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DvtmerSraq, 7. September Ivll öestk L000 nßlisi, Nmisi« Nr. LV8. Sechster Ja-,q««ß. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge k-itz RrnftoiU <«r )nsek^tk i nn^itl^ch! Bei>-l- mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Nnenahme der Sonntag« nachmittag, von st—» Uhr. — Lelegrannn-Ndreffe! lageilatt Nueerzgeo cp.t F«rnh>recher »s. Für unverlangt eingesandte Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck and vertag üoee Vkvclt- u.vtkidg»^«Ul«jiak m. b. si. in Nu« i. Erzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Paten frei inr ksau» monatli» ^npfg. vei der Geschäftsstelle abgeboltmonatlich stopfa. und wöchentlich ins>fq. — Bei der Post bestclli und selbst adgchol: Viertels chrlich >.»o Mk., monatlich «0 pfg.— Durch den Briefträger ft ei in» Bau, vierteljährlich i.-r Mk., monatlich «st pfg. - Einzelne Nummer fo Pfg. — Deutsth«r Postzeitungrkataloa. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Insertion,prei,: Vie fiebengek-altene Rorpuszeile oder deren Raum für Inserate au, Rue und den «Ortschaften dei Bmtrhauptmannschast Schwarzenberg ,o pfg., sonst >s pfg. Reklamepetitzeile r» pfg. Bei größeren Abschlüssen ent- brechender Rabatt. Annahme von Anzeigen b„ spätesten, -'ft Uhr vormittag». Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn st» am Lag« vorher bet un» Angehen. »«l« «a«e<, »M, Da» Wichtigste »sm Lage. Wie bei seinem Eintreffen in Kiel hielt de, Reich»- kanzler v. Bethmann-Hollweg gestern nach seiner Abreise de» Erzherzog» F?an, Ferdinand dem Kaiser einen längeren Vortrag. In Stettin wurde auch gestern wieder di» Spar kasse von ängstlichen Sparern gestürmt. Seit Son- nabend sind run d 1400000oft ab ge h o benwn»den. ck Der österreichische Reich»krieg»mtntster von Schü- naich hat seine Demission eingereicht. Die Sntschei- düng darüber wird bereit» in den nächsten Tagen fallen. » Ingenieur Richter ist gestern von Saloniki über Bel grad und Wien nach Jena abgereist. Sein Befin den hat sich bedeutend gebessert. Ein noch nicht bestätigte« Gericht besagt, daß die monar chistischen Verschwörerin Portugal «ing«. fallen seinen, um da» Land für die Monarchie zurück- zu erobern. Pie Anhänger de« früheren Schah« von Persien sollen am Montag in der btäh» von Leheran eine entschei dende Niederlage erlitten haben. IE- Mutmaßlich« Witterung am 8. September: Südweft. wind, heiter, etwas wärmer, vorwiegend trocken. -Wc Spiele nicht mit Schießgewehr. Jenseits der Vogesen führt jetzt Herr Delcasss das große Wort. Was ist ihm gegenüber der Kabinettschssf Eail- laux, ja sogar der Präsident Fallitzresl Sie find allem Anschein nach nur Marionetten in der Hand de» jetzigen Marine- Ministers, der di« Richtung der Gesamtpolitik beeinflußt. So wohl zu eigner Gloriole wie Auch um mit dem Säbel zu rasseln, hat er in Toulon .eine große Flotten para de abgehalten, zu der der Präsident erschien und einige patriotische Worte spre- chen mußte. Von der Rede de« Herrn Falltdr « » gewinnt man fast den Eindruck, äls wenn da« Manuskript der Ansprache von Herrn D lcasss «wst herrühre. Denn der gute Fallisre» ist «in sehr ruhiger Mensch, und,man hat noch niemals von ihm Wen- dung«n gehört, in denen davon gesprochen wird, daß man den Möglichkeiten der Zukunft di« Stitn bieten müsse ohne Gefahr de« Mißerfolg«,. Mag man dir Bedeutung der Wort, auch nicht gar zu hoch -'inschützen (denn bet dergleichen.Gelegen heit kann r» an patriotischen Worten nicht fohlen, und auch drt un» in Leu schland sind ähnliche Ausführungen bet solchen Der- anstaltungen nicht au«g blieben), immerhin -aber hatte man in Toulon nicht vergessen dürfen, inwelchem Augenblick ein, derartige Sprache geführt wird. Am selben Tage stad die Ver handlungen zwischen Deutschland und Frank ri ich wieder ausgenommen worden und es liegt auf der Hand, daß ein« so'che Sprache gerade nicht .dazu dienen kann, dies« Ber- Handlungen günstig zu beeinfluss«». Denn dergleichen Ein- schüchterungsversuche, wie sie von Frankreich au» ge- macht werden, können nur da« Gegenteil von dem, <wa« man dort beabsichtigt, Hervorrufen: die Lust, Frankreich Entgegen» komm?» zu zeigen, znutz dadurch auf «in Minimum reduzier» werden, wie auch die ohnehin schon in der deutschen Ration herr schende Mißstimmung gegenüber Frankreichs anmatzendes Auf treten neue Nahrung finden muh. Wie groß die Spannung ist, die gegenwärtig in Deutschland herrscht, beweisen die verschiedentlich kursierenden politischen Ge. rücht« und solche über eine Mobilmachung, Abbruch der Manöver, ja sogar Ansturm auf Sparkassen. Da« ist eine Nervosität, deren Bedeutung .nicht unterschätzt werden darf. Gewiß werden die leitenden Stellen da« kalt, Blut nicht verlieren, ab«r st, können an der Dolksstimmung nicht so ohne weil,re, vorüb rgehen. Freilich wird man dabei nicht nach dem Rezept der Franzosen verfahren, wo hochstehende Persönlichkeiten sich nicht scheuen, Oel ins Feuer zu gießen. Herr Delcaffs erklärt Miar, er habe mit der Flottenparade nicht bluffen, sondern dem Lande nur zeigen wollen, wie groß die Kriegsbereitschaft der französischen Flotte sei. Am letzten End« läuft das aber auf dasselbe hinaus, der Gedanke liegt sehr nahe, daß der französische Marineminister ein Gegenstück zur großenKieler Flottenschau — aus gerechnet einen Tag vor dieser I — habe inszenieren wollen Herr DelcassS fühlt Oberwasser, genau.wie vor Algeciras. Wenn er's weiter so treibt, kann ihn leicht dasselbe Schicksal eireichen, denn im letzten Augenblick wird man an der Seine sich doch die Sache noch einmal überlegen und -sich von Torheiten zurückhalten, di« verhängnisvolle Folgen nach sich ziehen könnten. Im Inte- .resse der Erhaltung des Friedens wäre es aber dringend zu wün schen, wenn das chauvinistische Treiben recht bald aufhörte, es könnte sonst sehr leicht ein Ende mit Schrecken kommen. die marokkanische Krage. In dramatischer Spannung erwartet man den Höhepunkt der Entwicklung eine» Schauspiel« von welthistorischer Bedeutung. Lärmend und mit kriegerischen Gesten tummeln sich tm Vorder grund« der Szene mehr al« Zwischenaktechelden dH» Drloasss und Genoffen herum und erzählen dem staunenden wie hem ilächeln- den Publikum von den gefüllten franzMschm MunitionMsten. AVer auch der gemütliche Präsident Fallisre» nimmt «in, fiter- ltch« Miene an, um zu verkünden, dich Frankreich, dessen Marin» immer auf der Höhe gestanden.(wie«, scheint, sogar unter Pelle, tan), orodipret sei. Im Gegensatz zu diesem Lklde steht man Deutschland ruhig und wükdtg. Jmvollen vewußts-ein der Verantwortlichkeit, die auf den Männern lastet, die in entscheidender Stunde die Ehr« und dieL « L » nstnt» r- efsen der Nationzu wahren haben, werden, wie man,an- n hmen muß, alle Maßnahmen getroffen, um den Herausforde rungen der Feinde begegnen zu können, die trotz aller Renom mistereien, trotz der vielen Allianzen und Gnöenten, di« seit Jah ren geschmiedet wurden, ihrer Sache keineswegs sicher zu seisn scheinen und an die Kinder erinnern, di«, um ihre Angst zu Lan nen, im Dunkeln ein laute« Lied fingen. Von Deutsch land« Fe stigkeit hängt in diesem Augenblick sein» Zukunft und der Friede der Welt ab. Zeigen wir Schwäche, so gewin nen wir vielleicht eine Ruhepause, so wiird man zwar mo- mentan in den Kreisen derer, di« in verblendeter Kurzsichtigkeit zufrieden sind, wenn wieder eine Zeitlang fortgewurschtelt wer den kann, da» Lob friedliebender Staawmmrmr anstimmen, aber uns-r Ansehen müßte dann überall in der Welt sinken, und di« Feinde würden, ermutigt durch unsere Nachgiebigkeit, den IKrei» um uns immer enger ziehen und in den versuchen fort fahren, untere inneren Kräfte zu mindern. — Die neuesten in der Marokkoangelegenheit heute früh vorltegnden Meldungen lauten: , Kein« neuen Unterhandlungen gm Mittwoch, — Am gestrigen Mtttwpch hat, entgegen anderweitigen Mel- düngen, eine Unterredung Mischen dem Staatssekretär o. Kider- len-Wächter und dem französischen Botschafter CamLon nicht stattgefunden. Der Reichskanzler kehrte erst gestern abend 8H Uhr von seiner Reise au» Kiel zurück. Heute, Donner»tag, vor mittag wird eine.Aussprache Mischen ihm und dem Staatssekre tär v. Kiderlen-Wächter stattfinden. Der Reichskanzler verläßt noch im Lauf« des heutigen Tages Berlin, um.sich nach seinem Gut« Hohenfinow zu begeben. Di« Nächst» güsammen» Richter» Leide« ««ter den RSuderv. Bei seiner Familie in Jena ist am Dienstag Morgen eia Brief Richter« an seine Mutter eingegangen, in dem er eingehend sein« Befreiung und die erduldeten Leiden schildert. Gleichzeitig hat Richter am Montag dem vertrete, der Frankfurter Zeitung in Saloniki die erste ausführliche Schilderung seiner Gefangen, nähme und der Seidenszeit, die er durchzumachen hatte, gegeben. Wir geben beide Schilderungen hier wieder und lassen zunächst den »rtfi Richter« an sein» Mutt», folgen. Er hat folgenden Wortlaut: Saloniki, S1. August 1911. Mein« liebe Mutter! In der Nacht vom 22. zum 2S. August haben mich die Räu ber fretgelassea. Die näheren Umstände der Freilassung waren derart, daß w fraglich «ar, ob ich den nächsten Morgen er- leben würde. Aber mein» zähe «Konstitution, meine georara- phischen Kenntnisse und da» Glück schützten mich. Am 2S. früh zwischen v und S Uhr erreichte ich zu PftHe da» Städtchen Gl aff» na. während der letzten Met Stunden hatten mich ein Hauptmann und sechs Soldaten Lieglettet. An Slasson» wurde ich sofort aus Wunsch zu den bmden dort zufällig an wesenden Generalen geführt, v, dich» furchtbar» Ungewißheit «egen meiner Frau. Es lagen so viel» Anzeichen darüber vor, daß st« in den Händen der Räuber sei, daß ich mein» Sorg« trotz d«, mir in Saloniki voraelegten Schriftstück«, st, fet in Aena, nicht Lannen konnte. In Glassona -ing mein Leben nur noch an einem schwachen Faden. Mein Befinden war infolge der SntM-rungen, Gram, UeberaMtrengung auf der Flucht, großer Hitze und Furcht vor den RäuLnn derart depsinttert, daß iS glaubte, Saloniki nicht mehr Mm- si» »r- ,sichen. Li« dortigen vffisim» taten alle», «a» st» konnten, zu meinem Wohl; aber « wa, nicht da» «Ml*- Die Sol- baten bekundeten große Freud» über insin» Rückkehr. Fünf. «Ln Bataillone Latten dvet «»nut» nach mir unter arößten Anstrengungen vergeblich gesucht. Bald nach meiner Ankunft erschienen «ine grotze Zahl -Einwohner von Koktnopol, dar- unter der gute Mann, Lei dem ich gewohnt hatte, um mich zu sehen und mir die Hand zu drücken. Di« Leute müssen den drei Lis vier Stunden weiten Weg gerannt sein. In der Nacht vom 28. Li- 27. August reist« ich in einem geschloffenen Wagen ab. Abend« 8 Uhr erreichten wir da« Städtchen Kozane. War ich bisher in meiner Freiheit nur durch die Räuber, die nach träglich nach meinem Leben trachteten, bedroht, so gesellte sich jetzt noch ein neuer Feind hinzu: die Cholera. In dem Hotel, <«o wir LlieLen, lag sin Kranker. Er starL am nächsten Tage und da» Hotel wurde geschlossen. Am folgenden Lag, konnten wir nicht.«eiter reisen, da keine Pferde zu haben waren. Die zweit» Nacht wutde in sine, elenden Herberg« verbracht. Mir wurden tm Namen der türkischen Regierung 1080 Piaster al» Reisegeld übergeben. Während der Nacht vom 29. zum SV. August wurde Kozane wiwer mit Wagen verlassen. Wir hatten nur »in, sehr geringe Scheckung. E, gibt Mei Weg», um von Ko-an» bi« Eisenbahn Galontkt-Mo- nasttr zu erreichen: nach Karapherie, von wo «» etwa zwei Stunden Lis zur mazedonischen Hauptstadt ist, oder nach Soro- vtch, von dem di» Bahn in fünf Stunden nach Saloniki führt. Mr hatten den ersteren weg gewählt, obwohl er schlechter, länger und unsicherer «ar, «eil er un» kein» Quarantäne auf. nötigt». Bereit» nach einer halben Stund« faß der wagen fest. Sin« Band» Ritt» un» mit Letchtigksit sicher ausheben können. Leohalbgingen wir nach Kozane zurück und schlügen den bequemeren weg sin. Am 4 Uh« nacht, telegraphierten wir an dle «»Höch», daß wir unseren Plan geändert haben. Mr erreichten rechtzeitig den Zug. In Ostrorva mußten wir 24 Stunden in Luarantün» «fiben. Hin wurde ich von den verschiedensten Selten auf» freundlichst, begrüßt. Schuldirektor Sigmund au« Saloniki begrüßt, mich al» Per- trete, ffinn L»nd»l«tt». H»n Giammck Latte bewii» nach ml, gefahndet und war durch die mdmspwcheikden Nachrichten bald Üierbtu. Lald dorthin aehfitt «ordwr. Der «abnhofsvo,. sicher bestimmt«, daß der Zug solang« halten sollt«, Li, der gerettete Deutsche sich.fattgetrunken habe. Saloniki wurde abend« erreicht. In Saloniki wurde ich in «in deutsche» Heim geführt. Herr Jenny, der Präsident des deutschen Klub« in Saloniki, gewährte mir Gastfreundschaft. Die ganze Familie war um mich bemüht. Ich hätte -sine Hesse« Pfleg« finden können. Ich hab« nun mehrere Tage, ich weiß noch nicht wie lange, Verhandlungen mit dem deutschen Konsulat und den türkischen Behörden zu pflegen. Bezüglich der Heimreise kann ich augenblicklich noch gar nicht» Bestimmte» sagen, aber du wirst, sobald die» entschieden, Nachricht darüber erhalten. Bevor ich nicht in Jena bin, ist noch nicht alle Gefahr über standen In der Hoffnung, daß du die schwer« Zett ebenso gut ertragen hast wie ich, und deine Gesundheit ebensowenig «in« dauernde Schädigung «litten hat, wi« die meinige, schließe ich heut« den Brief. Mit aller-«rzlichsiem Gruß Dein Eduard. M In einer Nachschrift -sißt a»: Nachdem dlcher Bries geschrie ben, hab« ich sin Telegramm «Halten, da» unendlichen Jubel in meiner Seel« erweckt«, denn es überzeugt mich, daß Oltnga tn Jena und nicht in der Gewalt ver Räuber ist. Liebe« Mibl Deinetwegen -ab, ich furchwar gelitten! jetzt ist «ein Befinden mit einem Schlag« viel Lesser. Richt«, übe, sein« Leide« tu de» Gsianaeuschaft. Am Montag hatte der Vertreter der yrankf. Ztg. in Salo- ntti Gelegen-fit, Richter über hin« Gefangennahme und di« Leiden in der Gefangenschaft zu sprech»«. VÜchtm erzählt, dem vertret,, fotzende»: weil ich mich im OlymnGebirg« des ge fallenen Neuschnee, -alber Mit Tag» in Koktnopel aufhalt«, mußt», benutzt« ich den 27. Mai zu siiwr Rekognoszierung in Vst Umgegend, wobei mich vier Gendannen ff .7/. ließen jedochauf sichwart^r. GMHliG «rtz» ich di»Z und masichtmW mit den astdmn Leid«» lo». Di« mchattz ließ ich sä, nachfickommen. wühmtzd oteHakb de» Dofiw, erfolgt« dm U »L«, »and«, «absi di« tödlich Ottmstsim» i