Volltext Seite (XML)
/luer Tageblatt MW Anzeiger M -as Erzgebirge KW mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilager -wer Sonntagsblatt. MWKs M epr,chstun-, -er ««»«rttoa mit Mwnahm, »,r s-nnl-s» nachmittag» 4-» Uhr. - r»l»gramm-z-r«ff»: Lag»dlatt ^EZgrdirg«. tzemsprechee «. »'°a «4»«i IS» oav-rlao-t »IngisauSt« Maouftript» kau« Vnvühr nicht grl«ift»1 wer-««. Nr. 2N. Donnerstag» N. September ISIS. s. Jahrgang. riese Rümmer umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Auf dem Leipziger Flugplatz bet Mockau stürz« ten gestern zwei Soldaten, die bet einem plötz lichen Wiederaufstieg de- MilitärluftfchiffS Z V mit in die Höhe gerissen wurden, tödlich ab.*) * Die Kaisernranöver endeten gestern mit einem Siege der blauen Partei. Der Kaiser lehrte um 12 Uhr nach Salzbrunn zurück. * Eine serbisch« Anleihe über 240 Millionen Wurde gestern von der Regierung in Paris ab geschlossen. * Wegen de» Zwischenfalles von Nanking hat di« chinesische Regierung Japan ihr Be dauern ausgesprochen und strengste Un tersuchung der Vorgänge angeordnet. * Da Letuan von Kabhlen unter Ratsuli» Führung bedroht ist, hat die spanische Regierung Kriegsschiffe von Cadiz nach Ceuta abgeord- «et.*) * Die Lartifvorlage Wurde vom Senat in Wa shington mit 44r87 Stimmen angenommen. Da» neue Jinanzgesetz gelangt« ebenfalls zur Annahme.*) -> rra-nm »H«.« «d«« w-n«. HW* Mutmaßliche Witterung am 12. September: Süd. westwind, ausheiternd, etwa» wärmer, vorwiegend trocken. Aömg Konstantin unä äie Franzosen. Als die Türken im Ballankrtege ihre ersten großen Niederlagen erlitten hatten, machte di« französtschePresse gewaltig viel Aufhebens davon, daß die türkische Armee unter Leitung von deutschen Offizieren ausgebildet und vorwiegend mit deutschen Waffen und Material ausgerüstet gewesen sei, während di« siegreichen Gegner ihre Instrukteur« und ihr Rüstzeug hauptsächlich an- Frankreich bezogen hätten. Diese Erwägung stieg den gallischen Zeitungsstrategen derart zu Kopf, daß sie die türkischen Niederlagen zugleich für deutsche Ni«. Verlagen, die bulgarischen, serbischen und griechi schen Steg« zugleich für französische erklärten, und nmn konnte wäh-rnehmen, wie sich der Revanchegedanke über all wieder kecker al- je hervorwagte. Als dann im zwei ten Balkankriege die bulgarische Macht unter serbischen und griechischen Schlügen zufammenbrach, erklärte die französisch« Eitelkeit sich die Erfolge der Sieger natür lich damit, daß sie bessere Schüler der französischen Strategie und bessere Kunden der französischen Waffen fabriken gewesen seien al- die unterlegenen Bulgaren. Vor allem aber Wurden die Griechen al» Schüler und Klienten Frankreichs gefeiert, denn die unheimlich rasche und kühne Machtentfaltung der italienischen Seemacht seit Ausbruch des Kriege- um Tripolis läßt unsere west lichen Nachbarn im Mtttelmeer jeden Aufschwung einer neuen k einen Kriegsflotte Willkommen heißen, von der zu erwarten ist, daß st« dem italienischen Imperialis mus Hindernisse bereiten müsse oder werd«. Wa» Wunder, daß die Worte, die zwischen dem deutschen Kaiser und König Konstantin bet Ueberreichung de» FeldmarschaNstabe» an den König der Hellenen gewechselt worden sind, da» presttgelüsterne Franzosentum stark verschnupft haben. Kaiser Wil helm ll. begnügte sich zu unterstreich«», wa» König Konstantin selbst schon mehrmal» geäußert hatte und was er in seiner Antwort nochmal- ausdrücklich wieder holte, daß die großen Erfolg« der Griechen nächst der Tapferkeit und opferfreudigen Hingabe der griechischen Truppen den bewährten preußischen Grundsätzen über die KriegSführung zu danken seien, di« König Konstantin und die Offiziere seine» Stab«» in Berlin beim zweiten Garpe-Regiment zu Fuß und auf der preußischen Kriegs akademie erwarben. E» ist eigentümlich, wie die franzö sische Presse diese Erklärungen hinntmmt. Di« dem Mi nisterium de» Auswärtigen nahestchende Action richtet an König Konstantin die Frage, ob er sich de» großen Opfers voll bewußt geworden sei, das Frankreich der Sache Griechenlands in der Kawala-Angelegenheit gebracht habe. Pichon sei selbst auf die Gefahr hin, sein« russischen Kollegen ernstlich zu verstimmen, für die Zugehörigkeit Kawala» zu Griechenland energisch ein getreten. Da» stimmt, aber was hat da» mit der Frage zu tun, welchen Umstünden die griechische Armee ihre Siege zu danken hat. Will die Action andeuten, daß die Franzosen sich berechtigt halten, von dem König der Hellenen zu erwarten, daß er au» Dankbarkeit für französische Dienste im Widerspruch zu seiner eigenen Ueberzeugung die griechischen Siege auf die Wirksamkeit französischer Waffen und französischer Strategie zurück führ«? Ihn übrigen ist ja die deutsch« Diplomatie nicht Weniger al» die französisch« für ein griechische» Kawala eing« treten, trotzdem Oesterreich Wie Italien diesen Ha- fen lieber Bulgarien ausliefern wollten. Da» größer« Verdienst an der Einigung über die Frage von Kawala ist jedenfalls Deutschland zuzuschretben. Auf dessen Ein fluß war e» zurüchuführen, daß Italien seinen ProtHk Kurückzog. Als andererseits diese Frage die Bukarester Friedenskonferenz zu sprengen drMe, Wandte sich der deutsch« Kaiser drahtlich an König Konstantin und emp fahl ihm, Bulgarien da- Hinterland von Kawala zu überlassen. Der König verständigte feinen in Bukarest weilenden Ministerpräsidenten von dem Rate feine» kai serlichen Schwagers und das schon schwer gefährdete Friedenswerk wurde durch da» kaiserliche Eingreifen im lehten Augenblick gerettet. Wenn man sich der starken Verstimmung erinnert, die Frankreich» Eintreten für Griechenland seinerzeit in Rußland hervorrief, so kann man den Schmerz der Franzosen über den Wert, den König Konstantin allem betmißt, was da» neue Griechen land Deutschland zu verdanken hat, Wohl verstehen, aber di« Enttäuschung, die ihnen bereitet Wurde, ist wohl verdient. Staatssekretär unä Daristönummer. Blamable» von Mr. Bryan. Die Mitteilungen, daß der amerikanisch« Staatssekretär de» Auswärtigen, um sich eine N«ine Nebeneinnahm» zu ver schaffen, in Vartötös neben musikalischen Clown» «iw bay rischen Jodlern auftreten will, hat bei denen kein« Über raschung mehr hervorgerufen, die William Jenning» Bryan schon etwa» länger rennen. In «ingeweihten Kreisen sagt man ihm schon lange nach, daß er «in schlechter Kenner der auswärtigen, besonder» der europäischen politischen Verhält nisse sei. Sein Chef Mr. Wilson hat sich wenigsten» vor fei- nem Amtsantritt theontisch und publizistisch mW internatio nalen, staatsrechtlichen Fragen beschäftigt. Van Bryan aber weiß man, daß er der großen Politik mit vollster Ahnungs losigkeit gegenüber trat. E» ist keine Anekdote» sondern wird al» verbürgte Tatsache erzählt, da» Bryan, al» er vor eini gen Jahren Berlin besuchte, sich von dem damaligen Bot schafter Tower den Unterschied zwischen Preußen und Deutschland erklären 'lassen mußte l Seitdem Hat Herr Bryan zwar eine politische Studienreise um die Welt unternommen, und man konnte annehmen, dahier die miß lichen Lücken seiner internationalen Bildung au-zuMen bestrebt war. Al» er aber dann in Konstantinopel weilte, könnt» er noch nicht Bukarest von Budapest unterscheiden. Er wirbelte, so wird ihm glaubhaft nachgesagt, beständig Budapest, Roumanta und Bucharest, Turkey durcheinander. Aber auch in Angelegenheiten Mepiko» hat er al» leitender Staatsmann gründlich versagt. Nun käme also, der auch für Ich habe äoch sonst weiter nichts. Ghehumoreske von Freiherr von Schlicht. t inchdruck «rboien.) Meine Frau war, wie jeden Sonnabend-Vormittag, aus oen Wochenmarkt gegangen, um ihre Einkäufe zu machen, und hatte mich gefragt, ob ich ihr nicht noch ein paar Mark zu Ihrem Gelds htnzugeben könne, denn sie hätte nur zwölf Mark Silber. Gold besaß sie im Augenblick nicht, und einen Hundertmarkschein wollte st« aus den Markt nicht mitnehmen. Ich sollte aushelfen, mit drei oder vier Mark, höchsten» fünf. Also mindesten» mit sechs, dachte ich im stillen, am liebsten sogar mit zehn. Dann griff ich in die Tasche, aber es ging mir wie meiner Frau: Silber hatte ich gar nicht, Gold erst recht nicht, wohl aber einen Fünfztgmarkschetn. Mein* Frau hatte zuerst Bedenken, den mttzunehmen, dann mußt« st« auf dem Markt Geld wechseln, und wie leicht verzählt man sich nicht in dem Gedränge, wie leicht kann man da etwa» aus die Erde fallen lasten, um es dann nicht wiederzuftnd«nl Meine Frau hatte sehr große Bedenken, da» Geld mttzuneh- me i. Trotzdem steckte sie den Schein blitzschnell in ihr Por- temonnaie; denn d i e Frau, di« einen FÜNfzigmarkschein in den Hänhen hat und ihn freiwillig wieder zurückgt-t, soll noch geboren werden — und meine Frau war schon geboren! Meine Frau hatte sich von mir verabschiedet, nachdem sie mir erklärte, ich würde von den fünfzig Mark natürlich so gut wie alle« wiederbekommen; ja, um nicht wechseln zu müssen, wollte sie sogar versuchen, mit ihrem Silbergeld zu reichen; wenn wir uns nachher um einhalb zwölf Uhr in der Stadt träfen, wolle sie sofort mit mir abrechnen. Meine Frau «ar gegangen, ich setzte mich an meinen Schreibtisch, und al» wir un» dann in der Stadt trafen, «ar es durch meine Schuld nickt einhalb zwölf, sondern sogar Won nach zwölf Uhr geworden. AVer da» nicht allein, al» wir un» in der Stadt trafen, halt« meine Frau «inen neuen Hut auf dem Kopf. Man soll fich Lei «tner Frau über nicht» wundern, aber von Zeit zu Zett verfällt man trotzdem in den alten Fehler, und so wundert« ich mtck denn, nicht darüber, da» meine Frau «inen neuen Hut hatte — du großer Gott, wann hat «ine Frau, die Wert darauf legt, gut ang«zogen zu sein, keinen neuen Hut? — ich wunderte mich nur darüber, daß mein« Frau, die aus den Wochenmarkt gegangen war, um Gemüse einzukaufen, fich statt besten bet der Putzmacherin ei nem Hut gerauft hatte. Bi» ich denn darüber belehrt.wurde, daß meine Frau natürlich beides gekauft hatte, den Hut u nd da» Gemüse, nein, das Gemüse und den Hut, denn heute am Marktag war da» Gemüse das Wichtigere. Schön, meint« ich, wenn du da, selbst «tnsiehst, dann verstehe ich nicht, warum du dir überhaupt einen Hut gekauft hast. Meine Frau sah mich vorwurfsvoll an, dann meinte fie: Warum Hast du mich so lange warten losten? Ich konnte doch nicht die ganze Zett auf der Straße auf und ab gehen. Unwillkür lich dachte ich daran, wie endlos lange ich schon oft auf der Straße warten mußte, wenn mein« Frau in einem Laden war, und mir ft«l ein, daß st« mir dann stet», wenn fi« mich -ei dem Wiedersehen etwa» ungeduldig vorfand, zurtef: Aber e» regnet doch nicht. So meint« denn auch ich jetzt: Aber es regnet doch nicht. Aber«» hätte regnen können, verteidigte mein« Frau fich schnell, obgleich an dem blauen Himmel auch nicht die leiseste Wolke zu sehen war. Aber davon ganz ab gesehen, für «ine Dame schickt e» sich nicht, so lange auf der Straße zu promenieren, ich mutzte in einen Laden gehen, und da mir «inftel, daß ich meine Putzmacherin schon längst fragen wollt«, wieviel ich ibr noch schulde, so ging ich zu ihr. Und machtest zu den alten Schulden neu« hinzu, warf ich ein. Bitte sehr, verteidigte meine Frau sich schnell, und, sich stolz aufrichtend, erklärte fie: Diesen Hut habe ich sofort bar bezahlt, er ist so spottbillig, datz ich ihn glücklicherweise gleich bezahlen konnte, er kostet nur fünfundvierztg Mark. Da» heißt also mit anderen Worten, rief ich ziemlich ärger lich, daß ich von meinem Fünftigmarkschein nicht» wieder zu sehen Leckommel Mein, Frau sah mich mit dem unschuldigsten Gesicht von der Welt an und fragte ganz verwundert: Ja, wolltest du da» denn? Davon hast du mir doch keine Silbe gesagt. AVer du hast mtr dock auedrückltch evk'ärt, datz du mir alle» auf ein vaa- Mark zuffirftablen würde«. Du woll test sogar versuchen, mit deinem Silbergeld auszukonrmen, nur um den Schein nicht wechseln zu müssen. Da» habe ich auch gar nicht getan, verteidigte mein« Frau sich abermal», mein Marktgeld hat gereicht, und gewechselt Habs ich den Schein auch nicht. Der Hut kostet fünfundvierztg Mark, und dann habe ich mir noch für fünf Mark «inen Schleier gekauft, da machte es gerade fünfzig. Und wenn ich dir hun dert Mark gegeben hätte, dann hättest du dir noch «inen Hut für fünfundvierztg Mark und noch einen Schleier Mr fünf Mark gekauft, schalt ich, und das hätte dann alle» zusam- men gerade hundert Mark gemacht. Aber meine Frau 'wi dersprach, absichtlich meinen Vorwurf überhörend, und er- klärte: Nein, dann hätte ich mir den Hut zu achtzig Mark ge- kauft, den die Putzmacherin mir zeigte. Und mich mit flehenden Augen ansehend, bat fie: Was meinst du, ob ich mir den nicht auch noch kaufe? Du solltest ihn dir wenigsten, einmal ansehen, er ist einfach ein Traum. Wehe dem Mann, der sich trgendetwa», da» seine Frau sich wünscht, wenigsten» einmal ansieht. Der ist verloren, und wäre sein Herz au» Eisen! So blieb ich standhaft, trotz dem mein» Frau «etter bat und schmeichelt«, bi» ick dann endlich ausrtff: Nun hör' aber schon damit auf, ich finde wirklich, du gibst für dein« Toiletten und dein« Hüt« et wa» reichlich viel Geld aus. Einen Augenblick ging meine Frau betrübt neben mir her, dann meinte st« mit ganz zag, Hafter Stimme: Gott, laß mir doch da» Vergnügen, mich hübsch anzvziehen, ich habe doch sonst weiter nicht, auf der Welt. Und da, klang so rührend und so überzeugend, datz ich ihr glaubte. Eine -albe Stunde später — so lange brauchte st«, bi» sie ihn sich richtig aufgesetzt hatte — hatte sie den neuen Hut für achtzig Mark auf dem Kopf, und nun erklärte fie mir auch, datz fie fich den Hut für Mwfundvierzig Mark nur gekauft hab«, damit ich ihn scheußlich fände und damit ich ihr den teureren Hut schenkte Trotzdem aber gab fie den -ul Mr fünfundvierztg Mark nicht zurück, sondern behielt auch den, denn weißt du, so scheußlich ist er eigent lich gar nicht, und Mr schlechte» Wetter ist er sogar zu gut. So war ich denn glücklich «tnhundertunddrettzig Mark lo»g*- mniden, und ick konnte mir nicht -effen, ich war «in kUg