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Montaq, 28. Augnft 191t llü« LY00 rMiIr Nr. l9 >. Sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur frlt, Ni-nkolrl. zür die Inserat« verantwortlich- Malter Ri-»»». Beide in Ane l. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Nusnahme der Sonntage nachmittags von -t—s Uhr. — Telegramm-Ndreffe: Tageblatt Nueerzueo.cge Fernsprecher ss. Für unverlangt eingcsandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag lluee druck- u. verlagr-Settliscli-lt . M. b. in Nue i. Lrzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich c>n p>fg. 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Am Dienstag werden die V e r h a n d l un g e n zur Ver ls 1 n d e r n n g der Aussperrung in der Metall« l >1 d n st r i e wieder ausgen 0 111 m e 11. Zur Teilnahme an der in llvsala st.ilifindenden ltt. all« geineincn lutherischen Konferenz sind 8 01) d c u l s ch c T e i ln c h in er aus d c in W e g e nach Upsala. «k Heute vor 25 Jahren hat in Franzensbad die bedeut same Begegnung zwttchen F 11 r st Bismarck und dem russischen Ministerpräsidenten Giers statt- funden. sh- Nach dem Abschluß ter österreichisch-ungarischen Flottenmanöver holErz be" z 0 g Franz Ferdinan d einen Man ö »da beseh I erlassen, worin er seine außerordentliche Befriedigung liber das Land ungs Manöver und seinen Dank ausdrücktc. Ingenieur Richter soll gestern Abend von Ellcsiona noch Saloniki n b g c r c i st sein. Ein Pariser Redakteur ist Sonnabend nach Paris zurück- gekehrt, nachdem er eine R e i s e u m die Welt in 39 Tagen 19 Stunden 43 Minuten zurück- gelegr hat. Jldam meldet, der türkische Thronfolger überbringe dem Deutschen Kaiser ein Handschreiben des Sultans, worin auch der Dank für die herzliche Aus nahme der türkischen S t u d i e n ko m m i s s 10 n aus gedrückt ist. * Ja Amerika drohen bei verschiedenen Eisenbahn- gcsellschaften Streiks auSzubrcchen. IE- Mutmaßliche Witterung am 29. August: Keine Witte- rungsvcräuderung, sehr warm. "Wrl Fest -leiden! 'M Die Kölnische Zeitung weist in einem Leitaufsatz auf dieäußerst crregteStimmung unter einem großen Teil d r deutschen Parteien hin, in der siel) die seit Jahren erwach sene Anschauung ausdrückt, daß Deutschland wesentlich durch Schuld seiner Diplomatie in jeder internationalen Verwicklung von vornherein als der zurückweichende Teil ge kennzeichnet sei. Es wäre besser, wenn die deutschen verantwort lichen Stellen rechtzeitig di« Ordentlichkeit in gebührendem Um fange über den Verlauf der deutsch-französischen Unterhandlun- gen unterrichtet hätten, die anscheinend auf einen toten Punkt angelangt seien. Die Kölnische Zeitung ist weiterhin der Mei nung, daß wir 'die Dinge an uns herankommen lasten könnten, zumal der durch die jetzige Verhandlungssxiuse bedingte Aufschub die Möglichkeit gewähre, die öffentliche Meinung in Deutschland sich klären zu lassen. Wir können unsererseits zunächst die Aus fassung der Kölnischen Zeitung durchaus unterstreichen, daßdt« Stimmung in allen national empfindenden Kreisen des deutschen Volkes äußerst erregt ist. Dir unverhüNtcn Drohungen leitender englischer Minister, die anmaßende und provozierend« Sprache offiziöser französischer Zeitschrif ten, wie d< r France militaire, lasten in.manchem die Frage ent- stehen, 0 b da 0 Ansvh 0 n de 0 D« utschen Netche 0 denn in den letzten Jahren eine merkbare Einbuße erlitten habe, so daß man sich ein« solche Sprache gegenüber dein Deut schen Reiche überhaupt herausnchmcn dürfe. Man.wird an da» Wort Bismarcks von denJmponderabilienderVolk». seele erinnert. Kein Diplomat darf an solchen Volkregungen achtlos Vorbeigehen oder sie mit dem Ausdruck Stimmung und Stimmungsmache abzutun versuchen. Im Frieden und im Krieg wird d i c Regierung am besten bestehen, deren Handlungen von dem Empfinden des Volkes getragen werden, zumal.wenn «» iiui umdie Teile des Volke, handelt, di« btHer, wenn es sich um nationale Fragen handelte, die Wahlschlachten für die Regie rung geschlagen haben und in ihrer .Gesinnung das beste Bollwerk gegen eine zunehmende sozialdemokratische Stimmung im Volte bilden. Gerade in diesen Kreisen aber betrachtet man die politi sche Situation als ernst, für das Ansehen des deut chen Volkes »nd Reiches unabschätzbare Gefahren in sich bergend, und diese Anssassung ist durchaus begründet. Wir zweifeln nicht da ran, daß diese Auslastung sich in elementarer Weise auch im Reichs tage geltend machen wird und da ß kein A b k 0 m in e n A u s - s i ch t a u s G e n e h in i g u n g d e s N e i ch s t n g e s h a t, d a s die deutschen Interessen in Marokko prelsgil> t und dieses sclbst an Frankreich a u s l i e s e r t. Man mutet uns, wie angeblich offiziöse Darlegungen der englischen Presse zeigen, zu, Franlreich völlig sreie Hand in Ma rolko zu lassen und gegen ein Protektorat Frankrcichs in Marokko keinerlei Einwendungen zu erheben. Dafür solle uns ein gewißer Teil des Kongos abgetreten werden. Wir verwahren die deutsche Diplomatie aus das Entschiedenste da gegen, daß sic daran denken könnte, sich auf einen derartigen Handel einzulasten. Die Abtretung französischen Gebietes an das Deutsche Reich ist eine Kompensation für die skrupel los Verletzung der Algecirasakte durch Frankreichs Forderungen auf Fez und sein ganzes jetziges, den internatio nalen Abmachungen widersprechendes Auftreten im marokkani- .phe'l .Gebiet Bestreben des, DpLjLchAM.eich.es. dahin gehen, jein« -wirtschafilichen Interessen ui Marvttom^h'r als bisher zu schützen, dem Treiben der französischen duic-nnx nanlx-n entgegcnzutrctcn, für eine allen Nationen gerecht wer dende Erschließung der marokkanischen Wirtscl-aftsschntze zu sor gen nnd Handel, Eigentum und Leben der Deutschen in Marokko zu schützen. Für dieses Programm gibt es zwei Wege: entweder die tatsächliche Wiederherstellung der Unabhängigkeit Maroklos unter Gewährung unantastbarer Garan n durch Frankreich oder eine Abgrenzung der politischen Jnleregänsphäven, bei der das Deutsch? Reich seine Ansprüche nach Maßgabe seiner Stellung in der muselmännischen Welt geltend zu machen hat. Gerade diese letztere Stellung macht ein Aufgeben der deutschen Inter essen in Marokko zur Unmöglichkeit. Erst in den letzten Tagen haben marokkanische Kaids im Süden um den Schutz des Deut schen Reiches ersucht, und wir betrachten es als selbstverständlich, daß diesem Ersuchen entsprochen wird. Das Wort von dem deut schen closiniarassament in Marokko ist auch, wie wir ausdrücklich lscststellen wollen, niemals von deutscher offizieller Seite gefalle», sondern von deutsclM Zeitungen der französischen Auffassung gewissermaßen zu der international anerkannten zu machen. So liegen heute unseres Erachtens die Dinge. Ob über diese Fragen eine Einigung sich erzielen läßt, vermögen wir nicht zu beurteilen. Wir können warten und inzwischen unsere Kriegs schiffe vor Agadir liegen lasten. Jedenfalls hat aber das deut sche Volk seine Meinung deutlich dahin kundgegeben, daß es ein Zurückweichen der Regierung vcor den Drohungen englischer Minister oder französischer Chauvinisten als eine nicht wieder gutzumachende und unverdiente Schmälerung seines An sehens und seiner Stellung in der Welt ansehen msirdc, deren Folgen sich in ganzem Umfange erst in der Zukunft er v essen lasten würden, da die Ausgabe unserer Stellung in Marotte nch das Ende jeder großzügigen Weiterentwicklung deutscher koloni satorischer Tätigkeit sein würde, auf die wir als wachsendes Volk aus wirtschaftlichen und nationalen Gründen angewiesen sind. Nicht um Marokko handelt es sich jetzt allein, sondern um die Frage der weltpolitischen Stellung der führen den Kulturvölker, die für die Zukunft entscheiden wird. Eine Milliardenlast hat das deutsche Volk jahrzehntelang auf sich genommen, um sich in Heer und Flotte eine Rüstung zu schaffen, die der Erhaltung des mit den Waffen gewonnenen Deutschen Reiches und d«r Aiahrung seiner Interessen gelten sollte. Man wird im Volke erwarten dürfen, daß das Schwergewicht dieser Rüstung auch bei diesen Verhandlungen In die Wagschalc gc. morsen wird, und man täte auch im Auslände gut, darauf Rück sicht zu nehmen. (Siehe auch den Ariilel in der Vellage.) Portugals erster Präsident. Durch die nunmehr vollzogene erst« Präsidentenwahl ist in Portugal die Umwälzung, die im Oktober 191« mit der Ver treibung des Königs begonnen hatte, endlich zu einem formellen Abschluß gediehen, Dr. Manuel d' Arri« ge, der den bis herige» provisorischen Präsidenten Theophil Braga ablüst, ist mit 121 Stimmen von der Rationalversammlung gewählt wor den. 86 Stimmen sielen aus den vorherigen Minister des Aus wärtigen, Machado, der eine Zeitlang die meisten Aussichten hatte. Machado hatte aber durch einige Vorfälle Liplomai sicher Natur viel Ansehen verloren, sodaß sich vor «twa einer Woche da» Blatt zu seinen Angunsten gewendet har. Auch wußte man, daß Machado, wenn er zum Präsidenten gewählt worden würde, seinen Freund, den sehr radikalen und nicht allzubeliebten Justiz- . Minister Alfonso C 0 sta, zum Ministerpräsidenten ernennen und mit der Bildung des neuen Kabinetts betrauen werde. Die "' ich! Ai ringas bedeute! deshalb auch einen Triumph des gemä ßigten Flügel" der repul'iranischen Partei, der von dem Minister der öffentlichen Arbeiten, Camacho, dem Minister des In nern, de A'meida, und dem Marineminister, Gomez, geführt w rd, währ nd Machados Kandidatur von den radikal«» Repu blikanern unter Führung Costas und des Kriegsminister.s Bar- re'o unterstützt.worden war. Ursprünglich wurden drei Namen für den Präsidentenposten genannt, und zwar der Minister des Auswäctigen Machado, der Präsident der Nationalversammlung Braamtamp Freire und Magelhaes. Stach dem Ausscheiden der beiden letztgenanntem aus dem großen Nennen, waren nur noch zwei ernsthnste Bewerber übrig geblieben, die Parteiführer Ber nardino Machado, die Seele der Revolution, und Manuel d'Ar- riaga, der sein ganzes Leben lang für die republikanischen Ideen gekämpft hat. Der neue Präsident ist ein Mann von 78 Jahren und war im bürgerlichen Beruf meist als S(echtsanwalt tätig. Von der provisorischen Regierung wurde er zum Generalstabsanwalt, wel chen Posten er seit dem ü. Oktober 1910 bekleidet, ernannt. In früherer Zeit stand d'Arriaga zu der königlichen Familie in Ve- Ziehungen und erteilte dem ermordeten König. Carlos sowie "besten BMer, dem jetzt verbannten Herzog von Oporro, König Manuels Onkel, Unterricht in der englischen Sprache. Später glaubte er diese Tätigkeit mit seiner republikanischen Gesinnung nicht mehr vereinbaren zu können und brach deshalb die Be ziehungen zu dem Königshaus«: ab. d'Arriaga, der durch seine Geschüstssührung als Geueralprokurator das Vertrauen weiter Kreise erwarb, lebte bisher in bescheidenen Verhältnissen. Sein Sohn, der früher ebenfalls Rechtsanwalt war, ist kürzlich zum Konsul ernannt worden. Nach der Verfassung wird die Amts zeit des, Präsidenten vier Jahre dauern und «ine Wieder wahl ist ausgeschlossen. Das Parlament hat die Bezüge des Präsidenten auf 80 000 Mark Gehalt und 26 000 Mark Repra- sentationsgelder festgesetzt. Dem Präsidenten ist kein Palast als Amtswohnung angewiesen und seine Familie genießt bei offi ziellen Veranstaltungen keinerlei Vorzugsstellen. Soweit bisher bekannt ist, verlief die Präsidentenwahl kN größter Ruhe, die befürchteten Zwischenfälle sind also anscheinend unterblieben. Nach der Wahl d'Arriagas überreichten di« Mit glieder der provisorischen Regierung dem neuen Präsidenten ihr« Demiision, die auch angenommen wurde. Die bisherigen Mi nister werden jedoch bis zur Wahl ihrer Nachfolger ihre Porte feuilles beibchalten. Wahrscheinlich werden einige Mitglieder des alten Kabinetts auch dem zu bildenden neuen angchören. Bei dem hohen Alter d'Arriagas ist nicht anzunehmen, daß der neue Präsident die Rolle spielen wird, die dem energischen Ma chado sicher Zugefallen wäre. Vermutlich wird d'Arriagas die Führung der Regierung ganz seinen Ministern überlasten und sich auf die Erfüllung seiner Rcpräscntationspflichten beschrän k'» Sein Amt hat d'Arriaga bereits angetreten, weil nach er folgter Wahl die neue Verfassung sofort in Kraft getreten ist. «k Die Bildung des portugkestschen Kabinetts. — Die Bildung der neuen Regierung, die ganz aus gemäßig ten Elementen bestehen wird, wird frühestens für den heutigen Montag erwartet. DieStreiks dauern ohne Aussicht auf bal dige Lösung an. Die neuen Kammerpräsidenten in Portugal. — Farbes Besse wurde an Stelle Vraamcamps zum Vor sitzenden der Dcputiertcnkammer gewählt. Vraamcamp wurde Senalspräsident. lieber die Skgierung ist noch nichts bekannt. Sie besteht lediglich aus gemäßigten Elementen. Politische Tagesschau. - Aue, 28 August. * Zu den gesetzlichen Arbeiten, die den ncuzuwählendcn Landtag sür E l s a ß-L 0 t h r i n g e n bald nach seinem ZusammeniriU beschäftigen werden, wird der Gesetzentwurf über den hauswlrsichafllichcn Fortbildungsunlerricht für Mädchen ge hören, durch den im Wege statutarischer Bestimmung einer Ge- meinde für schulentlassene Mädchen unter 18 Jahren die Ver- pslichtung zum ivesuch einer hauowlrlschastlichcn Fortbildungs schule begründet werden kann. Die Dauer der Forlbildungsschul», pflicht darf zwei Jahre nicht Übersteigen. Der Gesetzentwurf Hal bereits zweimal dem Landcoausschuß vorgelegen, ist ab«r nicht zur Beratung gelangt. * Vergebung der neuen Panzerschiff«. Wie der Inf. mit geteilt wird, hat das R«tchsmartn«amt die Vergebung Meter neuer Kriegsschtsfsbauien, nämlich de« Linienschiffes Ersatz Kur-