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Mer Tageblatt WÜchka Zrellc^, 28. Marz 1913. 8. Jahrgang. Nr. 70. Dies« Nummer umfaßt 8 Seiten. -> l»Lt«r«1 s!«i« an »irb««r Nr«!«. »«m> t» ju-chtz» Mamistrt Innern sehen. Nicht dem Frieden, dem» der ist jetzt sicher, aber dem Bestand de» Reiche« drohen vielleicht noch weitere Gefahren, weil — da« letzte Bollwerk siel. Di» Neichsregierung wandt« sich zur Herbeiführung einer schärferen Bekämpfung der Schund literatur an di« Bundesstaaten. Das Wichtigste vom Tage. Die Plenarsitzung de» Bundesrat» zur Be schlußfassung über die Heere»- und Deck- ungsvorlage ist aus heut» vormittag an der a u m t worden. nicht ganz verloren sein, darf sich selbst nicht verloren geben. Und nun da» letzt« Bollwerk gesunken ist, ersteht auf seinen Trümmern die Gewißheit, daß derFriede nicht mehr auf sich warten lassen kann. Wrianopel war der Tür kei bereit» verloren, während Schükri noch dem Feinde die Stirn bot. Aber da e» sich, noch hielt, zögerten Bulgarien und seine Verbündeten den Friedensschluß inhmer von neuem hinau». Nicht im St. James-Palast und am Ende höflicher Dtplomatenzwiesprachs scheitert« vor Monaten die Sache de» Frieden», sondern an d«r Tapferkeit der Verteidiger Adri, anopel». In ^Konstantinopel konnte man unter den Augen eine» durch den schmählichen Zusammenbruch ganzer Ar meen in Mißtrauen und dumpfe Angst geworfenen Volte nicht allzu nachgiebig sein, und in Sofia» Bevölkerung schrie da» übergroße Blutopfer, da» auf den Feldern von Lille Burgas und Kirkkiltsse gebracht worden war, nach entspre chender Sühn«. Allein Herwegen wurde jetzt auch Adrianopel gestürmt. Di« enormen Anstrengungen ver langten «ine Krönung. Man sagt, Zar Ferdinand habe sich geweigert, neue« Blut vergießen zu lassen. Im Angesichte Europa», da» — der englische Minister Str Edward Grey machte sich zu seinem Sachwalter gletchsall» dieser Ansicht war, hat die bulgarische Heeresleitung den Sturm durchge- führt. Mögen serbische Truppen mitgekämpft haben, den Ausschlag hat bet Plan und Ausführung gewißlich die bul garische Belagerung»»rmee gegeben. So wird der Erfolg jetzt auch in Zukunft Bulgarien gehören. Neue Ari«den»verHandlungen find bereit, vor Tagen angekündigt worden. In Sofia sagte man dazu höflich ja, ließ aber wie früher bet ähnlicher Gelegenheit sofort ein Aber folgen. Jetzt Hat diese» Mer den Inhalt: bei der Abrechnung kann auch die Kapitulationsurkunde von Adrianopel vorgelegt werden. Und di« Bulgaren werden ihr gute» Gewicht bei messen. Hoffen wir, daß sie darin nicht zu weit gehen, Hof- fen-wkr, daß sie Adrianopel» Fall allein al» morali schen Sieg, al» die letzte zweifelsfreie Sicherung ihres poli tischen Uebergewtcht» über ihre Bundesgenossen, als die Bestätigung als Vormacht auf dem Balkan sehen. Neue Forderungen zu stellen, oder alte wieder cruflsben zu lassen, wir nennen nur die Forderung de» 'Zuganges zum Marnia- rameer — wäre gefährlich und zwecklos. Gefährlich vor allejns, weil in das an sich schon wenig gute Verhältnis zu den anderen Balkanstaaten durch jeden wetteren Gewinn neue Konfliktsmöglichkeiten hineingetragen und der vielfach angeckiindigte Krieg zwischen den Verbündeten vo »heute in noch nähere Zukunft herangeschoben würde. Der Gegner in Konstantinopel ist jetzt so gut wie machtlos. Er weiß, daß er den von Adrianopel auf die Hauptstadt di rigierten feindlichen Truppenmassen keinen Widerstand zu Di» Deutsch« Turnerschaft schenkt« ihrem Vor- fitzenden, Geh. Santtiitsvat Dr. Gütz, da» von diesem bewohnte Grundstück al» Ehrengabe. In russisch«» Regterung»kr«ts«n wird befürch tet, daß in Konstantinopel die Revolution ausbrechen werd«. « König Nikita von Montenegro erklärte, er -alt« seine Ansprüche auf Skutart aufrecht und werde ste 's« lbst gegen g<^n- Eu r opa ver teidigen. In griechischen Rvgierung-kreisen soll di« Absicht bestehen, Saloniki zu, Hauptstadt von Griechen- landauszurufen, weil dort das Blut de» b «st en Herrscher» von Griechenland geflossen sei. Ruch em Ireiheilskampf. (Von unserem Berliner S-Mitarbetter.) Wir stich'» au» der Geschichte gewähnt, bet Freiheits- kämpfen immer gleich an Blut und Eisen zu denken und «er von einelm Freiheitskriege in der Gegenwart redet, der wird seine Worte, tausend gegen ein» zu wetten, zunächst auf den Balkan bezogen haben. Und doch erleben wir einen Kamps um Freiheit und Selbständigkeit mit, der uns sehr viel näher angeht, und der deshalb unser« Beobachtung ver- dient, auch wenn er sich weniger dramatisch, rasch und ge- «waltsam abspielt. E» ist der Kampf um die Selbstän digkeit der deutschen Bundesstaaten. Man. cher härt mit Staunen davon. Ist denn diese» Kapitel seit der Reichsgvündung nicht em für allemal erledigt? Steht da» Verhältnis zwischen Reich und Bundesstaaten nicht ver fassungsmäßig fest? Wer Lenkt denn etwa heute noch da ran, irgend einem Bundesstaat zugunsten de» Reiches Ge> iwalt anzutun? Nun, ob wir davan Lenken oder nicht, da» ist nicht von «ntschetdender Bedeutung. G» kommt auf Verhältnisse an, die sich über die Köpfe der Einzelnen hin weg entwickeln, di« sich sogar allen feierlich beschworen»» und unterzeichneten Verfassungen gegenüber ändern und wandeln, bi» die Verfassung selbst ein wertlose» Stück Pa pier wird. Solche Wandlungen pflegen sich still und ge räuschlos zu vollziehen, in kleineren unscheinbaren Schritten, wie das Wachstum einer Pflanze. Man merkt kaum, daß etwas wesentliches geschieht, bi» plötzlich ein Vergleich de» Heute mit dem Vorgestern die totale Veränderung zu Be wußtsein .bringt. Das Ringen der Bundesstaaten und ihre Selbständigkeit spielt sich vorwiegend auf finanziellem Gebiet ab. Das ist ein schwer zugängliche» Labyrinth, vor dem selbst mancher sonst politisch ganz brauchbare Kopf -urückschreckt, um,so mehr also die Masse der Wohl- und Eonntag»politi» ker. Umso leichter können also auf diesem Gebiete auch Wandlungen eintreten und großen Umfang annehmen, ohne daß es im Volk sobald bemerkt wird. Nur der Berufs politiker und auch der nur ber feiner Beobachtungsgabe wird die Tendenzen neuer Zukunstsmöglichckeiten früh 'feststellen. Und «r wird gerade jetzt mit recht wichtigen Bedenken her vortreten müssen. Gr kann dabei zunächst an einen funda« mentalen Wandel erinnern, der auch dem Auge des Laien klar erkennbar ist: als das Reich gegründet wurde, erhielt es als Morgengabe zwei blühende Provinzen und fünf Mil- iarden. Es wurde außerdem mit indirekten Steu er n so freigebig ausgestattet, daß «s den Bundesstaaten ge genüber nicht nur finanziell unabhängig mar, 'sondern Laß Das letzte Bollwerk. >07 Eine stolze Veste ist gefallen und mit ihr ein tap. ferer Held ... auf den Mauern von Adrianopel wehen Zar Ferdinands Farben. Schükri Pascha, in dem allein noch der alte Waffenruhm de» Halbmonde» lebte, ist über wältigt. Ein halbes Jahr fast hat er dem unablässigen An sturm eines durch glänzende Siege gestählten Gegners ge trotzt, getrotzt hinter veralteten Forts, in einer hungernden Stadt, mit höchstens Mittelmäßigem soldatischen Material. Wenn je, so kann aber sein besiegtes, durch Parteihader und iKliguenunrtschaft bis in den innersten Kern vermorschtes Vaterland, kann die im Schatten selbstverschuldeter Nieder lagen Heranwachsende türkische Jugend an dem Borbilde dieses jetzt besiegten Kommandanten von Adrianopel er- _ starken. So ficht ein wackerer Mann auf längst verlorenem leisten vermöchte. Die Regierung Mahmuds des Fünften Posten, und das heißt Pfltchtbewußtf«in. Ein Volk aber, die die Friedensakte schon längst unterschrieben hätte, aber, daß einen solchen Mann noch sein eigen nennt, kann muß mehr noch als auf den Feind von außen auf d en im den, wie den Wind, die Flüsse und Meerströmungen, durch Eisblöcke, durch die Tier« und endlich durch den Menschen: seine Kultrur, seine Schiffahrt, seinen Handel und seine Reisen. , Der Wind ist dir allgemeinste und gewöhnlichst» Ur sache, die dazu dient, .eine Pflanzenart innerhalb ihre, Be zirke» an Len verschiedenen Orten weiter zu verbreiten. Dine große Menge von Samen ist leicht, oder mit Flügeln, Haaren und dergleichen Anhängern versehen, so Laß der Wind sie auf eine Strecke fortführen kann: hientu» erklärt es sich -. B., wenn wir in den Gebirgen ^auf Len steilsten, entlegensten Felsen nach und nach eine mannigfaltige Ve- getation entstehen sc' n. Der Wind verbreitet di« Samen in der MH« nach allen Richtungen hin, und «» ist .natürlich, daß «in großer Teil «von ihnen auf «inen ungünstigen Boden fällt, wo «r entweder verdirbt oder ^verschüttet, nicht auf- keimen kann: so -. B. in «inqm Walde. Menn dann später dieser Wald einmal abgebauen oder der Boden umgewandt wird, so wird dadurch den noch erhaltenen Samen di« Möglichkeit g«g«b«n, zu keimen, und es entsteht so «in, Ve getation, wie ist« früher an dem Orte nie gewesen. Der wind hat jedoch nicht »in« so «eitgehend« Blutung bet der Naturalisation, wie man ihm bisweilen zugchhrtsben: «» ist sehr fraglich, ob sein» Wirkungen Uber «in Mwr, vt« e. v. das Mittelländisch« oder Atlandische, hi nausgeh,n; ,, ist in Lieser Beziehung nicht« stcherg«stellt worden. Man toeiß davon sntcht», daß aus England Samen in Frankreich niedergefallen fei oder aus Irland in England, obgleich Li» Westwind» hier sehr stark und häufig find: ebensowenig weiß inan von einem Samentranspott durch den Wind von Afrika nach Sardinien, nach Torfica, oder von dort nach den nördlich gelogen«« Küsten da» Mitteln»»»«»», wem auch di« Südwind« in diesen Gegenden sehr stark sind. Man kennt Mar Fälle, wo vulkanischer Aschen- und WüstenstauL in großen Entfernungen und ungeheuren Höhen üb«, das Meer fdrPrführt worden ist, oder dies« Dinger find viel leichter und kleiner, al» di» kleinsten »amen der vhanerogamen. Für di« Sparen der Kryptogamen ist jener Transport «he, möglich und «ran könnte «durch dis verhältnismäßig grö. Here Verbreitung der einzelnen Arten der Kryptogamen er- klären. Auf den Antillen, auf Bourbon und im Thine- fischen Meere wüt«n oft furchtbare Orkane, die Bäume ent wurzeln, Dächer abdecken und sicherlich auch Samen und sogar ganze Frücht« mit sich führen. Ste find aber alle nur lokal, drehen sich im Kreise, und können daher nur dazu dienen, eine Pfvanzenart innerhalb ihre» ursprünglichen Be zirkes tzu Verbreiten, oder doch nur ganz in der Näh« des selben anzustedeln. Man kennt einig« Beispiele davon, daß e» Flechte-n geregnet hat, so in Anatolien und Persien; man muß aber bedenken, daß, abgesehen von der Seltenheit dieser Fälle, die Flechten dem Winde eine sehr große Fläch« Lar- Sieten, und oft in großen Massen beisammen wachsen, so daß der Wind sich hinter sie setzen kann, während die Samen im Verhältnis zu ihrer Schwere' meist eine Nein« Ober fläche besitzen und sich nie in großer Menge an einem Ort« ang«häuft finden. Die Wirkung de» Windes -«schränkt sich demnach fast ganz auf die Naturalisation der Pflanzen in nerhalb, und in de, unmittelbaren Nähe ihre» ursprünglichen Bezirkes. Di» Flüsse führen di, Samen oft groß» Strecken mit sich fort, und lass«, st« bet der 1l Überschwemmung des Landes auf diesem liegen, wo ste dann keimen und sich mnsiedeln kön nen. Namentlich bringen di« G^tvgowassw ost Pflanzen arten in dieser Meise in di« Ebenen: doch ist dies, Ansied«, lung nicht zur Naturalisation zu rechnen, denn Li» alpinen Pflanzen können nicht in der Eben« destshen und -alten sich dort nur kurz« Zett. Sher findet «in« Naturalisation statt, wenn Flüsse lang» Länd«rstr«cken von gleichem Klima durch, laufen, so daß st, eher bot solchen Flüssen näigltch ist, Li« von Wests» nach Osten fließen, oll» -et solchen, deren Strömung von Norden nach Süden geht. Es ist «wer zu -«merken, Laß da» Untertauchen im Wasser dem Samen oielsach Li« Keim kraft nehmen bann, so daß di« Naturalisation durch die Flüsse Lei diesen Arten nicht möglich wird: wi, lang« di» Keimkraft der verschiedenen Samen in süßem Wasser sich erhält, darüber find noch keine besonderen vergleichenden oersuch«angsidellt ««den. Auch di» Mesresfsrömnn» gen können di« Samon groß» Schecken mit sich twg», st» Die Naturalisation äer Pflanzen. Eim zeitgemäße» Kapitel au, der Pslanzengeogvaphte. Nathd»uS verboten. Alljährlich erneuert sich, wie wir am besten im Früh jahr beobachten können, di« Pflanzenwelt im Garten, in Flur und Wald. In den Gärten streut die fleißige Hand der Hausfrau den Samen, au» dem die Blumen und Ge- müse hervorgehen: in Len Fluren grünt die junge Saat, und in den Wäldern nehmen Sträucher und Bäum« den Blätterschmuck an. Neben dieser Erneuerung der Pflanzen- weit können wir aber auch einen fortwährenden Entwick lungsgang in den verschiedenen Zeitperioden feststellen, und schließlich hat ein besonderer Wissenszweig der Geographie, die Pflanzrngeogvaphte, nachgswi«sen, Laß auch in unserer Zettepoche di« Flora der verschiedenen Länder sich stetig än dert, neue Pflanzen sich in den verschiedrnen 'Ländern nie- derlassen, wachsen, sich verbreiten und den verschiedenen Or ten durch ihr Auftreten einen verschiedenen 'Tharalter ver leihen. Line ganz« Anzahl von Pflanzen, wie z. v. di» Kartoffel, hat sich bei uns akklimatisiert. Sie find au» fremden Ländern »tmeführt und in dem neuen Wohnsitz heimisch geworden. Verschieden von diese, Akklimatisation und d«r Kultur der Pflanzen ist aber di« Naturalt. lation. Sin« Pflänz» ist erst dann naturalisiert, wenn st, sich in einem Land», wo st« früher 'nicht vorbam, mit allen Tharakteren der eingeborenen wilden Pflanzen findet, d. -. ohn« Zutun de» Menschen wächst und sich «evmehrt; an den ihr zusagenden Orten in größer«, oder gering«»», Häufigkeit und «in» Reih« von Jahren äusgedauert hat, in denen das Klima sein» Extrem« erreicht». So interessant «, nun wär«, di« Eniwtckluna der Pflanzen durch Natu, valisation nach thren'chavakwriisttschen Erscheinungen eu ver. folg«», so müssen wir doch au, räumlichen Evünden darauf versichttn, und uns damit Legnttaen, di« Ursachen zu unter, suchen, di« di« Naturalisation herbetführen können. Li» Simen der Pflanzen können wen einem Ort, -um andern durch mehr oder weniger offenbare Ursachen -«rächt wer« KDM Anzeiger Mr -as Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhattungsbellager Muer Sonntagsblatt. Ui «pmchfimw, z« Ne0aktt»« mitfiusaah«» »n damUa,, nachmittag» 4—s Uh». — Leirgraaun-fiemss,, Lagetlatt Mumzgebdg». k»ra sprich», -r. M." Iä» «weelaa-1 ttnMmSte Manuskript» kam, duväh» nicht g»l»isl»t wer»»«.