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7 usd« Sonnabenä» 25. Oktober 1913 Nr. 249 S. Jahrgang. Diese Nummer umfabt 1k Seiten. Außerdem liegt das achtseitige illustriert« SonntagSblatt bei. allgemeines Urteil ist doch heute schon möglich und sei es auch nur eines auf der Basis des Gemeinplatzes: Es wird nichts so heiß gegessen, tote es gekocht wird. Die Stimmen, die sich ob eines deutschen Panamas heiser schrien, sind *ja auch nachgerade verstummt und selbst energisch« Kritiker meinen nur Inoch, daß bei einer Firma die einen so bevorzugten Platz einnimmt, tote es die Kruppsche in Deutschland tut, auch der Schein eines Unrechts unbedingt vermieden sein müsse. Wenn man die ganze Affäre Krupp beurteilen will, so darf man vor allem ihren Ursprung nicht der. gessen. Ein Abgeordneter, der dazuhin noch di« schärfste Opposition seiner oppositionellen Partei darstellt, be kommt Papiere in die Hand, aus denen hervorzugehen sche int, daß bet Krupp mit unlauteren Mitteln gear beitet wird. Für einen Sozialdemokraten und Anti militaristen konnte es keinen schöneren Fund geben. Daß für ihn, seiner ganzen Sinnesart nach, das Mutmaßliche schon bewiesen, das Angedeutete schon sicher und be stimmt war, versteht sich von selbst. Au- feinem Munde erfuhr die Oesfentlichkett zum ersten Male von der Sach« und er und sein« Parteifreunde haben es sich mit Er folg angelegen sein lassen, der Angelegenheit die rich tige Färbung von Landesverrat und Korruption zu geben. Wer objektiv urteilen wollt«, der mußte sagen, daß da- Borgehen de- Herrn Brandt unkorrekt War und daß die Direktoren in Essen etwa» lax in der Nach forschung nach Brandts Quellen waren oder vielleicht sogar sein wollten. Aber Landesverrat oder sogar staats gefährdende Umtriebe, da» stand in gar keinem Ver hältnis zum Tatbestand«. Nun wird von gewissen Sei ten allerdings behauptet, der Zeuge v. Metzen, Krupp früherer Berliner Direktor werd« mit Enthüllungen kommen. Was aber bis jetzt davon bekannt geworden ist, seigt^M «LsM bei diesen Enthüllungen höchstem um Vie tzütfdemmg interner Zwistigkeiten handeln kann die die Oesfentlichkett nicht interessieren, aber nich um den Nachweis, daß in Krupps Auftrag spioniere worden ist. Herr v. Metzen hat selbst mancherlei in korrekte Dinge auf dem Kerbholz (so wirft ihm die Firma vor, er hab« eine Stelle verkauft), so daß er sich selbst erst einmal seiner Haut wehren muß, eh« er andere Leute belasten kann. Sonst aber ist da- Zeugen material da» gleiche Wie im Militärprozeß und die, Tatsachen sind ja auch die nämlichen geblieben. Wenn man also ein Urteil abgeven WM, ehe das Gericht eines gesprochen hat, so kann e» nur dies sein, daß sich Herr Liebknecht einet tendenziösen Uebertreibung schuldig ge macht hat, als er hon einem Panama sprach, aber daß auch der Krieg-Minister zu Wett ging, alS er im Reichstag jede Unregelmäßigkeit bet Krupp bestritt. * ver »wette Nrupp-frore-. X verltn, 24. Oktober. Im Kruppprvzesse erfolgte heute, am zweiten Tag«, die Vernehmung de» Angell. Dir. EcciuS. Er erklärte, daß er «inen Teil de» Dezernates zu erledigen hatte, Politische Tagesschau. Aue 2b. Oktober. * Di« Entscheidung des vunde^at» wer die braun schweigisch« Thronsrag« wird, wie aus Berlin gemeldet wird, nunmehr am Montag erfolgen. An diesem Tage werden zur Beratung des preußischen Antrags wegen Regelung der braunschweigischen Thronfolge die Bundessratsaus. s chüff e für Verfassung und für Justizwesen vormittag» zu sammentreten. Am Mittag desselben Tages findet eine Vollsitznngdes Bundesrats statt, in der eine endgül tige Beschlußfassung stattfinden dürfte. * Zum Reichsstempelgesetz. Zu dem am 1. Oktober in Kraft getretenen Reichsstempelgesetz vom 1. Juli ISIS be merkt die Nordd. Allg. Ztg>: Nach dem 8 108 dieses Gesetz« in seiner sinngemäßen Auslegung findet die ASgabspslicht auch rück wirkend Anwendung ckuf solche Zahlungen der Versicherungsprämie, die auf Grund einer in der Zett vom 1. April ds. Js. bis zum Inkrafttreten des Reichsstempel, gesetzes getroffenen Vereinbarung für «inen Zeitraum von mehr als einem Jahr« errichtet worden find, wobei die Ab gabe für die Versicherungsdauer zu entrichten ist, die ein Aornwalzer. Die deutsche Sprache wird das ebenso häßliche, 'wie sinnlose Wort Kornwalzer, da» nn» di« Krupp-Prozesse beschert haben, Wohl nicht sfo schnell Mehr Io- Werden. Am Depeschenkodex der Firma Krupp stand es neben vielen anderen, ebenso sinnvollen, al- Bezeichnung für Ge heimbericht und mit den Geheimberichten hat der Mb. geordnet^ Liebknecht uns und der Oesfentlichkett auch dies Port beschert. Der Staatsanwalt im neuen Krupp. Prozeß, der am Donnerstag vor der Strafkammer in Berlin begonnen hat, vermutet zwar, daß schon aus dem Deckwort etwas sehr» Verdächtiges herausklinge. Aber wer «S mit unbefangenen Augen ansieht und mit offenen Ohren hört, kann mit dem besten Willen nichts Staats, gefährliches heraushören. Wie ist es denn mit deM ganzen Prozeß? Enthält er denn Wirklich so schreck, lich Staat-gefährliches, wie viele Parteipolitiker behaup ten? Ganz beantworten kann man die Frage erst, wenn auch dieser Prozeß vor dem Zivil geeicht vorüber ist. Denn vor dem Militärgericht wurde ja nur die Seite der Sache, Wegen der sich Militärpersonen zu verant worten hatten, verhandelt. Jetzt Wird der Rahmen wei ter gespannt und e» werden vor allem die Geschäfts praktiken der Firma Krupp behandelt werden. Aber ein ' »ff . . > - . .7 /Wer Tageblatt »M Mzeiger für -as Erzgebirge tz mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt. W« M nuAdAÜWN» SprechMwS» »er tw-atttou mitfiusuahm» »er SomUag» nachmittag« 4—s Uhr. — Lelegramm-fi-eess»r Lageblatt fiueerMdlrge. snmstrech«, sr. ««»Ä»' U»«« sü» «mveelaagt »ingefaa-t» Manuskript« kam, «mähr nicht geleigt »erden. daß sich auf den Berkaus von Kriegsmaterial bezog. Er hatte nicht nur di« Korrespondenz zu erledigen, sondern auch Informationen über di« Preis« der Kon kurrenz zu sammeln. Er mutz auf Vorhaltung zugeben, dah Herr von Schütz einmal gesagt habe, Brandt habe durch Verkehr mit Angestellten aus dem Krieg-Mini sterium erhebliche Unkosten. Die Brandt gewährte Zulage von 3600 Mark sollte nicht nur für den Verkehr nach außen dienen, sondern teilweise al» MietSentschädigung und Aequtvalent für Vorteile, die die Kruppschen Be amten in Essen genießen. Herr von Metzen sei niemals an ihn herangetreten, um sich über die Art und Weise der Brandtschen Berichterstattung zu beschweren. Daß Brandts Tätigkeit nach Bestechung aussehe, davon sei nie die Red« gewesen. Auch Herr von Metzen habe nie mals eine derartige Aeutzerung getan. Auf Befragen trü berer Direktoren, ob di« Tätigkeit Brandts einwandfrei sei, hat EcciuS di«» bejaht. Im ZM* ISIS sei die Tätigkeit Brandt- ihm und einigen mrderen Direktoren aber bedenklich dorgekvmmen. Brandt sei deshalb zur Disposition gestellt Worden. Di« Mitteilungen Brandt« betrafen in der Hauptsache SubmtsfionSergebnisfe und dies« Notizen konnten Nur für später« Submissionen Interesse haben. Aus der Kenntnis der Konkurrenz, preis« habe di« Firma Krupp niemals «inen Vorteil gezogen, insofern, al» sie auch ihr« Preise, wenn sw erheblich niedriger waren, bi» zur Grenze der der Kon kurrenz zu bringen suchte. Die Firma Krupp habe nach Kenntnis der Konkurrenzpreis« niemals die ihrigen er höht, wenn sie ein niedriger«» Gebot gemacht hatte, so daß der Fiskus keine Schädigung erfahren habe. Damit war die Vernehmung de» Angeklagten beendet. W» folgte die Verlesung der Kornwalzer, währenddem die Oeffentlichkeit ausgeschlossen Wird. Di« heutigen Pariser Morgenblättsr melden, datz die Sammlung für die Nationalflugspende 6 116 000 Franc» ergeben habe. ») S!LH,r«» steh, an and«« Das Wichtigste vom Tage. Kaiser Wilhelm ist beim Erzherzog Franz Ferdinand in Schloß Konopischt in Böhmen e i n- getroffen.*) vor dem Reichsgericht begannen gestern di« Ver handlungen im Spionageprozeß Bie- salskt.*) * Der preußische Landtag wird erst nach Weih nachten, voraussichtlich am 13. Januar, zu sammentreten. * Da» Gtationskommando in Pilsen verbot den Offizieren die Teilnahme an einer Jahrhun dertfeier der Deutschen. * Der tunesisch «Hafen Eafferta soll nach Erklärung des ^französischen Marinemtnister» zu einem Flot tenstützpunkt ersten Range» au-gebaut Werden. chls Die chinesische Mauer. Skizze von D. SWtweger. IMachdru- ) Rogierungsaffessor Dr. jur. Ernst Anders hals sener Braut in den «Schnellzug, und sein Auge umfaßte mit Ent. zücken Sotten» reizende Erscheinung. Also aus Wiedersehen übermorgen, Liebling, sagte er, zu schade, dah wir au» Fa milienrücksichten nicht zusammen fahren können. — Ja, sehr schade, Ernst, ich hatte mir'« so wunderschön gedacht, und Mutter hätte auch gar nicht» dabet gesundem. Ach, kein vernünftiger Mensch findet dabei 'was — O, rechnest du die Deinen nicht zu den vernünftigen Menschen? »— Der Asses sor lachte: Doch natürlich, aber rückständig sind sie. Weil'» zur Zett der Postkutschen nicht für paffend Mit, ein Braut paar allein durch die Welt reisen zu .lassen, erscheint'» ihnen auch Heute noch unmöglich. Besonder» den Groheltern, .na, und .Mama hrnlw sich auch nur schwer an ebnen Fortschritt in solchen Dingen gmvöhnen. Ich In diesem Augenblick setzte sich der Zug in Bewegung; Ernst.Ander» Lief noch ein paar Schritte mit, und sein« Braut winkte mit ihrem Düch- letn, bi» der Zug die . Halle verlassen hatte. Dann ordnet« sie ihr Handgepäck und setzte sich in ihrer Ecke zurecht. ,Und ihre Gedanken gingen unruhig hin und . her. Seit vier Wochen war sie die glückliche Braut de» Manne», den sie von ganzem Herzen liebte. Rur au» Neigung hatte fie ihn gewählt, nicht, weil er einer reichen, angvfeheiurn Familie entstammte. Da« hatte sie ja vorher alle» gar nicht so ge wußt, und sie «ahm'« auch, al« e» ihr Mr wurde, zunächst nicht allzu wichtig. Erst al« Ernst ihr sagte, daß ihm nur der Reichtum und da» Wohlwollen seiner Groheitem schon jetzt eine Heirat ermöglichen würden, begann sie diese Aeu« 2i-tt.t;lsit-.n zu schätzen. Denn ihre Mutier, eine Pfarrer witwe mit drei Kindern, konnte ihr nur eine ganz bescheiden« Aussteuer geben. Soweit war ja alles gut und schön. Aber sehr, sehr bitter war'» ihr, Vaß Ernst sie gebeten hatte, seiner Familie vorläufig nichts davon verlauten tzu lassen, daß sie schon jahrelang aus dem Bureau des Rechtsanwalts gearbei tet hatte. Wie, sie sollte verheimlichen, woraus sie stolz war? Ihrer Mutter war dadurch Bne große Sorge abgenommen. Aber Ernst schilderte ihr in so amüsanter Weise die in sei ner Familie herrschenden rückständigen Ansichten, datz sie schließlich ihren Widerstand ausgab. Bei der wetten Entfer nung der beiden Wohnorte schien es auch nicht wahrscheinlich, da» Ernsts Angehörige etwa» von ihrer bisherigen Tätigkeit erfahren würden. Und wenn doch, nun, dann trug Ernst tne Verantwortung. St« sah dem ersten Besuch i!n der Familie ihre» Bräutigam» ohne rechte Freudigkeit entgegen, trotzdem ihr Ernst versichert hatte, Lis aus ihre Rückständigkeit in ge wissen Dingen seien die Großeltern und 'seine Mama Vie liebsten und besten Menschen. Lotte war der Gedanke angenehm, nur zwei Tage ohne Ernst bei den Seinen vrrbri.rgen zu müssen. Sie, die sonst so Sicher«, fühlte sich seltsam befangen, wenn sie sich den Gin« tritt in die ihr noch fremde Familie ausmalte. Jedes «in- -elne Mitglied dieser Familie hatte sehr herzlich an fie tze- schrieben. Am «ersten Sonntag, den da» Brautpaar in Ernst Ander»'Heimat verlebte, fand Vei seinen Großeltern «in seierliche, VerlobungMner statt. Feierlich, wenn auch im kleinen Krei», denn Gvoßkaufmqnm Threstensen hatte sich von größerer Gchelligkelt schon M Jahren zurückgezogen. S« war auch ansang» über Erwarten gut gegangen, und Lotte, nach rechter Frauenart Meist, alle» zu sieben, via» mit dem Geliebten zufammentztng, fühlte sich bereit» gantz heimisch. Di« GwßelternGegegneten ihr aus» freundlichste, und Ernst'« Mutter, eine zar'r, '. '.ne Frau, di« noch sehr jugendlich aus- seh, versicherte ihr immer wieder, wie sroh sie über chr»- Jungen Glück sei. Ernst hatte ihr aus einem kurzen Spazier gang, dem einzigen ungestörten Zusammensein seit sÄMer Ankunft — in der Familie DHrestenfen wurde es nicht für paffend gefunden, daß ein Brautpaar «sich ohne Garde in ei nem Zimmer aufhielt — erzählt, daß der Großvater sich sehr generös zeige und ihm bis zur Erreichung eines festen höhe ren Einkommens eine Zahresrente von 7000 Mark gewährt habe. Mama gibt auch 1000 Mark Au, so datz wir recht gut als unbesoldete Assessors heiraten können, Liebling, hatte er ihr weiter berichtet. Lotte war kaum mit ihrer Toilette fertig, da klopfte auch schon da» Stubenmädchen, daß die er sten Gäste angelangt feien. Sie fand Ernst bereit» im Zim mer seiner Mutter ihrer wartend. Nach den üblichem Begrü. ,ßungen und Hin- und Herveden begab sich die kleine Gesell- schäft in» Eßzimmer. Da» Brautpaar mutzte auf zwei mit Blumen geschmückten 'Sesseln am oberen Ende de» Tische» Platz nehmen, zwischen Onkel Sanitätsrat und Ernst» Mut ter. Neben dieser kam der Großvater und neben dem Sani- tittsrat, die Großmutter. Di« Sanitätsrütin, ONlek Jürgen, Tante Ulla und da» Ehepaar Morten» schlöffen den Krei». Beim Mahle erhob sich der Kau-Herr, schlug an» Gla» und sprach mit bewegter Stimm«: Unser heutige» Fest gilt, Wie ihr alle wißt, unserem Brautpaar, meinem geliebten Enkel und dem Mädchen, da» er sich erwählt hott, und da» ich al» Glied unserer Familie jetzt noch «linmal herzlich willkommen heiße. Gs ist uns, die wir an guter, alter Sitte 'ftskhalten, eine besondere Freude, daß du, lieber Ernst, un» al» vraut eine Pastorstochter -uführst, di« ausgewachsen im frommer Litt« ui« häuslicher Stille, geleitet von vor leider früh ver witweten Mutter, in liebevoller WM» für fie und vk Brü der sorgend, sich für Vie Ehe würdig vorbereitet hat. G» wär« un» allen wohl sch, schwer geworden, an der Seite un- sere, Ernst» «ine» jener modernen Mädchen zu sehen, bie, ,wch Gleichhe t mit dem Manne strebend, sich iin seine Berus«