Volltext Seite (XML)
Mer Tageblatt WM Anzeiger für -as Erzgebirge MH DKMB mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsbla«. .».b Sprechstm»»» »er «e-awon «It Musnahm» -»» Sonntag» nachmittag» 4—S Uhr. — C»l»gramm-fl-r»ff» r Lagrblatt Meerzgrhtr-e. -»rnsprrchrr SS. «««» «n Nuf-ak» »»« Nr. 144. Mittwoch, 2S. Juni ISIS. S. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Die Budge tkommisston des Reichstages nahm ge stern einen Antrag auf Beseitigung der Wert-, zuwachssteuer an, blieb aus der Ablehnung der erhöhten Matrikularb eiträge und auf Streichung des Eheckstempel» bestehen und beendete die zweite Lesung der Vermü- genszuwachssteuer. DerMeich Stag nahm am Dienstag nachmittag um 5 Uhr die Wehrvorlage in zweiter Lesung an. Eine Abstimmung über diegesamteVorlage fand, wie dies üblich ist, nicht statt. ES wurde nur über die einzelnen Abänderungsanträge abgestimmt.*) * Die Kieler Woche hat am Dienstag im Beisein und unter Teilnahme des Kaisers ihren An fang genommen.*) * Präsident Poincare traf am DteenStag nachmit tag auf dem Biktortabahnhose in London mit einem Sonderzug ein und wurde von» dem König Georg außerordentlich herzlich empfan gen.*) Wie verlautet, zeigt sich Serbien neuerdings mehr bereit, eS zu einer friedlichen Eini gung mit Bulgarien kommen zu lassen, sodaß dieAuSsicht auf einen serbisch-bulgarischen Krieg vermindert ist.*) * In Konstantinopel fand am Dienstag früh um 4 Uhr die Hinrichtung der zwölf Mörder Schewket Paschas auf dem Bajazid-Platze vor dem Kriegsministerium statt. -> Näheres stehe an anderer Stelle. Mutmaßliche Witterung am 28. Juni: jWestwinde, wolkig, kühl, zeitweise Regen. "MU Cnglanä unä Frankreich. Während der englische König in den drei Jahren seiner Regierung überhaupt noch nicht in Parts wär, fühlt Präsident Poincare schon knapp vier Mo nate nach seinem Regierungsantritt das Bedürfnis, Lon don zu besuchen .... Darin zeigt sich deutlich, wie Frankreich Englands Freundschaft sucht. In den letzten Monaten ging ja mancherlei vor, was nicht gerade zur Die Betrachtung äer Lanäschaft. Einige Watte -um Wandern und Reisen. Nachd.u« verdaten. Von Grund bis zu den Gipfeln, So weit man sehen kann, Jetzt blüht'» in allen Wipfeln Nun geht das Wandern an. Eichendorfs. Die letzten zehn Jahre der Heimatbewegung haben be sonders belebend auf die Touristik eingewirkt. E» gibt kaum eine Stadt in Deutschland, die nicht einen oder meh rere Wandervereine hat, kein« Schule in Stadt und Dorf, die nicht ihre Schüler an mehreren Tagen aus die Wander schaft schickt. Und die unleugbar erfrischende, belebende Wir kung des Wanderns auf den Großstädter gewinnt dieser sonntäglichen Gvhbetätigung immer neue Freunde und be geisterte Anhänger, und zwar auch vorzugsweise unter den Damen und unter der arbeitenden Bevölkerung. Viel leicht tut es gut, daß wir da einmal von der Kunst des Wanderns sprechen. Ich meine nicht die touristische Ausrüstung, sondern den rechten Gebrauch unserer Äugen und Ohren. Heute, wo da» Verständnis für früher unbe achtete landschaftliche Schönheiten geweckt ist, wo wir der Heide, dem Moor, einem stillen Waldsee, einer Dünenland schaft neue Reize abgewtnnen, wo wir Unser» engere Hei mat überall entdecken, scheint es fast überflüssig, davon zu reden. Und doch ist dem nicht so. In der Regel laufen noch viele, viele Wanderfahrten auf recht starken Besuch der Gastwirtschaften, auf Picknick» und Abkochen und ein Ruhe schläfchen als auf Wald und Heide hinaus. Will ich auch allem diesem seine Berechtigung nicht absprechen, so liegt es mir doch am Herzen, heute von den Wundern und Heimlich keiten deutscher Landschaft zu sprechen und auf eine richtige, genußreiche Betrachtung hinzulenken. Stärkung dieser Freundschaft beitrug. Die Orientkrtse hat zwar den Dreiverband in äußerlicher Eintracht auf treten lassen, aber Englands Interessen gingen doch öfters mit den russischen, die auch von Frankreich in treuer Vasallenschaft vertreten wurden, nicht parallel. Man mußte an der Themse Rücksicht nehmen auf die Stimmung der vielen Millionen Mohammedaner, die unter König Georgs Szepter leben und die den Sturz der Macht des Khalisen in Konstantinopel, die das Werk Rußlands und seiner slawischen Brüder vom Bal kan war, bitter schmerzlich empfanden. Weiter war man in England daraus bedacht, dem russischen Vordringen am Persergolfe und in Armenien ein Ziel zu setzen. Das alles brachte gewisse Mißklänge in die Harmonie der bisher so herzetnigen Mächte. Wir können daher Wohl begreifen, daß Herr Poincare den Drang in sich fühlt, sich über die englische Freundschaft zu vergewissern. Die Staatsoberhäupter der beiden Westmächte und ihre Minister — ichon begleitet ja den Präsidenten — werden sich zweifenoS in London auch aussprechen über den Konflikt, der unter den Kleinen am Balkan über die Teilung der Beute ausgebrochen ist. Aber das wird uns Deutschen nicht da» wichtigste Gesprächschema sein. Das werden vielmehr die Unterhandlungen sein, die nach Herrn Ptchon» Ankündigung über die Teilnahme Frank reich» an den deutsch-engltsch-türkischen Verhandlungen über die Bagdadbahn dort angeknüpft werden. Frank reich sicht mit unverkennbarem Mißbehagen, daß Eng. land sich anschtckt, in Borderasten in dem zerrütteten Os« manenreich sich eine feste Stellung zu schaffen. Damit werden französische Träume vernichtet, die von dem Protektorat über die lateinischen Christen, das heißt die Römischkacholtschen, da» Frankreich schon seit vielen Ge nerationen beansprucht, eine Vorherrschaft Frankreichs in Syrien erwarteten. Nun wäre ja das Naturgemäße, daß Frankreich Fühlung bei Deutschland suchte, das durch jene britischen Pläne in Kleinasien eingeengt wird; aber dieses Naturgemäße scheint jedem patriotischen Franzo sen so undenkbar, daß er lieber auf Kosten Deutschlands sich mit den Engländern zu einer Interessengemeinschaft verbindet, bei der Frankreich sicher nicht das bessere Teil erwählt hat. So sind denn Herrn PoineareS Eilfertig keit, sich in London vorzustellen u. Hrn. Pichons Sehn sucht nach einer englisch-französischen Verständigung über Syrien und Mesopotanien, nur wieder Beweise der frartzösischen Politik, bei England sich anzubiedern, um bei ihm einen Rückhalt gegen den Feind im Osten zu finden. Die uns kindisch erscheinende Furcht der Fran zosen vor Deutschland hat je länger, je mehr Frank reich in ein Verhältnis nicht nur zu Rußland, sondern auch zu England gebracht, da» von Vasallengvhorsam nicht mehr gar zu weit entfernt ist. Die einst so selbst bewußte große Nation sicht bei jeder Frage der aus wärtigen Politik ängstlich nach London und Petersburg, ob sie Wohl dort Hilfe erhielte, wenn die Deutschen Seit Oskar Schwindrazheim um die Jahrhundertwende feine Studien aus Deutschhausen in der deutschen Heimat schlich, Paul Schultze-Naumburg mtt seinen.Kulturarbei ten auf die architektonischen und ästhetischen Gesichtspunkte hinwies, haben wir vergleichen r d kritisch schauen gelernt. Aber es find doch immer nur einige wenige, die mit so of fenen Augen wandern und — das ist nämlich das Krite rium — nach der Wanderung anschaulich und richtig zu er zählen wissen, was sie sehen. Gin treffendes Beispiel hat Dr. Valentin Scherer Ln einer Betrachtung vom Sehen ge geben: Vielleicht kennt der eine oder andere Leser das Bild Stille Winkel des Worpsweder Malers Overbeck, das in der Hauptsache einen Waldsaum im Mondschein darstellt. Das Charakteristische an dem Gemälde ist, daß der Mond ein Stück violetten Himmels beleuchtet, und daß diese Farben töne — mit Modifikationen natürlich — auch auf Wald und Wiese spielen. Als ich da» Wild zum erstenmal sah, stutzte ich, und wollte nicht recht an die Farben dieses Himmels glauben. Da ging ich an einem Herbstabend am Fluhufer einer Landschaft vom Charakter der norddeutschen Tiefebene entlang. Jenseits de» Flusses über dem Wald, dessen dich tes Unterholz der Feuchtigkeit des Gödens Vorschub leistet, stand in mäßiger Höhe die Mondsichel und übergoß Himmel und «Bäume mit rot-violettem Licht, ganz ähnlich dem, was Overbeck auf seinem Bilde dargestellt hat. Noch nie hatte ich diese» Farbensptel, diese lebhafte Tönung, so lebhaft empfunden, noch nie ihrer so geachtet, wie jetzt. Wir müssen uns daran gewöhnen, unsere Augen ebenso zu 'schulen, wie der Maler und Photograph. Wir müssen un» daran gewöhnen, weniger zu reden auf den Wander- ungen und banale Gespräche zu führen, sondern fleißig und bewußt, mit allen unseren Sinnen, uns in die Natur hin- etnzufühlen. Wie einzigartig schön ist im Frühling ein Birkenweg. Diese schleiften, weißen Stämme mit ihren hän genden grünen Schleiern mahnen an verzauberte Mädchen gestalten. die wie Ehrenjungfrauen zum Empfange de» Na* etwas unternehmen sollten, oder ob sie auf die beiden grötzmächtigen Freunde zählen könne, wenn Frankreich etwa» gegen Deutschland ins Werk setze. Das ist die wahre deutsche Gefahr Mr Frankreich, daß es wie ge lähmt nach dem Vogesenloch starrt und keinen Schritt mehr in der wetten Welt unternimmt, ohne sich Dec kung zu verschaffen gegen die Sieger von 1870. Allein getraut man sich nicht mehr mit Deutschland anzubtnden, sich'Mit ihm verbinden, das will man nicht aus einer Mischung von sentimentaler Revanchelust und Furcht und so gerät die nach Deutschland stärkste Militärmacht des europäischen Kontinents immermehr in eine Ab hängigkeit von ihren Freunden, die einer so reichen und starken Macht unwürdig ist. Auch der glänzende Emp fang, der dem Präsidenten der Republik in London beschicken sein wird, und der Jubel des Britenvolkes sollte uns nicht über die Tatsache Hinwegtäuschen, daß nicht der Vertreter einer ihrer Kraft Gewußten Groß macht geehrt und gefeiert wird, sondern der getreue Schleppenträger der britischen Weltpolitik. * Eine Salve von 21 Kanonenschüssen zeigte gestern mittag um 12 Uhr 10 Minuten die Ankunft de» Präsi denten Poincare in Spithead an Bord de» Kriegsschif fes Corbet an. Der Präsident wurde vom Prinzen von Wales in Martneuniform empfangen. Die Lon doner Zeitungen veröffentlichen herzliche Begrü- ßungSartikel zum Besuche de» Präsidenten der stan- zösischen Republik, befleißigen sich aber auch einer un verkennbaren Zurückhaltung und suchen jede Spitze gegen Deutschland zu vermeiden. In der ministeriellen Presse wird dabei der Gedanke betont, daß die Entente Cordiale Deutschland gegenüber einen defensiven Charakter habe. — Daily Chronicle betont, daß die Tripelentente Frank reich in Marokko und Rußland in Persien genützt habe, -aß es aber schwerer zu erkennen sei, was sie England genützt und was sie dem Frieden genützt habe. Das Blatt fährt fort: Die erfolgreiche Wiederherstellung des euro päischen Konzerts angesichts der Gefahren des Balkan krieges ist ein Beweis, daß die Gruppierung der Tripelen- tente und des Dreibundes die Erhaltung einer Harmonie nicht hindern, sondern fördern kann. Der beste Dienst, den wir Frankreich erweisen können, ist der, die Kluft zwischen ihm und Deutschland zu überbrücken. — Daily News betont, daß das herz liche Einvernehmen mit Frankreich von keiner Seite so aufgefaßt werden dürfte, als ob es eine Tür der Feindseligkeiten gegen Deutschland öffne. » Präsident Poincare traf gestern nachmittag um 8 Uhr 30 Minuten in London ein. Zur Begrüßung auf dem Bahnhofe hatten sich eingefunden der König, der Herzog von Connaught, Prinz Arthur von Connaught, Premierminister Asquith, Staatssekretär Grey und an dere Minister. Der König schüttelte dem Präsidenten turfreundes ausgestellt sind. Wie anmutig wirken im Na delwalds solche eingesprengten Birkenschneisen, die nicht nur eine wohltuende Abwechslung dem Auge bieten, sonder» auch zu ernster, tieferer Betrachtung anregen. Wie erhaben, fei erlich und groß wirkt im Sommer ein stiller Buchenwald, in dem nur die Vöglein als ein unisichtbarer Domchor ihre Lieder hören lassen und der Wind zuweilen durch die Kro- nenfährt, daß man meint, gewaltige Orgclklänge zu hören. Wie vielseitig belebt erscheint eine Moorlandschaft mit ih ren Erlen, Espen, Birken, ihrem reichen, blühenden, duften den Unkraut, ihrem Schilf und ihren Gräsern und dem laut sich rührenden Volk der Wasservögel. Und wie freundlich grüßt ein Dorf, das in einem Hain von rot und weiß blü henden Obstbäumen eingebettet liegt, den Wanderer. Wie versonnen liegt die weite Heide da, mit ihrer violetten Eri ka und ihren Lerchen, die hoch in der Lüft der Sonne ent gegenjubeln. Und schließlich — selbst ein einfaches Korn feld, durch das wir auf einem schmalen Richtsteig gehen, welche tiefen Gefühle vermag es in uns auszulösen, wenn wir empfänglich sind, und wie anmutig fügt sich das vom Landmann so angefeindete Unkraut der ^Kornblumen, Korn raden, Wicken und Maßliebchen in diesen goldgelben Rah men al» eine freundliche Verzierung eins Soweit über da» offene Land, über Wald und Feld und Landstraße. Mehr geschult ist unser Auge schon Mr die entzückenden, wechselnden Bilder eine» Flußlaufes, «ine» Sees oder de» Meere». Wie da» Ufer in sanften Schwingungen da» Gewässer begleitet, wie der Himmel sich in den Fluten spiegelt, wie die Wollen grün», blaue, graue, schwarze Farbentöne geben. Wie ein Schiff seine langsam «erzitternden Bahnen im Wasser zieht, wie ein weiße» oder braune» Segel gegen die Sonne, gegen da» Grün der Landschaft steht. Wie da» Tierleben sich an stillen Wasserläufen dem sich ruhig verhaltenden Beobach ter offenbart, wie da» ganze Landschaftsbild Formen, Far ben und Belebung ständig wechselt. Mehr geschult ist unser Auge auch auf die archttekto-