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Zreitag, 27. )unl ISIS. Nr. 14S. Mer Tageblatt MS Anzeiger für -as Erzgebirge V-AGWUZ mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsbla«. WZMW s»wi. Sprechchm», »er «»Saktton ml« Ausnahme »er Sonntag» nachmittag« 4—s Uhr. — Telegramm-fl-ress,, Tageblatt Kuerrrgeblrge. Zerusprecher SS. »«'M »I« Nu,-ad« »«» Snf«ra,«» n«hm«n "o«st,üung«u «nt,«s«" ?ür unverlangt rlngesanbt» Manuskript« kann SewShk nicht geleiget werben. Manuskript ulch» d«u/u<^ u,dae ist. 8. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Der Kaiser beabsichtigt, nicht nach Gmunden zu reisen?) * In der gestrigen Sitzung des Reichstage» wurde das Gesetz über den Wehrbeitrag in -wei ter Lesung angenommen. Im Anschluß daran sand das Stempelsteuergesetz mit geringen Ab änderungen in zweiter Lesung Annahme?) o Die zweite Lesung de» Entwurfes über die Kon. kurrenzklausel wurde von der Reichstagskom- Mission bis zum Herbst vertagt. » Das Reichsgericht verurteilte den wegenSpionage angeklagten früheren Schutzmann Peter Jäh nicke in Wilhelmshaven zu sechs Jahren Zuchthaus?) , ' Bom ostasrika Nischen GouvernementSrate wurden die im Reichstage erhobenen An« ' uldiguugen gegen die Schutz truppe al» »gründet und unberechtigt energisch zu- -wtesen. , riechi sche Antwortnote über die Demo bi» lisierung ist gestern in Sofia überreicht wor- den?) n Näh«»» sich» an anderer slesie. Mutmaßliche Witterung am 28. Junii: Westwinde, wolkig, kühl, zeitweise Regen. -Wll Harmonische unä herzliche Zusammenarbeit. 'M Der Britenkönig und der Präsident der französischen Republik haben in London die üblichen Trinksprüche ge wechselt. Daß die beiden Staatsoberhäupter in Ver sicherungen ihrer und ihrer Nationen Friedensliebe sich überboten, ist selbstverständlich. In Trtnksprüchen ist man immer friedliebend. Man soll darum auch nicht mit Poincare rechten, daß er auch für die Balkankrise ein be- ständiges Zusammenarbeiten der Westmächte im Inte resse des Weltfriedens festzustellen für gut befand. An- dcre "Leute mögen meinen, Frankreich habe ost mehr russische als französische Politik getrieben und die Technische Runäschau. iNa-dru« a»lL»t«u.> ^Technische Riosenvr-jektv. - Lin Tunnel für ,»o Millionen. — Der Iveg kondon-Mailand um >oo Uilometer verkürzt. — Lin« neue Ltsen. bahn nach dem Süden. — VI« Technik der Schiffezeitung - Lin Sender für 70 Buchstaben pro Minute. — Da» Hlugzeugtelephon. — Schalldichte Ohrenklappen — Vie Schwimmaschin« — Spaziergänger auf dem Wasser.) Wir leben in der Zeit der technischen Riosenprojekte. Um eine Bahnlinie in möglichst gerader und direkter Li nie führen zu können und dadurch einige Stunden Fahrzeit zu sparen, scheut man vor den gewaltigsten Aufgaben der Jngenteurtechntk nicht zurück. Man hofft, daß die ungeheu ren Kosten, die die Ausführung der hier in Betracht kom menden gewaltigen Bauten verursachen, durch die Steiger ung des Verkehr» wieder eingebracht werden: find doch auch die Reisenden schließlich zum größten Teil Kinder unseres hastenden Jahrhunderts, für die da» Wort: Zett ist Geld — gilt, und di« deshalb von mehreren zur Verfügung ste henden Wegen unter allen Umständen den kürzesten wählen werden. Derartige Erwägungen sind e» auch, au» denen die neueste Aufgabe für den Eisenbahntechniker hevvorge- gangen ist, die nicht» Geringere» -nm Ziel hat, al» den Durchstich desMontblane, al» die Führung eine» Tunnels durch das gewaltige Bergmassiv hindurch, dessen Gipfel die höchste Erhebung Europa» darstellt. Nicht al» ob es bisher kein« Verbindungen -wischen Frankreich und Jta. lten gegeben hätte. Schon seit langem existiert der Tunnel durch den Mont Cent», zu dem sich vor einigen Jahren der durch den Simplon hinzugesellt hat. Aber auf bei den dauert die Fahrt immer noch zu lange. Schon seit ge raumer Zeit hat man deshalb neue Projekt» in Erwägung gezogen, die nach den verschiedensten Richtungen hin geprüft worden sind. Man wollte z. B. elektrische Bahnen über den Jura hinweg bauen, ferner ein« Schnellbahn an der Mee resküste entlang führen usw. ufw. Aber alle diese Vor schläge entsprachen nicht dem Geiste unserer Zeit, da st, Umwege darstelltcn, bei denen di» Nachteile de» längeren zurück-» legenden Wege» durch di* erhöhte Schnelligkeit der Friedensarbeit der russischen Politik war wirklich nicht allzugroß. Aber da» mögen die Mächte des Dreibundes unter sich auSmachen. Bedenklicher muß uns aber stim men, was Wer den friedsördernden Eharakter des französisch-englischen Einvernehmens ge sagt wurde. Wir wissen, es gehört heute gleichsam zum guten Ton in der Politik, von einer deutsch-englischen Annäherung zu sprechen. Was in den letzten Monaten namentlich auch in der Balkankrise geschah, spricht ja auch für eine solche Annäherung. Aber man vergißt doch in der Freude über diese sicher erfreuliche Tatsache gar zu leicht ihre Ursache. Gewiß geht die Annäherung von England au», aber die versöhnliche Stimmung in England war nur das Resultat von Erfahrungen, die die Briten schließlich von der Unmöglichkeit überzeug ten, gegen Deutschland ihre weltpolitischen Ziele zu erreichen und daher versucht man es mit Deutschland. Das kann für un», wenn unsere Diplomatie nicht sehr vorsichtig ist, un< r Umständen sehr verhängnisvoll wer den. Aber davon soll jetzt nicht die Rede sein, hier wol len wir uns die Bedeutung der französisch-englischen Herzeintgkett für den Weltfrieden allein einmal vor Augen führen. König Georg V. hat e» uns leicht gemacht, diese Bedeutung zu würdigen. Er erwähnt« die Unterzeich nung der diplomatischen Schriftstücke de» Jahre» 1004, die e» seiner Meinung nach beiden Völkern möglich mach, ten, in harmonischer und herzlicher Weise in-Angelegen- heiten von internationaler Bedeutung zusammenzuarbei- ten. Jene Schriftstücke, deren König Georg so warm ge dacht, besiegelten da» Schicksal Marokko». Und wir Deutsche haben in der Folgezeit nur zu sehr erfahren müssen, wie harmonisch und herzlich Franzosen und Engländer zusammenarbetten. Gewiß, der Brttenköntg mag vier Wochen nach seinem Berliner Besuch nicht gerade darnach streben, bewußt alte Wunden wieder aufzureißen. Aber gerade durch die Erwähnung des Pak te» von 1904 als des Grundsteins der englisch-französi schen Freundschaft Wt er eine Kritik an der sriederhal- tenden Macht dieser Freundschaft, wie sie schärfer kein Alldeutscher Wen kann. Denn der englisch-französische Marokkovertrag ist ja die Wurzel der fortgesetzten Beun ruhigungen in den Jähren 1904 bis 1911. Es hat in Deutschland das Gefühl hervorgerusen, daß England um jeden Preis gewillt sei, Deutschlands Ausbreitung in der Welt zu hemmen, ein Gefühl, das in den folgen den Jahren, so sehr durch Tatsachen bekräftigt wurde, daß es wieder sehr vieler Tatbeweise der britischen Re gierung bedürfen wird, um diese Erinnerungen verges sen zu machen. Wir glauben ja gerne, daß die englische Politik heute nicht mehr aus dem Standpunkte steht, daß Deutschland um jeden Preis ntedergehalten wer-! elektrischen Züge nicht hätten ausgeglichen werden können. Deshalb hat die französische Regierung nunmehr den Mont- blancdurchstich beschlossen, wodurch die kürzeste Verkchrsmög- lichkett erschlossen wird. Der Tunnel soll bei Ghamou- ntr, dem bekannten, vielbesuchten Sommerkurort, begin nen, und im Tale von Aosta in Oberttalien wieder zutage treten. Diese Kosten werden auf nicht weniger als löt) Millionen Franken veranschlagt. Unter den technischen Schwierigkeiten, die hier bei dem Bau zu überwinden sein werden ist vor allem die beträchtliche Hitze zu erwähnen, die im Innern des gewaltigen Bergstocks herrschen dürfte und zu deren Bekämpfung besondere Einrichtungen ge- schaffen werden müssen. Im übrigen aber dürften die Schwierigkeiten der Durchbohrung voraussichtlich geringer sein, als sie es beim Bau des Simplontunnel» waren. Hier haben bekanntlich mehrfach Wassereinbrüche infolge de» Ab rutschen» von Gestein usw. usw. stattgefunden. Das ist Lei dem Montblanctunnel deshalb nicht zu befürchten, weil das ganze Massiv aus Urgestein besteht, da» eine einzige, gleich artig zusammengesetzte Masse darstellt. Der neue Mont- Llanctunnel wird eine beträchtliche Verkürzung des Reise wege» von Spanien, Frankreich und England nach Italien zur Folge haben. Der Weg Londons-Mailand wird durch ihn um nicht weniger als hundert Kilometer abgekürzt. Der Betrieb soll durchweg elektrisch sein und für den Personen verkehr mit höchster Geschwindigkeit durchgeführt werden. Da», was der Montblanctunnel für da» westliche Euro pa darstellt, bedeutet der nunmehr dem Verkehr übergeben« Lötfchbergtunnelfürda» nördliche. Er ist nunmehr, gerade recht für die Reisezeit, dem Betrieb übergeben wo» den, und di» LötschbergLahn stellt insbesondere für die au» Deutschland kommenden Reisenden den schnellsten und direk testen Weg bar. Der Lötschbergtunnel ist mit 14V6S Me tern Länge der drittgrößte Tunnel Europa» und wird in bezug auf seine Ausdehnung nur noch vom Simplontunnel mit IS 728 Metern und dem Eotthardtunnel mit 14 990 Metern übertroffen. Er ist ein sogenannter Scheiteltunnel, d. h. er durchschnoidet den Berg in seinem oberen Teile, nämlich in Höhe von 1246 Metern. Durch die Anlegung den müsse, daß sie vielleicht Deutschlands Expansionsbe strebungen hier und da entgegenkommt, um an anderer Stelle auf Deutschlands Hilfe zählen zu können. Aber die Erinnerung an 1904 hätte der englische König dann besser weggelassen. Sie ist wirklich das allerverkehrteste Mittel, um die nicht auf den Dreibund eingeschworene Welt von der Friedensgarantie dieser diplomatischen Gruppierung zu überzeugen. Wir mißgönnen den Eng ländern und Franzosen ihr harmonisches und herzliches Zusammenarbeiten nicht, aber vor einem solchen Zusam menarbeiten, wie es das Jahr 1904 gezeitigt hat, haben wir ein recht großes und berechtigtes Mißtrauen. Und wir wünschen nur, daß die Erinnerung an diese» Jahr wirklich immer nur eine rhetorische Floskel wie in Kö nigs Georgs V. Rede bleibt und in der Politik keinen Wtederhall mehr findet. Die Ariegsgefahr beseitigt! Getrennte Konferenzen in Petersburg. Der Konflikt zwischen Serbien und Bulgarien, der eine Woche lang die Gefahr eines neuen, vielleicht noch gefähr licheren Balkankrteges heraufzubeschwören schien, kann al» im friedlichen Sinne erledigt betrachtet werden. Die Verständigung zwischen den Leiden Staaten, über deren An bahnung und Entwicklung wir berichtet haben, ist soweit gediehen, daß man die Kriegsgefahr für beseitigt halten kann. Da» ergibt sich aus folgendem Telegramm au» London: > Wie da» Reutersche Vttveau erfährt, kann di« Ge fahr eine» Kriege» zwischen Bulgarien und Stu dien jetzt al» beseitigt angesehen «erden. E» ist zwar Noch keineswegs sicher, daß Serbien da» Schiied»««- richk des Kaiser« von Rußland über die bestehende« Meinungsverschiedenheiten bedingungslos annimmt. Je doch sind hinreichend bestimmte Zusicherungen abge geben worden, so daß man dem Ausgsing der bevorstehen den Verhandlungen mit Zuversicht entgsgensehen kainn. Man hat Grund zu glauben, daß Serbien ebenso wie NÄ- garien der Aufforderung Rußlands nachkommen wird, sei ne Forderungen in einer besonderen Denkschrift darzulü gen, wenn es dies etwa nicht schon gMn hat. Die Konferenzen der Walkanminister in Petersburg unter dem Vorsitz Ssasanow? werden, einem Te legramm der Kölnischen Zeitung zufolge, nicht gemein- s a m stattfinden, oder sie sollen doch wenigstens im Anfang nicht zu fünfen geführt werden. Ssasanow scheint zunächst sondieren zu wollen» wie weit er im Gespräch mit den ein zelnen Ministern einer späteren gemeinsamen Aussprache vorarbeiten kann. Es ist nicht ausgeschlos sen, daß es durch diese, formlosen Unterhaltungen gelingen könnte, die zwischen den Mitgliedern des Balkanbundes Le- derartigsr Scheiteltunnel erwachst der WorteilHier bedeut tenden Abkürzung der eigentlichen Tunnelstrecke, die, wenn man den Lötschbergtunnel als Dasistunnel ausgeführt hätte, ganz bedeutend länger geworden wäre. Auch hier wurde der elektrische Betrieb eingeführt, wobei die Elektrizität aus den in der Schweiz gar zahlreich vorhandenen Wasserfällen genommen wird. In Anbetracht der herrlichen Gebirgsge gend, durch die die Bahn hindurchführt, wirb der Wegfall der mit dein" alten Dampfbetriebe verbundenen Rauch- und Rußbelästigung von den Reisenden sehr angenehm empfun den werden. Auch der Schiffsverkehr wirb sich Mr diese immer angenehmer gestalten. Wenn man früher eine Schtffsrerse antrat, so war man oft wochenlang von dem übrigen Verkehr abgeschnitten. Man hatte keine Ahnung, wa» inzwischen in der Welt vorging. Heutzutage ermöglicht e, die drahtlos« Telegraphie, daß auch auf den Schiffen dis Telegramme über die neuesten und wichtigsten Ereignisse ständig angeschlagen werden können, ja, daß sogar die Herstellung einer Schiffszeitung möglich ist. Gan- besonders interessant ist es, die technischen Einzelheiten die ses neuartigem Zettungsdiensteo kennen zu lernen. Täglich zweimal wird das, wa» an die auf See befindlichen Schisse wettergegeben werden soll, dem Haupttelographenamt zu Berlin zur Weiterbeförderung übergeben. G» handelt sich dabei um Telegramms von etwa 17ö Wörtern. Da» Haupt- telegraphenamt telegraphiert dies« Nachrichten an die groß« Telefunkenstatton in Norddeich weiter, die dies« alltäglich pünktlich um 10Ve Uhr morgen» und 11H Uhr nacht» auf funkentelegraphi schon, Weg« weitergibt. Um diese Zeit hal ten sich die Funkentelegraphisten der Schiffe bereit, dis Schiff,zettung aufzunehmen. Um alle Irrtümer zu vermei den, sowie um eine etwa durch atmosphärisch» Ereignisse statt gehabte Verstümmelung de» Telegramm» aukyuschatten, wird diese» mit kurzem Zwischenraum zweimal hintereinander ab telegraphiert und natürlich zweimal von den Schiffen aus genommen. Die technisch« Erfahrung hat nun gezeigt, daß man dir besten Erfolge und die wenigsten Verstümmelungen dann erzielt, wenn man beim Abtelegraphieren «ine mög lichst groß- Genauigkeit und Gleichmäßigkeit innehält. Man