. Liei der Geschäft-stell« abgeholt monatlich ßo pfg. und wöchentlich ,o Pfg. — 8et der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich Mk., monatlich so pfg. — Durch den 8riefträger frei in» Hau» vierteljährlich i.gr Mk» monatlich «« pfg. - Einzeln« Nummer <o Pfg. — Deutsch« Postzeitungskatalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit kiu»nahme von Sonn- und Leiertagen. 2nsertion»prei,: Die stebengest>alten« Uorpurzeije oder deren Raum für Inserate au, Rue und dm «Ortschaften de» Rmtihauptmannschast Schwarzenberg ,o pfg., sonst <L pfg. Reklamwefttzeile r» pfg. 8«t aräßeren Abschlüssen mt- brechender Rabatt. Annahme von Rnzetgm bi» stätestm, Uhr vormittag»- Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wmn fie am Tage vorher bei un» »tngehen. Bequemli<Peit bedingt war. Die wentg bauschig« Hose,-die jed« Bewegung der Akrobatin eher ermöglicht«, al» die sonstige FrauenbÄleidung de» Altertums, vertritt dort di« Roll« de» Trikot» der Akrobatinnen der Neuzeit. Au» dem frühen Mittelalter haben wir zwar kein« bild, lichen Beweis«, datz auch da» weibliche Geschlecht sich der Hose bediente, aber immerhin sprechen zahlretche Anzeichen dafür. Wir hören au» Legenden und Sagen, datz manch« Frauen auf gro- ßen Wanderfahrten, Kreuzzügen und alleren zu frommen Zwek« ken «»»genommenen Fahrten fich der männlichen Kleidung be- dienten, und von verschiedenen derartchen Personen heißt e», daß fie für Männer gehalten wurden. Im fünfzehnten und sech zehnten Jahrhundert mehrten fich dann die Belege für di« Hose beim weiblichen Geschlecht. Auf einem Kupferstich des Luka» von Leyden (1494—1533) findet sich «in^ Frauengestalt, die unter ihrem Rock lange Hosen, die «nt«n umgeschlagen sind, sehen läßt. Ob diese. Bild, da» den Eulenspiegel mit Frau und Kin dern al» umherziehenden Jahrmarktqwanderer darstellt, al» ein Z«ugni» für di« Frauenhose ab» allgemein« Tracht angesehen wer den darf, ist freilich recht zweifelhaft. Gerade di« umgeschlagenen Enden der Hol« sollen vielleicht erkennen lassen, datz di« Kose nicht ursprünglich kür diese Frau bestimmt war und daß fie fie al» Notbvheff gewählt hat. Oder aber, daß di« Gattin dies«, Eulenspiegel, der al» Dudelsackpfeifer dargestellt ist, fich auch in akrobatischen Künsten hatte sehen lassen und zu diesem Zweck un- t«r d«r schnell abgeworsmm Fraumkttidung di« Hosen trug. Au» anderen »«legen, di« au» derselben Zeit «twa stammen, hören wir noch de» öfteren von Frauenhofen. So kann man au» dem Tagebuch« Albrecht Dürer» au» dem Jahr« 1820 «ntneh. men, daß sein« Frau fich Kniehosen anlegt«. Von nun an er schien die Frauenhose immer zu einer Zeit, wo entweder di« Sitten eine« volle» locker geworden waren, oder wo di» Gleich- heittbestrebungen der Frauen besonder» stark betont wurden. Da» erster« war der Fall vor der großen französischen Revolution und zur Zett de» zweiten Kaiserreich», da« ander« — di, Gmanzi- patiönffbestrebungm der Frauenwelt letzten besonder» stark in dm dreißiger Jahren de» vorigen Jahrhundert» in Frankreich «in und haben in unseren Llygm einen Grad «rreicht, wie nie zuvor. Vor der französischen Revokation, nach 1770 etwa, gingen zahlreich« Frauen in Frankreich, bi» in di« höchsten Kreise hin- Dowerstag. S 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge «in, sowohl zu Redouten, aber auch bet anderen Gelegenheiten, in Häsen. Hochgestellte Frauen -mutzten fie —j auch in Deutsch land in einzelnen Fällen, so ein« Frau von Schlaberndorf — al» Reisekleidung. Bis in die Zeiten Napoleon» konnte man Frauen in Hosen bei verschiedenen Anlässen sehen. Al» unter dem Mr- gerkönig die Sitten wtürer einfacher wurden, wurde di« Frauen hos« wieder verpönt, aber fi« kam al» Gmanzipationskleidung, wie erwähnt, wieder in Aufnahme. Die berühmt« Madame Dud««ant legte wohl al» erst« mit dem männlichen Namm George Sand, den fie al» Schriftstellerin führte, auch männ liche Kleidung an. Abe, wohl gemerkt, während jme Frauen nur eben HosM trugen und in ihrer sonstigen Kleidung von d«r Koketterie der weiblichen Kleidung und deren Toilettenkünsten nicht abliehen, trug fich di« Sand ganz wie ein Mann, und -war, wie st« «» vorgab, nicht «twa aus EmanztpationsgelPten, um es dem männlichen Geschlecht nachzutun, sondern um zu ihren dich terischen Werken im obskuren Paris besser und ungKSrter ihr« Studien machen zu können. Es liegt also bei der George Sand «in Fall vor, wie er vereinzelt schon oftmals vordem dagewesm ist, daß Frauen, um ihren Lebenszweck Lesstr erfüllen und un bemerkt unter Männern oerkehrm zu können, Männerkleidung trugen. Die» kam so ost vor, daß in vielen Ländern — und da» bi» in unsere Tage hinein — sogar gesetzliche Verbote be stehen, daß Frauen Männerkleider tragen, freilich ebenso wie «» den Männern verboten ist, in Weiberröcken «inherzugehen. In England wird es al» Bettug bestraft, in Deutschland ab» grober Unfug. Früher standen ost schwer« Strafen darauf, die schwerst« vtelleM in Island, wo sich «in Mann ohne weitere» von seiner Gattin scheiden lassm durste, «m« fie Männerkleider angelegt hatte. Salbst in dem Prozeß, dm man der tapferen Jungfrau von Orleans macht«, spielte ihm männlich« Meldung «in« Rolle. Alle dies« Strafen hielten ab« natürlich Frauen nicht ab, gegebenenfalls männliche Kleidung anzuzi«h«n. In zahlreichen Kriegen haben Frauen in Männerkleidung un erkannt neben Männern gekämpft. Di« Heldmjungfrauen, die da» in den deutschen yreiheitokriegm taten, wachen später, al» man ihr Geschlecht erkannt«, nicht nur nicht bestraft, sondern wegen ihre, Heldenmut«, gestiert. Gin besonder» m«rkwürdig«r j Fall mich in Friedrich Bülau» Geheimen Geschichten mitgeteirt. Matzimiltane Leithorst, Ifö h«tßt «» dort, war ein« ' natürlich« Tochter de» Kurfürsten Max Emanuel von Bayern . - . 's