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Simnabend, S1. Oktober 1SI1 lliw A000 »Mite Rmatti Nr.S4S. Eechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge 0,rantw»Nltch«i Redaktei» seit, Renkolel. ar Li« Inserat« verantwortlich Melier klreu». Beide in Au« i. Lizgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Quer Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntag« nachmittag» von » Uhr. — Lelegrannn-Ndreffer Tageblatt Auerrzgemcge- Ferntzrrcher »L. Für unverlangt eingesandt« Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag ila v vracli- a. ve«Iag»--t»«U»rdaN nu b. H. in Rue t. L^geb. Bezugspreis- Durch unsere Boten frei in» Hau» monatlich so pfg. 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Im Prozeß Becker wurde der Angeklagte wegen Belet < otgung in drei Füllen zu einer Ee 1 amtstrafe von drei Monaten Gefängnis verurteilt, in zwei weiteren Fällen fr ei gesprochen. Aach Meldungen aus Pari» verlautet, daß die deutsch, französischen Unterhandlungen ausgezeich nete F 0 rt s ch r i t t e machen, und daß ein Abschluß in acht bis zehn Tagen bestimmt zu erwar ten sei. O Der Lhef deSdeutschenKreuzergeschwaverS, Bize- admiral von Krosigk, ist gestern auf dem Kanonenboot Iltis in Han kau ein getroffen und hat den Befehl über die dort zu sa m m en g e z 0 g« n«n See» streitkräste übernommen. wie versichert wird, soll der italienische Minister de« Aeußeren gestern in den Wandelgängen der Kammer erklärt haben, daß der Friede bev 0 rsteht und un» t e r f ür d te T ür ke« befriedigenden Bedin» guuge« erfolgen wird. Sin Srlaß des Sultan» bestätigt die Wahl de« Ob e r st eu Re s ch 0 t zum Oberbefehlshaber der türkischen Truppen in Tripoli». Die Schulden -eS Reichs uud - der deutschen Bundesstaaten. Don 1871—77 erfreute sich das Deutsche Reich der vchuldenfreiheit; alsdann wurde zunächst eine Anleihe von 72,2 Millionen Mark ausgenommen. Bis zum Anfang de» Rech nungsjahres 1881 war die Anleiheschuld auf rund 268 Millionen Mark gestiegen, obwohl inzwischen die Einführung der Bismarck- scheu Wirtschaftspolitik der Reichsrasse erheblich« Zuschüsse ge bracht hatte. Die fundierte Reichsschuld betrug: 1891 1817,8 Millionen Mark, 1901, 2395,7 . , 1910 «896,6 „ „ Don letzterem Betrag* entfielen 840 Millionen Mark auf di« schwebende Schuld in Form von Schatzamoetsungen. In dem letzten Jahrzehnt hatten sich die Reich »schuld« n somit mehr al» verdoppelt. Gleichzeitig haLen auch die Schulden der deutschen Bundesstaaten ein« beträchtliche Steigerung erfahren, unterschieden sich aber nach der Art ihrer Entstehung vorteilhaft von den reinen Finanzschulden des Reiches dadurch, daß sie größtenteil» für werbend« Anlagen, namentlich Eisenbahnen, benötigt wurden. Die Schulden der Bundesstaaten betrugen insgesamt: 1881 6806,9 Millionen Mark, 1891 9255,6 1901 16987,1 1916 15425L „ „ Di« schwebenden Schulden kamen dabet nur in den Jahren 1969 und 1916 mit rund 660 bezw. 696 Millionen Mark wesent. lich in Betracht, Die fundierten Reich-schulden waren auf den Kopf der Bevölkerung von 5,92 Mark im Jahre 1881 auf ! 75,1« Mark im Jahre 1910 gestiegen, die'fundierten Staats» ! schulden gleichzeitig von 115,93 aus 242,88 Mark. — Im neue sten Heft der Fachzeitschrift Verwaltung und Statistik sind die ! fundierten Staatsschulden der Bundes st aaten übersichtlich zusammeugestellt und gewähren einen interessanten Einblick in die Finanzwirtschaft derselben; es betrugen hiernach die fundierten Schulden: insgesamt t» Millionen Mark auf den Kopf ber Bevölkerung I 1901 1910 1910 1910 i Deutsches Reich . . . . 2315,65 4556,63 41,08 75,14 Preußen . 6602,80 8776,77 2165,94 191,54 235,34 Bayern . 1362,51 220,61 881,98 Sachsen . 829,82 898,64 197,47 198,68 Württemberg . 495,17 . 835,73 606,04 228,24 263,25 Baden 557,18 179,78 277,10 Hessen . 284,45 428,60 254,00 354,51 Mecklenburg-Schwerin . 108,58 129,57 178,66 207,29 Sachsen-Weimar . . . 1,82 2,36 5,02 6,08 1916 22,91 168,27 160,36 29,18 «,27 17,92 7,69 «8,21 26,96 0,73 4,01 1,90 0,68 4,67 1,59 7,47 6,17 9^27 688,00 711,79 529,86 17,6« 1,04 0,27 1,29 67,66 160,07 466,7« 36,83 1,64 0,84 1,16 64,11 268,43 654,42 89,76 7,26 7,49 7,58 805,68 999,97 748,01 21,91 1010 2,87 78,85 48,77 7,85 0,88 4Z4 insgesamt in Millionen Mack IW1 1,47 55,82 58,45 9^4 6,88 6,00 aus den Kops der veoSllrrung 1910 14,28 189,84 125,88 86,86 4,53 26^8 9,07 48,18 82,84 Mecklenburg-Strelitz . . Oldenourg ..... Braunschweig .... Sachsen-Meining«n. . . SachsenAlteNburg . . . SaGen-Toburg-Gotha . Anhalt Schwarzburg-Sondershausen Schwarzburg-Rudolstadt . Waldeck . . Reuß ältere Linie . . Reich jünger« Lini« . . Schaumburg-Lippe . . . Lippe Lübeck Bremen ..... Hamburg Elsaß-Lothringen .... Gänzlich frei von Staatsschulden ist Nur Reust ü. L.; Anhalt hat zwar keine fundierten, wohl aber schwebeitds Schulden im Betrag« von 5,58 Millionen Mark. In sechs kleineren Bundes staaten weist di« fundiert« Schuld einen Rückgang aus, in den meisten anderen dagegen mehr oder weniger beträchtliche Steige- rungen. Die gewaltig« Schuldenzunahme in den H an sastäd - t e n wurde Hauptsächl. durch Wasser» und Hasenbauten verursacht, also süt werbende Zwecks,' überdies istdi« kommunaleBetschulduna mit einbegriffen. Mir di« allgemeine Beurteilung der Wohö standsverhältniss« in den einzelnen Bundesstaaten muh beachtet werden, daß in di« angeführten Schuldsummen di« fü« Eisenbah nen benötigten Anleihen einbegriffen sind; dies« belaufen sich insgesamt Nus 10,7 Milliarden Mark,- bringt man dies« Summe sowie etwa 1/2 Milliarde für Verkehrsanlagen in den Hansastäd- ten in Abzug, so belaufen sich dis reinen Anleiheschulden der Bundes st aaten insgesamt auf nur 3,8 Milliarden Mark. Auf den Kopf der Bevölkerung entfallen hiernach in Preußen nur noch 56,20, in Bayern 49,44, in Sachsen 81,95, Württemberg 9,8, Mecklenburg-Schwerin 63,35, Hessen 62,50 Mark usw. Franz «itzt. Zu seinem 100. Geburtstag am -L, Oktober 1911. (Nachdruck -erdolrn.» Die Zahl derer, di« noch eine leibhaftige Erinnerung an den Mbbs Liszt, den Göttlichen, mit den frauenhaft schmalen weißen Händen und dem faszinierenden Mönchsantlitz haben, wird von Tag zu Tag geringer. Man schildert die Wirkung seine» Kla- oierspiels gl» beispiellos erregend. Wie sie keiner seiner Nach folger, auch Anton RUbtnstetn nicht, erreicht haben soll. Ein rätselhaftes Etwas, ein dämonartiger Furor muß in diesem Spiel gewesen sein; der Ausdruck einer Persönlichkeit, die selbst die brillanteste Beherrschung des Technischen picht zu ersetzen vermag. Denn daß das Maß des Technischen, dps die Pianisten von heute zu erfüllen haben, jenes .das zu Liszt» Zetten verlangt wurde, bei weitem übersteigt, darüber ist wohl kein Zweifel. Mr besitzen tmr leider kein« getreue lleberlieferung dieses wunderbaren kla ren Spiels .(Grammophone ustd Phonogftrphen hat es damc-li» noch nicht gegeben); und so find wir auf di« mehr oder wentger belletristischen Beschreibungen angewiesen oder auf di« münd lichen Erzählungen der Schüler, bi« de» Genusses her Lisztscheu Unterweisungen noch zu einer Zeit teilhaftig wurden, da sein Spiel schon längst für die groß, Oeffentltchkeit verstummt «ar. Di« musikalisch« Welt, di« sich jetzt anschickt, den hundertsten Ge burtstag LW» festlich zu begehen, gädenkt aber nicht de» vir. tttosen, sondern feiert Vas Andenken, da, der Komponist und das der groß« «dl« M e nsch Franz Liszt hinterlassen hat. Der Meister de» «Ehr stus, der heiligen Glffckbeth, der Faulst, und der,Dante-Symphoni« hat di, frag« der allgemeinen An erkennung in der Musik«,U nicht erlebt. An R«ft>«kt und an Bewunderung Hot es ihm auch bet Lebzeiten nicht gefehlt, und auch der kritische Gegner senkt« di» Degenspitz», «der « waren persönlich« Erfolge. Dt» «Erscheinung LW» (verfehlt» eben Nie Ihren Zauber, selbst dann nicht, wenn der Meiste« nu« als Zu schauer an den Aufführungen beteiligt M«. Kehlt« »r aber, so schwand das Interesse, und der Unmut gegen hi« (von ihmige- führt« wersehmt« neuderttsch» Richtung gewann Wied« di» Ober hand. Ich.kann warten!, lautet« da» stolz, Wo«, mit dem Mstzt die ««richte von halben Siegen über Misterfolge« entgegenzuneh. sprechen ,aus diesem Wort eines Künstlers, der seiner Zeit weit voraus war. Der Erfolg für uns liegt in der Erfüllung unserer Pflicht und dem unbeirrten Aufrechterhalten unserer Ueberzeu- , gung,,so lehrte er feine Jünger. Und wie faßte Liszt selbst diese Pflichterfüllung auf? Indem er Mr andere,eintrat: — Er, der im höchsten Grade der Propaganda Bedürftige, wurde der uner müdliche Agitator für Ri cha rd ,W ag n er! Die Geschichte hat es 'ihm über auch vergolten. Und zwar in zwiefacher Hinsicht. Denn erstens hätte Liszt» ideales Menschentum der Nachwelt durch nichts in reinerer und verklärterer Weiss überliefert werden können als durch sein Eintreten für Wagner. »Und zweitens be deutete der ohne Liszts Beistand im nötigen Augenblick kaum denkbare Sieg der Wagnerischen Kunst zugleich auch den Sieg der Lisztschen Idee: Erst der Erfolg Wagners im Theater hat die Bast» für di« künftige Popularität der Werke Liszts im Kon zertsaal« geqckbenl In den Programmen der Konzerte aller Städte und Länder gehören die meisten symphonischen Dichtungen Liszts heute zu den ständigen Repertoirstücken. Doch ist» noch nicht allzu lange her, daß nach dem Vorhanden- oder AVHandensein Lisztscher Mu sik auf dem Programmgettel einfach di« Modernitätder Vor, tragsordnung und dieGes 1 nnumg des Dirigenten abgeschätzt wurden. Heute freilich ist für Liszt-sein nicht mehr identisch mit modernsein; die Zett hat ihr Urteil gesprochen «und über das Für und Wider de» Streite» hinweg der Faust- und Dante-Symphonie Ewigkeitswert« Leigemessen; und Man ist sich einig darüber, daß dt« Evolution der heutigen Musik mit ach Basis dessen geschaffen I wurde, da» un» von LW hinterlassen blieb. Dt« Form der ein- , sätztgen symphonischen Dichtung ist Liszt» ureigenste, Eigentum; st« bi» auf die Grenzen ihrer ErwetteSungsfähigkett au,gebaut > zu hüben, wurde allerdings Richard Straußen, Verdienst, , aber auch, was Lei Strauß mit rücksichtsloser Konsequenz und Energie durchsesührt ist — di« Aushebung de, alten Tonartenbe- , griffe» — O schon bet Liszt mtt aller Deutlichkeit erkennbar. ! wenn heut» di« Lisztschen symphonischen Dichtungen den Ber- > gleich mtt jenen von Strauß nicht mehr aushalten können, so s liegt dt« tief in der Entwicklungsgeschichte der zeitgenössischen , Musik -»gründet, di« an Auodrucksmittekn und Kolorist» so un. , «Mich viel «eich« geworden ist. Und dennoch greifen unser« Dirigent«« so aem« auf die Lisztschen Stück« zuäick: wer von ihnen «eitet nicht gern« auf de« Paradepfsrd «cheppa. wer von ' ihnen sonnt sich' nicht gerne im Glanze von Tassos Trionfo? Der Zuhörer ist allerdings zu diesen Werken in ein anderes Verhält nis getreten: Als sie neu waren, «empfand man ihren tnstvu- mentalen Aufwand übertrieben, wohingegen man heute schier eher geneigt wäre, Liszt den Vorwurf klanglicher Askese zu ma chen. Man liebt es, Liszt den VaterdermodernenPro» grammusikzu nennen. Nicht gc.»- mit Recht, wie un» heut: dünkt, denn seine symphonische Dichtung ist keineswegs an die poetischen Vorstellungskreise, von denen sie vusgeht, gebunden. Nämlich sie ist auch verständlich, wenn man von dem Programm, von dem sie ausgeht, abstrahiert; und wie bei den Beethovenfchen Ouvertüren genügt auch hier die alleinige Ueberlschrtft, um dt« Phantasie des Hörers in die Bahnen der Musik zu lenken. Od«r wer denkt heute, wenn er die Preludes hört, an die umständliche Fabel Lamartines, und wem möchte es wohl einsallen, während der Ideale sich, Passus für Passus Vas Schtllersche Gedicht m Er innerung zu bringen? Der absolute Musiker in -Liszt «ar «Len stark genug, den Hörer allgemach die Eselsbrücke des Programm» entbehren zu lassen; der «absolute Musiker in ihm war es, der ihn in den beiden Klavierkonzerten in -Ls und Meisterwerke die ser Gattung schaffest ließ und der ihm, als er sich dnKirchenmusik zuwandte, die dominierende Stellung unter deren Reformatoren anwies. An der Weiterbildung der überlieferten Formen, an der Fortentwicklung der Harmonik hat LW nicht minderen Anteil al» Wagner. An vielem, was bet Wagner freilich präzisere und überzeugender« Gestalt gewon- nen hat, ist LW -vorangegangen. Oft sind ist, sich dann auf gleichen Wegen begegnet, und die Duplizität ihrer Wagnisse hat etwas Frappierendes. Zahlreich sind dt« Parallrlstellen in ihren Werken — nicht nur im Harmonischen, sondern auch im Hinblick auf die rei n m«lodtfche Erfindung. An Bayreuth während der Ntbelungenproben vor 1876 war'«. Die Schlussszene de» zwei- ten Aktes kam gerade an di« R«ih«, di« vor den Morten Sieg linde, <kehrte der Vater nun heim) mit dem Themu beginnt, da» den Anfang de» ersten Satze» d« Faustsymphoni« bildet. Aei^ kommt etwa» von dir, sagt« Wagner zu dem neben khm fitzend LW — Macht nicht», lautet« die Antwort, so «erden e Leut» wentgftens einmal h-um And dennoch dann man ««Engen MM» dw»Men»MWWMW««G nenne».. Denn nwnn di« vo«bMNchchDDMWÄch HM»»'