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' .. . - / Donnerstag, S. August 1V1L IllUr A000 »lürik« vniwi« Nr. 178 Sechster Jahrgang Ulid Anzeiger Mr das Erzgebirge verantwortlich«, R«dakt«o,: frlt, RrnboKt. Für die Inserat« verantwortlich: Wi»lt«r Ur»o». Leide in An« t. Erzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: L^uer Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntag« nachmittag» von st—L Uhr. — Telegramm-Adreffe; Tageblatt Lueerzaeo.cgr Fernsprecher ar. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck and vertag üa« vincli- o-yerlage-Sestelltellakl m. b. H. in kiue i. Erzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in» Haus monatlich so 0fg. 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Der Kaiser verlieh der Universität Breslau anläßlich ihres lOOjährtsten Juviiaums den Nam»n Schle sische Friedrich.Will) elm-Unioersitäl Die Deutsche Kolontalgesellschaft fordert auf marokkanischem Gebiete Kompensationen. An der Universität Lissabon wurde eine deutsche Frau zum ordentlichen Pr 0 f ess 0 r für d e u t s ch e P hilo logt« ernannt. Im englischen Unterhause kündigte Balfour an, daß er am 7. August ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung beantragen werde. Die russische Regierung hat den früheren Schah als kriegführende Partei anerkannt. Die Gefahr eines Krieges der Türkei mit Montene gro ist nähergerückt. Mutmaßliche Witterung am ä. August: SUdwestwind, Bewölkungszunahme, etwa, kälter, zunäW noch trocken, Semit« t.rneigung. Die Marokkofrage iu völker rechtlicher Beleucht««-. In der neuesten Nummer der Deutschen Juristen- Zeitung unterwirft Professor Dr. Niemeyer-Kiel die Maroüo- und Agavirfrage einer kritischen Würdigung vom Völkerrecht« lichen Standpunkte aus, die wir aviedergeben möchten, ohne uns den Schlußfolgerungen des Verfassers anzuschließen, wonach die Diplomatie die Fortbildung der Algeciras-Akte und neue Formen internationaler Vergesellschaftung zu suchen hätte: Nachdem am 7. April 1906 die Algeciras-Akte unterzeichnet war, durfte al» das Wesentliche des Vorganges der Steg der europäisch-amexjka« > ni'chen Kultursolidarttät über die marokkanische Unkultur bezeich net werden, und es konnte hinzugefügt werden, daß die Bedeutung der Algeciras-Konferenz über das besondere Interesse der Marok kofrage hinausrage, indem sie das allgemeine Zutrauen zu dem Fortschreiten völkerrechtlicher Kulturorganisation wesentlich ge stärkt hab«. Inzwischen sind neue Stürme Uber das scherifische Reich dahingegangen, und di« elektrische Spannung hat sich wie der zu solcher Druckhöhe gesteigert, daß das Erscheinen eines deut- schen Kanonenbootes vor Agadir die ganze politische Welt in Unruhe zu etzen vermocht«. Völkerrechtspesstmtsten sagen: Die Algeciras-Akte ist gesprengt, ihr Recht hat sich als eitel Papier erwiesen. Macht geht vor Recht; gegen das von den herrschen, den Gewalten in die Wagschale geworfene Drennusschwert hat wieder einmal da» schwache Gewicht völkerrechtlicher Abmachun gen nichjt standgehalten. Zum Glück hat aber die moderne Dölkerrechtsauffassung «ine jenem gsschichtsphilosopischen Pes- simsmu» abweichende Lichtansicht «ntgegenhustellen, die in der jetzigen Entwickelung der Marokko-Frage nicht ein Fiasko des Völkerrechts, sondern dessen Bewährung erblickt, indem sie auch in dem Widerspiel der Interessen und Machfiäußerungen der Staaten die lebendige und notwendige Wechselwirkung von Recht und Kultur, Völkerleben und Staatenpolitik steht. Vom objektiven Standpunkt der politischen Entwicklungsge schichte betrachtet, stellen sich die neuesten Ereignisse der Marokko- Angelegenheit als die naturgemäße Fortsetzung der im Jahre 1886 begonnenen europäischen Dfrikapolitik dar. Durch den in diesem Jahr« erfolgten national-ägyptischen Aufstand und die an die Beschießung Alexandriens sich anschließende Besitznahme Aegyptens durch England wurde damals die große afrikanische Frage aufgerollt. Um diese handelt es sich auch jetzt: die Marokkofrage ist nur ein Ausschnitt jener Welt angelegenheit. Jenes Eingreifen Englands hatte das Signal tzu einem kolonialpolitischen Wettlauf gegeben. Es muß zugegeben werden, daß u>K>er die Polizetorganifatton, noch die Marokko- Bank, weder die Zollverhältnisse noch das Fremdenrecht der Algeciras-Akte alle Wünsche befriedigt haben und daß die inter- nationale Organisation in Marollo sehr der Vervollkommnung bedarf. Durch Bruderkrieg, Aufstände und Fremdenversolgungen hat die Regierung in Marokko aufs neue die Intervention der Kulturstaaten herausgefordert. Mit der Entsendung des Pan ther hat nun auch das Deutsche Reich den Zeigefinger erhoben und mit ruhiget, aber deutlicher Gebärde auf die europäische Jnteres- sensolidarität und die Notwendigkeit völkerrechtsmäßiger Be handlung der Marokkofrage als eine» Ausschnitts der gesamten Afrikafrage hingewiesen. Daß die» in lediglich platonischem s Sinne geschehe, wird niemand glauben oder fordern; nur «er die Karten in der Hand hat, kann mitsptelen; wer kein« Real, beglaubigung beibringt, dem fehlt hier die SachlegttimativN, Selbstverständlich fordert das Deutsche Reich nicht nur theoreti sche Anerkennung der offenen Tür, sondern in irgendeiner Form deren praktisch«.EeMährlet st ung. Deutschland darf aber nach seiner Mitwirkung bei der Kongo- und Alg«cirv»Mt« Mr sich die Präsumtion beanspruchen, daß es auch seine besonderen Interessen lediglich im Zusammenhang der internationalen Kul tur. und Rechtsgemeinschaft zur Geltung bringen will, di» mit gesamter Hand die Afrikafrage zu regeln berufen ist. Die Völkerrechtsfrage macht dabei, trotz ihrer Verroickelthett, im Verhältnis der Kubturstaaten weniger Schwierigkeit, doch 'noch größere Schwierigkeiten in dem Verhältnis zu der mohammeda nischen Welt, deren innere Solidarität, von Kamerun bi» In dien, nicht nurEnergie, sondern gleichzeitig allergrößt« Vorsicht gebi«tet, auch wo ihr« fanatische Haltung gegenüber der abendländischen Kultur zweifellos den völkerrechtlichen Titel der Intervention in jedem Sinn de» Wortes begründet. E» darf nicht vergessen werden, daß nur di« Jntewentton erfolg, reich und darum begründet ist, di« an die Stelle der bestehenden Staats- und Rechtsformen wirklich Besseres setzt und den Bestand rechtlicher Ordnung gewährleistet. Ordnung «nv Ge rechtigkeit sind die ewig geltenden Kennzeichen alles Rechts, so auch des Völkerrechts. Die Diplomatie wird hier neu« Formen internationaler Vergesellschaftlichung zu suchen haben und sie nach dem Prinzip der Kultursolidarität und gemäß den guten oder schlechten Erfahrungen z. B. der .türkischen ckette pnbligus, der ägyptischen Schuldverwaltung, der internationalen Finanzkom- Mission in Griechenland und sonstiger internationaler Spehial- Organisationen, vor allem aber in der organischen Fortbildung und Erweiterung der durch die Algeciras-Mte geschaffenen Ver hältnisse zu finden wissen. Chauvinismus. Ein altes, bekanntes Sprichwort sagt: Allzuviel ist un gesund. Es ist sicher etwas Schönes um nationale Gesinnung, aber auch auf diesem Gebiete kann etwas zuviel des Guten leicht Schädigungen herbeiführen. Das sieht man wieder einmal in der M a r 0 k k 0 f r a g e, wo die Chauvinisten an derSein « und an der Themse auf dem besten Wege wpren, Unheil anzurichien, bis man endlich ihrem gefährlichen Treiben entgegentrat. Muß doch die halbamtliche französische Agentur gleich mit einem Male eine ganze Reihe von Gerüchten dementieren, die in der letzten Naturwissenschaftliche Rundschau. (Die Meteor« be» Mat. — Beodachtungen am Himmel«,and. — Di« Beologen auf Reisen. — Der Viktoriasee al» Fundstätte. — vom Zu sammenhang Europa« und Afrika«. — Urmensch und Elefant. — Da« Alter der Menschheit. — Neu« Rabiumversuche. — Di« Wirkung von Strahlungen auf Tiere. — Die photographiert« Morgenröte.) Von allersher hält man die Sommermonat«, insbesondere aber den August und S.ptember für die Zeit, in der die meisten außer gewöhnlichen Himmelserscheinungen zu sehen find. Dann sollen die meisten Meteore fallen und Sternschnuppen mit ganz beson derer Häufigkeit auftr.ten. Diese Ansicht mag richtig sein, wenn man uur oestimmte Teile de- Himmel- beobachtet. Erstreckt sich jedoch die Beobachtung auf weitere, bisher weniger genau durch- forschte Himmelsgegenden, so stimmt, wre neuere Untersuchungen ergeben haben, diese althergebrachte Annahme von der besonderen Häufigkeit und Vielseitigkeit meteorischer und sonstige, Himmel», e scheinungen doch nicht mehr ganz. Nach einer in der jüngsten Zeit ausgestellten Statistik scheint e», daß die häufigsten Himmel«. Phänomene nicht im August oder September, sondern im Mat auftreten. Die Beobachtungen, die man in den Maitagen diese» JaqreS gemacht hat, vervollständigen diese Annahme in vollstem Umfange und nach jeder Richtung hin. Jn«besondere wann «» englische Astronomen, di« im vergangenen Mat eine ganz« Menge glänzender Meteore beobachten konnten. Die erst« derartig» und besonder« großartige meteorische Erscheinung leitete den Maimonat gewissermaßen ein; sie tauchte pünktlich am 1. Mat auf. Freilich war die Beobachtung ziemlich erschwert, da die Erscheinung im Sternbild der Jungfrau ihren Au«gang nahm, da« um diese Zett ziemlich tief steht. Sie war deihalb auch über «inen Raum von nur drei Htmmil»graden zu verfolgen, da st» dann unter dem Horizonte verschwand: Urbersetzt man dies« etwa» gelehrt klingende Bezeichnung in gewöhnliche» Deutsch, so heißt e», daß da» Meteor qan, am äußersten Rand« de« Himmel» auftauchtr, da wo dieser di« Erde zu berühren scheint, und daß e» sofort wieder unter den scheinbar«.. Srdenrand untertaucht». Also nur im alleräußersten schmal«« »au« de» Htmmel-gewölb«- war «trva» davon zu seh««. ES ist erklärlich, daß derartige Phänomene der Beobachtung im allgemeinen entgehen, besonder» dann, wenn sie, wie das eben er wähnt«, nur in bestimmten Ländem sichtbar find. Bereit- am folgenden Tage, am 2. Mai, tauchte jedoch ein neue« Meteor auf, da» so hell glänzte, wie unser Lbendstern, die Venus, und da- fich über eine weit größere und besser zu beobachtende Strecke de» Himmel« bewegte. Aber auch diese» Metor wurde durch ein am vierten Mat sich zeigende» in den Schatten gestellt, das dreimal so hell war als die Venu» und sich überall deutlich erkennen ließ, erglänzte e» doch ziemlich hoch oben am Himmelsgewölbe. Ihrer Natur nach muß man diese Erscheinung zu den Sternschnuppen rechnen. Sie tauchte oben am Polarstern auf und zog nach dem Bilde de» Fuhrmanns zu, wobei sie einen langen Streifen hinter ließ. Die Geschwindigkeit war ziemlich langsam, sodaß viele Be. obachter sich an dem herrlichen Schauspiel ergötzen konnten. Der- artige Meteore wurden im Mai noch zahreiche beobachtet, aber »um größten Teile an Partien de» Himmels, an denen man sie früher nie bemerken könnt«. Da« Auftauchen und Verschwinden von Sternschnuppen und sonstigen glänzenden Meteoren war in diesem Mas derart außerordentlich häufig, sodaß man im Zu. sammenhang mit anderen in den Maimonaten früherer Jahr« ge machten Feststellungen wohl behaupten kann, daß um diese Jahre», »eit eine Glanzperiode prächtiger Htmmelserschetnungen ist. Aller, ding« zeigen st« sich meist am östlichen Himmel, ein Umstand, auf den man, wt« schon erwähnt, erst neuerdtng» aufmerksam ge- worden ist. Gleichwie am Himmel, so muß man auch auf der Erde neue Gegenden aufsuchen, wenn man wissenschaftliche Entdeckungen be stimmter Art machen will. Europa ist in geologischer Hinsicht voll- kommen durchforscht, und ,« gibt wohl kein» Gegend diese« Srd. teil», über die nicht genau, Karten und Aufzeichnungen existieren. Deshalb ziehen di« Geologen nnd Paläontologen jetzt in immer fernere Länder, wenn sie den Geheimnissen d«r Erdentstehung und der Entwicklung tierischer und pflanzlicher Formen au» langst ver gangen« Zeit« nachspür«« «olle«. In entlegenen Tellen Asten» und Australien», Südamerika» und Afrika» us«v. haben sie nun- mehr mit der wissenschaftlichen Durchforschung d«r o»rscht«d«ntn Erdschichten b«gome«t. E» scheint, daß tn»beso««r» Ost-Afrika / ß ,' » uns noch manche Ueberraschung darbieten wird. So hat der eng. lische Geologe Professor Andrew» di« Ostseite de» Viktorias««» durchzogen und an den verschiedensten Stellen Ausgrabungen ge macht, die «ine Anzahl merkwürdiger Tierformen zu Tage förderten. Bekanntlich find schon früher in Deutsch-Ost-Afrika ebenfalls ähnlich« Entdeckungen gemacht worden, die beweis«, daß hier einst vor Millionen von Jahren ein Tierretchtum herrschte, von dessen Größe und Mannigfaltigkeit wir un» kaum mehr eine Vorstellung machen können. Professor Andrew» fand insbesondere Knochen des Dinotherntum, eines Vorläufer» de» heutigen Elefanten, ferner Reste eine» Rhinozeros, da» aber durch merk würdige Kleinheit sich auszeichnet, Ueberbleibsel von riesigen Schildkröten und Krokodilen der verschiedensten Art, die zum Teil ähnliche Formen aufweisen, wie auch di« in Europa gefunden««. Es ist daher die Vermutung nicht ganz, ungerechtfertigt, daß ent weder in der einen oder in der anderen Richtung einst eine Aus wanderung von Tieren au» dem ein« Erdteil nach dem anderen stattgefunden hat, wie e» ja überhaupt al» feststehend erachtet werden muß, daß diese Erdteile nicht immer, wie heute, getrennt waren, sondern, daß sie einst eine zusammenhängend« Landmasse bildeten. Dies« neuen Tierfund« bilden somit eine« neuen Beweis in der Kette d« vielen Tatsachen, die den einstigen Zusammenhang zwischen Europa und Afrika al« unzweifelhaft erscheinen lassen. Wenn auch angesichl» derartiger interessanter Ergebnisse di« Vor liebe der Geologen für fremde Länder al» berechtigt erscheinen muß, so liefert doch auch da» nach jeder Richtung hm so genau durchforschte Europa noch häufig genug bemerkenswert« Auf klärungen über die Vorzeit. E» sei in dieser Hinsicht an ver schiedenen Ueberbleibsel von Urmenschen erinnert, di» man im Laufe der letzten ahrzehnt« gefunden uud beschrieben hat. Sie haben un» auch so manchen Aufschluß üb«r di« Lebensaewohn. heiten der menschlichen vorfahr«« g«bracht, Aufschlüsse, di« all«r> dina» noch in vieler Hinficht lückenhaft und deshalb ergänzuna»- bedürftig find. Ein« wichtige Ergänzung geben un» nun Fund«, di« kürzlich in Spantin gemacht «urd«n. E» -and« sich dab«t um Uebnrrst« «in«r Elefantenart, di« «an gemrngt mit Gerätschaften vorfand, w«lch« di« zweifellos« Spur« ein« durch M«sch« «folg»« V«mb«w«g «ftmchwt. Ma« hat bAh« an-