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r V«. Mittwoch, 30. Juli isis s. Jahrgang Nr. 174 Diese Nummer umfatzt 8 Seiten. len § und -e 4 7 S d ren en» der ien Der Alterspräsident de- Reichstag», derZen- trnmSabgeordnete Prälat Dr. Lender, ist ge stern nachmittag im dreiundachtzigsten Lebensjahre gestorben.*) van prtt ' -S i«m «r- gen »n- rer ces lve :V »ng s-ei- ner »n, rlt- ku- en- einig» gr ünd , lit und Brü» ist schon so wie im Das Wichtigste vom Tage. Die Reichseinnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren im ersten Viertel des laufenden Rechnungsjahres sind um 40,6Million«n hin ter dem Voranschlag, der auf 684,6 Millionen Mcnck angesetzt war, Zurückgeblieben. N le -r n »- ng li- öl» Ir in» >ie en ab en n. en ar er en -r- n b- tz- ie r- o- IS n 4 Nach einer Meldung auA Belgrad verloren die Ser ben in dem Kriege Argen Bulgarien bisher 80 000 Menschen an Loten und verletz ten. Di« bulgarischen Verlust« sollen etwa 10 0 000 Mann betragen.*) -» ^iiLher«. ' etz« an andern Stelle. Der französische Senat hat da» Gesamtbudget angenommen und ferner einem Resolutions entwurf -«gestimmt, der sich für di« Beratung über die Einkommensteuer in der nächsten Session auSsprtcht. s Mit der Begründung, da- nunmehr di« Entschei dung in Bukarest getroffen werde, wftw di« Londoner Botschaft«rkonf«rentz in dieser Woche ihr« Arbeit «Instellen und ft« «in für all« mal aufheben. Mutmaßliche Witterung am S1. Jqtt: NordwtMx, wechselnde, meist schwach« BewMuug, geringe Lemperqtuv- änderung, lein «cheblich« Niederschlag. -ML Die Bomben von Lissabon. >0? Seit dem fünften LAtobertage 1910, als in Lissabon das 16. Infanterie-Regiment und die Artillerie mit revo lutionären Gesängen aus ihren Kaifernen rückten und der junge König Manuel das Mn« Schloß Pama bei der See festung Ttntra rascher al» sonst verlieh, um nach Gibraltar zu fahren und sich unter englischen Schutz -u stellen, ist es in dem romantischen Portugal nicht mehr still geworden. Alle Augenblicke hört man von Putschversuchen Und oben in Oporto, wo man sich noch monarchistisch White, kreuzten di« Royalisten mit den Republikanern häufig die Waffen. Aber die Monarchisten waren nicht die einzige Gefahr, Vie die junge Republik bedrängte. Schreckhafter 'war da» Ge- spenst.^das au» den Arbeitermassen sich emporstrückt« und dessen Schatten immer phantastischer wuchs. Die neuen Herren, die nach dem Stutz der Vvaganza in Portugal da» . verwaiste Szepter führten und sich anheischig Mochten, die unsäglich verworrenen Zustande zu ordnen, hatten vorläu fig genug damit zu tun, die Republik zu sichern Und zwi- scheu der konservativ-klerikalen Opposition und den Libera len und progressistischen Dissidenten «inen Ausgleich zu schaf fen. Man beschränkte sich einstweilen darauf, Reformen zu versprechen, Programm« zu verlesen Und Erklärungen tzu erlassen. Aber von schönen Morten wird ein hungriges Volk nicht satt, und die Herren, die sich in jenen stürmischen Oktobertagen auf die NogierungSsessel geschwungen hatten, mei kten allmählich, daß die Welt vom Regierungstifche a!uo ganz n der» aussich. So rasch Netz sich die neU« Welt der Portugiesen nicht zurechtztmmern, al» man geglaubt hatte. Bald tauchten Gerüchte auf von Verschwörungen im Ltsfft- zterskorp», dann platzte in irgend einöm Ministerpalai» mit ziemlichem Geräusch eine Pompe oder «ine Arbeitergruppe entlud in einer öffentlichen Volksversammlung ihren gan- ,en Zündstoff. Di« Syndikalisten traten auf und in dqn Deunrkschaftshäusern wurde mehr vom Parlament und Ka binett gesprochen, al, von Löhnen. Streik» wurden ange- zettelt und laut -wurde gefragt, wo die Versprechungen ge blieben wären. Die Arbeiter, Vie damals die Republik wie »in, benliche Hoffnung begrüßt hatten, haben von dem neuen Regime bereit» mehr als-enUg. Diese bürg er- lich« Republik ist ihnen nicht» weiter als «in« neue Be zeichnung für di« alt« Krankheit. Sie hatten gehofft, mit« n di, Spitz« zu kommen und schäftstüchtige Herren die Sache der Republik l daß von der republikanischen Freiheit, Gleichhe derlichkeit recht wenig zu spüren ist. Es ist scho , Frankreich, wo die Liberi» unter Poktzesteüssicht steht und SgalitS Und Fvaternttö «in sehr kümmerliches Leben führen. Was die Syndikalisten von Lissabon wollen, wis sen di« bürgerlichen Minister sehr genau. Eie «streben die sozialistische Republik; und di« Bomben, die in der portugiesischen Hauptstadt.herUMlttgen wie anderswo Eier schalen, sprechen in letzter Zett «ine laute Sprache. Die Dinge stehen bedenklich. DieAntimilitaristen sitzen in den Kasernen und -sprechen sehr ungeniert. UNd wenn man den Meldungen trauen darf, die -man soeben au» Lissa bon über ein« MUitärrevolte erhält, dann kann map sich für die allernächste Zeit auf allerlei interessante Ereig nisse gefaßt machen. Kaum drei Jahre ist die Republik all. So recht gesund ist sie noch nie gäoesen, -wM es chr an der sorgsamen Pflege und an mancherlei anderen wichtigen Din gen gefehlt hat. Immer hat es gegärt. Immer hätte man von stillen Unterströmen, Vie da» Fundament der Re- publik umspülten, so wie ste schon damals den Thron ge fährdeten, als König Tarlo» noch di« Krons trug, Lis er und sein Sohn Philipp am 1. Februar 1968 an den Flinten kugeln einiger Anarchisten verbluteten. Das Echo jener Schüsse tönt noch immer nach Und trotz des strengsten Was- fenverbot» krachen in Portugal dis Flinten mehr als je. Es ist nicht unmöglich dah di« neue Milttärrevolte, von der man jetzt hört, von Monarchisten Mgezettelt wurde. König Manuel lebt zwar im Exil, aber der Traum, «inst wieder über den Zinnen von Etntra im Schloss« Pana zu schen Systemen ja Nur Zeitverlust und damit -Schaden «r» wachsen. Mel« Länder, di« sich lange gegen die Einführung des Metermaße» sträubten, haben schließlich dem allgemei nen Gebrauche nachgeben müssen und sind gut dabei gefah ren. In früheren Zeiten nahm Man ganz beliebige Längen al» Einheit der Messung an, oder man leitete diese Einheiten von menschlichen Körperteile^ ab. Daher rühren auch die heute noch nicht ganz verschwundenen Bezeichnungen Fuß, Schuh, Spanne usw. ufw. her. Nun sind aber di« Füße der Menschen bekanntlich von sehr verschiedener Gröhe, und daher kommt«» auch, dah der früher so viel gebrauchte Futz in den verschiedenen Ländern eine gan-verschieden Länge hatte. Ein französischer Gelehrter, Gabriel Mouton in Lyon, war es, der im Jahre 1670 zuerst darauf hinwies, dah jede Grund lage «ine» Maßsystem», jede» sogenannte Normal-maß, vor allem eine ganz bestimmt» Eigenschaft aufweisen müsse, nämlich die der Unser änd-erlichkeit. Was nützt e», wenn man in j«dem Staate in Irgendeinem Archiv «inen Normalmaßstab aufbewahrt, nach dessen Läng« all« übrigen im Verkehr gebrauchten Mahstäbe geeicht werden, wenn di«, ser-Maßstab nicht die Eigenschaft der llnvevänderlichkett So- fitzt. Dann kann er ja jederzeit verloren gehen, Feuere- Lvünste können da» Metall, aus dem er besteht, schmelzen, Erdbeben können ihn verschütten, in Kriegen oder Revolu tionen kann er «rschleudert werden — kurzum, e» lassen sich auherordentlich viels Möglichkeiten denken, vi« seins Ver nichtung herbeiführen. Dann läßt sich aber niemal» mehr ge nau feststellen, wie -rotz er eigentlich war, und -Leut», dis au» seinem Verlust Nutzen ziehen wollen, können leicht be liebige, ihnen passende Matzstäbe «orlegen und behaupten, dies« stt da» richtig, Maß. Rur ein Matzsta», der di» Ei genschaft einer ewigen Unveränderlichkeit in stch trägt, bietet die Gewähr für die nötige Stcherhett im Kandel Und Meter unä Kilogramm. ' -Nachdruck »irbo««n > Noch am Anfang des vorigen Jahrhunderts hatte man in Europa nicht weniger al» dreihundert perschienen« Maß systems. ,Man kann wohl behaupten, daß es so viele Längen- matze gab, als Staaten und Stätchen existierten. Es leuch, tet ohne weiteres «in, daß die Entwicklung de» heutigen Han dels und Verkehr» ganz unmöglich gewesen wäre, wennstch diese Zustände bi» auf unsere Zeit erhalten hätten. Aber nicht nur Handel und Verkehr hätten darunter leiden müs sen, sondern vor allem auch di« Wissenschaft und Technik; wäre es doch nötig gewesen, jede einzelne in der Wissenschaft gebrauchte Zahl so und so oft umzurechnen, um sie dem übri gen Maßsystem de» betreffendem Staat«» anzupassen, ehe man von ihr einen nützlichen .Gebrauch hätte machen können. Bedenkt man aber, datz sich di« ganze Technik auf Messungen und Berechnungen aufbaut, so ergibt sich ohne wettere», daß di« Beibehaltung dieser vielfachen und ,so verschiedenen Matze einem Zustand bedeutet hätte, von dessen Plumpheit, Schwer- . fälli-gkeit und Verworronhett wir un» heut« kaum mehr «in« ' Vorstellung zu machen vermögen. G» war daher im vollsten Sinn« de» Worte» ein« Kutturtat, al» di« französische Ratto- nalversainmlung beschloß, «in Maß «inzuführen, dessen Grundlagen so beschaffen waren, daß e» sich mit der Zeit die Welt erobern mutzte. In de« Tat Hat da» Meter maß in verhältnismäßig kurzer Zett alle übrigen Maß« > verdräiyit. E» Mrd heut, allüberall gebraucht, und Mr gan- w«ntge Staaten gibt e», die sich seiner noch .nicht be dien««. unter ihnen vor allem England. Ab« auch diese Staaten werden ihren widerstand «gen vt, Einführung de» metrischen Matz- und Gewtchtssystem» übe, kurz ^der lang aufgeben müssen, da ihnen durch da» zähe Festhalten Orm althergebrachten, an anderen und vor allem Unpvattt- sitzen, hat ihn noch nicht verlassen, und der Wunsch km Pur pur dahingufchretten, ist heute reger al« -sonst, seitdem «ine Hohenzollern-Prin-esstn seine Verlobte ist. Die Monarchi sten sitzen nicht bloß in Oporto, sondern auch in der -Haupt stadt und viele tragen den Waffen-rock. Wenn König Ma nuel die Millionen nicht scheut, kann er -über Nacht wieder der König der Portugiesen sein. -Aber vielleicht scheut ,er doch den großen -Schritt, der so leicht sein Verhängnis sein könnte. Vielleicht überläht er den, Syndikalisten das Feld in der Hoffnung, datz auch sie au» dem Sumpf des Laude» kei nen Ausweg finden und datz nach den Da-M des Klassen kampfes und blutiger Selbstzerfleischung die Sehnsucht Mach der Monarchie ihm den Weg nach Lissabon erleichtert, auf dem heute noch so viele Bomben liegen. Die Löschung äer Vorstrafen. E» ist bisher noch nicht» darüber bekannt geworden, in wieweit der längst ergangene Beschlutz de» Lünde»rat», wo nach Verurteilteil di« Möglichkeit gegeben werden soll, di« Löschung eine» Strafvetmerk» im Straf- r egi st »r auf dem Weg« der landesherrlichen V egnckd t- guns zu erlangen, in di« Praxi» übertragen -worden, ist, und -ein Bild von der Wirkung dieser Maßnahme Mrd sich natürlich «rst in späterer Zeit erlangen lassen. Aber schon jetzt mutz gesagt werden, datz die imtmer Meder erhoben» Forderung einer Kraft de» Gesetze» herbeizuführenden Löschung der Vorstrafen im Strafregister dadurch in keiner Weis» hinfällig gemacht wird. Denn e» Handelt sich bei dem etwa» umständlichen und sicherlich nicht immer von bürokra tischer Tendenz freiem verwattungewege umsomehr um »inen unzureichendem Ersatz, da, soviel bekannt, für diesen Gnaden akt Mr oder doch in erster Reihe di« in jugendlichem- Alter begangenen U«Vertretungen oder Vergehen in Betracht kom men sollen. Im übrigen muß und füll zugegeben werden, dah in bezug auf die Vernehmung von Zeugen di« richterliche Praxis in den letzten Jahren erheblich humaner geworden ist. Im allgemeinen pfägt heute Lei der Zeugen vernehmung -nach den Vorstrafen nur soweit gefragt zu wer den, al» es für Vie Zeugnisabgabe von Belang ist, also nach etwaigen Meineid «strafen. AVer es liegt eben doch im Ermessen des Richters, wie wett dis Befragung gegenüber den Zeugen gehen soll, und ein Weiterer, noch schlimmerer llebelstand ist hierbei in mehreren Prozessen der letzten Zeit zu Tage getreten, nämlich die Inquisition durch den Staats anwalt Lezw. der gegnerischen Anwälte. Es hat -sich viel fach die recht 'unerfreuliche und Höchst bedenkliche Praxi» entwickelt, die Zeugen dadurch zu diskreditieren, daß man nach dem Fleck auf der Ehr in ihrem Vorleben forscht, und auf diese Weiss ist schon mancher Zeuge au» der Gerichts verhandlung mehr geschädigt hervorgegangen al» der Ange klagte. , E» ist nicht mit Unrecht gefagt worden, daß durch di« Festlegung der Strafen im Strafregister und durch die Mög lichkeit, sie den Angeklagten oder Zeugen in vollster Oeffent- lichkett vorzuhalten, jede Straf« gleichsam zu einer lebens länglichen werde. Dieser Anschauung Hat auch der vor- -MW Mnmiaer Kr -as Er-mebiraa mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsbla«. MZMMW «-««»» Sprechchu,»» »er «eöarüs« mit fiueuahm, Soautag» nachmittag» 4—s Uhr. — Leiegramm-fi-reff» r Lagrttatt fimmsgwtrg». -emfpwche» «. «U ftir unvettanm ewgesauött Manuskripte r«m bmvähr nicht »«M«. «LMMMM.uk Verkehr. Damats schon wie» Mouton darauf hin, datz e» nur ein einzige» MittÄ gebe, um ein in alle Ewigkeit un veränderlicher Matz zu erhalten: Man müsse die Erde vermessen und einsil bestimmten Teil der Erdoberfläche al» Normalmah nehmen. Die Erde bliebe ja ewig dieselbe, sie verändere ihren Durchmesser nie, und somit Müsse auch jedes -auf sie gezogen« Maß ewig unveränderlich sein. Wir wissen heute, datz diese im Jahr« 1670 ausgesprochene An sicht Mouton» nicht gan- zutrifft, denn auch di« Erd« ändert im Laufe der Zeiten ihren Durchmesser. Aller ving» vergehen, Vt» diese Aenderung «in überhaupt bemerk bare» Matz annimmt, Millionen von Jahren. Vie Zeiträume, um Vie «»sich hier handelt, sind also so auherordentlich Hansi, datz man bei der praktischen Ausgestaltung «ine» Normal- Mlche» nicht mit ihnen zu rechnen braucht. Für die Schaf fung «ine» solchen können wir den Erddurchmesser ruhig als unveränderlich annehmen. Gabriel Moutons Anregungen fielen in feinem Heimat- lande auf fruchtbaren Boden. Im Jahr» 1788 führte man in Frankreich ein Normalmatz, die Toise, ein, die auch Lo-ift de Pörou genannt wurde, weil ihre Länge durch Grad-mes- sungen in Peru bestimmt -worden war. Al» Normalmatz diente ein -von Langloi» angeftrtisiter Eisenstab. Vie Tvise war also bereit» «in auf die Abmessungen der Grd-e bezogene» Matz, dessen Genauigkeit aber noch keine genügend» war. Der Eisenstab war au» Unedlem Metall und konnte daher her Vernichtung durch Rost anheimfallen. Gr dehnt« sich bei «armer Temperatur zu stark aus, und wenn -man «ich die vergleichenden Messungen der übrigen Maßstäbe Lei dreizehn Grad Revmur pornahm, so Mancher ¬ lei Mißstände. Dm Vorstellungen «Mich, nur Mchett zu schäft einem Vorschlag von wirkte durch fein, ununterbrochenen datz mm im Jahr« 1790 beschloß: «in« fen. Für dfeft Einheit wurde nach