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Monrag. S7. März 1»11. Ilidir 4000 ronoi Istmitn Nr. 7t. Sechster Jahrgang. 6uer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Äuer Sonntagsblatt. . Spr»chpande der Redaktion mit Au,nahm« d« Smmtag» nachmittag» von » Uhr. — Lrlegramm-Ndrrffe! Tageblatt Nneerzgebirge. — Fmchrrrcher »5. tu A», i. Für U7w erlangt ring «sandte Ukannskript» kann Gewähr nicht geleistet werden. seit« Uendolck. Für die Inserat» verantwortlich: Malter Uran». Leide in Au« i. Lrzgeb. Sezuarpreie: Durch unsere Boten frei in, Hau, monatlich »o 0fg. Bei der Geschäftsstelle abgebolt monatlich »0 pfg. und wöchentlich io pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich l »o Mk., monatlich »o pfg. — Durch den Briefträger fre, ins Haus vierteljährlich ,.zr Mk., monatlich pfg. — Einzelne Nummer 10 pfg. — Deutsch« Postzeitungrkatalog. — Erscheint täglich in den Mtttagrstunden, mü Auinahme von Sonn- und Feiertagen. Insertion,prei,: vir fiebengeh-altene Aorpo,zeile oder deren Raum für Inserat« au, Nu« und den Drtschafte« d« ÄmtshmPtmarmschast Schwarzenberg lo pfg., sonst <5 Pfg. Reklamepetitzeile rs Pfg. Bei grästeren Abschlüssen ent- ^rechender Rabatt. Annahme von Anzeigen bis spätestens g'/> Uhr vormittag,. Für Aufnahme von aräßereu Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tag« vorher bet un» eingehen. Niel' st»»»« «küßt t »eilt. Lao Wichttgft» vom Luge Die R > g i e r u n g »tr t s e tn Rußland ist beenvet. Stolypin bl«lbt und die Retchsrat-mitglieber Dur- nowo und Trepow wurden bi» zum I. Ia » ua, 1912 beurlaubt. Wi» da» Gouvernement Kia ltsckau au» Tsingtau meldet, nehmen die Pestfälle in der Mandschurei stettg ab. Das oeuische Schutzgebiet Kiautschau ist pestfrri. ch Präsident Falliäre» unterzeichnete da» Dekret zur Durchführung de» Gesetze» über die Älter». Versicherung für die industriellen und ländlichen Arbeiter. O Die endgültige Bildung de» italienischen Mini- sterium» durchGiolitti steht unmittelbar be- ner (Z. vo> Tg'ich. u. Tel.) ch Nlch ' n r n u e PekII .. mild Ed::., die : s I I r, e F a I de rung en r ück ü a l ts lo s a n e r ke n 'I e n vol. T.eick u. Tel.) ch v i ä > i d e « i Tost hat dem Gouverneur von Kal formen em Botkchasi gesandi, die weitere aeietzaebert'che Maßnahmenge,. e> dieJavanerverbindern soll. ch Beim Bra» de tnerZellutoidfabrik ii Neuyork kamen über 150 Personen um» Leben. (S. N a. a. Welt u. Tel.) Die Erholungsreise Kaiser Wilhelms. Kaiser Wilhelm hat mit sein« Familie die Reife nach Korfu angetreten, um sich dort einige Wochen in der herrlichen Luft des Südens von den Strapazen de» Winter» zu erholen. Ob wohl es sich also um einen reinprivaten Zweck handelt, geht es auch bei dieser Reise nicht ganz ohn « Politik ab, und schon der Besuch inWien, trotzdem er angeblich familiären Charakter trug, war gleichwohl nicht ganz ohne politischen Beigeschmack. Niemand wäre es wett« aufgefallen. zoenn da» sKatserpaar durch Wien glatt Hindurchgefachren wäre, zumal man ja auch «in« an der« Route hätte wählen können. Wenn trotzdem der Kaiser die Reis« auf «inen Tag unterbrochen hatt«, so war e» eine be sondere Aufmerksamkeit, die er feinem greisen Verbündeten er weisen und durch di« « «rneut bezeugen wollt«, wie intim da» Verhältnis beider Länder ist. Auch der Umstand, daß der Thronfolger, Erzherzog Fran- Ferdinand, sei nen Erholungsaufenthalt in Brioni unterbrach und eigen» zur Begrüßung de» deutschen Kaiser» nach Wien geeilt war, zeigt, daß dieser Besuch mehr als ein Höflichkeitsakt war. Di« Bedeutung de» Wiener Aufenthaltes tritt noch m«chr hervor im Hinblick auf da» Unterbleiben ein« Begegnung mit König ViktorE Manuel in Venedig. Bon einer Trübung der Be ziehungen zwischen Deutschland und Italien kann ja keine Rede sein, und man kennt ja auch di« Gründe, aus denen der König von Italien mit dem deutschen Kaiser nicht zusammentrifft. Immer hin wär« «in« Begegnung doch al« «tn sympathische» Moment allenthalben aufgefallen, und eine Zusammenkunft hätte sich wohl ermöglichen lassen, und beschadet de» von Italien ausge stellten Grundsatzes, daß Viktor Emanuel im Jubiläumsjahre Monarchenbesuche nur in Rom entgegennehmen würde. Es hätte sich ja um keinen offiziellen Besuch Kaiser Wilhelms gehandelt, und es hätte kaum jemand etwa» darin gefunden, wenn Viktor Emanuel inoffiziell seinem Verbündeten freundlichst in Ve nedig di« Hand gedrückt hätte. Hat doch Kaiser Wilhelm II. mehrfach und auch offiziell Italien besucht, ohne da» inzwischen «in Leg« nb« such des König» von Italien in Deutschland er folgt wärel Ueberdie» entsendet ja Kaiser Wilhelm den Thronerben in offizieller Mission nach Rom, um dort die Glückwünsche Deutschlands anläßlich der italienischen Jubelfeier zu übermitteln. In Korfu selbst wird die Politik auch nicht ganz schwei gen. Ein großer Stab von Beamten ist dort installiert, da der Kaiser es nicht liebt, in d«n Staatsgeschäften «in« Unterbrechung eintreten zu lassen. Auf der Insel wird der Kaiser Gelegenheit haben, mit König Georg von Griechenland eingehend Aussprache über di« Dinge auf dem Balkan zu haben, wenn vielleicht auch irgend wehche wichtigen Entscheidungen bei di«s« Gelegenheit kaum getroffen werden dürften. Auf Korfu erfolgt auch nach mehrmonatlichem Fernsein das erste Wiederzusammen- treffen zwischen dem Kaiser und seinem Erstgeborenen, der ihm über di« Erfahrungen auf seiner Zndienfahrt eingehend Bericht erstatten wird. In einer Unterredung hat d« Kronprinz sslbst geüußerst, welch tiefen Eindruck die Reisebeobachtungen auf ihn gemacht undMe er im Verkehr mit Land und Leuten -ar Diele», für ihn Nützliche», kennen gelernt habe, fern«, daß «« verfehlt sei, zu glauben, daß er sich auf dieser Reise tn der Haupt sache dem Vergnügen und dem Sport hingegÄen -Nb«. Di« tn Indien gemachten Erfahrungen werden dem Kronprinzen sicher- ltch für seinen Beruf von größtem Werte bleiben. Bon Korfu be gibt sich der Kronprinz bekanntlich nach Rom, um -um ersten Mal« dort al» Vertreter de» deutschen Kaiser» zu erschei nen. Der Monarch selbst verbleibt noch einige Wochen auf jenem schönen Eiland, und allenthalben in Deutschland wünscht man ihm von Herzen Kräftigung für die schwer« und verantwortlich« Reichsarbeit der kommenden Zeit. Da» Kaiserpaar in Venedig. Da» deutsche Kaiserpaar und Prinzessin Viktoria Luis« stnd am Sonnabend nachmittag Uhr in Venedig eingetrof fen. Bei dem privaten Charakter de» Besuch« fand keinerlei offiziell« Empfang statt. Dennoch hatten sich zur Begrüßung außer dem Herzog det Abruzzen der deutsch« Mili tärattache au» Rom und der brutsch« Konsul in Venedig sowie die Mitglieder der deutschen Kolonie mit ihren Damen eingefunden. Der Herzog der Abruzzen führte die Kaiserin durch den Bahnhof zur Bootsanlegestelle. Da» Kaiserpaar, die Prin zessin und da» Gefolge begaben sich in den Booten der Hohen- zollern durch den Ganale Grande zu der Kats« rjacht, wo st« Wohnung nahmen. Ein zahlreiche» Publikum begrüßte da» Kaiserpaar mit Evvivarufen. Da» Wetter war miü> und reg- nerisch. Am Nachmittag verblieb d« Kaffer an Bord der Kohen- zollern. Die Kaiserin und Prinzessin Viktoria Luis« besuchten die Acadcmia dell« belle Arti. Zur Abendtafel waren an Bord d«r Hohenzollern geladen der Herzog der Abruzzen, der Herzog von Undine, Graf und Gräfin Faccini, sowie der deutsche Militär« und der deutsche MarineattachS in Rom. Gestern, am Sonntag, hielt der Kaiser vormittag den Gottesdienst an Bord der Hohen zollern ab. Mittag» folgte der Kaffer in Begleitung des Für sten FLvstenberg und de» Oberhofmarschall» Grafen zu Eulen- bürg einer Einladung des Grafey und der Gräfin Papadopolt zur Tafel. Prinzessin Viktoria Luise besichtigte gegen mittag ei nige Sehenswürdtgkeiten in der Stadt. Nachmittag» unternahmen di« Kaiserin und die Prinzessin MLtorta Luise eine Gon delfahrt und besuchten mehrere Sehenswürdigkeiten. Der Kaffer machte mehrere Besuche bei Mitgliedern der Gesellschaft von Venedig. Alte und neue Lefelehrmethodeo. «Nachdruck orrdalru.» Am 1. April diese» Jahre» sind hundertundfünfzig Jahr« verflossen, daß einer der bedeutendsten Pädagogen, ein Segenbrin ger für di« A-B^Echütz«n, Heinrich Stephani, geboren wurde. Stephani war «tn bedeutender Schulmann, «in furcht loser Kämpfer für di« Rechte der Schule, seinerzeit auch «tn be deutender bayrischer Politiker: aber alle diese Eigenschaften de» großen Manne» find so gut wie vergessen. Was ihm aber einen Namen für all« Zeiten in der Geschichte der Unterrichtmnethodik sichert, da» ist die Einführung einer vernunftgemäßen Lkselehr- Methode, der sogenannten Lautiermethode. Mele unserer älteren, wenigsten» ältesten Leser w«d«n sich vielleicht noch au, ihrer frühen Jugendzeit, al» sie den wichtigen Schritt von der Kinderstube in die EchulstuL« taten, entsinnen, daß man damal» in die Geheimnisse de» Lesen, durch die sogenannte Buchstabier- Methode «ingeführt wurde. Di« Buchstabiermrthode, jahrhundertelang herrschte, wohl sogar auf «tn m«hr al» tausend jährige, Alter zuvückblicken konnte, war «tn, — Menschenquäl«. r«t. Der alt«, menschenfreundlich« Pädagog Eamp «, den uns«« Leser al» den U«b ersetz« de, Desoeschen Robinson auch gewiß noch au» ihrer Jugend kennen, sagt« einmal ganz richtig: E, scheint, daß unser« vorfahren allen ihren Scharfsinn darauf verwendet haben, di« an sich einfach« und l«icht« Lksekunst möglichst verwtk- kelt und dadurch so schwer alb möglich -u machen. E» «rschetnt un« heut« al, «tn Unding, daß kl«tn«, sechsjährige Schulrekruten di« Buchstabenn am«n lernten — womöglich noch zuerst in der Rethenfolg» de» Alphabet»! — und danach sich di« Wort« tn ihrem Laut gehalt mühsam zufammenfuchen mußten. Man denk« sich, die Kinder lesen: eß z« ha u el e, und da» soll Schul« h«iß«n! Oder man buchstabierte: «m u t» t« s er, und da» sollt« dann zusammen Mutter klingen! Drei bi» vier Jahr« daukrte e, oft, «h« ein Kind nach dieser Quälerei wirklich lösen lernte. Psychologisch so verkehrt wie möglich war diese alte Leselehrmethode: der schwach« kindlich, Geist mußt, unvnstan- dene, hirnlose Bezetchnungen — eben di« Buchstabennamen — lernen und mußte davon den Laut« und Klanalaut abstrahieren! Das Buchstabieren tritt heute erst im zweiten oder dritten Schuljahr auf, wenn die Kinder bereit» lesen können. Lesen ler nen die Kinder aber heute in einem Viertel- bis einem halben Jahre. Da» Buchstabieren ist dann später nur «ine Hilfe für di« Rechtschreibung. Nach der Sprachbildung ist das Lesen «in« Art Sammeln. Man denke an GrLenlesen! Beim Lesen sammelt man aber Laute, dicht Buchstaben. Buchstaben sind die Zei chen für die Laute: die alt« BuchstaLiermethode benutzte also di« Namen der Eächzetchen für die Sache selbst. E» ist un» heut, wie gesagt, unbegreiflich, daß man nicht schon lange die alt« Zuchtrute de« Buchstabieren» abschaffte und auf eine psychologisch richtige Lesemethod« kam. Mußte doch in Preußen die Buchst«. biermethode erst im Jahre 1878 durch ministerielle Bestimmung verboten werden. Der eingangs genannte Heinrich Stephani — nacheinander Schulrat in Augsburg, Eichstätt und Ansbach — war nun der Reformator der Leselchvmetyode. Und zwar ist Stephani der Begründer der Lautiermethode. Er nennt fi« selbst die schon längst gesuchte, vollkommenste Leselehrmethod«. In feinen wichtigsten Schriften der Fibel (erschienen 1802) und dem Kurzen Unterricht in der gründlichsten und leichtesten Me- thode, Kinder da» Lesen zu lehren (1808), unterscheidet er zum «rsten Mal« scharf zwischen Laut, Buchstabe und Buchstaben- namen. Er macht« di« Kinder zuerst mit ' den Selbstlauten aouäö « iü bekannt^ ließ dann die Doppelaute at et au ä u folgen und behandelt« endlich di« Mitlaut« MLgfwssch -dtlnrpchkh. Au» diesen Lauten bildete er gweilauttge Silben. Hierbei li«ß er vor allem darauf halten, dich kein vor herige» Ang«Len der einzelnen Laute ftattfinde, welche da. Lau- tieren zu «iner Art von Buchstabieren machen würde, sondern daß jeder Laut so lang» ««»gedehnt ««»gehalten werd«, bi» er mit dem folgenden verschmelz«. Mit Rocht rühmt« man dieser Stophanischen Lautiermethode nach, daß st« sehr einfach und da rum leicht zu erlernen sei, daß st« Lehrern und Schülern ihr« Ar beit erleichtere, die Kinder sicher und schnell zum Ziel« führ« und dadurch Zeit spar«n -elfe, daß fi« die Othographi« unterstütze und di« Kinder bald dazu bringe, langsam Vorgesprächen« Wörter lautrichtig nachzvchhreiben. Seit Stephani» Zeiten wurde auch mit den Jahrhundert« Kinburch üeli«bt«n Fibeloersen zur ang«Lltchen ErleiLteruna d«» Lesenlernens aufgeräumt. Einige davon haben sich al» Scherz oers« Lis auf unsere Zeit erhalten, wie zum Beispiel: Der Affe gar possierlich ist, zumal wenn er vom Apfel frißt, oder: Da» Zimmer uns der Ofen wärmt, sehr wenig sich ein Ochse härmt, oder etwa: Den Vogel kennt man an den Federn ; sehr nützlich ist das Holz der Zedern. Um den Kindern da» ABE beizuLringen, faßt« man sogar in Musik und ließ «» nach mehr oder weniger schönen Melodien singen! Manch« Pädagogen ließen sogar, um da« Les«nlern«n zu «leichtern, die Buchstaben von den Kindern aufessen; man backte die Vuchstabenformen au» (Kuchenteig. Daß man di« Vuchstabenformen durch passend« Bilder darzusiollen suchte, gehört auch zu den Künsteleien, di« gar nicht -um besseren Lesenlern«n beitrugen. Die Uhr sollte an da» u (wohlg«morkt in der Form!), die Zunge an da» z, der Fahnenträger an da» s, der D«g«n an da» d, di« Sens« «an da» s, di« Sichel an da» » er innern. Wollen wir historisch gerecht sein, so dürfen wir nicht unerwähnt lassen, daß allerdings schon vor Stephani vereinzelt« Versuch« gemacht wurden, die vuchstabtertortur zu mildern. Gin gewiss«, val«nttn Ttckelsamer wollte schon tn «iner 1V84 ge druckten Schrift: von d«r rechten weiß aufs» kürtzist l«s«n zu lernen, lautieren statt buchstabieren. Heber da» Auflösen der Wörter in ihre Laut« spricht er sich dabei folgendermaßen au»: Damit jemand di« theyl der «ort fein / «in von «ygentlich künd absündern / vnd von «in ander teylen! / so nrmb er «in yede» wort / d«ß buochstab«n e, wissen will / selb» kn seinen mund / da merckt er di« verend «rung der kaut vnd stimm vil «h« vnd baß / dann so «r» von einem andern hört'/ al» eygentlich zuo erkenrn / vnd von den andern buochstaLen dLzuosündern den ersten buochstaLen de, . . , «ort» / Han» / thuo« er al» «öll « den läut aheraub hauchen / vnd.eh« «r den laut far«n löst / Lrüf« er / «a, da» fei / da, also den laut auß treibt di« andern »wen Luochstaben / al» da» n / dnd s sein deütlicher zuo m«rck«n Sein« praktischen Vorschläge drang«« ab*r tn («iner Zett nicht durch. Auf d«m Grund«, den von hundert Jahren Heinrich Stephani legte, haben dann im Lauf, der Jahrzehnte andere Pädagogen weitergebaut. Freilich nicht ohne in allerlei überflüssig— Bei- werk zu verfallen. Sy gab man den Lauten tönende Namen: r wurde al, d«, Schnurrlaut, da, f al» der sanft« Blaselaut, d al«