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Mittwoch, August 1V11 IIü« L000 »tlnti Idiimta. Rr.18S. Sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge o---.n.°-Mch.. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. v»- -»d »r die Inserat, verantwortliche fi«e vwtU. avtei-ge-bteeliibeN Malt«. Nraa». Sprechstunde der Redaktion mit Anrnahm« der Sonntag, nachmittag, von » Uhr. — Lelegrannn-Ndreff«! Lageblatt Nueerzgemcge Ferrchnecher LL. in Nu» i. Lrzgeb. Bei^e in Ane i Lrzgeb. Für unverlangt eingesandt» Manuskript» kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in, ksau, monatlich 50 0fg. Lei der Geschäftsstelle abgeboltmonatlich40pfg. und wöchentlich >0 Ofg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich >.L0 Mk., monatlich so Pfg. — Durch den Briefträger ftei ins Haus vierteljährlich >.42 Mk., monatlich «4 pfg- — Einzelne Nummer >o pfg. — Deutsch« Postzeitungskatalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. 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Der Eisenbahnerausstand in Liverpvl gewinnt an Ausdehnung. Bis jetzt streiken 4000 Mann. I»W- Mutmaßlich« Witterung am 10. August: Südostwind, heiter, warm, trocken. -WL Unschöne Kaurpfestveise. >0? Der ReichstagsaLgeordnete Raab verSffent. lich! in ld'.'in Schmalkald. Tagblatt einen Angriff gegen die Unter, zeichnung des Gründung-Prospektes der Komet-Maste. und Hebe zeugfabrik A.-G. durch den Reichstagsabg. Dr. Streife mann. Herr Raab nimmt an,/daß der Abg. Dr. Stresemann <rn diöser Gesellschaft finanziell beteiligt sei, und läßt auch durchiblicken, al, wenn dies der Fall sei bezüglich de, Anteil» a^ der Gründung. Insbesondere bringt er aber die Gründung dieser Gesellschaft mit den zu erwartenden Aufträgen der deutschen Reichsmarin« in Zusammenhang und erklärt «» für im höchsten Gvade unstatt- haft, daß Abgeordnete sich überhaupt an Gesellschaft«» beteiligen, die Lieferungen mit dem Reiche machen, da hierdurch der An schein erweckt «werden könnte, al, wenn diese Abgeordneten dann durch ihre Geschäftsinteressen Veranlaßt würden. für di« Am- schasfung der in diesen Fabriken hergestellten Produkte usw. ein- zutreten. Reichstag»abg. Dr. Strefemann schreibt un» zu diesen Angriffen: Wegen der Beteiligung an der Komet-Masten- und Hebe, zeugfabri'k A -G. ist vor mehreren Monaten Herr Rittergut«. besitze- Dr. Vollbor th im Auftrage de« Herrn Geh. Regierung» rats Seydel an mich herangetreten. Beide Herren sind mir persönlich feit langem bekannt und ich stehe mit ihnen in per sönlichem Verkehr. Ich habe die Aufforderung, mich finanziell an der Gründung der Gesellschaft lzu beteiligen öder in den zukünftigen Ausfichtsrat einzutr«ten, abgelehnt, naivem ich erfahren habe, daß Reichslieferungen Mr die Gesellschaft mit in Betracht kämen. Dagegen habe ich keine Bedenken ge tragen, nachdem ich mich persönlich durch Sachverständige über die voraussichtliche Geschäft-Prosperität de« Unternehm«»» und die technische BÄuutung der patentierten Erfindung unter richtet hatte, dem an mich gerichteten Wunsche, dem Gründung», ausschuß der Ge^ellschaf betzutreten, zu willfahren. Da ich in folge der erwähnten Ablehnung auch nichtdasgeringste finanzielle Interesse an der Entwicklung des Unter nehmens hab«, fallen auch die Unterstellungen des Herrn Raab in sich zusammen, als wenn Liese, finanzielle Interesse irgend wie meine Objektivität gegenüber der Stellung des Reiche» zu dieser Gesellschaft berühren könnte. Im übrigen ist gerad« aus dem Prospekt und den mir gemachten Darlegungen erficht, lich, daß die Gesellschaft ein weites Absatzfeld besitzt, auch wenn sie zu Lieferungen für das Reich überhaupt nicht herangezogen würde. Das geht auch daraus hervor, daß von den bisher gelieferten 77 Masten nur S an Reichsbehörden, dagegen 71 an Privatunternehmungen und an Las Ausland geliefert wurden. — Was die gegen den Prospekt selbst geltenL gemach ten Angriffe betrifft, so bemerke ich, daß dessen Abfassung an scheinend von einem*engeren Ausschuss« erfolgt ist, da ich zur Mitarbeit hieran nicht hevangezogen worden Lin. Die Per- sönlichkeit de« Vorsitzenden de» Ausschusses gab mir aber die Gewähr, daß hierbei mit der erforderlichen Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt verfahren würde. Wir möchten zu diesen Auseinandersetzungen bemerken, daß es Wirklich hohe Zeit ist, einer derartigen Mmpfesweis« gegen über einzelnen Abgeordneten «ntgegenzutretea. Psor kurzem haben sozialdemokratische Blätter in ähnlicher Weise versucht, die persönlich« Ehre des Abg. Dr. Arning herabzusetzen, indem st« davon sprachen, daß er aus den Mannesmannröhren gespeist würde, worin die Unterstellung liegen sollte, als wenn Dr. Ar ning sich Lei seiner Stellungnahme zur MaroNofrage von irgend welchen pekuniären Gesichtspunkten leiten ließe. Die Unterstel lung des Abg. Raab bewegt sich auf derselben Höhe. Für Herrn Raab liegen die Dinge von vornherein so, daß er ohne weitere» nur ein finanzielle» Interesse «»nimmt, da» in sehr anfechtbarer Weise befriedigt weiden solle, Während au« der Erklärung de» Abg. Stresemann hervorgeht, Laß hiervon nicht im geringsten die Rede ist. Daß der Artikel de» Abg. Raab im übriges lediglich ein, parteipolitische Spitze hat, geht auch darau» hervor, daß er in dem erwähnten Zusammenhang« -war Len Namen des Abg. Dr Stresemann hervorhebt, dagegen den de«, konservativen Land'agsabgeordneten von Böhlendorfs.Kölpin, der sich auch bei den kommenden Wahlen um ein Reichstagsmandat bewirbt, unterdrückt. Man sieht also, daß es sich Lei der von Herrn^iaab zur Schau getragenen Entrüstung nur um ein parteipolitWes Manöver recht gewöhnlicher Art hagelt. Zur Marottofrage bringen die SSchs. Pol. Nachrichten, di« Korrespondenz desKon - servativen Landesvereins, di« folgende Erklärung: Den Entschluß unserer Reichsregierung, gegenüber der Ver höhnung der übernommenen Vrtragspfltchten durch Frankreich in Marokko endlich unser« Interessen energisch zu wahren, ha ben mit weiten Kreisen unsere« Volles auch die Konservativen Sachsens wie die Morgenröte einer neuen Epoche ziel bewußter äußerer Politik begrüßt'. Es liegt hierin eine herbe Kritik der Haltung unserer auswärtigen Politik in den vergangenen Jahren, wenn jetzt schon die bloße Bekun dung dieses doch so selbstverständlichen Entschlusses in den natt- onalen Teilen unseres Volkes wie eine Erlösung von ei nem lähmendenDrucke begrüßt wurde. Di« wahrhaft deutsch fühlenden Männer verstanden es schon längst nicht mehr, wie man unserem Volle die Kosten einer so gewaltigen Rüst ung auferlegen und, gleichzeitig in fast allen Fragen äußerer Machtpolitik «ine Haltung etnnehm«n konnte, di« uns immer mehr in Gefahr brachte, in der Welt nicht mehr «völlig, ernst ge- nommen zu werden. Da» deutsche Voll kann von der Reich», vegierung verlangen, daß st« Li» -um Ende diejenige Festig, kett zeigt, die in einer solchen für unsere spätere Zukunft Le. deutsamen Frage unerläßlch ist und in einein Heere von fünf Millionen ausgebildeter und disziplinierter Streiter ihren Rückhalt fi ndet. Nicht nur reale Interessen, auch national« Imponderabilien stehen auf dem,Spieße. Mit Ver trauen Llicken wir auf die jetzigen Leiter unserer auswärtigen Politik. Gin großes Stück neuer deutscher Geschichte liegt zur zeit in ihren Händen. Die Kompensationen. Zur Beschwichtigung der französischen Kolonialpartei wird in Paris, wie der B. L--A. meldet, neuerlich betont, daß die vom französischen Kongogebiet zugunsten Kamerun» aLzutreten. den Gebietsteile weder Libreville noch L 0 ang 0 berühren, und daß auch die unmittelbare Nachbarschaft von Kamerun und dem belgischen Kongostaat endgültig ausgeschaltet ist. Immer- hin dürfe man durch die bedeutende Ausdehnung der Kipper und Wipper. (Nichd»»« »«»»»»».> Während im heutigen Deutschland da, Münzrecht streng g«. '«tzlich geregelt ist, herrschten im Mittelalter, was da, Geldwesen anbelangt, Zustände, wie sie haarsträubender kaum gedacht wer. den können. Die Gründe hierfür sind hauptsächlich in den da. maligen unglückseligen politischen Verhältnissen zu suchen. Da heilige teutsche Reich erfreute sich gar zu vieler Herren, di« fast alle Münzen prägen ließen. Befaßten sie sich nicht selbst damit, so gaben sie wenigsten» die Nutzung auf Zett, oder Erbpacht au», meist an Unternehmungsgesellschaften, da di« Geschäftsunkosten für einen einzelnen Händler -u bedeutend waren. Den Pach tern, die der Hofgerichtsbarkett unterstanden, da fi« ab» fürst liche Dienst, und Lehnsmänner aalten, wutds stet» «in herrschaft licher Mllftzprllfer zugeordnet, den man in erster Linie für et- waige Unregelmäßigkeiten verantwortlich machte, da» beißt — so lange e» im allgemeinen noch ehrlich /zuging. Al» aber bald nach Beginn de» dreißigjährigen Kriege» di« Not in! die Land« zog, die Fürsten beispielsweise für stehend« Heer« Au»gaL»n zu leisten hatten, die ihre Mittel weit übnLhrttten, gewannen Sknl. pellostgketi und Schwindel im Geldverlehr derartig di« OLerhand, daß e» mehr Sünder denn Gerecht« gab. Da di« Stände und Städte au» mannigfachen Veranlassung«» neu« Steuern v«rw,t. gerten, griffen nämlich viel, Landesherren zu einem »echt be denklichen Au»weg, um die leeren Schatullen wiedrr zu füllen. Den gesetzlichen Bestimmungen zuwi«r, vermehrten fi« zunächst die Münzstätten und verpachteten sie an den Meistbietenden, der ihnen außerdem noch «inen halbjährlich fälligen Echlagschatz ent. richten mußt«. Sin« ungeheuer« Aufreaung Lemächttgt, sich di», sethalb der Handel»tr«ib«nden, di« offen aussprachen, daß die fürstlichen Manöver unberechenbaren Schaden stiften würden. Leider behielten di, Pfeffevf«, recht. Al» nämlich da, echt» Silber anfing, knapp Pt «erden, verftelen di« findigen Münz. Pächter auf den genialen Gedanken, Kupfe, in Edelmetall zu wandeln. Die Zeit der Kipp« und Wipper brach «au. «Len. teuerlich aufgeputzte Individuen in Soldatenmonturen mit ro. tsn, selben oder blauen FeldLinLen um den Lew, den Degen an der Seite, di« wallend« Föder auf dem Lreitriimpigen Hut, kühn den Schnurrbart in die Höhe gezwirbelt, zogen im Lande um. her, rissen möglichst viel Geld, das noch nach den alten Reichs gesetzen geprägt war, an sich, kauften sämtliche» Kupfer, da» ihnen zu Gesicht kam, auf und lieferten da, Gange gegen gute Entlohnung an ihr« Auftraggeber, die Münzpächter, ab. Diese schmolzen die Ausbeute ein und stellten neue Mischungen her, die natürlich ganz und gar minderwertig waren. So heißt es in einem Volkslied au» jener Zeit: Man hat jetzt Gräschen, di« taugen nicht, Unser Heue hat da ein rot Gesicht, Die Thal» weinen rot« Augen gar sehr, Eine rot« Ras' hat auch unser Herr. Di« Bauern lachen, da» ist der Herr« nicht, Solch Bild hat nur di« »Kipp -urtcht. Seh, bald erkannt« da» Volk den Betrug, und di« neu«n Münzen fielen geradezn unheimlich im Kurse, während für da, alt« Geld zeitweise sogar mehr Lqzahlt wurde, al» sein eigentlicher Wett es rechiferttgt«. Dieser ZustaNd hätte fast eine Auslösung aller gesellschaftlichen Institutionen bewirtt, denn nun war ja der Wog gezeigt, der zum Reichtum führt«. E» galt nur, di« neuen Taler im Ausland« gegen da» dortig« gut« Zahlung,mit. tel umzutauschen und diese» in Deutschland wieder mit dem Kur nutzen zu wechseln. Da» Geschäft macht« sich zunächst, denn di« arglosen fremden Landbewohner nahmen willig di« schön«», Lian- ken Siwerstück«, namentlich wenn sie dies« billiger erhielten. War der ganz» Handel schon an um für sich verabscheuenmvert, so «utdo er dadurch noch beschämender, daß ihn nicht nur zwetfel. haste Element«, sondern auch fetngebildet« Leut, in Szene setz, den. Aerzt, verlteßen ihre Patienten, Juristen ihren Klienten, Pastoren flüchteten von der Kanzel, Offizier» desertierten von den Reatmentern, da» Gelbfieber grassiert« und fordert« überall sein« Opfer. Endlich sprachen di» «»»ländischen Regierungen »in Machtwort: da» uoue deutsch« Gold wu>d» aus d«a Inti«, -«fotzt. Ergriffen die Behörden einen Wechsler von Beruf, so lochten sie ihn kurzerhand ein oder verabreichten ihm eine tüchtige Tracht Prügel. Da» half.' In Deutschland ging dafür alle» drunter und drüber. Nie mand veupürte die geringste Lust, dte neuen Münzen yu ihrem Nennwerte entgegrnzunehmen. Vorerst streikten di« Staat— und städtischen Beamten, die sich erst dann zufrieden gaben, al» ihre Gehälter erhöht wurden. Hierauf schraubten di« Hand wetter die Preis« in die Höhe, wa» natürlich in der Bürger» schäft den lebhaftesten Unwillen erregt«. Endlich weigerten sich die Metzger überhaupt, da» geschlachtet« Tierfleich herzugeben. Da, schlug dem Fasse den Boden au». In vielen Städten kam e» zu ernsten Unruhen. In Dinkelsbühl sammelten sich die Ein. wohner auf dem Rathausplatze, wo fi, dte wildesten Verwünsch, ungen gegen di, Behörden ausstießen und dies« aufforderten, dte Münzpächter de« Lande» zu verweisen. Die Antwort bestand darin, daß die Stadiwach« einfchrttt und die Sprecher de» Vol- ke, zu verhaften versuchte. Aber di» Bürger ließen nicht mit mit sich spaßen. Dte Soldat«» wurd«n überwältigt und mit Ru. tenstreichen au» der Stadt htnausgejagt. Els Ratsherr«» ent. setzte man de« Amte«, di« übrigen durften in ihren Stellungen verbleiben, nachdem sie öffentlich kniefällig um Verzeihung ge beten hatten; dem Bürgermeister, dem es gelungen war, unbe merkt zu entkommen, plündert« der Pöbel di« Wohnung au, und vernichtete da», wa» «r nicht mitzuschlrppen vermocht«. Noch schlimmer hausten di« Frattk»nst«in«r in ihren «igenen Mauern. Nachdem st« die Widerstand leistend« Polizei entwaffnet hatten, ersuchten fi, den Nat der Stadt, «in Dekret zu erlassen, in dem die Fletscherzunft sür ihr volksfeindlich«» vönehmen für vog«l. frei «rklärt wurde. Di« bedroht« vehürd« willfahrt« in ihr« Angst auch wirklich dem g«st«llt,n verlang«», worauf man die M«tzg«r kurzerhand d«s Vieh« -«raubt« und di« ehemaligen Li. aentümor, so «eit st» sich «rwtschen li«h«n, mit de« Gttlsrmttster, Tochter Hochzeit mach«» Ntzß. — Vtt ttn«m Magdeburger Auf. rühr verloren W0 Personen da» Leben, während zehn Häuser den Flamm«» zu» Opfer ft«l«n.