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AW Anzeiger für -as Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt. -«,rk»aNtta«ttMwuahme»ere«m,tag»aachmtttag»<—sUh». — ck»l»sramm.siör*fli»: rageblaltMr^rzsrtlrg». stmspttch«SZ. iNmmeUA»?«, «WWu §a» «»»«laust eiugefau-t» Mauustrlpt» r«m Sewäh, nicht s»l»tst»t wer-ra. Nr. IS1. Donnerstag. 3. )uli 1S13. S. Jahrgang. Dies« Nummer umfaßt 8 Setten. Das Wichtigste vom Tage. Bei einem Automobilunglück zwischen Eiben» stock und Wildenthal Wurden drei Personen getötet, zwei'schwer und «ine leichter der» letzt») Kommerzienrat Rössing, der Präsident der Handelskammer Plauen, ist gestern plötzlich an Herzschlag gestorben.*) * Nach der Kieler Begegnung Wird Marquis San Giuliano nach Reichenyall oder Salzburg sich begeben, um dort mit dem Grafen Berch» told zusammenzutresfen. Gestern sanden die Nachwahlen zum Reichstage in den Wahlkreisen Galzwedel —Gardelegen und Zauch —Belzig statt.*) * Nach einer Belgrader Meldung soll Serbien den Befehl zum allgemeinen Angriff gegen Bulgarien gegeben und das -wette Ar. meekorps gegen Sofia geschickt haben.*) »> »»»««. st«», an andmr Will«. IW* Mutmaßlich« Witterung am 4. Julir Kein« wesentlich« WitterunWÄnderung. -MO Die Monarchenbegegnung in Aiel. V In ungewöhnlich kritischen Zeiten trifft König Viktor Emanuel HI. zum Besuch« unsere» Kai sers in Kiel ein. Der Ausbruch der Kämpfe zwischen den Balkanbündlern hat den Optimismus, der noch bis vor wenigen Tagen nicht nur da» groß« Publikum, sondern auch die diplomatischen Kanzleien beherrschte, in grauen Pessimismus verkehrt. Jede Unruh« am Balkan ge fährdet ja die Ruhe Europas. Wenn inan an die unsäg lichen Mühen zurückdenkt, die bisher aufgewendet wer- den mußten, um den europäischen Frieden zu erhalten, so wird man die bange Besorgnis begreifen, die sich jetzt wieder der Oeffentlichkeit bemächtigt Hat. Da wird der Besuch des Königs von Italien immerhin für uns Deut sche ein beruhigende» Moment bilden. Die Zei ten der Extratouren Italien» an der französischen Seite, die sich so oft wiederholten, daß schließlich die Frage offen stand, ob Italien Deutschland» oder Frankreich» Verbündeter sei, sind vorüber. Der Tripoli»krieg hat, vielleicht von beiden Seiten ungewollt, Italien in ein gewisse« RtvalttätSverhältni» zu Frankreich gebracht. Italien hat jetzt al» Besitzer in Nordasrika allen An laß, Anmaßungen entgegenzutreten, die das westliche Mittelmeer in eine französische See verwandelt wissen möchten. Der Balkankrteg hat dann noch Wetter dahin gewirkt, Italien wteder den Dreibundgenossen zu nähern. Die serbisch-montenegrinischen und griechischen Ansprüche aus Albanien, gefährdeten eine jahrelange italienische Propaganda in den albanischen Bergen, die zunächst Wohl nur kulturelle und wirtschaftliche Ziele verfolgte, die aber doch nicht ohne sehr realen politischen Hinter- gvund war. Die Erinnerungen an die alten Zeiten, in denen Albanien unter venezianischer Botmäßigkeit stand, haben auch in Neu-Italien Pflege gesunden und die en gen wirtschaftlichen Beziehungen mit der östlichen Adriaküste boten dieser eine reale Unterlage. So kam e» dann, daß, allen Voraussagungen »um Trotze, die für jede europäische Krise Italiens Abschwenken zum Drei- verband verründ.t hatten, Italien sich eng an Oester- reiu) anschloß, weil e» mit ihm die gemeinsamen Ziele hatte, die Serben ganz, die Griechen so weit al» möglich au» Albanien fernzuhalten. Daß bei diesem engen An schluß an die verhaßten Ledeschie auch das Mißtrauen mitwirkte, Oesterreich könne, wenn Italien sich saum selig zeige, die Sache allein machen, erwies sich na mentlich nach der Uebergabe Skutari» an die Montene griner. Hier zeigte ja Italien nach anfänglichem Zau dern «inen Tatendrang, der den der Oesterreicher wett übertraf und dem unzweideutig die Frucht zugrunde lag, der Verbündete Donaustaat könnte dem Königreich -udorkommen. Aber die Wirkung der italienischen Poli tik blieb, mögen auch ihre Beweggründe nicht die bun- desfteundltchsten gewesen sein, dieselbe. Oesterreich und Italien geboten dem Ballanbund an der Adria ein Halt und haben wenigsten» den serbischen und monte- negrintschen Rückzug erreicht. Schwieriger gestaltet« sich die Abfertigung Griechen lands. Das Hellenenreich ist schon an und für sich Adria- macht und hat von Thessalien und vom Golf von Art« au» eine bequeme Basis zu polittsch-militärischem Vor wärtsdrängen. Daß dieses Drängen nicht allzuweit führt, ist Italiens stärkste Sorge. Italien hat nun einen Trumpf in der Hand, der ihm sein Vorgehen erleichtert. .Der griechischen Sehnsucht, aüe Inseln der AegäiS, Stätten glorreicher Vergangenheit und Wohnsitze von vielen Tausenden von Hellenen, in ihren Besitz zu bringen, steht noch im Wege, daß einige Inseln, vor allem Rho dos, noch heute seit dem TriPoliSkrieg von den Jtalie- nern besetzt gehalten werden. Bleibt Griechenland an der Adria halsstarrig, so wird Italien nicht so bald da» grünwettzrote Banner auf diesen Inseln einziehen. Bis her ist eine Entscheidung noch nicht gefallen. Die von- doner Botschafterreunion hat e» noch nicht fertig ge- bracht, zu einem Kompromiß über den griechischen und italienischen Standpunkt zu gelangen. In Kiel wird man zweifellos über diese Dinge reden, der italienische Minister des Aeußeren, Marquis di San Guilta- no, begleitet den König und wird in Kiel den deut schen Reichskanzler antreffen. Der politische Charakter des Zusammentreffens ist also nicht abzustrei ten, wenn man auch beflissen ist, die Zusammenkunft als politisch belanglos hinzustellen. ES erweist sich, daß Italien im engen Anschluß an Deutschland und Oester reich — in Reichenhall wird San Guiliano sich mit dem Grafen Berchtold treffen — zu handeln wünscht, und da» wird auch gewürdigt werden. Die deutschen Interessen gehen hier mit den italienischen Hand in Hand »auch Deutschland kann kein allzu »räch, ttge» Griechenland an der Adria wünschen. Bor allem darf aber die deutsch« Diplomatie eine» nicht außer acht lassen, daß die griechisch« Ausdehnung nach den Inseln an der kleinasiatischen Küste hin die Türket beunruhigen kann. Hier bietet sich in der Tat An« sehr schwierige Aufgabe, türkische und griechische Interessen zu verein baren. Aber da» wird schließlich die Sache aller Mächte sein. Die Griechen von der Adria zurüc^udrängen und ein einigermaßen lebensfähige» öllbanien zu schaffen, ist aber Sache der Dreibundmächt« allein und mutz ei nes der nächsten Ziel« ihrer Politik sein, zumal da ein Erfolg der Griechen in Ladalbanten ihre Ansprüche in der Aegät» vermutlich noch steigern würde. Der Aönig von Sachsen gegen äas Kompromiß. In der Schles. Ztg. liest man: Mr haben bereit» be richtet, daß dem Bernöhmen nach König Friedrich August von Sachsen sich in sehr scharfer Weise gegen die Retchsver- Mögenszuwachssteuer -ausgesprochen hat. Hierzu wird uns aus Dresden geschrieben: Sowohl Preußen al» auch Sachsen und mehrer» ander« Staaten hatten niemals die Absicht ge habt, diese Steuer ihren Bürgern aufzuerlogen. Sachsen beispielsweise wollte eine Erhöhung der Grund- oder der Ergänzungssteuer vornehmen. Es war daher unberechtigt, die Zustimmung der Einzelstaaten zu der ersatzweisen ver- mögcnszumachssteuer zugunsten der allgemeinen zwangswei sen Reichsvermögenszuwachssteuer, wie sie jetzt angenommen worden ist, auszuspielen. Man hat in Dresden eine Zeit- lang geglaubt, man könne diese Steuer im Bundesrat noch zu Fall bringen, aber, um ein von hoher Stelle im Finanz ministerium gefallenes Wort zu gebrauchen: es haben sich die schlimmsten Befürchtungen al» gerechtfertigt erwiesen. Dr. Lentze (der preußische Finanzminister) ist umgefallen und mit ihm anscheinend die thüringischen Klein staaten, die ganz unter dem Einfluß Preußen« stehen, und so schwanden denn die letzten Hoffnungen -Sachsen» da- hin: man Mrd sich mit dem Kompromiß Minden, aber e» kann kein Zweifel bestehen, daß eins ttefe Verbitter - j ung zurückbleibt. Das kommt auch zum Ausdruck in den in Dresdner politischen Kreisen verbreiteten Worten de» zeigen sich auch noch in der Benutzung der gleichen Zimmer al» Arbeit»-, Wohn« und Schlafstütten, namentlich dann, wenn schon an sich gesundheitsschädliche Arbeiten, wie Ko chen, Waschen, Bügeln, Hausindustrtearbeiten usw., in die- sen Räumen vorgenommen werden. Schwer schädigend ist auch da» Schlafgängerwesen. E» hat sich überall er geben: Je kleiner die Größenklasse, um so größer ist die durchschnittliche Besetzung mit Personen. In Benin kamen z. B. auf die Wohnungen mit Küche und Zimmer 4ö Pro- -ent, auf Wohnungen mit Zimmer, Kammer und Küche 43 Prozent aller übechaupt in der Stadt vorhandenen Schlaf gänger. Lin gute» Mittel zur Lösung der Wohnungsfrage und zur Abstellung aller der erwähnten Uebel, bieten nun die in den letzten Jahren verschiedentlich — leider noch nicht überall — eingerichteten Wohnung,ämter. Man faßt die Tätigkeit der Wohnung»ämter auch al» staatliche oder kommunal« Wohnung»aufsicht auf. Der erste deutsche Bunde»staat, der di« Wohnungsaufsicht einKhrte, war Hvs- sen; dann folgte Hamburg (beide Ende der neunziger Jahr«), darauf Bayern und Württemberg zu Anfang un- sere, Jahrhundert». In Preußen ist ein Wohnung»gesrtz in Vorbereitung. In vielen Städten, wo di» Wohnung», aufstcht staatlich noch nicht durchgesührt ist, sind solche Maß nahmen von den Gemeindebehörden getroffen worden. Den Anfang macht« vor »ebn Jahren Essen, dann folgten einig« ander, rheinisch« Städte, im vergangenen Jahre Eharlot- tenburg und di» Reichehauptstadt Berlin ist gerad« jetzt da- bei, »in städtische» Wohnungsamt einzurichten. Charakte ristisch ist «», daß ein, ganze Reih» von städtischen Körper- schäften infolge ihrer Zusammenschung au» Hau»- und Grundbssttznn, der woLnung»aufstcht ablebnend gegenüber- stehen. Demgegenüber ist e» erfreulich, daß die Wohnung»- aufstcht da, «ost» «tng,führt worden ist, di« auf sie gesetzten Erwartungen nicht -»täuscht hat. Ueberall zeigten stch in den von den ärmeren Ständen bewohnten Bezttten so trau- rlge Bild,, tiefsten wehnung»«leNd«», ja trostloser Per- wahrlosung, daß der zielbewuhten WochnungMlege ein wette» Fell» der Tätigkeit geöffnet ist. Die bei der ersten Einrichtung ausgesprochene Befürchtung, daß die Bürger den beamteten Wohnungspflegern ihre Häuser und Türen verschließen würden, erwies sich in den wtttaus meisten Fäl. len als unbegründet. Es zeigte -sich sogar, daß die Bevöl kerung in ihrem überwiegenden Teile bereit ist, den in wohl, wollender und sachlicher Weise gegebenen Ratschlägen und Anregungen der Organe de» Wohnungsamtes zufolge». Die meisten Hauswirte, die den Wohnungspfleger in seiner Tätigkeit sahen, haben erkannt, daß sie mit den gewünschten Berbesserungen auch ein« Hobung der Ertragsfähigkett ihrer Häuser erzielten, besonder» auch, al« sie sahen, daß da» Woh- nungsamt bereit ist, die Mieter, wenn nötig, zu besseren Wohn sittenzu erziehen. Wo Wohnungsämter und Woh. nungspfleger tätig sind, kommt es nicht nur vor, daß sich die Mieter über die Wohnung und über ihren Wirt beschweren, sondern es kommen auch sehr oft Anträge der Wirte, ihre Mieter zu veranlassen, die Wohnungen hygienisch fachgemäß zu behandeln. Gänzliche» Unverständnis für di« Ratschläge de» Wohnungsamtes oder rabiate» Ntchthörmwollen fand sich verhältnismäßig selten. Ein Bericht au» Charlottenburg sagt: In solchen Fällen waren es meist entweder slawisch« Zugewanderte der untersten Schicht mit erschreckend niedri gem Kulturntveau, oder e» waren beffergestellt» Kleinbür ger, die ihrer guten Stube di« körperlich« und sittlich« Ge» sundheit ihrer Familie zu opfern bereit und von dieser übel angebrachten Opferwilltgkeit schwer oder-ar nicht abzubrin- gen waren. Fälle, wo man die gute Stube leer stehen, da- für aber seine Kinder auf dunklen, nicht Wftbaren Koni- dann wohnen ließ, fanden sich in diesen Kreisen nicht selten, und wo sie sich fanden, traten sie meist — »ine Frucht de, schichten Beispiel» - in demselben Hause wiederholt auf. Bezeichnend ist -. «., daß in einem Hause, in dem mehm» Fäll, solcher mißbräuchlichen «knutzung de» Korridor» sch- gestellt wurden, die Mieter die Beseitigung de» Mangel» ab lehnten mit dem Htnwei» darauf, daß vom Eigentümer de» * Wohnungsämter unä u« , Wohnungspslege. Die Wohnungsfrage ist neuerding» «ine» der wichtig- sten sozialen Probleme geworden. Die -moderne Hygiene lehrt, Laß zum Gedeihen der Menschheit in erster Lini« ge- suu-de, einwandfreie Wohnungen notwendig sind. Ja, ein bedeutender Natinalökonom hat nicht mit Unrecht gesagt: Von der Wohnungsfrage hängt in erster Lini« das Glück de: Familie ab. Deshalb -haben in den letzten Jahren auch staatliche und kommunale Behörden erkannt, daß sie ihr Augenmett der Pflege und Kontrolle der Wohnungen mehr al» bisher -uwenden müssen. Man hat schon um die Jahr hundertwende umfangreiche Statistiken ausgenommen, und dabet teilweise sozial äußerst schädliche Verhältnisse festge stellt. Namentlich macht sich in den Städten neben der nicht ausreichenden Bereitstellung kleiner Wohnungen, ein, mangelhafte Beschaffenheit derselben geltend. Abgesehen von ungenügenden Räumen, sind hygienisch nachteilig beson der» der Mangel an Licht und frischer Luft, namentlich in den eng aneinandergerückten, hohen Mtettasernrn mit tie- fen Hinterhäusern, in alten, übermäßtg au»genutzt»n Häu- servierteln usw.; dann die Feuchtigkeit in den Hof- und Kel lerwohnungen und die groß, Hitz, oder Kälte in den Dach wohnungen. Die Sterblichkeit wächst von den mitt- Irren Geschossen nach oben und unten. Der gesundheitlich zu fordernde Luftkubusraum ist ost nicht vorhanden, da -u viele Menschen in einem Raum wohnen oder schlafen, viel fach ist auch di» Ausstattung der einzelnen Räume einer Wohnung mit Heizvorrtchtungen sehr mangelhaft! so hat ten ». B. in Görlitz und Königsberg mshr al» üö Prozent, in Berlin, Bre»lau, Dresden, Halls und Mn nahe-u bi) Pro- -ent, in Frankfurt a. M. S Prozent, in Hamburg LV Pro zent, in München und Stuttgart Ai Prozent, in Karlsruhe aber nur ü Prozent bewohnt« Wohnungen nicht mehr al» «inen heizbaren Raum. Wetter» Mißstände zeigten sich und