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/luer Tageblatt /lnzeiger für das Erzgebirge mit -er Wöchentlichen unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt. epeechch«»« «er «e»a«I»» «Ü Mwnahme -e, eonntag, oach«t«ag» 4-s Uh». — «etegmmm-st-mff», Lo-»Uatt st«e«M-tkge. -wch-wche» «. --» »«»»rlaagl Manuskript» kann ckvväh» nicht geleistet w«ch«u. Nr. 264. Donnerstag, t3. November ISIS. S. Zahrgang. Diese Nummer »mfatzt 8 Sette«. Das Wichtigste vom Tage. Die Zweite Kammer wählte zum Präsidenten dm Nattonalltberalen Dr. Vogel, zum 1. Vizepräsidenten dm Konservativer« Geh. Hofrat Opitz und zum 2. Vize präsidenten den Fortschrittler Bär,' auch die übrigen Posten de» gesamten Direktorium» wurden nur mit Angebörtgen der bürgerlichen Parteien besetzt.') » In München hat die feierliche Thronbesteipung König LuowigS III. stattge unden, an die sich oll- gemeine Landeshuldigung anschloß * Dem San brat a. D. Röttge hat"a»Dtrektorium des Zentralverbande» deutscher Indust rieller ein Vertrauensvotum zu,«süllr. * Durch die Vermittlung des rumänischen Minister» Take JoneScu sind die griechisch-türkischen Streitigkeiten soweit beigelegt worden, daß der Fri e den »vertrag bereits paragraphtert worden ist.* » Der Nobelpreis fürChemte wurde Prozessor Alfred Werner in Zürich, der für Phyiik Professor Heike Hammerlingh Onne» zuerkannt. » Die Stadt Abancay in Peru ist durch Erdbeben zerstört worden. Mehr all 200Menschensind tot tausende sind obdachlos* »> Mäher« steh« an anderer «telle. Immer wieäer äer RrbeitswMgenschuh. >07 Dao Thema kommt nicht zur Ruhe. Nun hat sich, wie wir schon mitteilten, auch der Jndustrierat des Hansa- Bundesfür eine Erweiterung der gesetzlichen Bestimmun gen für den Schutz der Arbeitswilligen ausgesprochen. Und mit Len Stimmen, die kurzerhand diese Forderung erheben, mehren sich auch jene, die die Möglichkeiten der Erfüllung vom praktischen und rechtlichen Standpunkt aus erörtern und da mit in vorderster Linie zur Lösung des schwierigen Problems Leitragen. In dieser Hinsicht hat sicherlich die Einsetzung ei- ner Kommission durch die nationalliberale Reichstagsfrak- tion und die von dieser bereits geleistete Arbeit anregend und befruchtend gewirkt. Im Leipziger Tageblatt, da» kürz lich schon einige lehrreiche Aufsätze des Oberverwaltung»^ richtsrates Blüher über die Frage veröffentlicht hatte, wird in e'ner Zuschrift abermals zu den verschiedenen Lösungsvor schlag em Stellung genommen. Bor allem wird darauf hin gewiesen, daß die zu bewältigende Aufgabe sich in den War en: Schutz der Arbeitswilligen! gar nicht erschöpft. Denn, so wird da gesagt, nicht nur der Arbeiter, der willig zur Arbeit jst, sieht sich in seiner Freiheit bedroht. Vielmehr ist der sogenannte Organisationszwang eine ganz allgemeine Erscheinung der modernen Volkswirtschaft über haupt. Er wird nicht nur auf der Arbeit nehmer seit» entfallet. Der Zwang, den Vie Vereinigungen der Un ternehmer und Arbeitgeber auf ihresgleichen aus- iiben. ist oft viel größer wnd gerade weil er sich meist feinerer Formen bedien: — viel gefährlicher. Das Problem ist also ein ganz anderes, viel umfangreicher, als es das Wort vom Arbeitswilligenschutz darftellt. Der Gewährsmann des Leipziger Blattes kommt dann auf die Mittel zur Lösung des Problems und bezeichnet als wichtigstes die zivilrechtliche Haftung der Koa litionen mit ihrem Vermögen. Er legt aber dar, daß es mit der Verleihung der Rechsfähigkeit an die Berufsverein« allein nicht getan ist. Damit wäre weiter nichts erreicht al» die Haftung des Vereinaoermögen» für rechtswidrige Handlungen der sogenannten Verfassung mäßigen Vertreter im Sinne de» tz 31 de» Bürgerlichen Gesetz, buche». Der Organisationszwang, gegen den sich die neue Gesetzgebung richten soll, gehe aber in der Regel von gan- anderen Personen au» und bediene sich meist ganz anderer Formen, al» solcher, die den Tatbestand de» H 81 des BGB. erfüllen. Deshalb wird eine Erweiterung vorgeschlagen da hin, daß man etwa bestimme: was im Interesse ei- ner Koalition durch eine ihr zugehörige Person ge- schteht, ist von der Koalition selbst zu vertreten und mit ihrem Vermögen zu verantworten, und zwar solange, als sie nicht beweist, daß es gegen ihren Willen geschah. Unter dem Druck solcher Bestimmungen würden sich die Organisa tionen nicht nur hüten, selbst, d. h. durch ihre verfassungs, mäßigen Vertreter, rechtswidrigen Organisationszwang aus- zuüben. Sie sehen sich gezwungen, zum Schutze ihre» Ver- mögens auch darüber zu wachen, daß nicht ein gleiche« durch ihre sonstigen Mitglieder geschähe. Man sieht auch daraus wieder, wie schwierig da» Pro blem ist und wie wenig sich mit dem Schlagwort vom Ver- Lot des Streikpostenstehen» anfangen läßt. Es ist zu hof fen, daß uns Vorschläge au» dem Schoße der nationallibe. ralen Kommission, der der Verfassen der Zuschrift an das Leipziger Blatt offenbar nahesteht, auf dem fraglichen Ge biete weiterbringen. Daß diese Kommission sich durch Schlag, warte nicht blenden läßt, geht aus dem hervor, was -um Schlüsse gesagt wird: Man ist sich sehr wohl bewußt, welche Klippen vermieden werden müssen. Da», was man Schutz der Arbeitswilligen nennt, darf und soll nicht sein ein« Waffe, deren sich etwa unsozial denkende Unternehmer im Lohnkampfe mit ihren Arbeitern bedienen könnten. Der Schutz müßte wirklich dem Arbeitswilligen zugute kommen, und nicht nur ihm, sondern auch dem selbstständigen Ge werbetreibenden, er fei groß oder klein, dessen wirtschaftlich, Entschließung durch.rechtswidrigen Zwang irgendwelcher Art verkümmert wird. Dabei -alte man sich aber auch frei von jener Aengstlichckeit, die über der Koalitionsfreiheit die wahre Freiheit de» Staatsbürger, Not lewen läßt. Churchill im Wanäel äer geilen. Die Eutldhall-Rede de» englische« ««tnenttnifter». Der Erste Lord der britischen Admiralität, Mr. Win ston Spencer Thurchill, hat im Februar 1912 durch da, von ihm geprägte Wort von der deutschen Luxusflotte in Deutsch land großes Aergernis erregt. Da» war die Zeit, da Chur chill im ersten Amtsetfer — er war kurz zuvor au» dem Mi- nisterium des Innern in das der Marine übergetreten — sich im Flottenbauen nicht genug tun konnte. Dann aber paßte er seine Politik, augenscheinlich unter dem Druck des Premierministers Asquith und des Minister» de» Aeußern Grey, mchr dem Programm de, liberalen Kabinett» an, dessen Mitglied er ist: in den kriegerischen Rüstungen mög lichst einen Stillstand «intteten zu lassen, damit da» Gew der Steuerzahlenden endlich für soziale und kulturelle Zwecke frei werde. Robert Haldvme, damals Kriogsminister und einfacher Mister, kam nach Berlin und hatte viel be achtete Unterredungen mit den führenden deutschen Staat» männern. Sie führten noch -u keinem greifbaren Ergeb nisse, aber man begann Anzeichen einer erfreulichen Ent spannung in den deutsch-englischen Beziehungen zu bemerken, di« noch wenige Monate zuvor durch die Marokkokrisis ei>ne sehr Bedenkliche Zuspitzung erfahren Hatten. Man merkte die Wandlung auch an der sanfteren Tonart der Churchill- schen Erklärungen. Seine Parlamentsreden vom 19. März und 22. Füll 1912 waren durchaus ruhig und fachlich gehal lten und entbehrten jeder Spitze gegen Deutschland. Dann kam, am 26, März dieses Jahres, die berühmte RedSj in der Thurchill den Deutschen den sensationellen Vorschlag de, Weltfeierjahre» macht«, den Vorschlag, in den Flot tenrüstungen eine einjährige 'Pause etntreten zu lassen. Diese Anregung hat Churchill in seiner großen Rede in Manchester am 16. Oktober mit erhöhtem Nachdruck und gesteigerten Wärme wiederholt. Aber man hat in Deutschland nichts davon wissen wollen. Nicht zum ersten Male kam in dm kritischen Randglossen zu dem Churchillschen Vorschläge das Mißtrauen gegen bis Person des Marineministers zum Aus druck. Man wies auf die Inkonsequenz und Sprunghaftig keit seines politischen Entwickekungsganges und seiner mini steriellen Erklärungen hin und auf den nicht geringen Grad von Rücksichtslosigkeit, den Winston Thurchill bei der Vev- folgung seiner ehrgeizigen Pläne an den Tag legt. Hätte Thurchill es darauf abgesehen, dieses Mißtraum zu recht fertigen, er hätte es nicht drastischer tun können, als durch die vorgestrige Eutldhall-Rede, in der er ganz unvermittelt vom Rüstungs-Stillstand -um Rüstungs-Juror übersprang. Sie dürfen nicht annehmen, rief er seinen Landsleuten zu, daß gegenwärtig ein Nach- Die eigene Scholle. Skizze von Adolf Stark. Abseits von der Straße, in der halben Höhe der sanft aufsteigenden Berglehne, liegt der Flaugerhof. Dort haust der junge Flaugenbauer ganz allein; nur eine Magd hat er bet sich, die schon Lei den Eltern auf dem Hofe diente und mit Müh' und Not die Wirtschaft versorgt. Die andern alle, der Knecht und die Jungmagd, haben den Posten ge kündigt, als der Bauer au» dem sKriminal, wie man aus dem Lande sagt, wieder auf den Hof -urückkehrte. Freilich, er war fteigesprochen worden, man konnte ihm den Mord nicht beweisen. Aber niemand zweifelte daran, daß er es genesen Hatte er nicht am selben Abend mit dem Schmied- Hannes Streit im Wirtshaus gehabt? War er nicht vor den andern fortgegangvn? Für die Herren vom Gericht waren die Beweise nicht genügend, um den Angeklagten zu verurteilen, aber die Dorfbewohner fällten ihr Schuldig. Und dec Dauer ist so wie der Boden, Len er bearbeitet: hart und zäh. Der Flauger suchte keine neuen Dienstleute und arbeitete selbst für drei, um die Wirtschaft aufrecht, zuhalten. Auch sonst mied er jeden Verkehr. Da» war in den Augen der Dörfler ein neuer Schuldbewei». Wer nicht» getan hat, hat's nicht nötig, sich zu verstecken. Der Flauger stand im Wagenschuppen und richtete den Schlitten zusam men, denn über Nacht war Schneefall eingetreten und der Wagen bis auf weiteres nicht -u gebrauchen. Da knarrte das Hoftor. und eine schlanke Gestalt schlüpfte herein. Scheu sah sich da» Mädchen nach allen Seiten um. Da erblickte sie den Bauern. Sie eilte auf ihn -u und streckte ihm die Hand entgegen: Grüß Gott, Flauger! Er gab keine Ant- wort. So erstaunt war er über den Besuch. Es war schon lange her, daß ein Mädchenfuß den Hos betreten hatte. Sie atmete schwer ^Kennst mich wohl nicht, Flauger, was? Ich bin die Rest, R-chViner Gr schittte"- den Kop*: Müßt nicht, was ich mit dir zu schaffen hätte, Mädel! Geh heim! Wenn es di« Leute erfahren, daß du bet mir da oben wach — Sie machte eine verächtliche Gebärde: Was scheren mich die Leute. Ich wäre schon frü her gekommen, Flauger, alleweil wollt ich kommen, dir sagen, daß ich nicht an deine Schuld glaube, aber <— Dir erzwungene Ruhe fiel plötzlich von ihm. Er faßte da» Mädchen an der Schulter und schüttelte sie heftig: Das sagst du, Mädel, das sagst du? Daß du nicht am mein« Schuld glaubst? Heiland im Himmel, es gibt einen Men- schen, der an mich glaubt. Mädel, wenn du wüßtest, was für Gutheit du mir getan hast mit den Motten! Das ver geß ich dir mein Lebtag nicht. Sie schüttelte den Kopf: Laß mich erst ausreden, Flauger. Ich fürcht' schier, du wirst mir dann nicht danken. Nämlich, ich muß dir sagen, ich — sie zögert« «inen Augenblick — ich glaub' zu wissen, wer den Schmied-Hannes umgebracht hat. Seine Hand sank von ihrer Schulter herab. Er wurde totenblaß, aber mit über menschlicher Gewalt zwang er sich zur Ruhe. Seine Lippen bebten, aber er vermochte kein Wort hervorzubringen. Sie dämpfte ihre Stimm« -um Flüstern: Daß du es nur weißt, es ist mein Vater, mein eigener Vater! Da schaust du, nicht wahr. Er hat sich verraten; im Schlafe, da spricht er alle weil von nicht» anderem. O, er hat keine Ahnung, daß ich etwa» weiß. Und jetzt verstehst du auch, Flauger, warum ich so lange geschwiegen habe, trotzdem ich es wußte. Es ist doch mein Vater. Er nickte: Und warum List gerade heute gekommen? Weil der Vater verunglückt ist, antwortete st«, vor einer Stunde, wie er durch den Wald gangen ist bei dem großen Sturm, hat ihn «in stürzender Baumstamm nie- dergchhlagen. Die Leute sagen, daß «r e» nicht lange mehr treiben wird. Da bin ich zu dir gelaufen, damit du -kn, kommst. Er muß die Wahrheit gestehen, ehe er stirbt, vor allen Leuten muß er sagen, daß du schuldlos bist. Flauger ritz Mantel und Mütze vom Nagel und stürmte dem Dorf« zu. Therese bemühte sich, mit ihm Schritt -u Der Weg dehnte sich AU riner Ewigkeit. N'-r schwer kamen die beiden im hohen Schnee wetter. Beim Dorfein, gang mußten sie einen weiten Bogen machen, um nicht in dem verschneiten Hohlweg -u versinken. Die Menge wich auseinander, als der Flauger erschien. Was wollte der hier? Gr schritt .ohne nach rechts und links zu sehen, auf das Haus zu und öffnete die Stubentür. Stöhnend lag der Bachleithner auf dem Bett. Der Arzt bemühte sich um ihn. Jetzt wandte er sich um. Er mochte Len Mann, welcher so aufgeregt und leichenblaß hereinstürmte, für einen Sohn oder nahen Verwandten des Verletzten halten, denn be ruhigend sagte er: Na, na, n>ur keine Aufregung. Es ist nicht so schlimm. Das Bein ist halt entzwei, und eine Rippe hat auch «inen Knack» wegbekommen, aber innere Verletzungen find nicht da. In sechs Wochen ist alles wie der geheilt Gefahr für» Leben ist nicht zu befürchten. Der Bachleithner hatte sich mühsam aufgerichtet und starrte ent setzt auf den Eindringling: Was willst du da, Flauger? Der junge Mann atmete tief auf: Könnt sein, Bachleithner, daß ein Engel vom Himmel zu mir gekommen ist und mir gesagt hat, du hättest noch was zu beichten vor dein End'. Aber der Engel hat sich getäuscht, es ist noch nicht so weit. Brauchst keine Angst zu haben, Bachleithner, ich gehe wieder. Hab ich', so lang getragen, werd ich'» noch weiter tragen. Deinet- halben nicht, verstehst du, deinethalben nicht. Aber wegen der da, die zu mir kommen ist und gesagt hat, daß sie nicht an meine Schuld glaubt. Er wandte sich -um Gehen. An der Tür stand Therese. Sie reichte ihm totenblaß die Hand: Glaub' nicht, Flauger, daß ich widerrufen werde, «a, ich gesagt habe. Da sei Gott für. Ich nehm", al» Fingerzeig von ihm, da» alle», was heute den Vater bettoffen und mich zu dir getrieben hat. Und weil', für dich ist, will ich Zeugen schaft geben für dich und gegen den Vater, wenn du', ver- langst. Er hielt ihre Hand fist: Da fei Gott für. Latz dichf, nicht grämen. Da, schlimmste ist vorüber für mich Weitz ich doch, Latz eine Seele lebt, die nicht an meine Schuld glaubt. Die ander«, auf die acht ich nicht. Leb wohl, Mädel, und lrck dick', vickt grämen. Und wenn du bis-