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o Nr. N. Donnerstag» 22. Zanuar 9. Zahrgang. Dies« Nummer umfasst 8 Setten. Das Wichtigste vom Tage. D«r RetchStagkabgeordnete von Siebert (Retchspartei), 14. Sachsen (Borna), Hat sein Man dat ntedergelegt.*) * Die Reich-tag-kommtsfion hat sich für Hamburg «I» Titz de» Retchskolontalamt» «ntscht«. den. * Die bayerische Gtaat-zeitung verüfsentlicht «in« beruhigende Erklärung zu der Red« de» Generalmajors von Kracht. * -ei allen dem Tab aktrust angehörigen deut sch en.Zigar ettenfabriken stehen umsassend« Haus such un gen bevor.*) * Die elsässischen Abgeordneten brachten im Reichstag einen Antrag über den Waffenge- brauch und das Eingreifen der bewaffneten Macht bet Unruhen ein. * Im Tilianpro zeß Wurde gestern abend das Urteil verkündet, das teilweise auf Freispruch lautete.*) ülLdrre« !>«he an ander» Stell«. Regierungskrise in Cnglanä. Je näher die Entscheidung über die endgiltige Aus» gcstaltung des englischen Marineetat» rückt, desto >>cywm"iger wird die Lage der englischen Regierung. An und für sich ist es ja nichts neues, daß Finanzminister den Daumen auf den Staatssäckel halten, wenn die Kollogen mit großen Eeldsorderungen kommen. Aber bisher hat doch in England der Marinemintster nur da» Schveckbild der deutschen Gefahr an die Wand zu malen brauchen, um sofort seine Forderungen Lurchzulsetzen. Das war un er den Konservativen so, und das ist unter den Liberalen, ob wohl diese immer als Friedensfreunde und Rsüstungsgogner galten, nicht anders geworden. Allmählich scheint man aber doch 'M England sich zu einer ruhigeren und besonneneren Auffassung des Verhältnisses zu Deutschland zu bekennen Die mancherlei gemeinsamen Ziele der deutschen und eng lischen Politik im Orient, vor allem aber die unbedingte Friedfertigkeit, die das roehrkräftlge deutsche Reich auch in den schwierigsten. Lagen bewährt hat, lassen allmkh- lich das Gorod: von der deutschen Gefahr sluuichs werden Und damit ist zugleich der Bswilligungsei'fe. des ,^.n- ministsrs — in England nennt man ihn Schatzkanzler — und wenigstens eines Teiles der Regierung-Männer geringer geworden. Schatzkanzler Lloyd Georg«, der bisher seinem Kollegen von der Marin« Herrn Winston Churchill die größten Zugeständnisse macht«, hat schon vor einiger Zeit sich in «iner Unterredung, di« «r mit dem verin«t«r «ine« großen liberal«» Blatte» hatte, sehr energisch gegen «in« weiter« Steigerung der Flotten-Dungen aus gesprochen und etwa hundert liberale Parlamentsmitglieder stimmten ihm zu. Schon dadurch war es offenLar, daß in dir Negierung di« Einigkeit einen argen Stoß erlitten halt«. Inzwischen scheint «» krinemoeg, besser, sondern nur noch schlimmer geworden zu sein Mit den Meinung-verschieden Helten über den Au»bau der Flott« im nächsten Jahr«. Dpe Blatt Daily Telegraph, da» all«rdtng» ikonsevvattv, also oppositionell ist und da» natürlich di« Lage dm Regierung in den düstersten Fa"ben zu malen bestrebt ist, meldet, Wb' wir schon telegr. mitte Uten, di« Minungsverschiedenhetiten in der Regierung seien so stark geworden, daß entweder dm Schatzkanzler oder der Marineministest -urücktreten werde. Und da da» Blatt zu melden weiß, daß die meist«» Minister sich für Lloyd George, also für die Ers pa rn isse in der Marine erklärt hätten, so wäre natürlich Winston Churchills Rücktritt zu erwarten. Der Daily Telegraph ^weist auch bereits darauf hin, Churchill wolle eine neuePartei gründen. Das wär« ja nun für festländische, vor allem romanische Verhältnisse nichts neues, datz ein ehrgeiziger Parteiführer, der in einer alten Partei nicht auf seine Rechnung gekommen wär«, eine eigene Partei gründet. Aber in England bedeutet das einen Bruch mit dm uralt» Dradi. tion, die nur zwei Parteien kennt und di« auch durch di« Gründung der irischen Nationalpartei und dm Arbeiterpartei nicht wesentlich erschüttert ist. Denn die Iren und Arbeiter vertreten nur ganz «inseitig« Sonderinteresten, die «inen nationale, di« andern soziale, und ein« Partei, di« sich auf ein «inseitige» Sonderprogranvm festgelegt hat, gilt in Eng land nicht für voll und wird nicht al» regiqrungst'Lhig an gesehen. Ander» wäre e» aber, wenn ein Msann von der Begabung MNston Churchill» den Versuch machte, aus den Elementen, di« mit den alten Partei«» unzufrieden wären —> und es gibt solche genug in der konservativen wie in der liberalen Partei — eine neue Partei zusammenzu schweißen. Schon Winston Churchills Vater Randolph Chur chill hatte sich irr den achtziger Jahren« ab» Parteigründet »ersucht, er hatte eine Anzahl von extrem konservativen Politikern zu einer vierten Partei neben den Konse vativen, Liberalen und Iren, — Arbeiter gab es damals noch nicht — um !sich versammelt. Mer vor dreißig Jahren waren di« Parteien noch straffer organisiert als jetzt und nur seiner persönlichen Bedeutung verdankte es Randolph Churchill, wenn er wieder den Anschluß an die große konservativ. Partei fand und schließlich sogar Schatzkanzler wurde, «aus welchem Amte er — ein« seltsam« Ironie der Geschichte aus demselben G und« ai ÄschicL, aus dem jetzt Lloyd George seinen Sohn Winston okLLkrpsl und vielleicht Ausscheide.l aus dem Kabinett zwingt. Auch Randolph Churchill dra.rg als gewissenhafter Schatzkanzler auf Ersparnisse im Flotten etat, setzt« aber sein«» Willi«» Nicht durch und trat tzuvück. E» ist, wi« erwähnt, «in oppositionell« Matt, da» dies« Angaben« Wer di« schleichend« Krise tm englische» Kabinett in di« Oeffentlichkett bringt. Ab« daß tu der Regierung» Partei schwer« Unstimmigkeiten über di« Flotttnfrag, her schen, da» ist nicht zu leugnen. Und wenn auch der Riß noch einmal verkleistert wird, so ist «» doch eben nur ein« äußerliche Heilung, aber I«tn« inner« Gesundung d«r Partei. Man muß daher mit d«r Tatsache r«chn«n, daß in England in absehbarer Zeit di« Konse vativen oder — wi« 'le sich heute nennen, weil sie Anhänger der «ng«n vaw bindung von England und Irland und Gegner von Homerule find — Unionisten, ans Ruder kommen. Die privaten Detektivinstitute. (Von unserem Be-liner cS Mitarbeiter). Es ist allgemein bekannt, daß in den letzten beiden Jahrzehnten namentlich in den größeren! Städten sehr vi«le Privatdeiektivinstitute entstanden sind, und ebenso ist er be kannt, daß diese Institute sehr oft mit recht wenig einwands freien Mitteln arbeiten. In der neuesten Zeit ist wieder durch einige Vorgänge, so auch in dem Berliner Meineids prozeß gegen die Stenotypistin Hedwig Kunze, festgestellt worden, daß auf dem Gebiete der privaten Detektivinstitute schwere Mißstände eingerisfen sind. Man kann phn« weiteres behaupten, daß Liese Unternehmungen zu einem Krebsschaden in unserem öffentlichen Loben geworden sind — sie sind auf dem Gebiete der Polizeive-waltung und der Rechtsprechung da», was auf dem Felde der Mckizin die Kurpfusch« sind. Ein« Spezialität der Detektivinsti. stut« find di« Eheschetdungssachem Hiem habe» di« private» Detektive einen solchen Wirkungskreis an sich gerissen daß vor wenigen Wochen von der Reichstagstribün« herab behauptet werden konnte, e» gäbe schon richtige The- fcheidungrbureau». Mag dieser Ausdruck auch etwa» zu weitgehend gewesen sein, daß bei Ermittelungen von Ehe- scheidungsaffären die gröbsten Ungehörigkeiten Vorkommen, ist leide: nicht zu bezweifeln und schon oft festgestellt wor den. Männer und Frauen, die bei einer Ehescheidung in» Unrecht gesetzt werben sollen und vom denen -wohl di« meisten gar nicht ahnen, daß sie auf Schritt und Tritt vor. folgt werden, müssen sich di« Ueberwachung durch recht zweifelhafte Gestalten gefallen lassen, und oftmals sind e» die Beauftragten der privaten Detektivinstitute, die erst den rechtlichen Grund zur Ehescheidung herbeifülhren. Ehe männer sollen durch fein herausgeputzte Dämchen angelockt werden, die auf Tagesgelder angestellt sind und denen bet Gelingen ihres Auftrages eine hohe Provision in Aussicht gestellt wird, und nicht charakterfest« Ehefrauen, die viel- fticht schon lange unter einer traurigen Ehe leiden, sucht nan durch teure Diners und nobel herausstasfierte Herren ^u Fall zu bringen, durch Leute, die sich in da» Vertrauen oetörte» Frauen eurzusHmvichrln oe.sirhin und di« unter Worten des Mitleid» schon den Dolch der Vernichtung bot sich tragen. Selbst wenn man mit Frauen und Männern, und Herren — ich bin infolge meine- weitreichenden wegltch lieg«n. Aber dann schlängelt st« sich leise klappernd mitmachen? — Du «twa nicht? -- Nein, auf mich müßt Ihr Konnexionen bereit» in der bevorzugten Lag«, den Tanz im auf si« zu. Womit soll ich klappern? Mit den Zähnen! verzichten. Ich bin al» Grizzlybär herumgehumpelt, hab« Detail -u besch-eiben, ja. ihn theoretisch und praktisch ein-' rief «in vorwitziger Jüngling. Der Tänze- hat an Arm und mi'r al« Truthahn den -al» verrentt, mich al» Stachel» zustudieren! Da» kann di, löbliche Konkurrenz nich', davon! Beinen Kastagnetten zu befestigen, erklärt« der Misten-, die schwrin zusammengekugett; aus allen vieren krauche tchum seien Sie überzeugt! Di« löbliche Konkurrenz renommie t,, denken wir pn» jetzt auch. Vovwärtsschleichend plappert st« kein«n Prei». Man ist doch schltrßltch «in Menschs— Ab«, aber wir schlagen sie mit unseren Daten. Und die lustig« § Ich schleich« und klapper«. Aber di« Geschichte ist entschieden kein richtiger Tänzer bist du! — Zugegeben. Der Herr aber wir schlagen sie mit unseren Daten. Und die lustige! Ich schleiche und klappe«. Aber di« Geschichte ist entschieden k«in richtiger Tänzer bist du! — Zugegeben. Der Herr Klapperschlange ist ein« sentationrlle Tat! Der originellst,' unbequem! Wenn Si«'» mehrer« Mal« geübt haben, wird', Dvvl«r ist mir darin über. Gr wt-d ja auch wt«d«r dein entzückendste Lanz, den un» LmerGa talchert Hat — Boston,! Jhneu »in Spaß sti<u Sie stnd nun dicht genug HrraWö> Partner sein. —- M^st du ihn nicht lotden? — «ad- Fm cht von der Dame weicht und diese, als die Schlange ihr vorschliigt, di« Klapperschlangentänze zu erlernen, nach einigem Sträuben einwilligt. Es sind zehn verschieden« Figuren, L.e sie zusammen ausführen — zum Teil diffizile, seh- diffizil«, aber jede bezaubernd, herrlich, herrlich! Der schwärmerische Blick, den der Meister zur Decke hinauWandte, streifte da« Zifferblatt der Wanduhr. Leider müssen wir heute schließen, unsere Zeit ist um. Mer Si« haben wenig? sten» schon einen Begriff von der lustigen Klappe schlänge. In der nächsten Stund« we-den wir un» nur damit be schäftigen. Habe di« Ehre! Empfehl« mich! — Fritz Heideberg, der junge Lehramtskandidat, gekettet« sein Bärchen Lucie — e» war eine Bä«chenschaft dritten oder vierten G ade» — wie immer, von der Tanzstundermch — kommt hemvorgekrochen und stutzt beim An- verabschiedet, al» es grollend über sein« Lippen brach: Willst Die lustige Rlapperschlange. Humoreske von Georg Perstch. Machdr <s » rdoi».i ... De: berühmte Tanzlehrer kreuzte die Arm« überein- ihn herausbringt. Boschreiben Sie ihn uns doch bitte! j chen zuckte und zittotte. Sekundenlang starren sich beide an. ander, wie es große Männer in wichtigen Augenblicken zu tun lieben, und begann: Man kann es gewiß nickt als Uoberhebung bezeichnen, wenn ich sage, daß die Swtneren- den meiner Akademie eine Ausbildung par excelienee er halten. Nur das Erstklassige wird gelehrt und es ist mein Stolz immer uq to äktte zu «sein. Gr machte «ine Pause, damit sich der Beifall äußern könne, und die jungen Damen und He-ren, an die die Ansprache gerichtet war, Haschten auch sofort in die Hände und riefen B-aooi Wir haben, fuhr er dann fort, die neuesten Tänze jedesmal unverzüglich einstudiert, und dank Ihrem Fleiß, Ihrer Intelligenz, Ihrem Talent — von meinen Meriten lasten Sie mich be- scheiden schweigen — ist der Erfolg geradezu glänzend. Si« haben mir oft von den Triumphen erzählt, di« Si« gefeiert haben. Aber die» nur en passant! Der Zweck meine- Rede ist, Jhn«n «'was Erfreuliche» mttzutetlen: Amerika avisie-t wiederum »inen neuen Tanz! Ein allge- mettiea Ah! freudiger Ueberralchung. Sein Nam« ist — die^timm« bebte vor tnne-ltchen- Bewegung — di« lustig« Klapperschlange! Jetzt mußte er «tnhalten. d'e Zuhörer 'pracken zu laut und aufgeregt durchetnande- Erst nach aeraumer Weile konnte «r sich wieder Gehift veistbafen: Und was Sie vor allem intrresti«ren wird, meine Dam«n "One- und^Twostep, der humpelnde Grizzlybär, de kollernde ^ömnüen^^üuf^chritte^^^er^ft^n^väm^ntfärn^ . Truthahn, da« verliebte Stachelschwein können sich ihm nicht Da w . dies« aufmerksam, steht von d^n Buch auf, er- entfernt vergleichen. Ich bin stolz, daß meine Akademie die blick: Sie und erschrickt. Erschrecken Sie, Fräulein Heide erste sein wird, vielleicht die erste auf dem Kontinent, di«! berg! Zucken Sie zusammen, zittern Sie! Das junge Mäd- i eht.'n besonders d>e Damen. Aber unter strenger, ent-< Venzeihen Si«, Fräulein Heideberg, meinte Döbler, wenn sagender Diskretton! Sie wissen, die Konkurrenz liegt auf ich so unverschämt bin, aber es ist mir befohlen. Die der Lauer und kopiert und imitiert, wo sie nur kann. i Klapperschlange, dozierte der Tanzlehrer weiter, richtet sich Er rückte einen Sessel in di« Mitte des saalartigen langsam auf, gibt durch Bewegungen zu e-kennen, daß st« Zimmers, in dem sich die Akademie ve sammelte. Möchte'nichts Böse» im Schild« führe und fängt an zu tantzen. ein« der Damen gefälligst hier Platz nehmen? Sie wollten Di« Pas ein andermal! Sie dreht sich so lustig» daß die es sämtlich, aber das niedliche Fräulein Lucie Heideberg ' war am schnellsten. So, mein gnädige» Firäulein — bitt«, ga.iz nonchalant! Und nehmen Sie dieses Buch in di« Hand! Sie sitzen im Garten der väterlichen Haizienda in Texas cder Kentucky und lesen einen Roman. Er ist änße st spannend und Sie sind völlig vertieft in die Lektüre, hören und sehen nicht». Da naht di« Klapperschlange «iner der Herren, btt'«! Ist e» denn «in« männlich« Klapperschlange? fragte man. All«rdtng» «in« männliche. Die lustige Klapperschlange ist der Tänze-. Herr Döbler — ausgezeichnet I E» war da» gewandteste, geschmeidigste Mitglied de« Zttkel». Also die Klapperschlang« kommt au» dem Gebüsch, da» wir un» denken müssen, hevvorgekrochen. Nehmen St« «twa» mehr Distanz, Herr Döbler! Ducken S'e . . sich! Noch weiter herunter Sie müssen auf alle-' Vieren, Hause. Man hatte sich kaum von der anderen Gesellschaft kriechen! — -- kommt hemvorgekrochen und stutzt beim An- verabschiedet, al» es grollend über sein« Lippen brach: Willst blick der Dame. Ich stutze, sagt« Döbler und blieb unbr- du den neuesten amerikanischen Tanzblödsinn tatsächlich