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WWWWWW Sonnabend, 10. Mai ISIS. Nr. los. /luer Tageblatt MS Tlnzriger für -as erzgebirse mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsbla«. .^^-VIS-LK 8ö,«'»Ä SprrchstuaS» »« «eSaktioa mit ftusvahm» »„ ckemuag» nachmittag» 4—s Uhr. — relegramm-ftoeess», ragebla« Meeizgebteg». gernfprech« SS. 7«aa »u *ÄUL' rar »«»«langt M^fanbt» Mannet, kann OnvSH» alcht o-l-HIl ««»««. s. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 18 Seiten. Außerdem liegt da» achtsettkg« vlustr. Sonatagsblatt bei. Das Wichtigste vom Tage. Der Reichskanzler verhandelt neuerdings vertraulich mit den bürgerlichen Par« teien über die Deckungsvorlagen. » Wie verlautet, tverden nach den großen Herbst, manüvern große französische Truppen. Verschiebungen nach der Ost» und Nordost. grenze erfolgen?) Zn Ostanatolten soll der Ausbruch eines Kur. denaufst ander bevorstehen. Biele Armenier sind ins Gebirge geflüchtet. Mehrere Armenier so!« len ermordet worden sein. » Da» amerikanische Repräsentantenhaus nahm mit unwesentlichen Abänderun. gen mit 281 gegen ISS Stimmen die Lari fbill an?) Da» zur vefetzung von Stutari »»stimmt« Lau. dungSkorpS »«steht au» 108 deutsch««, je 2vv französischen, österreichische« und italienische« und Svo englischen Mannschaften. * Essad Pascha hat eine Erklärung abgegeben, wo. nach zwischen ihm und den Montenegrinern keine geheimen Abmachungen bestanden haben. - — *> VILHer«. siehe an anderer Stell«. Mutmaßlich, Witterung am 11. Mai: Südmrft. wind, Bewölkungszunahme, wärmer, zunächst noch trocken. Pstngsten. Die Evangelisten erzählen davon, dah die Jünger nach der Ausfahrt Christi bet einander saßen, ratend und betend. Da Mm ein Brausen vom Himmel, erfüllte da» Haus, in dem die Jünger saßen und zuckende Flammen gin gen über ihre Häupter hin. Alsbald traten,fie auf die Straßen und begannen in allen Zungen von Christi Leben, Leiden, Tod und Auferstehung zu reden, wie der Heilige Geist, von dem sie erfüllt waren, es ihnen befahl. Dieser Tag ist also der Gründungstag der christlichen Kirche. Erst im vierten Jahrhundert wurde da» Fest zum ersten Mal« gefeiert, und damals war /da» Fest noch mit den Mythen und Sitten des Morgen, und Abendlandes innig verwoben. Der Orient feierte mit dem Pfingstfest da» jüdische Wochen, fest Schabuoth, und der Occtdent verband damit die alt« heidnische FvtchlingSfeier, deren /Gebräuche sich zum Teil As auf den heutigen Tay erhalten haben und uns an Germ«, nien» Vorzeit erinnern. -In die duftende /Blütezeit der Lenztag« fällt diese» Fest. Da» Auferstehungswunder ist vollbracht und der Lenzhauch weht durch unser Haus und ruft uns hinaus auf die Straßen und aus die Fluren, wo die Welt mit den Wundern de» Frühling» geschmückt ist. Und wie damals den Jüngern, so wst auch uns dieser BW. '««zauber Herz und Mund und öffnet /den Sinn für die Unendlichkeit dieser Schöpfung. E» gibt viele Blüten, die sich am Daum der Mensch, heit drängen. Es gibt viele SÄlker, die in Wünschen sich vermessen und von reicher Ernte träumen. Aber gerade diese Blütezeit ist e», di« uns-sehen lehrt, wie viele Blüten matt und welk verblühen und keine Früchte reifen lassen. Wird auch dteBernerPfingstkonferenz eine solche Blüte sein? Während der Feiertag» werden sich nämlich ckuf dem neutralen Boden der Schweiz deutsche und französisch« Par. lamentarier ««reinigen, um für den Weltfrieden zu wirken und einer Verständigung Deutschland» undFrankreichsden Weg zu ebnen. Man wird aus jener Konferenz die Fragen berühren, die auf da» Arbeit». Programm der dritten Haager Friedenskonferenz kommen sollen. Aber so sympathisch di« Bemühungen find, zwischen zwei großen Nationen di« Beziehungen enger zu knüpfe», so muß man doch an dem praktischen Erfolg all dieser Bestre bungen zweifeln. Mit feierlichen Reden und Ansprachen ist die Frtedenstdre nun einmal nicht zu fördern. In Pari» ist man selbst in den Kreisen der parlamentarischen Schieds- gertchtg/ruppe vernünftig genug, nicht zu erwarten, daß die. se Konferenz in zweckdienlicher Weise die Erörterung aller Fragen in Angriff nehmen könnte, die Frankreich und Deutschland trennen. Der Zweck der Friedenskonferenz wird in der Hauptsache sein, zu untersuchen, ob es möglich ist, die Regierungen zu einem Stillstand der Rüstungen zu veranlassen. Und eventuell soll die Frage geprüft wer. den, ob nicht ein Ausschuß «inzusetzen wäre, der in Zu kunft die Frankreich und Deutschland berührenden Fragen zu studieren und im Notfälle sich zu versammeln hätte, um den beiden Regierungen die Vermittlung anzubieten. Auch dieser gute Wille zur Versöhnung, der auf Leiden Seiten in einzelnen Gruppen lebt, ist schon etwas wert. Er bildet das Gegengewicht zu den chauvinistischen Pendenzen, die hüben und drüben da» öffentliche Leben durchfließen und so über- aus zersetzend und zerstörend wirken. Noch andere Hoffnungsbwten hat dieser Lenz zerstört. Der montenegrinische Traum vom Besitz Skutari» ist nicht erfüllt worden. Es hat lange gedauert, bis dem König der Schwarzen/Berge die ErleuMung kam, daß aller Wider, stand nutzlos sei. Gr hat wochenlang gedauert, wochenlang die Entscheidung hinausgezögert und immer wieder durch Kreutz, und Querzüge da» diplomatische Spiel verwirrt. Heute darf man es wühl sagen, daß diese Politik der Ung« wißheit und des Zaudern» Europa! mehr gekostet hat al» der blutigste Kriege Es ist unmöglich, die ungeheu ren Verluste, die an den Börsen notiert wurden, auch nur annähernd einzuschätzen. Gar nicht davon zu reden, daß die zwischen Krieg und Frieden taumelnde Stimmung den Handel gelähmt und namentlich in der Donaumonar chie den freien Verkehr fast völlig stillgelegt hat. Und da» alle» wegen Skutari! Wegen dieser Stadt, Vie von /Mont» negro zu einem nationalen Symbol erhüben wurde, bi» AS- nig Nikita einsehen lernte, daß sein Wille schwächer ist als der Wille Europas. Und di« dann von den erbosten Mon- tenegriner in Brand gesteckt sein soll. Das Spiel geht wei ter. Bald genug wird Albant« ndas große Reinemachen beginnen, und dabei wird der schöne BWtentraum des Königs Essad zerfließen, dieses Manne», der Held und Abenteurer zugleich ist und in Albanien va danyuo spielt. Wir wissen nicht, wie die Dinge sich weiter gestalten werden. Wissen nicht,ob dem letzten Dalkankrteg nicht bald ein neu. e r folgen wird. Bulgaren und Griechen sind au« dem Türkenkrteg« zurückgekehrt und Haben al» Beute einen tiefen gegenseitigen Haß Heimgebracht, der vielleicht bald genug zu kriegerischen Laken drängt. Wenn es in letzter Zeit etwas Erfreuliche» gab, so wckr es der Umstand, daß di« Mächte unter möglichster Hintan setzung von Eitzeninterefsen di» Einigkeit aufrecht erhielten und den Walkanverbündeten den geschloffenen Willen Europa» entgegenstellten. Dieser Wille zur Einig keit hat manchen schwebenden Konflikt «unterbunden, und er kann für die zukünftige Dehandluntz internationaler Fra gen al» Beispiel dienen. G» gibt viele Wünsche, di« nach Erfüllung rufen. Und gerade die Festtage, die wie Inseln der Ruhe in dem Strom der arbeit-vollen Wochen liegen, lassen uns darüber uachstnnen, aus wieviel« Hoffnungen unser Dasein gestellt ist. Es ist ja eigentlich überhaupt nur die Hoffnung, 'die unsere Lebensenergien mit neuen Kräf ten speist und uns zu weiterer Arbeit mutig macht. Pfing sten ist das Fest de» Geiste» und da» Fest der Blüte. Und wie damals dis Jünger von dem .Feuer de» Himmel» er leuchtet wurden, daß sie in vielen Zungen zu reden vermoch ten, so spricht Heute dieses Lenzfest in allen Sprachen zu uns und macht uns hofsnungsstark und glauvensfroh. Wir Men- schen brauchen Symbole. Dieses Pfingstfest ist ein solches Symbol, zu dem wir aufblicken, damit es uns zu neHn Ta ten stark und tüchtig macht. Das Lrieäenswerk. Die Londoner Reunion, deren Aufgabe es bisher war, einen neuen Krieg zu verhüten, kann jetzt auch an die weiter« Aufgabe herantreten, den Walk ansr i e. denzu fördern. Das gehört« ja ursprünglich nicht zu dem Plan« der Reunion, die nur die internationalen Span« nungen, die die Walkankrise gezeitigt hatte, mildern sollte. lich! Di« Tochter ist jedenfalls da, Wild der Gesundheit,- er. inner» Sie sich noch daran, wie fschneidtg sie di« Hubertus jagd mitritt? Im roten Frack sah da« Mädchen doch ein fach süß au» I Ach — lieber Himmel! Er seufzte und lich da, Monokel au« dem rechten in das linke Auge volttgte. ren. Herr von Raspenau lachte: Sie haben ordentlich Feuer gefangen, wie mich dünkt. Woher wissen Sie denn,, daß Gegendorsfs in Berlin sind? — Hab'» Won der Baronesse selbst; sie war vor ein paar Tagen hier im DqMrt, Ein käufe machen. — Na — dann viel Glück! Kann mir da» Berliner Programm schon denken: Dinerchen bei Dressel, dann -oppegarten, abends Opernhaus: Kerkyra oder Jad- lowker. Wie? Und immer neben der rei-enden Mse Er- gendorff If Eorgast köpfte mit der Säbelscheide eine Butter, -lumr: Sie haben es leicht, Programme aufstellen, aber zu- erst muß man in Berlin fein, denn, sehen Sie — An die Pferd»! Eskadron — Aufgeseflen! Da» Kommando unter, brach di« Unterhaltung; di, Ulanen flogen in den Sattel: der Dienst begann von neuem. Mit Zügen rechts brecht ab — Trab! Ein« stark, Stunde verging bi, di« Schwadron den Heimweg anschlug; al» sie im Stall anlangt«, war es gerade Mittag. Der Rittmeister vetsammelte sein, Offi ziere um sich. Da hätten wir also Pfingsten, sagte er, nun können wir <mal Li» Dienstag früh faulenzen. Wollen wir jetzt «in Glas Bier zusammen trinken? Auf dem Bahnhof — da sitzt man so nett und sicht den Ein-Uhr-Zug nach Bor- lin vorüberfahren l Raspenau stimmte zu, Eorgast aber murmelt« etwa» von BriestschrriLen und häuslichen Ange, lqgen-ettrn und verschwand bald hinter der nächsten Stra- ßrneck^ Run kommt der Rittmeister auch noch auf di, Hirn« verLranntt Ide,, auf dm Bahnhof zu sitzen, sprach er in- grimmig vor sich -in; dann kann ich natürlich nicht in Zivil abfahren. Sch glaube, da» tut <r mir zum Tort! «her wart«, «ursche, Ä bin doch noch gerissener! Ich fahre von Ma,MN, ab. Marzahn« war «in Dörfchen, da» etwa ein« ladung auf ihr Gut ist bisher ha», M,il« von der Stadt entfernt, M der Eisenbahn nach soll sehr leidend sei«! — MS» Berlin lag. Der Zug Hielt dort ,tn« Minute fahrplan. (knäe güt» alles gutt Pftngst-Humorerk« von Ralph vf Rdwitz. Nachdruck o«rdol«n.> Eine lichte Maiensonne glänzte auf Biesenstadt, di« hübsche, kleine Garnison, auf ihr altertümliche» Rathaus, di« Stadtkirche, die rotbedacht« Alanentaserne hernieder. Sie schimmerte auch auf den Lanzenfpitzen und in den blan ken Knöpfen der Schwadron, die draußen vor der Stadt, auf dem Ererzievplatz, .noch chn Vormittag des Pftngstsonnabend, eifrig Felddtenst übte. Soeben war eine kurze Pause in die sen Uebungen «ingetreten; der Rittmeister Freiherr v. Hol- -tngen konferierte mit dem Wachtmeister, die Mannschaften sahen da» Sattelzeug nach und klopften sich den Staub von der Ulanka; etwa» abseits aber standen di« beiden Offizier« der Schwadron, Herr von Raspenau und Baron Eorgast. Herrliches Wetterchen, sagt, Raspenau, indem rr di« Ctzcw. ka «in wenig lüstete, so richtig«, Pftngstwetterchen! Pftn-st- wetter hin, Pftngstwetter her, antwortet« Eorgast mit ver« drteßltcher Miene; mir ist jede» Wetter gletchjMtg, aber daß die UeLung heut« wiederum bis in di» aschgraue Pech hütte dauert, da» soll de« Teufel holen. — Aha — kann'» mir schon denken —- Sie wollen mit dem Etn-Uhr-Zug« nack Berlin!?! — Ich werd» mich hüten, den würde ich sicherlich nicht bekommen. Der Kommandeur hat Aolztngen, wie ich weiß, .strikte angewiesen, mir vorläufig jeden Urlaub aitzü. schlagen. - Er fürchtet, vaß M, in Berlin zu/viel Geld ver pulvern! — «Nun, wenn selbst — es ist doch mein Eeld. — Sie wollen natürlich auf die Renn-achn — so ein bißchen Totalisator — wie? Das nur nebenher k- die Fahrt hat diesmal einen anderen Zweck. Eam im Bertruuen gesagt, Eegendorff» find auch In Berlin.—Ah —so —di« reizend« Elis« Eegendorff — na, Sie haben auf den Kofinobällen ihr ja schon ordentlich den Hof gemacht. —<Ja — dabet ist es ab«, geblichen — ein« Einladung auf ihr Eut i' ausgeblichen. — Die Rama soll sehr leidend sei«! I mäßig. Von der Garnison au» war Marzahns zu Pferd m zwanzig Minuten zu «neichen. Baron Gorgast kannte den 'weg natürlich ganz genau, denn einmal hatten in dieser Gebend viele Felddienstübungen stattgefunden, sodann lag aber auch Schönfelde, das Gut Gegendorffs in dieser Rich tung, sogleich hinter dem Walde. Selbstverständlich hatten sich die nachmittäglichen Spazierritte Eorgast» fast immer in dieser Gegend bewegt. , Der Leutnant beschloß also, von Marzahne abzusahren. Wie aber dorthin gelangen? Hu Fuß? Dazu war es -u spät geworden; auch konnte er nicht den Handkoffer tragen. Hin-ureiten verbot sich auch, denn «wie sollte er da» wepäck befördern? So blieb nur das -Näglein seine» Hauswirte», eine» biederen Ackerbürger», übrig. Herr Mopke /war auch gern gefällig und ließ di« halbblinde Elvira, einen längst ausrangietten Schwadronfuchs, der ganz /gut in der Wagen schere ging, einspannen. Ein Knecht, de« im -aus« Movk« <mi Faktotum tätig war, wurde herbeigeHolt, und wenig« Minuten vor ein» begann di« Wagenfahrt. Baron Eorgäst atmete aus, al» er mit dem ziemlich traurigen Erfährt durch ein« Hintersasse di« Stadt verließ und den Feldweg nach Marzahn« etnschlug. Er hatte fick in einem «obren Ealopp« trmpo umgekleidet, Smoking, Plättwäsche und Toiletten sachen in die Reisetasche gepackt und dem Burschen genau« Weisung gegeben, niemand vorzulassen und zu sagen, der Herr Leutnant wäre auf die Jagd gegangen. Nun war man schon «in Stück de» Wege» außerhalb der Stadt; Baron Eorgast zog die Uhr: Ein Schreck durchfuhr ihn, es war zwei Minuten por Eins! Und ein Uhr fünf traf der Zug in Marzahne «inl Mann, fahren St» zu, schrie er, wir kommen -«spät! Sie kriegen »inen Märker, einen Dchaler — zwei Thal« — Trinkgeld! Hurra Hurra — geben Sie dem Fuchs di« Peitsche! Der Knecht befolgte di« Anweisung, di« alte Elvira machte auch «inen schüchternen Versuch, in Ealopp zu fallen, aber seh, bald zockelte st« wie der in ihrem gemütlichen Trab. Aus der Fern« wurde ein Geräusch hörbar; da» war di« Lokomotive de» Zuge», der