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Freitag, 21. Juli 1S11. Ilittr 4000 ndinti Unonsti Nr. 1S7. sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge o.-°n«w^»ch« mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. v«? ar di« Inserat« verantwortlich - Malter kraaa. Sprechstunde der Reaktion mit Nuenahm« der Sonntag« nachmittag» von st—» VH«. — Lelegrannn-Ndreff«! Tageblatt Nueerzgebtrge. — Ferntzrich« »». in Nu« t. Lrzgch. Beide in Ane i. Lrzgeb. Für unverlangt etngesandt» Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in» Hau, monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgebolt monatlich sto pfg. und wöchentlich >oj>fg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich >.so Mk., monatlich so pfg. — Durch den Briefträger ftei ins Haus vierteljährlich ,.gr Mk., monatlich «st pfg. — Einzelne Nummer >o pfg. — Deutscher Postzeitungskatalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit klusnahme von Sonn- und Feiertagen. Insertion,preis: Vie fiebengestmltene Xorpuszeile oder deren Raum für Inserate au, Aue und den Ortschaften de» Rmtshauptmannschast Schwarzenberg ,o pfg., sonst «s pfg. Reklamepetitzeile r» pfg. Bei größeren Abschlüssen ent- brechender Rabatt. Annahme von Anzeigen bi» spätestens g'/> Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei un» eingehen. virsr stuwwer ,m»ßi r reite. Das Gichtigste vom Lage In der Landschaft Urmedt in Deutsch.Oftafrika wurde eine Karawane sarbiaer HLndle> ntederge» mach, und uusgepiünderl. (L. pol. Tg»sch) D Die französische Presse gftt iyrer Befriedigung Ausdruck über die Erklärungen oer spanischen Regierung, doch wird noch die «.ööerufung de« Obersten Sylvestre au» Marokko verlan t. Die englische Arbeiterpartei kündig« an, daß sich da» VerstcherungSgesetz ablehnen werde. * UeberPersien ist der Kr i e g »zu stan d verhängt worden. Die Regierung hat eine Expedition gegen den Sx- Schah ausgerüstet. (T. pol. TgSsch. u. Tel.) » EmGrünkungSschwindel, der vierzehn Versiche» r u n g« g e s e l lscha f t e n m i t sech» Millionen Dollar Kapital umfaßt, wurde in Philadelphia aufgedeckt. Mutmaßliche Witterung am 2L. Jnlir tSewittrrnei- gung, sonst keine Veränderung. -Mx 3« -en Lehrermatzregeluugeuiv Sachse«. Vor wenigen Tagen ist im Auer Tageblatt der Wort, laut der Entscheidung veröffentlicht worden, die das Kultus ministerium auf die Beschwerde der fünf wegen Teilnahme an sozialdemokratischen Versammlungen ooils der Bezirksschuliwspek- tion Dresden I zurechtgswresenen Lehrer gefüllt hat. Die Ent- scheidung verdient wegen ihrer grundsätzlichen Bedeu- t u ng für alle öffentlichen Lehrer und Beamten die Aufmerksam keit weitester Kreise. Sie erblickt iml Besuche einer sozialdemo kratischen Versammlung nicht ohne weiteres stets eine Förde, rung der Sozialdemokratrie, weil der Besucher sich vielleicht ein? mal persönlich genauer uikerrichten wollt«. Ja selbst das Wort, nehmen enthalte allein noch kein« Betätigung sozialdemokrati. scher Gesinnung; vielmehr sei sogar der Fall denkbar, daß der Redner die sozialdemokratischen Anschauungen bekämptft oder Irr tümer beseitigt und damit dem Staatswohl« dient. An der Hand dieser Grundsätze wird das Verhalten der Beschwerdeführer geprüft und gefunden, daß keiner ... den aufreizenden Gü- stellungen nach ollen Richtungen mit dec für sie erforderlichen Entschiedenheit und Deutlichkeit entgegengetr-trn ist. Auch der Resolution sei -einer der Lehrer entgegengetreten; vielmehr hätten einige von ihnstn, nachdem st« voäher in ihren Reden nicht mit Entschiedenheit gegen solche Anschauungen aufgetreten wä ren, während oder unmittelbar vor der Abstimmung den Saal verlassen und andere, obwohl st« noch im Saa-e waren, der Ab. stimmung sich enthalten. Daraus wird die Möglichkeit der An nahme, daß Lehrer nicht pflichtgemäß sich in vollen Gegenlatz zu den sozialdemokratischen Anschauungen? stellen wollten, hergelei tet und deshalb die Beanstandung de« Auftretens der Lehrer für gerechtfertigt erklärt. Soweit die Entscheidung. Da« Interesse der Oeffentlichkeit beanspruchen vor allem die darin kundgegebenen allgemeinen Anschauungen. Zu ihnen mutz, zumal nachdem die Entscheidung in der Tagespreise bekannt gemacht worden ist, Stellung genom men werden. Was heute den fünf Dresdener Lehrern gegenüber, ausgesprochen worden ist, kann jeden Tag, insbesondere bet den bevorstehenden ReichstagswahlkLmpfen, jckem ande ren Lehrer oder Beamten gegenüber sich wiederholens Wir sind allgemein zu der Einsicht gekommen, datz « dringend erforderlich ist, ernsthaft an der politisch r-iehungderStaat«. bürgerzu arbeiten und auch davon hat man sich zu überzeugen begonnen, daß es dazu einer stärkeren politischen Betätigung, vor allem der Gebildeten bedarf. Namentlich müssen die An hänger der bürgerlichen Parteien? viel mehr al» bisher an öfsent, lichen Versammlungen tetlnehmen und geeigneten Falls in ihnen sprechen, und di« sozialdemokratischen dürfen davon nicht aus genommen sein. Es gibt nicht. Verkehrteres als die So-zialde- mokraten unter sich sein und ihre Ausführungen unwiderspro chen zu lasten. Hier können wir uns nun der Besorgnis nicht er wehren, daß die Neigung zu dtesem unbedingt notwendigen aber nicht leichten und auch nicht immer vergnüglichen Dienste stark schwinden wird, wenn der Lehrer oder Beamte Gefahr läuft, datz ihm der bloße Besuch einer sozialdemokratischen Bersamm- lung zum Vorwurfe gemacht wird oder daß, auch wenn er ge- gen die Erqialdemokraii« aufgetreten ist, die» der vorgesetzten, möglicherweise der Politik fremd gegenüberstehenden Behörde und deshalb für sogenannte» schineidige» Vorgehen besonders ein genommenen Stelle nicht nach allen Richtungen mit der erforder. lichen Entschiedenheit und Deutlichkeit oerbunden gewesen zu sein scheint I Die Grundsätze de, Kulturministerium» werden da- her di« politische Zurückhaltung, die ohnedies vielen aus den ver schiedensten Gründen naheliegt, und von der im Interesse der politischen Weiterbildung un» loszumachen dringend erforder lich ist, nur begünstigen und damit die politische Lässig keit fördern. Sie bedeuten aber zugleich eine Beein trächtigung der staatsbürgerlichen Rechte der Lehrer und Beamten. Gewiß müssen öffentlich Beamte auch bei der Betätigung staatsbürgerlicher Recht« ihren besonderen Pflichten Rechnung tragen. Aber ihr Verhalten zu beanstan den, weil nach der Auffassung der vorgesetzten Stelle es nicht nach allen Richtungen von der erforderlichen Entschiedenheit und Deut, ltchkeit gewesen ist, dap. heißt, für die Ausübung jener Recht« eine nicht erträgliche Unsicherheit schaffen und sie dadurch zum guien teil illusorisch machen. E» mutz daher den Grund sätzen der Entscheidung im Interesse sowohl der Allgemeinheit als auch der politischen Rechte der öffentlichen Lehrer» und Be- amtenschaft mit aller Entschiedenheit widersprochen wecken. Auf- gab« der liberalen Parteien de» Landtage» wird es sein, diesen Widerspruch nochmal» zu unterstreichen und nötigenfalls sich zu fragen, ob nicht der Schutz der Lehrer und Beamten gegen unge rechtfertigte Beanstandungen und ähnliche Maßnahmen zu ver stärken ist, etwa durch Einführung einer Beschwerde an die Di» ztplinargertchte. Die ganz« Angelegenheit hat aber noch «ine andere Seite. Wir nehmen an, daß unsere Stellungnahme sich im vollsten Gegen sätze zu der der agrar-konservativen Parteileitung befirwet, und daß deren Anschauungen ebenso restlos mit den von uns be kämpften Grundsätzen der besprochenen Entscheidung sich decken. Die agrar-konservative Parteileitung hat von jeher weniger Ge wicht auf di« selbständige politische Betätigung der Staats, bürger als vielmehr darauf gelegt, sich ein« Art Vormund- schaftlicher Leitung der öffentlichen Angelegenheiten Sachsen» anzueignen. Di« letzten Landtagswcchlen wirkten! dem mit Entschiedenheit entgegen. Aber seit einiger Zeit sind An zeichen wahrnehmbar, daß die agrar-konservative Parteileitung sich lebhaft und anscheinend nicht ohne Erfolg bemüht, wieder den alten Einfluß auf die Regierung und ihre Organe zu üben. Ein Vorkommnis der letzten Tage ist dafür sehr bemerkenswert: Bei einem Waldfeste des Bunde» der Landwirte in Hartha am 10. Juli erschien nicht allein ein Vertreter der Amtshauptmannschaft und — nach der Absage der Deutschen Tageszeitung an den Grafen Schwerin-Löwitz wegen der Stichwahltaktik gegenüber der Sozialdemokratie besonder» interessant — und begrüßte den Bund al» bedeutsamen staats erhaltenden Faktor, sondern di« Königliche Leipziger Zeitung hielt e« für nötig, am 8. Juli aus da» Waldfest aufmecksam zu machen, am 1l. Juli darüber eingehend zu berichten und dabei jene offizielle Begrüßung, mit den oben angegebenen Worten besonders zu erwähnen. Für alle, die im Interesse der politischen Augen. Sprtnggiftig) Geht'» a wengerl «ini, do «eck'« schaun, I und streift die Kapuze von dem feuchten, sturm-erzauste» Haar, wo« i hob! Holt» Enk aa a Maulvoll von dem Luedersqualm, I Die lustigen, veilchenblauen Augen blicken «inen Moment ver. dutzt, al« sie Pankraz Moshauer erkennt — ihren Gatten, von dem ft» sechs Monat« getrennt lebte. Aber nur «inen Moment, dann jodelt'» förmlich in den Veilcheftfackenqr). Razl list wie ausgetauscht; er strahlt über da» ganze verkniffene und ver» witterte Ge-ficht, klatscht di« Hände ineinander und aus die Schen kel, al» wenn er schuhplatteln wollte): Oh du m«i — seh i recht? Unsere Frau Dokter! Und bei dem Wetter? (Nimmt ihr ge. schäftig den schwernasten Mantel ab und stürzt damit in die Hütte.) Frau Sesfa (reckt di« schlanke Schalt bäfreft auf; zieht dann «isten leisen Schmer-laut durch di« Zähn« und befühlt ihr Handgelenk). Nazi (hastet mit einem Paar Strohschuhen aiy» der Tür): Nu aber fei runter mit Stiefeln und Strümps von dö Fusserln! Fra» Seffa: Schön Dank, Nazl. Aber « ist nicht nötig. Alle» trocken. Bloß setzen möcht ich mich -- (mit einem halben Blick seitwärt»): Ist'» erlaubt? Der Doktor (schaut grodau, in den glitzernden Vorhang, der allgemach durchsichtiger wird, da der Regen nachlätzt): Aber Litt« — Frau Seffa (zu Razl): Einest leichten Knteschackler ha- ich — und da» Kack- gelenk ist «in bissel verstaucht, wie ich vom Schmelzkamm «-ge trudelt bin — D«r Doktor (schaut betroffen nach der Hand). Razl (erschrocken): Jesta» — vom Schmelzkamm! Frau Seffa: Ja, aber bloß Li« zur ersten Schneegrub«. Der Doktor (räufpert sich und rückt etwa» näher; scheuert ein« weilei unschlüssig sein« Kni«. Dann mit belegter Stimm«, wie etn«r, der lange nicht gesprochen hat): Tut'» weh —,? Frau Seffa: E» geht. Der Doktor: Rrrrhm — hm, kann ich mal sehen? Frau Seffa (reicht ihm -Sg«rad da» Händchen hin). Razl (eilt in die Hütt« — -u »tstem «rneuten Ringen mit dem Heck): wo dö Frau Dokter so unverhofft «emma is, gibst a Feuer her. Sackerment-kamin, ölen, diger, oder i hau di in S'lumpl Der Doktor (hat Berhands- zeug au, dem Rucksack! geholt und legt «sfigßmr« Ton«rd» auf. Bloß um wa» -u sagin): Immer nach die alte Kranlleidensthaft? Frau Seffa: Alleweil. (Mit einem etwa» -«rbm, ««-druck in de» kernfrffche» Gesicht): wt« St« ja wissen — od«r darf ich Um elrreu Schmarrrr. Humoreske von Bob Dieter». (Nachdru« »erdolni.» Di« Schutzhülle unterhalb de, Atamagletscher« ist die schlauest angelegte nicht. Auf einer von Rick und Knieholz überwucherten Kanzel pickt ist« wie ein Schwalbennest an der Felswand. Und was di« Schroffe, die ihre sechzig Meter senk recht aufragt, an Wasser hergibt zur Zeit der Schneeschmelze oder im Regen, da» trommelt und dröhnt auf da» Dach Hernicker. Dr. Pankraz Moshauer, der mit seinem altest Freund und Dolo mitenführer, dem KrumLer-r Natzl, beim Aufstieg zum Atama hier «tngeregnet ist, zieht «» vor, unter dem breit vorspringenden Schober zu fitzen. In der Hütte bietet der Hohlraum den fallen den Wassern ein« Resonanz, daß man sei eigen Wort nicht hört — nicht «inmal daj» lästerliche Fluchen vom Krum-erer Nazi. Da heraußm geht es allerdings auch nicht grad geräuschlos her: «in Geprassel, al» wenn zehntausend Wassernixen Kastagnetten schlagen; und wenn da« hinterm Gamskogel davonztehende Ge witter hi« und da einen Böller -urückschtckt, rollt «r fech»fpch dr"ben an den Wänd«n entlang. E» gießt mit Mulden. Bon dem nach vorn abgeschrägten Schoberdach ziehen die strömenden Wasser einten richtigen Vorhang — ein« breite gleißend« Perlen portiere. . .. Der Doktor wickelt sich fester ins Loden und saugt krampf haft an seiner Pfeif«, die in der schweren Luft Neigung »um Au«gehen zeigt. Und brennen mutz sie, wenn er nicht den Ha- mur verlieren und dann mit dem Krumberer Razl Streit krte- gen soll. Die Stimmung ist beiderseits dazu angetan — aber man läßt so was nicht gern aufkommen. Bi» jetzt ist« ohnehin verkehrt gegangen. E» geht überhaupt all« verkehrt, seit -s) Razl (reisst di« -üttentü, auf und stolpert hinan»; hinter ihm wallen dick«, graugelbe Rauchschwaden in» Frei«.) Kruzttur- dem stinketen! I setz mi derweil daher! Der Doktor (saugt so energisch an seiner Pfeife, daß es schmatzt): M«in lieber Krum berer, auf eine gute Frag« gehört eine vernünftige Antwort — verstehst. Will'» nicht bremsen am Heck? (Wenn Herr Dr. Pankraz Moshauer mein lieber Krumberer sagt, dann ist'» ge fehlt.) Razl (etwas fricklicher): Na — 's brennt Net. A Trumm Heu hob i aufg'legt, aber'» Hol- i» nah und im Schlot muß wa» stecken. (Zerrt und zwirbelt in frisch aufkeimendem Grimm an dien schütteren Bartfransen, die «sein Kinn um- wuchern.) I woaß — i «satz «scho —> so a StcktfrackvG'löll» schäft war wieder heroben — so a Vagasch, wo nix wta Schind luder treibt, an Stecken in» Matratzl tut und Hadern in'd' Schlot, datz a Thristenmensch, wa« nach« kimmt, sie giften mueßl Dö vogasch, dalkete, dö wann i «mal verwisch! An Zorn hab i — an Zorn -- Der Doktor: Weiht, Razl — ich für meinen Teil hab eigentlich mehr Hunger. Und di« Münzen im Ruck- sack können wir doch jetzt noch nicht «»schneiden. Auch hätte ich gern wa» warm« — Razl (höhsttsch): Freili >—wsa» War me»! vielleicht gar an Dokter-Schmarrn — hn? Der Doktor (auffahrend): Ich verbitt mir da», verstehst!? Razl (unbeirrt): Scho guat. Der Malefizheck da darinnen und wa» Warm«! Aber — '« gHchtcht Ghana scho «echt. Der Doktor: Meso Razl: Mit Verlaub — ^ver Hot g'saal in der Fruah, daß a Wetter aufiziemt — -n? Und wer Hot'» net woahr hab'n wollen — hn? An Laxier verfchretb'n und a Pratz'n »lammeaflicken, dös können'»; aber vom Wett«, versteht der Herr Doktor mit Verlaub an Dreck. Do hob t hier in derer Unken Haxn m«h« G'schettsein, al, . . . Sakra, kimmt da net «er? Martandjosöf — a Weibsbild! Frau Seffa (springt «lasttsch vom dem schmalen Schroffen pfad auf die Kanzel): Grütz Gott -eisamnwnl D«r Doktor (hat .. sich neugierig erhoben; beim Klang der Stimm« fährt er ko -«ft kentetfl! — (Reibt stch di« Augen, hustet, spuckt.) Der Doktor: I ttg zusammen, datz ihm di« Pfeif« au, d«m Mund« Mt. Gr was hast? Razl (nimmt für ««neu Moment di« Wust» au» dm, I sackt auf di« Baut zurück). Frau Seffa (tritt unter dm, Schober