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mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Äuer Sonntagsblatt. Druck und Verlag Sa«, vnicK- a. Veeleg^oeeellKdeN m. b. H. in Ku« i. Lrzgeb. Montag, 24. IM 1911. Ilrtrr 4000 nbliüi üb»»»!«. Rr.1«9. Sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur - ?ri«, Nrnkolä. ftir die Inserat« verantwortliche «lalrer »rau«. Sprechstunde der Redaktion mit Nu,nähme der Sonntag» nachmittag» von «—» Uhr. — Telegrarnm-Ndr^set Lageblatt Nueerzgebirge. — Lernh^rech« er. Beide in Rne i. Erzgeb. Für unverlangt eingesandt» Manuskript» kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Hau» monatlich no pfg. 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Koicielbki, dckannl unter dem Spitznamen Admiral» kt, ist gestorben. Englische Meldungen stellen die Berichte Über denUeber- fall dec Hrankenbergschen Patrouille al» Nrgergeschwätz hin ?Ins Aulaß desneuestenZwischenfalleSin Elksar for- de»t die Pariser Presse die Uebertragung de» dortigen spanischen Truppenksmmando» an einen ande ren Oberbefehlshaber. Der Ausstand der englischen Seeleute in Eardiff ist beendet. Der frühere Schah Mohamed Ali ist unter dem Jubel des Volkes in Asterabad eingezogen. O In Konstantinopel hat eine Feuersbrunst großen Schaden angerichtet. (S. N. a. a. Welt.) w In San Sebastian hoben neu« diplomatisch« Un terredungen über dieMarokkofrage stattgefunden. IM- Mutmaßlich« Witterung am SS. Juli: Gewitter, spä- ter erneut aufheiterud. -WL Der Patsch des Schahs. Die anfänglich angezweifelte Meldung, daß der Exschach wieder auf persischem Boden gelandet fei, um sich erneut in den Besitz der persischen Macht zu setzen, hat sich, wie die weiter ein laufenden Meldungen trotz aller Unklarheit ergeben haben, bestätigt. Man geht daher großen schweren Wirren dort selbst entgegen. Mit Sicherheit kann der frühere Schah daraus rech nen, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung zu ihm stehen wird. Insbesondere sind die Turkmenen für ihn ge- j wonnen worden, und allem Anschein nach dürfte es zu einem recht ! erbitterten und blutigen Kampf koimnen. Zn Teheran trifft man i begreiflicherweise umfangreiche E e g e n m aß r e g e l n. Zn der setzte.-, außerordi.rtlichen Sitzung gab das P. :lam«ai d :m neuen Kabinett di« Dollmacht, sobald es nötig sei, Über-Teheran und das ganze Land den Belagerungszustand zu verhängen. Zwischen dem Regenten, dem Sepehdar und dem Polizeiminister Iephrem fand n lange Konferenzen statt. Man glaubt, daß der Polizetminister dazu ausersehen ist, die gegen den Exschah zu ent. sendenden Truppen zu befehligen. Die Zusammensetzung des neu gebildeten Kabinetts läßt darauf schließen, daß die Regierung nicht gesonnen ist, die Herrschaft ohne Kampf abzugeben. Der Regent wird sich hüten, so ohne weiteres auf die ihm telegraphisch von dem Bruder des vorigen Schahs ausgesprochene Absetzung hin abzudanken. Vielfach ist auch die Meinung vertreten, daß der Putsch nicht auch di« eigene Initiative des Exschah» zurüctzufüh- ren ist, sondern daß Rußland dahinter steckt, in dessen Händen der jetzige Prätendent willenloses Wachs wäre. Auf fallend ist bet der ganzen Sache, daß die Russen, wenn sie ge wollt hätten, die Landung Mohammed Alis leicht hätten ver hindern können. Ist doch überdies das parlamentarische Regime in Teheran den Russen ein Dorn im Auge, weil sie angesichts von dessen Kontrolle nicht nach Belieben schalten und walten kön nen, scndern sich bei ihrem Borgehen doch einen Schein Rechten mähren müssen. Auch für uns in D e u tschl a nd ist die weitere Entwicklung der Dinge von Belang. Wenngleich gelegentlich des Zarenbe suches in Potsdam eine Einigung zwischen Rußland und Deutschland über Persien zustande gekommen ist, so haben wir doch nach wie vor dort gewichtige Interessen zu vertreten, und es würde nicht angehen, uns so ohne weiteres beiseite zu schie- ben. Das Gleiche gilt für England, wo man über die Wen dung der Dinge in Persien nicht sonderlich erbaut ist. Jedenfalls dürsten sich die Dinge erheblich zuspitzen und nicht auf Persien allein beschränken,- denn die persische Regierung ließ dem russi schen Gesandten eine energische Rote überreichen, in der Rußland die Verantwortung für alle Unruhen und Verluste zugeschrieben wird, die aus der Landung des früheren Schahs entstehen könn ten. Ader auch an der Newa wird man nicht ruhig zuseh n kön nen, und di« Nowoje Wremja erklärt denn auch bereits anschei nend inspiriert, daß Rußland auf keinen Fall der zunehmenden Anarchie in Persien teilnahmlos bleiben und das Schwinden der Sicherheit dulden könne; die russische Regierung muß ausgedehnte militärische Maßnahmen gegen Persien zur Sicherung ihrer In teressen ergreifen. In Petersburger politischen Kreisen betrach tet man die Ansicht des genannten Blattes für di« der Regierung und glaubt, daß militärische Operationen an der persischen Grenze unmittelbar bevorstehen. Man hat daher allem Anscheine nach mit weiteren Komplikationen zu rechnen. Aus dem Königreich Sachsen. Der Vorstand de» Sächsischen Gemeindetag«, hielt vor einigen Tagen unter dem Vorsitze de, Oberbürgermei ster» Dr. Dittrich (Leipzig) eine Sitzung im Dresdener Rathaus« ab, in der beschlossen wurde, beim Ministerium de» Innern die Schaffung einer Zentralstelle für die Meldungen von Vermißten und die Auffindung von Toten, sowie die Einführung des Meldezwanges zu beantragen. Be züglich der Begründung eines Haftpflichtversicherungs verbandes für Sachseni beschloß die Versammlung, dem Bor fitzenden de» Bauunsallverbandes, Oberbürgermeister Haupt (Freiberg), und Stadtrat Troitzsch (Wurzen), die wettere Be handlung der Angelegenheit zu übertragen. Wegen der An träge der Gemeindevorstände im Bezirke der Amtshauptmann schaft, Kenntnis über die finanziellen Konsequenzen der Schul reform, wurde beschlossen, erst den Entwurf der sächsischen Staatsregierung abzuwarten. Abgelehnt wurde der Beitritt zum Reichsverband deutscher Städte und der Antrag, die Städte- Zeitung zum Organ des sächsischen Gemetndetages zu bestimmen. Nach dem Erscheinen der für den Landtag bestimmten Gesetzent würfe wird der Sächsische Gemeindetag wiederum zu einer Sitz ung zusammentreten, in der je drei Referenten Mr das Volks schulgesetz und für das Gemeindosteuergesetz au» den Großstädten, den mittleren Städten und den Landgemeinden bestellt werden sollen. Seh. Kirchenrat 0. Meyer-Zwickau hat, wie das N. Sachs. Kirchenbl. mitteilt, sein Mandat zur Synode aus Gesundheitsrücksichten niedergelegt, da er einer gewissen Schonung bedarf. Der Zwickauer Bezirk hat also, voraussichtlich nach der Urlaubszeit, einen neuen geistlichen Ver- treter zu wählen. Das Ausscheiden Meyer« wird nicht nur von der Gruppe, die in ihm ihren geistigen Mittelpunkt fand, sondern von allen Synodalen aufrichtig bedauert werden. Es wird schwer sein, einen Mann zu ersetzen, der mit so glühender Begeisterung für seine Kirche, so weitem Blick, so mildem Urteil und bei aller Festigkeit doch stets zur Verständigung breitem Sinn zu den bezeichnendsten und einflußreichsten Gliedern der Synode ge hörte. Das Vertrauen des Zwickauer Kreise» hatte ihm auch diesmal nahezu einstimmig das Mandat zur Synode über tragen. Die vrei Getreuen. Skizze von V>av. Schmidt. Nachdruck «rd-im. Was für eine eigenartige Atmosphäre herrscht in solch ei nem tadellos gehaltenen Schwadronsstalll Wer das nicht fühlt, begreift's eben nicht. Allein schon diese gemütliche Wärme — namentlich im Winter. Dieser köstlich beizende Ammoniakduft! Dies leise Regen und Bewegen, hier ein Schnupper, da ein dumpfes Wiehern, ein Hufschlag, ein Ausruf: na nu rechts, ollesBiestl der putzenden Mannschaften. Gin freundschaftlich klatschender Schlag auf die seidenglänzende Jacke ein« der Re- mon.en. Und nün gar Nacht« — diese förmlich hörbar« Stille, dieser Lebensodem der vibrierenden Schwadronsseele. Auf der Futterkiste die eingedöst« Stallwache, aufschreckend, wenn ein» der träumenden Tiere gegen die Bande haut. Man sollte denken, Viecher wären in solch einem Stall nun genug, aber nein! Im mer finden sich bet dieser Hotelpension zum ESkadronsrössel noch andere Lebewesen ein, die von den Mannschaften nicht etwa ab günstig betrachtet und verscheucht, nein, die mit Freuden be grüßt und sorgfältig verpflegt werden. E» -raucht di«,» nicht just ein Pelikan mit dickem Bauch und dünnem Gebein, noch »in widerwärtig grinsender Mfe zu sein, wie ihn di« Coldstream Guards sich in Indien aufgepäppelt und nun im Triumph mit heim nach England gebracht haben. Außerdem ist'» verbotenl Aber di« verstohlenen Wasser sind süß, und «» find nicht die schlechtesten Kerl» der ersten Eskadron uns««» xten Ulanenregt- ment«, die sich di« drei Getreuen angezüchtet haben. Einst hatt« sich im Echwadronsftall ein Handel «ingefun- den. Halb verhungert. Richt gerad« schön. MH, so ein« ge- drängte Rassenau»stellung, im schäbigen Fellrock, mit nacktem Schwanz, 'an dessen äußechem Ende «in paar Härchen wie «in» zerrissen, Quast, bummelten — vielleicht dcch «ine Stamm- mutter in Japan g«l»bt hatte! wir jagt, den armen wicht au, seinem Asyl unterm Lauch einer älter«, Stute fort? Niemand! Nachdem sich Bello, wie er allgemein mit mschütternder Ueibo- rechtigung genannte wurde, durchgefüttert hatte, entpuppte er sich al» außerordentlich nützliches Mitglied der großen Stallgemein schaft. Er war schneidig, bellte jeden Unbefugten, der sich dem Stall näherte, wütend an, biß Ratten und Mäuse tot und so weiter. Er war ein kapitaler Springer. Seinen besten Freun den unter den Pferden istirang er von der Futterkiste aus auf den Rücken, sag dort mäuschenstill und hielt ausgiebige Siesta. Hatte er sich, wie auch häufig, in der warmen Streu bei seiner Stute eingeruschelt, so griff die zum Spaß mit schnuppernder Schnauze in sein, ach immer noch überreichliches Fell ung lupft« das Die- chel zu sich auf die Krippe. Hatte sich just um die Zeit ein zweiter Zaungast im Stall, ein zahmer Rabe, wie er gerne tat, in der Schw«ifpuschel Bello, festgebtssen, so flog der dann, wie am Glockenseil schwingend, im weiten Bogen mit in die Höh', macht« jKroax-kroax vor Vergnügen und pickte sich eiligst ein paar Körnchen von der großen tadle ä'düte. Bello war auch klug wie di« Schlangen. Er ahnte: zwanzig Mark war er nicht wert. Mit feiner Witterung war er wie vom Erdboden verschwunden, wenn die hohe Steuerkommisston mit der Reklamation für den Etallhund an die Eskadron erschien. Ein Hund! — Was für'n Hund? Der großmächtige Herr Wachtmeister kratzte ifich am Kopf: Za, 's war mal en Hund dagewesen — ist aber schon lange wieder fort. Wegner! — Altmann! I» hier im Stall en Hund? ri«s er zwei Alanen mit aufmunt«rnder Kommandosttmme an. Zu veschl, Herr Wachtmeister antworteten di», Hand an der Hosennaht, und unisono: Nee! Kroax! kroaz! tönte es au, de, Stalle» Gründen, und dicht an der Nase der wphllöblichen Kom mission, di« erschreckt zuvllckfuhr, flog etwa. Adlerartige» in» Frei«. Ja, «n RaL« i» da, metnt« der Wachtmeister gemütlich, und der wird manchmal laut wie 'n Hund! Kopfschüttelnd üb«r dies, Naturmerkwürdigkeit zogen di, Steuerleute ab. Und nicht lang» danach taucht« auch Bello wieder auf mit einem trium- phierenden vlaff. Da» hervorragendste Mitglied der dr»i Getreuen de» Stal, l», aber war Herr Schneider — ein Ziegenbock. Niemand wußte, wann dieser al» klein», Lämmchen ioe-tz wi» Schn« mal von di Schwadron aufgerollt worden war. Weiß war er noch aber nun mächtig groß, mit schwarzem Mopf und pechschwarzem Henriquatre, einer Fratze wi« Mephisto. Innen hatte er «in KiN- Lergemüt, war neugierig, liebebedürfttg und anhänglich an alle», was des Königs Ulanka in der ersten Eskadron trug. Diese drei Vagabunden sorgten für das Amüsement der Schwadron Lei den Märschen und den »-»kurzweiligen Eisenbahnfcchrten zu Manö ver und Hebungen mit zirka zwanzig Kilometer Geschwindigkeit, wo die Herren Offiziere 24 Stunden hintereinander Skat dre schen, bis ihnen ausnahmslos die Haare zu Berge stehen. Bei solch einem Militärzug« hat das Bahnpersonal immer einen schweren Stand. Da passierte es denn auch, daß «in pflichttreuer Schaffner, ein Abteil, in dem er verdächtigen Lärm hörte, öff nend, mit Entsetzen zurückprallte und au» dem Dunkel den leib haftigen Gott sei bet UN» sich entgegen grinsen glaubte, das heißt eine Ichwqrzbärttge Fratz« mit glühenden Augen. Der Beamte sprang leichenblaß zurück und hört« 'mit schlotternden Knien Herrn Schneiders sieghafte« Meck Meck hinter sich dr«in erschallen. Homa- rtsche Heiterkeit löste es auch au», wenn man Herrn Schneider eine Ezapka keck aufs linke Ohr band und ihn so recht auffällig au» einem Wagenfenster dritter Güte ausgucken ließ. Manch ein rotgemützter Großpotz einer kleinen Station soll ihn dann höf lich gegrüßt und al» Herr Wachtmeister angesprochen haben. So umzog bald ein Anewotenkranz die männlich dekorierte Stirn des berühmten Ulanenbocke,. Beim Marsch suchten sich die drei Getreuen ihrem Tharakt«, gemäße Beförderungen. So hatte der Rabe den Stabstrompeter erwählt und macht« manche Reis« auf der Schulter dieser Imposanten Persönlichkeit oder auf der blinkenden Trompet« fitzend mit. dabei niemals die Achtung vor König» Rock vergessend! Di« Leiden anderen hielten sich frei lich zumeist in der Näh, der Futterage auf. Seiner Mäjestät fünfter Leutnant bet der ersten Tsckadron «ar der Herr von Zeck. Ein Junker Leichtfuß, hübsch, gutmütig, famoser Kerl. Ritt, daß mußt, ihm der Neid lassen, wi, alle Deubel. Hatte 'n« Faust, so wetch wie 'n junge» Mädel und ko fest wie Kruppsch,, Stahl. Unter ihm ging jede Remont« an« 'n« Pupp« — und Hinte, ihm her — sozusagen durch Feuer und Wasser — gingen di« drei Getreuen! wenn er den Stall