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Mer Tageblatt Mzeiger für -as Erzgebirge slla . »«/««iS ««-«, «I »«»o »i, N turch 1«n>f, Mauustripti k nnn MG PAA» Ui«rr»»» U mit -er wöchentliche« Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsblatt. Sprehchmö« »— NeSaktton mit Nnenahm« Sn Sonntag» nachmittag» 4—S Uh». — L»i»gramm.fiSr»ff,, Lage-lat» M»«rg»hirg«. ftrustrech«, «. Zü, an»»rla«gt »lngrfanSt» Manugrtpt» kam» Vewähr nicht geleistet wer-»«. Nr. 125. Dienstag, 3. Juni IS1Z. «.Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Die Nordlandreise des Kaisers iv-trd in der Zeit vom 7. Juli bis 6. August stattfinden. » Am heutigen Dienstag finden die Wahlen der Abgeordneten »um preußischen Land, tage statt. Der Deutschen Kolontalgesellschaft wurde mitgetetlt, daß der Herzog.Regent von Braunschioeig am 81. Oktober die Re gentschaft niederlegen wird.*) Die Streitpunkte »wischen den Balkan- staaten sollen durch ein« gemeinschastltche Konferenz der Ministerpräsidenten der - beteiligten Länder erledigt iverden.*) a Kvnig» Alfons hat da» Kabinett Romanone» mtt der Wetterführung der Regierung», ge schäfte betraut. » Albanesenführer haben die Londoner Bot. schaftervereinigung um möglichst rasche Gr- nennung eine» Souverän» gebeten. Näh«r«» fleh« an andenr Stgll». I»- Mutmaßliche Witterung am «. Juni: Nordwest, wind, Meist heitre, warnt, SewitternekguiV. "VL Ein kritischer Moment. Die Zusammenkunft zwischen den leitenden Staats, männern Bulgariens und Serbien», den Herrn Ge- schow und Paschitsch, ist auf unbekannte Zeit der» schoben worden. Da» könnte zunächst kein ungünsti ges Zeichen für die Weiterentwicklung der bulgarisch serbischen Frage sein. ES wäre an und für sich Wohl möglich, daß man in Sofia wie in Belgrad die Zeit noch nicht reif hielte für eine Besprechung der Premier» Minister, von der natürlich die Welt ein greifbare» Gr. gebnis erwartet. Aber dem Widerspricht eine Meldung der Kölnischen Zeitung au» Sofia, daß der Krieg un. vermeidlich und in nächste Nähe gerückt scheint. Wer sich die Vorsicht unserer Auswärtigen vergegenwär. tigt, mit der sie an alle» herantreten, wa» Krieg und KrtegSgeschrei heißt, wird dem Kölner Blatt, da» ja in so kritischen Zeiten zum mindesten nicht» schreibt, wa» den Intentionen der Berliner WtlhelmSstraße direkt zuwider ist, nicht den Vorwurf leichtsinnigen Spie, le» mit dem Feuer machen dürfen. Di« Situation ist in der Tat ungeheuer ernst. Vennoch schetnt der Berliner Brief. Na»d»u« ,««»ot«n. <r>l« f»stlich»n laae sind vorbei. — VI« Großen im Niaii-z. — Dhn» Lhreng<nde. — Zudringlich« Neugierde. — vi» Auestelum- der koch- zriiegeschruke. — Erinnert« Kämpfe um den Vortritt. - Unter Schuh- mannebewachung. - ?luf der wahldatt. — vorderritungen str da, RegierungejudilSum. — ver Präsident der Stadt Berlin. — Liu S». schenk von S'/, Millionen. — Lnd» «ine» stillen Winkel». — wir mässen mede>r»ii'i»n — Meist« Ludwig Hoffmann.) Die festlichen Tage sind vorbei! Mtt dem glänzen, den militärischen Schauspiel der Potsdamer Parade haben die Feierlichkeiten, zu denen di« Hochzeit der Prinzessin Viktoria Luis« Veranlassung gegeben, ihren Abschluß erreicht, und Pie Könige und Fürsten, di« Prinzen und Prinzessinnen, di« Elite der Hofgesell schaft, die in diesen Tagen in Berlin residierten, haben di« RetchShauptstadt wieder verlassen. G» wurde im Königlichen OperpMuse vor einem Parkett gekrönter Häupter gespielt, vor den Augen de» königlichen Gaste« au» England spielt« sich «in glänzend« Sport auf der Vrunewald.R«nnbckhn ab, Unter den Linden roll, test taAfitb« die Staatskarosfen mit den ordenbesäten Fürstlichkeiten, die Anfahrten und-Abfahrten beßn Kö niglichen Schloß schienen in Permanei» «klärt ge wesen zu sein. Kurzum, man sH allenthalben di« Zeichen de, großen höfischen Zeremoniells, da» bei solch gro- ßen Ereignissen nicht umgangen Verden kämm. Man sch aber auch dir Großen sozusagen im NzgligS. So da» Prim, »»«paar Heinrich, da, im Kaiseibof wohnt«. Am Lage der silbernen Hochzeit, an dem so viel« Mitglied« de» könig. ltchen -aus,» dem Prinzen und seiner Gemahlin gratulieren kamen, konnte man wie an Lagen de» gewöhnlichen Ver kehr, im Kaiserhof au»- und Angehen. Durch den allge meinen Eingang kamen di» Kaiserin, die Großherzogin- Krieg noch nicht vollkommen unvermeidlich. GS ist ge wiß kein Bluff, was da» Kölner Blatt von Sofia sich melden läßt. Wir zweifeln nicht, daß die Männer, die in Sofia da» Ruder in den Händen haben, zum äußer sten entschlossen sind. Mer vielleicht sichert diese Ent schlossenheit doch gerade den Frieden. Die öffentliche Meinung in Bulgarien ist ja, wie «S in jener Kölner Meldung heißt, gegen jede» Zugeständnis. Wir glau ben nicht, daß auch die Regierung König Ferdinands sich auf diesen intransigenten Standpunkt stellen wird. Wa» man in Bulgarien nicht will, da» ist, wie au» Belgrader Nachrichten zu entnehmen ist, eine prin» ziptelle Zustimmung zu einer Revision de» Vertra ge». Da» ist wohl verständlich; eine derartige Zustim mung würde nicht ander» al» ein Rückzug der Bul- garen gedeutet werden und die bulgarische Regierung sofort in den Hintergrund drängen. Mer damit ist nun doch noch nicht gesagt, daß Bulgarien auch unnach. atebig bleibt, wenn eine Vermittlung von dritter Seite versucht wird. Die Erschöpfung d« Kriegführenden und vor allem auch d« Bulgaren, ist derart, daß keine Partei wirklich imstande ist, mtt »«trauen in den Kampf zu gehen. Sollte ab« di« Mitwirkung der internationalen hohen Diplomatie zur Lösung diese» neuesten Orient, konflikte» nötig werden, so ergibt sich auch f?* di« Dreibunddiplomatie, die bisher in der Balkam^,. kein« überwältigenden Proben von Entschlußkraft g«. zetgt hat, ein« wichtig« Aufgabe. Sie muß Bulga rien stützen und nicht den Russen, die ja schon lange vermitteln und sich al» die gegebenen Friedens stifter unter den Balkanstaaten ansehen, da» Feld über lassen. Denn Bulgarien hat alle Ursache, sich gegenüber dem serbischen Andrang von Norden und dem griechi schen von Süden h« Anlehnung bei Oesterreich zu suchen. Herr Paschitsch selbst fürchtet da» am all«, meistens in seiner Gkupschtinarede sprach « offen von einer Zernierung Serbien» durch Bulgarien und Oester, reich. Erleichtert wird diese Einwirkung den Dreibund. Mächten ohne Zweifel dadurch, daß die Russen, denen da» starke Bulgarien vor den Toren von Konstantinopel einmal unbequem genug werden kann, sicher nicht da zu helfen werden, daß Bulgarien noch stärk« werde. Die nächsten Tag«, ja vielleicht Stunden, werden Klar heit schaffen, ob noch einmal die Waffen entscheiden müssen über die Gestaltung b« Landkarte der Balkan. Halbinsel, oder ob zunächst noch einmal der ganze Ap parat der diplomatischen Vermittlung ausgefahren wird. Daß freilich diese Vermittlung nur ein Werk von sehr kurz« Dauer schafft, da» ist heute schon zweifellos. E» wird höchsten» «ine Ruhepause für di« erschöpf ten Ringer um die Teilung der Beut« werden. Sobald sie sich einigermaßen gekräftigt haben, wird der alte Haß, der den ^Verben vom Bulgaren und den Bulga ren vom Griechen trennt, und den nur d« noch stärker« Haß gegen den O»manen verstummen ließ, Wied« auf- flammen. Prinzessin, die Prinzen von Schleswig und von Salm, der Prinz-Regent von Braunschweig und viele andere mehr. Und da» Prinzenpaar kam immer wird« au» seinen Sa. Ion», uw die Gäste, die Lei ihnen Vorgesprächen, bis vor di« Tür an den Wagen zu geleiten. Ohne Hut, ohne Gala« aufzug, schlicht, wie fönst gewöhnliche Sterbliche, die ihren Verwandten und guten Freunden da» Geleit geben. Mn gut Lei! der Popularität hat in solchem einfachen Auftreten nach außen hin dm Ursprung, und je öfter man die hohen Herrschaften ohne Thvengarde unter dem Bürgerpubltkum steht, je gefestigter werd« die freundschaftlich-herzlichen Be ziehungen sein, Vi« da» Fürstenhaus imit dem Volke verbin. d«n. Um iso bedauerlicher ist es dann, wenn da» Volk nicht immer die richtig« Distanz zu halten weiß, um sein In» terrsse an dm Mitgliedern de» Hofe» zu -eigen, und an dem, wa» Mit ihm selbst zusammenhängt. Da» sah man an einer gewiss« Zudringlichkeit, oder sagen wir lieber: an einer «twa» zudringlichen NwWerd« an dm Orten, an denen e» möglich mar, diesen oder jenen Prinzen, dies« od«r j«n« Prinzessin zu sehen, sah man L«i vrr Galavorstellung, bet d«r diurch da» yrrngla» di« Hofgesellschaft in den Logen be obachtet wurde. Ehavakteristiisch ist auch für! viel» Krauen Pi« Art, wie fi» Lei der Ausstellung der Hochzeitsgeschenk« Nch Lenahmen. Im Kunstgewerbckmuftlum, da» sonst ziemlich still — obgleich dicht am Potsdam« Platz — in der Prinz- «lbrecht^traße liegt, und in da» — abgesehen von den Studierenden und den paar Fremden — Mr Mm «ine» Berlin«» Fuß tritt, war »in groß« Heil der Hochzeit««, schenke aU»g»stellt. Auf verankaspmg der Kaiserin, die ihr« Schwestern wohl kennen muß und daher weiß, daß Braut» schlepp» und Brauischlei« vor allem,di» Frauen interessiert. Also di« Geschenk« wurden — A»m wohltätigen Zweck natürlich — «wgchellt. AL« Pi» Folgen waren fürcht«. Spione unter sich. (Bon unserem Berliner ^Mitarbeiter.) Die Affäre Redl enthüllt immer mehr die ganzen Bor. ziige des Spionage- und Eegenspionagestzstems. Es wird jetzt von Wien aus gemeldet, daß drei russische Of fiziere sich selbst gemordet hätten, angeblich weil R ed l sie denunzierthätte. Hat man auch in Wien sehr Le. greiflicherweise alles Interesse daran, einen Genossen im Unglück zu suchen und nachzuwetsen, daß auch Rußland durch Redl» Diensteifer geschädigt wurde, so klingt da» doch gar nicht unwahrscheinlich. Schon um keinen Verdacht zu er- wecken, hat der polnische Oberst mit dem deutschen Na. men jedenfalls auch für feine Armee spioniert und ihr auch manches wertvolle Material geliefert. Und die Herren, die ihm die militärischen Geheimnisse aLkauften, waren zum Teil sicher ähnlichen Kalibers wie Herr Redl. G« ist eine Gesellschaft, die ihrer wert ist. Da» Unbegreifliche LleiLt nur immer, nicht daß Redl jahrelang sein Vaterland ver. riet — da, konnte schließlich von dem diensteifrigen, intelli genten Offizier nicht ohne wettere» erwartet werden —, son- Lern daß man nicht mehr noch der Herkunft seine» Gerde» forschte, überhaupt fein Privatleben nicht genauer kontrol lierte. Benedek hat schon einmal gesagt, seine General liesen zu viel hinter d«n Weibervöcken her. Und auch heut« sä-'... — in der I. k. Armee — da» muß bet aller Bunde». sreundlichk«^, > vielleicht aevad« wegrn dieser gesagt wn- den — nichts dar. .... '.n Oberst und General. stab»chef in einer der verantwortlichsten Stessen mit ein« Kabaiettsängerin ganz unzweideutigen Verkehr Pflegt. Wa» man bisher immer al» Reservate der französischen — steh« Dreyfußprozeh — und russischen Armee — vergleiche russisch, japanischer Krieg —> ansah, da» ist doch auch innerhalb d« schwarzgelben Grenzpfählir nicht unbekannt. Wir Deutsche brauchen un» nicht selbstgefällig und Pha risäisch an die Brust zu schlagen —> auch in unser« Armee kann es Leute geben wie die Redl und Genossen. Aber wir glauben doch nicht, daß diese gerade im Spionagedienst Verwendung finden werden. Wir find sogar der An. sicht, daß sie nicht «bvnhoch aus der militärischen Stufen leiter emporklettern würden. Die in unserer Armee noch immer Übliche Prüfung der Offiziere nicht nur aus ihre mi- lttärischen Kenntnisse und Fähigkeiten, sondern auch auf ihre Tharakterstärke und bürgerliche Ehrenhaftigkeit schließt ja nicht absolut jede Täuschung au», aber wenn sich selbst einmal ein Redl in eine hohe Stelle verirrte, so würde er nicht eben lange dort verweilen. Er würbe in Vas ganze Milieu nicht passen. In Oesterreich ist man halt nachsich tiger. So ist denn dieser Fall für un» Deutsche eigentlich eine Rechtfertigung unserer Grundsätze Lei der Auswahl der Offiziere und de» Höheren Ofstzterkorp» zu mal. Wir wallen durchaus keiner BMtftvftät da» Wort reden, aber wir meinen, es gibt «Len Dinge, die bei jedem Offizier vorausgesetzt werden müssen, iso vor allem da» Ge fühl für peinliche Ehrenhaftigkeit, da« heißt auch ein« ge wiss« Reserviertheit in d« Lebensführung und Auswahl de» Verkehr». Darin hat man in Preußen immer «tn«n wahr: Es mußte im Kunstgewerbentuseum «in« Rettungs station errichtet werden, um all die ohnmächtig gewordenen Kind«, Fvaum und Mädchen behandeln.zu können. Am ersten Tag« — drei währte die Ausstellung —- war da» Kunstgewerbemuseum von Tausenden und aber Tausenden van Frauen belagert. Stundenlang warteten st« erst ge duldig, ab« dann gab es auch erbitterte Kümpfe um da» Recht de» Vortritt». Die Stärker« natürlich behielt recht. Ellbogenfreiheit war auf der ganzen Linie proklamiert, und di« paar Schutzleute, di« aim ersten Lage zur Aufrechterhal tung der Ordnung da waren, Llt«ben hie Unterliegenden. Der Platz vor dem Museum glich einer Walstatt. Einig« Dutzend — natürlich falsch« — Zöpfe bedeckten den Boden, auch «in paar Gebisse fand man vor, abgerissen« Knöpf« u» Hunderten lagen verstreut umher, Kleiderfetzen sah man in den Ecken, zerbrochen« Schirme wurden aufgelesen — kurz, e» sich wi, «in regelrechte» Schlachtfeld aus. Mehr al» fünf zig Frauen wurden ohnmächtig, und die Mud« voll führten «inen Heidenlärm. Durch den unvorhergesehenen Damenkrieg war indessen die Polizei gewitzigt geworden, und an den Leiden folgenden Lagen war «in Aufgebot von hun dert Mann zu Fuß und zwamjg zu Pferd» angekommen, um die Frauen in Ralson zu halten, vor der bewaffnetem Macht hatten die Streitlustigen natürlich etwa» Angst, und so verlieft» die Stunden, ohne daß dft eine d« andern «in Lttd angetan. Gin wund« Ist e» übrigen«, daß noch all« so glücklich abgegangen ist, wären die Polizisten nicht dach» wesen, sich« hätte «in« ganz solenne Keilerei den Abschluß der Au»st«llung gebildet. Nun ist auch da» vorüber, und der Alltag ist wieder einigermaßen in sein Recht getreten. Freilich wird'» nicht llange dauern, denn schon fängt die Arbeit an, um da» RegierumgsMläwm de» Kais«» schlich und glänzend begehen zu können. Vie Stodt Berlin wird