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— Mittwoch» 24. Dezember 1913. Huer Tageblatt W Anzeiger für öas Erzgebirge «LZM mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsbla«. -Litz«««« ' «ML»«!»« «p-echchmöe »« «*b«ra»a ««t Ausnahme »rr «»»nage nachmittag« 4-S Uhr. - r.l,gramm.fl»r.ss», Lagrblatt fturm^grblrgr. f»n,spr»ch», SS. -»I»,,»». Jür uavrrlaagt »tagrsaa-t» Maaugript» kam» chrivLhr nicht geleistet «erdra. Nr. 2SS. Mittwoch. 24. Dezember IS1Z. S. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 10 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. DerLunnel am Harrasfelsen ist vollständig wie- derfreigelegt.fodaß gestern der «rstefahr- planmäßige Zug den Tunnel wieder passie ren konitte.*) » An Weihnacht»gab«n au« dem sächsischen KornSlumentag find bi, -um 22. Dqembe 382000Markzur Auszah'ung gelang. * Di« vom Staatssekretär D. Delbrück angereastn Ein«, gungsverhandlungen zwischen Kranken kassen und Uerz'en hab^n oe^r'n o^>"id ter S.unde zum Fri en gelnhr t.") Der Reichsanzeiger veröf entlicht das Gesetz übe d e D- r längerung des Handelsprovisoriums mit England. * Die polnisch« R e ichst a g s- F raki j o--r ist qen>en eine Mandatsniederlequng de» Grafen Mielzgnski, fall, da, Gericht die Ehrenrechte ihm nicht aberkennt.*) * Di« österreichische Delegation «müde nach der dritten Lesung der Beschlüsse mit begeister ten Hochrufen auf den Kaiser geschlossen. Nähere- ' ebe an anderer Ste^'p Politische Weihnachten 'n? Schwerer hats der Politiker, stch Mr Weihnachts- sttmmung zu erheben, al» der Prediger. Mag der Pre diger 'n unseren Tagen auch manche Hennn"nn und Störung erfahren, mag « auf Aoeifel rwV lvMAvh> lostgkeit swtzen: gerade an einem Fest wie Weihnachten wird er am wenigsten» davon spüren. Denn da» reiht mit seiner frommen Poesie selbst den Skeptiker lnnNer wieder einmal über die Flachheit de» Werktage» empor, und da» weckt selbst in kühleren Naturen einmal den lin den Hauch eine» würmeren Gefühls. Und zu der Ewig keit, an die das Fest erinnert, braucht schließlich jeder Mensch irgend eine Stellung. Gr wird sich ihr gegen» über, soweit er nicht völlig abgestumpft ist, stet» eine gewisse Ehrfurcht bewahren, an die der Prediger an knüpfen kann. Der Politiker aber hat» nicht mitl der Ewigkeit, sondern mit der Zeitlichkeit zu tun. Und die ist eng und nüchtern, voll rein materieller Sorgen, ist sogar armselig und erbärmlich. Wie ft» ML* dieser Stimmung heraus zu einer tieferen Weihnachts feierlichkeit kommen? Kann man mit der Politik an dem schönen idealen Fest Bessere» anfangen, al» sie mög lichst vergessen? Ihre Last und ihren Aerger sich ein mal ganz vom Leibe halten? Ja, Last und Aerger ge hören freilich nstbt in den Lichterglan- de» Weihnachts baume». Sie würden tief« schwarz« Schatten in alle Fest freude hineinwerfen. Aber der Feiertag ist doch auch nicht nur dazu da, alle Werktage vergessen -u machen, sie sozusagen auSzulvschen I Gr soll im Gegenteil in seinem Glanz auch unser Alltag»wirk«n der- klären, so daß wir un» in seiner stillen Ruhe auf -as besinnen, worin eigentlich Wert und Zweck all unserer Arbeit liegt. Er Will un» helfen, durch die rauhe Schale der Wochenmühe hindurch den edleren Kern zu fühlen, dem diese Mühe gilt. So sollen sich denn auch die glaubensfrohen Lichtster ne des Weih nachts- bäume-» .in Auge des Po'itike-ssiegeln. Und wenn er den Engelchor um das Bild heiligster Mutterliebe himmlische Harmoni m winden hört, iso mag er in ihn«n auch das Echo seines eigenen Wirkens mtt vernehmen. Denn wenn in der Mutterliebe alles Leben gipfelt, wie es aus ihr stammt, wenn auch «in Faust seinen bedeutungs vollsten und geheimnisvollsten Gang zu den Müttern unter nimmt, wenn die ganze Menschheit anbetend vor der heili gen DtM erlichkeit niede-sinkt, da darf auch der Politiker von sich sagen, daß seine Arbeit der Mu tt er gilt. Tausend Fä den schlingen stch tells mehr, teil» weniger sichtbar von allen Einzelpnoblemen der Politik auch zu diesem zentralen Pro blem des Lebens hinüber. Wo wir soziale Fürsorge tret- den, wo wir die Jugendpflege fördern, wo Mr der Polka- krankheil wehren, wo Mr gesunde Wohnungen bauen, wo Mr für di« idealen und religiösen Wette unsere» Bolktstums einireten und selbst wo wir mit guter Wehr und Waffen seine Ehr« und sein Eigen schirmen: immer steht im Hinter grund da» Bild der gesunden, lebenofrohen, charakterstatten Famili« als di« Urzelle de» gesamten Volksovganismu». Wie sehr sie der Quellborn aller nationalen Kraft ist, wie aus ihr alle unsere Zukunssthofftmngen letztem Ende» -» ruhen, da» haben un« di« erreg en Debatten über den Gebur tenrückgang und weiter auch die über den Gttbärstreik ge zeigt. W«nn» wirklich einmal so weit käme, daß di« deut schen Frauen da» rechte Gefühl für da« Glück der Mütterlich keit verlSren, dann wär« auch allem ernsthaften politischen Wirken der Lebensfaden abgeWritten. Dich «, dahin nicht kommen werde, dafür verlassen wir. un» aus den gesunden Sinn und das tief« Gemüt gerade der deutschen Natur. Durch Kampf mit Not und Sorge hat sich di« Mutt«rli«be mit sieg hafter, oft erstaunlicher Kraft immer M«der die Bahn ge brochen. Sie wird sich auch nicht unterkriegen lassen, wo oberflächliche Sinnenreize, leichtfertig« Vergnügungssucht sie zu verführen suchen. Arteilen wir nicht raschhin nach denen, di« stch aus allen Gassen sehen lassen, sondern nach denen, die in fleißiger Arbeit und häuslicher Stille ihr Werk tun und ihr Glück pflegen. And dazu mag da» Weihnacht »fest helfen. E» Mrd immer Meder befruchtend wirken auf da» deutsche Gemüt: «» Mrd immer wieder di« ganze Füll« tief innerlichen Glück«», frommsseliger Pottsst neu zum Bewußt sein bringen, di« auch im ärmsten häuslichen Kreise noch «oh- n«n kann. Famil ienglück und Mutterliebe, da» find Vie Sterne, di« der Politiker am Weihnachtehimmel der heiligen Nacht über seinem Voll« leuchten steht. St« adeln auch seine Arbeit. 2m Glashause. (Von unserem Berliner - Mitarbeiter.) Die Polen sind wieder einmal in gewaltiger Entrüstung, dem Kurve- Poznanski find einige Schriftstücke — ihre Echt heit vorausgesetzt — üffenba- durch Bertrauensmißbrauch auf d-n Redaktionstisch go'eg worden., aus denen nach An sicht der Polen unwiderleglich hervorgeht, drtz der herrsche Ostmarkenverein mit vollem Eifer daran gearbeitet habe, eine Aussöhnung zwischen Polen und Ruthenen in Ga lizien zu verhindern. Zwar liegt die Geschichte schon einige Zeit zurück, aber die. galizischen Polen Haben die will kommene Gelegenheit ergriffen, den Minister des,Aeuheren zu interpellieren, um dabei auch der preußischen Ostmarken- polittk, wenn möglich ein» auszuwischen. Di« Polen scheinen »er Ansicht zu sein, Gras Berchtold müsse die preußische Ne gierung scharf machen gegen dan Ostmarkenverein. Zwar geht au» den Schriftstücken, die veröffentlicht wurden, klar hervor, daß der Ostmarkenvereinganzuuabhängig von der Regierung feine Politik trieb, ober für die Polen stehr nun einmal fest, daß der Ostmattenverein eine Organisation lei, die stch bekanntlich eines bedeutenden Einflusses auch in den maßgebenden Kreisen Deutschland« rühmen dürfe Und deshalb suchen sie die preußische Negierung auch für die Tä tigkeit der Hakatisten verantwortlich zu machen und Wollen deshalb mit ihrem Ansinnen an den Minister offenbar «ine klare Stellungnahme unserer Negierung erzwingen. Daß di« Polen in Galizien gerade jetzt, da der Dlu - goszskandal di« polnische Wirtschaft Meder einmal in ihrer Blüte gezeigt hat, da» Bedürfnis fühlen, sich a's Hüter der österreichischen Monarchie gegen eine Einmischung von außen auftuspiestn, wär« begreiflich. And Man soll e» auch dem Grafen Berchtold bei uns in Deutschland nicht gar so hoch al» «ine Einmischung in deutsche Verhältnisse anrechnen, wenn er nun wirklich versucht, der Tätigkeit des Ostmarken- verein», wie es die Interpellation will, in Berlin entgegen- zuwirken. Denn jetzt, da di« ganze Regiermrgsmaschinerie ttr Cisleithanien stockt, wird man alles versuchen, wenigsten» die Po>en -e'. guter Laune zu schalten. Aber es sei doch die Ge genfrage erlaubt, wie wohl die österreichischen Polen stch ent« rüsttn würden, wenn die deutsche Regierung einmal bei der österreichischen über die fortgesetzten Treibereien der Polen jenseits der Grenz« anfragte? In Galizien, wo der gesamt« Berwaltungsapparat ttr den Händen der Polen ist, kann sich wohlveruaHrt, weil niemand außer ihr den Keller beehrte. Liese Hertmann stromerte, aber an diesem Tag« nicht auf den Feldern herum. Sie hockte im dunkelsten Winkel de« einstigen Ehampignonkellers und unterhielt stch in der Tstrspvachr. Di« war natürlich für di« Menschen absolut un verständlich. Aber die kleinen, hübsch gezeichneten sieben Hündchen, die dort um ste herumtappten, schielten ste gut zu verstehen. Immer wieder trollten sie sich der weichen, zärt lichen Mädchenstimme entgegen. Liese Hertmann hob mit weichen, geschickten Händen einen nach dem anderen in ihre Schürze, trug ste alle miteinander an das spärliche Licht de» dämmerigen Tages und brachte dann die Federpole in ihre rosigen Mäulercheu, die in einer Riesenflasche wohlig er wärmter Kuhmilch endete. Darüber verging natürlich eine geraum« Zett. Die blaffe Sonne verschwand vollend», und Die Wunäergabe. Humoreske von Käte Lubowski. t -!««»» » Wenn die Witterung, wie jetzt im Dezembe-, plötzlich umschlug, hörte der Rittergutsbesitzer Hertmann auf Ran dow ein bißchen schwer, weshalb er auch zu feiner ältesten Freundin und Nachbarin, der alten Amtsrä in Ferchner. deren Wagen vor der Rampe hielt, sagte: Sie müssen schon etwas lauter reden, Frau Nachbarin. Wir sind hier ja un gestört, denn meine Tochter stromert leider wieder drau- ßen Herum. Ste sollten die Liese wirklich besser erziehen I meint« die alte Dame darauf streng. — Möchten Sie mir da» «H gefälligst vormachen? Ich bin in dieser Sache rat los. Wie man einen verquäckten Acker in Ordnung kriegt, das weiß ich schon. Aber — meine Liese ist nicht zu bändigen. Die Mutter starb ihr zu früh. And dann, Fra» Nachbarin, von Ihrem Sohn« Hugo war es wirklich kein hübscher Zug, daß «r ihr die langjährig» Freundschaft auskündigte. Gr war der «inztge, der einigen Einfluß auf st« hatte. Nun stehe ich ganz verlassen da und weiß zuweilen nicht, ob ich über ihr« Tollheiten lachen od«r weinen soll. — Mein Sohn hat stch von Ärer Tochter leider zwölf Jahr« hindurch zu- viel bieten lassen. In der Still» wundert« ich mich ost darüber. Daß st» aber im vergangenen Winter, nachdem sie da» «lend« Raubzeug der Füchse auch au» unfern Fangeisen befreit«, noch gegen Hergabe ihre» Taschengelde» den alten Fotstgehilfen -u der nämlichen Schandtat bestimmte, daß st« — mit anderen Worten — meinen Sohn al» Herrn vor seinen Leuten lächerlich macht«, da» war mehr, al» sein« Freund schaft «'tragen konnte. Ich glaub«, er be'ritt nicht wieder Är -au», so lange die Littst noch unverheiratet ist. — Wird ihm denn wenigsten» da» Fernbleiben schwer, Arm» Nach barin? — Da» weiß ich wirklich nicht! Er war ja immer ein stiller Mensch Nun hat er neben der Wirtschaft sein, Freud« an dem jungen Obst, da» in dstsem Jahre au»ge- z^iä-mt geraten ist. merken wollte ste die» nicht lassen; denn ist« hatte ihrem Sohn di« Hand darauf geben müssen,jener durch nicht» da» Bitten um vergeLung zu erleichtern. Ihre Recht« fuhr zu dem Kopf der braunen Nellt herab, die regung-lo» am Ktzursttstuar lag. Ist di» Nelli etwa krank? Ne», sagst der alte Hertmann mtt einem mitleidigen Tonfall, sie muckt bloß mit mir, weil ich so barbarisch fein mußte, ihr die sieben jungen Sprößlinge forizuneymen, damit ste der alte Schäfer au» der wett schaffst. — Und da» hat die Litts« erlaubt? Er nickst bestichigt: Ja, denken St«, mit keiner Wimper hat st« gezuckt, al» ich den Befehl gab. Da» kann ich doch wohl a'r ein Zeichen der Besserung ansehen. Wenn dafür nur keine an- der« SlMrmrg gewachsen ist! «ntaegnest di« Amt»rättn nach denklich. Aber Herr Hertmann begleit« ste mit fröhlichem Lachen zum wagen «ich dienerst von der hohen T'vppe her- ab, so lange er »in Stückchen von ihr«m Gefährt «-blicken konnte. Daun erst schritt er seufzend in da» alte Herren haus zurück. E» mn doch wirklich «in Jammer, daß da» wilde Mädel dies« schöne, langjü-ttge Freundschaft und da mit natürlich auch den Ittmm, den er mit feiner Neuen Frwndiu im geheime» gesponnen, gerrtssm, hatte. Der alte Hertmann erinnerte «sich plötzlich an den Zweck diese» seltenen Besuche» und fragte hastig: Sie sind natürlich einzig herübergekommen, um nachzufragen, ob di« Ve sanb- tonnen für da» Dauerobst, die St« Ihrem Sohn zu Weihnach ten schenken wollen, noch nicht da find? Sie nickst: Freilich, war ich neugierig darauf, aber ungeduldig bin ich deshalb nicht. Ich wollt« bitten, daß Sie ste mir bis zum 24. De zember freundlichst verwahrten. Sonst sieht mein Sohn ste sicher doch verher, und die ganze Ueberraschrmg ist dahin. — Ich werde sie sehr gern unterstellen. Seien Sie ganz unbe sorgt. — Haben Sie Wittlich einen leeren, trocknen, sicheren Raum, Herr Nachbar? — Der alte große Keller, den meine Lies« im vorigen Jahr mit ihrer mißglückten Champignon zucht verwüstet hat, steht unbenutzt da. Er ist M Ihrer Der- füqung. — Die Rätin zögerte noch einen Augenblick. Sie die wogenden Nebel liefen wie gespenstische Riesen auf dem hoffst nämlich, daß die Nein«, wilde Liefe, dst ste genau so lieb! Gutshof einher. Zu solchen Zetten war di« wilde Liess Hevt- gehabt hatte wi« ihr Sohn, endlich heretnkommen sollte. Nur mann unbeschreiblich glücklich. Sie wußte ihr Geheimnis wochlverLahrt, weil niemand außer ihr den Keller beehrte. Zudem hing der Schlüssel dazu in ihre» Water» Schlafgemach, denn sie bedurfte solcher Hilfsmittel niemal». Sie hatte stch eigenhändig in «in schadhafte» Lehmfach «in« -schlau ver- deckst Oeffnung hinetngezaubett, durch welche ste jederzeit mühelo» rtnsstigen konnte, wie ste doch diese hilflosen, dem Verde,rben überlieferten Tier« liebte .... Lag darin wirk lich s» «in groß«» Anrecht, wie der Papa und ihr frühe-er Freund e» behaupteten? Ihr warme», sehnsüchtige» Her verminte «» auch in dittsom Augenblick; ober ste konnte «» doch nicht hindern, daß ihr plötzlich di« Tränen stromwris« über di« Wangen liefen. Al» ste vierundzwanzig Stunden später Meder zu ihren Lieblingen huschst, fuhr fst entsetzt zurück, wie kamen denn nur dtttfe keimen Tonnen hierher, dst in Reih und Glied in der Mitte de» Kelle-» prangst» 7 St« -ob dst Deckel, denen große Luftlöcher etngttschnttstn waren, und geriet in Gntzüchen. Ganz osttch und warm aus- gepolstert waren ste, und erschienen «st geschaffen für die ar men, frierenden Tierstin, dst zusammngeduckt artig in der mächtigen Holzkist« auf ste «attastn. Einen Augenblick dacht« st« nach, dann hob ste «in» nach dem anderen in die