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Mer Tageblatt Anzeiger M -as Erzgebirge örr wöchentlichen ünterhnltunA-öeünger ^uee Eonntngsölnü. -V p»st-nst-ie"°«ä Sprechflun», Si Ne»akt«on mtt stusnahm» -n Sonntag» nachmittag« 4-3 Uhr. — Telegramm-st-ress,: Tagrblatt stueerzgebirge. gmmstrech« «. n«hm,a »«a«llun,,n «nt,«,«». za» unverlangt rlngefandt» Manuskript« kann drmöhr nicht geleistet wer-»». Dr. 134. Zreitag, 13. )um 1S13. 8. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 1V Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Die Budgetkommission des Reichstages been dete am Donnerstag die erste Lesung des Ge setzentwurfes über das Erbrecht des Staates und nahm die Vorlage mit den im Lause der Beratungen beschlossenen Aenderungen an. * Die Reichstagsparteien planen bei ihrem Kompro miß über die Steuerfragen eine Aufheb ung der Wertzuwachssteuer. * Prinz Said Halim wurde definitiv zum Groß wesir ernannt. Mukhtar Bei, der türkische Ge sandte von Athen, wurde zum Minister de» Aeußeren ernannt. * In Norwegen beschloß da» Storthing für die Frauen einstimmig vvlltg gleiche» Wahl recht mtt den Männern. * In englischen Regierung »kreisen geht da» Ge rücht, daß der Schatzkanzler Lord Georg« am letzten Montage seine Demission angebo tenhabe, die aber nicht angenommen wurde. * In Marokko haben schwere Kämpfe zwischen Marokkanern einer« und Spaniern und Franzosen andererseits stattgefunden.*) -> Nähe»« sieh« an anderer Siel«. Mutmaßliche Witterung am 14. 'Juni: Nordwest- wind, wolkig, kühl, zeitweise Siegen. -Mc Die neue Besihsteuer. Es scheint sich nun doch bestätigen zu sollen, daß aus der Grundlage einer Reichsvermögenszu wachssteuer eine Einigung unter den bürgerlichen Parteien über die Lösung der Besttzsteuersrage zustande kommen wird. Seit einigen Tagen finden darüber ge heime Verhandlungen zwischen den Parteiführern auf Antrieb des Abgeordneten Spahn statt. Ueber da» Er gebnis ist bisher nichts Zuverlässiges in die Oeffentlich- kett gedrungen, man Weitz nur, daß die Führer aller bür gerlichen Parteien, die in der Budgetkommission vertre ten sind, an den vertraulichen Besprechungen beteiligt Der Geburtstag meiner Zrau. Ehehumoreske von Freiherr von Schlicht. Nachdruck verboten. Außer meinen vielen anderen Fehlern besitze ich leider eine sehr unliebenswiirdige Eigenschaft: ich kann mir keinen Geburtstag merken. An und für sich ist meine Untugend ja nicht allzu groß, aber die meisten Menschen sind ja nun einmal aus mir vollständig unerklärlichen Gründen jedes mal auf das tödlichste beleidigt, wenn man ihren Geburtstag vergißt. So bekomme ich denn häufig sehr bitterböse Brie fe, in denen man mir wegen meiner Vergeßlichkeit Bor würfe macht. Ich schwöre dann jedesmal aufs neue, mich zu bessern, aber auch dieser Schwur hat leinen Zweck, denn was der Mensch trotz de» besten Willen» nicht kann, das kann er nicht. Ich würde sogar meinen eigenen Geburtstag vergessen,, wenn andere mich nicht immer daran erinnerten, und sicher auch den Geburtstag meiner Frau, wenn sie mir nicht selbst Hülse, daran zu denken. Ich weiß nur, daß der große Tag an einem achten ist, aber ob am achten Januar, am achten Mai oder sonst wann, da» entfällt mir immer wieder aufs neue. Mer meine Frau erinnert mich daran, wenn auch in anderer Weise, al» die meisten Frauen da» sonst ihren Männern gegenüber zu tun pfegen. Sie tat «» auch gestern wieder in der ihr eigenen Art, denn al» ich zu ihr in da» Zimmer trat, fand ich st« in der denkbar schlech testen Stimmung, die ich mir nicht zu erklären vermochte, bi» mein Blick auf den großen Abreißkalender fiel. Da prangt« die Zahl acht, und da wußte ich: heute in vier Wo- chen hat meine Frau Geburtstag. Da» verdarb ihr schon heute, wie alljährlich, vier Wochen vorher di« Laune, und sie würde ech früh sein, wenn der Tag vorüber «ar. Aber bi» dahin war noch lange hin. Nicht nur inetne Frau, son- dern auch ich selbst würde unter deren Mißstimmung leiden, und so versuchte ich denn, ste über di» traurig» Tatsache ih- re» bevorstehenden Geburt»tage» hinwegzutrösten, aber ich erreichte dadurch weiter nicht», al» daß meine Frau, in Trä- nen ausbrechend, mich fragt«: Wozu ist man überhaupt ge« sind und überall der Wille herrscht, zu einer Verständi gung zu gelangen. Wo aber ein Wille ist, da ist auch Weg. Die «Regierungsvorlage bezweckte bekanntlich, den Bundesstaaten selbst die Lösung der Besitzsteuerfrage zu überlassen. Ste sollten bis zum 1. April 1916 zur Auf bringung der um 1.25 für den Kopf der Bevölkerung erhöhten Matrtkularbeiträge ein« allgemeine Besteuerung des Vermögens, des Einkommens oder der Erbschaften, allein oder nebeneinander, bei sich einsühren oder be stehende derartige Steuern erhöhen. Wenn ste aber diese Steuergesetze mit ihren Landtagen bis zu diesem Zeit punkt nicht vereinbart haben, dann sollte ihnen von Reichswegen eine Reichsvermögenszuwachssteuer aufge zwungen werden. Da sich alle deutschen Staaten zwei fellos beeilt haben würden, diese Steuergcsetze zustande zu bringen, um einer Maßregelung durch das Reich zu entgehen, so wäre das BermügenSzuwachSsteucrgcseh auf dem Papier stehen geblieben. In dieser Voraussicht hat sich denn auch de - Bundesrat bereit finden lassen, das Zuwachssteuergesetz als letztes Hilfsmittel gegen die säu- mlgen Bundesstaaten zu genehmigen, obwohl ohne Frage eine solche ZwangSmaßregel den schärfsten Ein griff in die Steuerhoheit der Bundesstaaten bedeuten würde. Auf diese auSMlfSwei» gedachte Vermögenözuwachs^- steuer sind nun die Rechtspartei en und da» Zen trum jetzt zurückgekommen, um ste al» die zur Zeit beste Lösung der Besttzsteuersrage zur Einführung im gan zen Reiche zu empfehlen, und so den Umweg über die Etnzellandtage zu vermeiden, der nur den uneinge schränkten Beifall der Konservativen gesunden hatte. Bei dieser Lage verlohnt e» sich denn Wohl, die Hauptbe- sttmmungen des Entwurfs in das Gedächtnis zurück zurufen. Die Feststellung de» BermügenSzuwachseS sollte erstmals zum 1. April 1916 für den in der Zeit vom 1. Januar 1914 bis zum 31. Dezember 1915 entstande nen Zuwachs erfolgen. Die Abgabe sollte nicht erhoben werden von dem Zuwachs, der den Bettag von 2000 Mk. nicht übersteigt, und Vermögen, die den Gesamtwert von 6000 Mark nicht übersteigen, sollten der Zuwachsbesteue rung überhaupt nicht unterliegen. Gewisse Schulden und Lasten, auch die Wertzuwachssteuer, sollten abgezogen werden. Bei einem Vermögenszuwachs von nicht mehr als 25 000 Mark sollte ein halbes Prozent vom Hun dert des Zuwachses als Steuer erhoben werden, bet mehr als 25000—50 000 Mark Zuwachs 0,6, bet mehr als 50 000—75 000 Mk. 0,7 v. Hundert ustv. Bei einem Gesamtwert des steuerbaren Vermögens über 100 000 Mark und mehr sollte sich der Steuersatz um 0,1 bis 1 Prozent des Zuwachses erhöhen. Als Vermögenszu- wachS hätten natürlich nicht nur Spekulationsgewinne^ Lottertegewinne, Wertsteigerungen von Grundstücken und Loren? Und vor allen Dingen, was hat man denn auf der Wett? Erlaube mal, Widersprach ich, du hast auf dieser Welt doch eine ganze Menge. Abgesehen von mir, deinem dir rechtmäßig angetrantem Ehegemahl, Über den du dich nicht mehr ärgerst, als es selbst in der besten Ehe notwendig ist, damit Leide Teile nicht übermütig werden ich weine, abgesehen von mir, hast du mindestens vierzehn neue Som merhüte. Du hast dir für die Reise, wie du mir selbst er zähltest, zwölf neue Kleider machen lasten, allerdings sagtest du nu r zwölf. Du hast die Schränke voller Wäsche, voller Stiesel, kurz, voll all jener Sachen, ohne die eine Frau selbst nach! ihrem Tode nicht leben kann; und da Lin ich der Ansicht, daß du auf dieser Welt eigentlich alles hast. Meine Frau schluchzte vor sich hin, bi» sie dann endlich meinte: Mer was nützt da», wenn man trotzdem älter wird. Ganz erstaunt blickte ich auf: Wer wa» redest du La denn nur? Du willst älter werden, aber wir haben uns doch schon vor Wochen darüber geeinigt, daß du zwei Jahre jünger würdest. Sogar drei Jahre, widersprach meine Frau, meine Schneiderin hat es mir erst gestern wieder erklärt, jeder Menschhielt« mich mindestens für drei Jahre jünger, al» ich «» in Wirklichkeit Lin. Da könnte ich eigentlich auch vier Jahre jünger werden, dann sehe ich nur um ein Jahr älter au^ al» ich nach der Ansicht der Leute Lin. Aber warum denen Sand in di» Augen streuen, ich weiß ja doch, wie alt ich in Wirklichkeit werde. Vergiß e» bitte, bat ich, denke nicht daran, und ich meine e» gan-ernsthaft, wer noch so jung ist wie du, -raucht sich seine» Alter» nicht zu schämen. Meine Frau weinte noch immer still vor sich hin, um dann plötzlich auszurufen: Ach, warum bleibt man nicht ewig jung, oder warum wird man nicht wirklich an seinem Geburt», tage immer Wngerl Da» geht doch nicht, widersprach ich, denn sonst Mrd» ein Mensch unter Umständen erst mtt sieb zig Jahren auf di» Welt kommen, und da» wäre doch zu weilen mit Schwierigkeiten verbunden, besonder», wenn die Mutter de» siebzigjährigen Säugling» schon vor vierzig Iah- ren gestorben ist. G» mutz schon so bleiben, wie e» ist, aber trotzdem, nimm einmal an, e» ging» so, wie du r» dir wünsch test, wie alt, ich meine natürlich wie jung, möchtest du denn Wertpapieren ustv., sondern auch Erbschaften zu gel ten. Insofern würde die VermögenszutvachSsteuer auch den liberalen Forderungen entsprechen. ES begreift sich daher, daß die liberalen Parteien einen Verständigungs versuch auf dieser Grundlage sich nicht von vornherein versagten, obwohl nicht das Vermögen selbst durch diese Steuer, sondern eben nur der Zuwachs erfaßt werden soll. Bet der ersten Lesung im Reichstage haben Konser vative und Zentrum diesen AuSihtlfeentwurf gerade we gen der vorgesehenen Mttbesteuerung de» KindeSerbe» bekämpft, sie scheinen aber jetzt anderen Ginne» gewor den zu sein, vielleicht aus dem Grunde, weil diese Art Erbschaftssteuer nicht alsbald beim Ableben des Erblas sers, sondern erst zu Beginn deS nächsten Veranlagungs- zeitraumes, also möglicherweise erst nach zwei Jahren, und auch nicht aus einmal erhoben werden soll; über dies kann auch natürlich nur die Bereicherung getroffen werden, die am Ende des zweijährigen BeranlagungS- zeittaume» wirklich noch vorhanden ist. Man muß ab warten, was aus diesen Verständigung-Verhandlungen werden "wird. ES würde nicht schwer fallen, den Ent wurf für RetchSzwecke umzuarbetten, vorausgesetzt, daß der Bundesrat mit der Zuwachssteuer einverstan den sein würde, was sich freilich bi» zur Stunde noch nicht sagen läßt. Monarchenbegegnung in Riel. (Bon unserem Berliner ^Mitarbeiter.) Den Zusammenkünften KaiserWilhelms mit dem Zaren und dem König von Englaird anläßlich der Hochzeitsfeierlichkeiten in Berlin wird sich im Monat Juli die Begegnung zwischen dem deutschen Kaiser und dem Kö nig von Italien in Kiel anschließen. König Bittor Emanuel beabsichtigt mtt seiner Gemahlin dem schwedischen iKönigspaare» das 1911 seinen Antrittsbesuch in Rom ge macht hat, eine offizielle Gegenvtsite in Stockholm abzustat ten. Bei dieser Gelegenheit wird die Zusammenkunft mit unserem Kaiser, der sich dann in den Kieler Gewässern auf halten wird, erfolgen. Es sind jetzt zehn Jahre her, daß un ser Kaiser zum letzten Male in Rom gewesen ist. Inzwischen aber haben sich,Kaiser Wilhelm und König Viktor Emanuel wiederholt auf italienischem Boden gesprochen, und zwar gelegentlich der Mittelmeerfahrten des Kaisers nach Kor fu. Vermutlich ist es kein Zufall, daß der italienische Kö nig nicht nach Berlin kommt, denn Etikettenfragen spielen bei derartigen Anlässen stets eine große Rolle. Zusammen, künfte zwischen dem «König von Italien und ausländischen Herrschern finden in Rom nur äußerst fetten statt, weil kein Monarch den Quirinal besuchen kann, ohne auch dem Papst seine Aufwartung zu machen. Die Existenz der römischen heute in vier Wochen werden? Meine Frau trocknete schnell ihre Tränen und sah mich mit einem ganz verklärten Blick an: Wie jung? Ach, ganz jung, eine Frau kann nie jung genug sein, — Dann wollen wir annehmen, du würdest ein Jahr, das dürfte selbst dir jung genug sein, oder willst du noch jünger Du machst dich über mich lustig, unter ¬ brach mich meine Frau. Absolut nicht, verteidigte ich mich, aber wenn dir ein Jahr zu jung ist, so können wir ja etwas dazu legen. Mas meinst du, wenn du zehn Jahre würdest? Und nochmals zur Schule müßte und nochmals all da» viele Zeug lernen, das man doch nur wieder vergißt, schalt meine Frau, nein, die Zeit möchte ich nicht nochmal» durchmachen. Schön, meinte ich, dann wollen wir uns auf die zwanzig einigen. Aber auch da» war nicht nach dem Sinn meiner Frau, die kategorisch erklärte: Das ist ein gräßliche» Alter, na mentlich Mr ein junge» Mädchen, denn mit zwanzig Jahrey Ist man einfach nicht mehr ganz jung, besonder» dann nicht, wenn die Freundinnen schon verlobt oder gar verheiratet sind. Für ein junge» Mädchen sind zwanzig Jahre ein Grund, Selbstmord zu begehen, denn niemand sagt, die und die ist erst zwanzig, sondern jeder sagt, die ist schon zwan- zig. Du al» Mann kannst da» gar nicht verstehen, welch« Kränkung für da» junge Mädchen in dem Wort schon liegt sie selbst kann doch nicht» dafür, daß sie so alt hat werden müssen; und dafür, daß sie noch keinen Mann hat, kann ste in den meisten Fällen doch auch nicht», denn wenn e» nach den jungen Mädchen ginge, Mrd» e» auf der ganzen Welt nicht einen einzigen Jungesellen geben. Ach, und e» giLt doch so viele. Na, weine nur nicht wieder, bat ich, und wenn dir da» Alter von zwanzig Jahren nicht gefällt, dann kannst du ja dreißig werden. Meine Frau Iah mich gan- entsetzt an: Da- ist doch wohl nicht dein Ernst, denn soviel müßtest du doch von den Frauen auch wissen, daß keine ein zige jemal» dreißig wird. Na, erlaube mal, warf ich rin. Wer meine Frau erlaubte gar nicht», sondkdn erklärt, auf, neue: E» ist;, wie ich dir sag«. Oder soll «in« Frau «twa den dreißigsten Geburtetag dadurch feiern, daß sie sich an» Klavier setzt, während der Mann ihr da, Lied vorfingt: