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1 '«> - <"' '«»«WWWWl U!WW^»ßI U>.^.WWW Mer Tageblatt MW Myeiser Mr das erzgebirgr MFKW^KM mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt, au« p»0-nst-tt"°un» ^pr»chstun», -er n,»aktto« mit Ausnahme »er Sonntag» nachmittag» 4—s Uhr. — r,l»gramm-flSr»ss,, Lageblaü siueerz-rbirg». Jerufprech« SS. »«hm,» »«stilliu,,«» für unv»rlangt »ingrsan-t» Manuskript« kann SrwShr nicht g»l»igrt wrrS»». Nr. IS3. Sonnabenck, S. Juli ISIS. S. Jahrgang. Diese Nummer umsaht 18 Seiten. Außerdem liegt das achtseitige illustr. Sonntagsblatt bei. Das Wichtigste vom Tage. Die vierte außerordentliche LandeSshnode stimmte dem Entwürfe eines Kirchengesetzes über Kirchgemeinde verbände und dem Entwürfe eines Kirchensteuergesetze» zu?) * Ter Kaiser hat gestern in Kiel die vom BundoSrat am Donnerstag angenommenen Gesetze und An träge unterzeichnet; darunter befanden sich auch die Militär- und Steuervorlagen. * Der K r i e g s m t n l st er von H eering e n ist von s t nein Amte entbunden und alt S»e.le des zu riintretenden Generatse.dma.schal.» Eolmar von der Goltz zum Generalt nspekteur der zweiten Arineeinspektton in Berlin er- n a n n t worden?) * Die deutsch-soziale Partei hat gegen die Wahl N a u,n annö im Wahlfrei» Waldekk-Phrmont Prv- test eingelegt. * Bon, ganzen Kriegsschauplatz aus dein Bal kan wird von schweren und verlu st t eichen Kämpfen berichtet. Die Serben schreiben sich große Erfolge über die Bulgaren zu. Die Bulgaren konnten diese gestern nur zum Teil dementiere n?) Nähere« siehe an anderer Stelle. - - '' ' - — IM»- Mutmahliche Witterung am 8. Just: Westwinde, b.deckt, küh', zeitweise Rogen, schwache Gewitterneigung. Riel. 'G? Die Kieler Woche ist schon seit Fahren nicht allein ein sportliches Ereignis, sondern sie ist auch vielfach zu einem politischen Ereignis geworden. Am Ende der poli tischen Hochsaison gelegen, gibt sie den Monarchen Anlatz, das Fazit dieser Saison vor der Abreise nach Norden zu ziehen. Manche Veränderung in den höchsten Staatsäm tern, die die politische Entwicklung notwendig erscheinen ließ, wurde in Kiel zwischen den Regenten beschlossen; 1907 sah den Rücktritt des Grafen Posadowsky und de» Kultusministers Studt rasch nach der Kieler Woche; 1910 schied in den letzten Junitagen FreiherrvonRhetn- baben aus dem preußischen Finanzministerium. Auch dies mal ist eine solche auf unser innerpolttisches Leben einfluß reiche Personalveränderung zu verzeichnen gewesen, trotz der allgemeinen Befriedigung über die Annahme der Heere», und Deckungsvorlagen. Herr von Heering en isst, ob ¬ wohl er die Heeresvorlage ohne Abstriche unter Dach und Fach gebracht hat, aus seinem Amt« als Kriegsminister geschieden. Auch von Enadenbeweisen, die man als Lohn für die Vollendung des großen nationalen Werkes er wartete, ist bisher noch nicht viel gemeldet worden. Herr von BethmanmHollweg hat die Brillanten zum Schwarzen Adlerordcn erhalten. Hier und da kündigte man bereits den Grafen von Bethmann-Hollweg an. Aber wir glauben, der Kanzler hat diesen Titel selbst nicht «rwartet, noch we niger vielleicht gewünscht. Der nüchternen, sachlichen Art des fünften Kanzlers steht der Sinn nach Titeln und an deren äußeren Auszeichnungen nicht an. Das Ereignis der Kieler Woche war in diesem Jahre neben dem Ministerwechsel der Besuch des König» von Italien. Gerade in diesen Tagen äußerster politischer Zuspitzung der Balkandinge wird man diese Monarchenbegegnung, wenn es auch nur eine Begegnung auf der Durchreise war, nicht u» terschützen dürfen. Daß Mnig Viktor Emanuel den deut schen Kaiser in seinem Lande aufsuchte, ist das sichtbare Zei chen, für die bllndnistreue Politik, die Italien in den letz ten Monaten getrieben hat. Die Schwarzseher, die Italien nach den Erfahrungen Algeciras auch in der jüngsten Krise schon an der Seite de» Dreiverbände» sahen, haben unrecht behosten. Politische Interessen erwiesen sich wieder einmal stärker al» alle sentimentalen Neigungen der Lateiner in Rom zu den Lateinern in Part». Italien» Interesse wies e» an di» Seite der Oesterrrtcher; beide konnten keine Sla wen- und Grtechenherrschast in Albanien dulden. Und hätte Italien da» verkannt, und doch zum Dreiverband gehalten, so hätte es sich nicht beklagen dürfen, wenn Oesterreich die Sache allein gemacht hätte. Alle kulturellen und wirtschaft lichen Bestrebungen Italien», da» Albanierland abhängig zu machen, da» Albaniervolk mit italienischer Bildung zu firmieren, wären damit vergeblich, gewesen. So gab es für Italien in der Tat nur einen Weg, der an die Seite Oester reichs führte. Da wird auch in der italienischen Diplomatie doch der Gedanke aufgekeimt sein, wie! es um die österreichisch italienische Interessengemeinschaft stände, wenn nicht Deutsch land so oft den Mittler zwischen Wien und Rom gespielt hätte. Die» aller Welt kund zu tun, kam König Viktor Emanuel nach Kiel. Gemeinsam haben Kaiser und König des dritten Verbündeten gedacht und so die Festigkeit des Dundesverhättnisses zum Ausdruck gebracht. Daß aber der Dreibund noch nicht das alte abgespielte Klavier ist, das der Tschenfiihrer Kramersch in die Rumpelkammer verweisen wollte, das bewiesen die letzten Monate. Uebereitte Gesehmacherei. Was die Schnellgesetzgebung anrichtet, haben wir in den letzten Jahren mehrfach schmerzlich erfahren. Zu den anfänglich in aller Breite erörterten, in den letzten entschet- denden Stadien aber Hal» über Kopf zurechtgezimmerten Gesetzen gehört auch die Zwang-Versicherung der Privatangestellten, die der Reichstag in höchster Eile ganz am Ende der Legislaturperiode 1811 noch hinaus- warf .weil di« Parteien damit ein Agitationsmittel für die Wahlkämpfe gewinnen wollten. Als nun aber das Gesetz durchgeführt werden mutzte, stellte sich heraus, datz es für da» praktische Leben nichts taugte. Zumal die Zulassung von schon vorhandenen Penfionskassen als Grsatzkaffen neben den reichsgesetzlichen war so unklar bestimmt, datz allgemeine Enttäuschung entstand, als zahlreichen in großen industriel len und kaufmännischen Betrieben seit Jahren segensreich wirkenden Kassen die Existenzberechtigung einfach aberkannt wurde. Doch damit nicht genug. Jetzt zeigt sich auch, datz der Verwaltungsapparat so verzwickt konstruiert ist, datz er ganz unverhältnismäßig hohe Kasten verursacht. So stellt die Kölnische Zeitung fest: Einen nicht gerade trostreichen Ausblick in di« Zu kunft bietet der Haushaltplan für die Reichsversicherungs- anstalt für das Jahr 1913. Obwohl die Anstalt erst in der Entwicklung begriffen ist, sind für Verwaltungskosten doch nicht weniger als 1853 000 in den Haushaltplan eingesetzt. Davon entfallen auf die Besoldung de» Direk torium» und der höheren etatsmätzigen Beamten 125 000 Besoldung der übrigen, in acht Klassen eingeteilten Beamten und Beamtinnen 800000 Besoldung der vor- übergehend beschäftigten Hilfsarbeiter und Hilfsarbeite rinnen 230 000 -l, Besoldung der höheren Beamten de» Rentenausschusse» 11 »00 -l, für außergewöhnliche Hilfe leistungen (Ueberstunden) 38 000 -l, Gratifikationen und Unterstützungen 23 000 Tagegelder und Aufwandent- schiidiaungen der Beamten 80 000 ^l, Porto, Schreibmate rial, Miete ufw. 811800 Reisekosten und Portoaus- . lagen der Vertrauensmänner 158000 für den Verwal- ' tungsrat 10 000 >. Mr da» Bettragaverfahren, da» sich au» Ausgaben für Drucksachen und Karten, aus Ueberwa- chungskosten, Herstellung von Marken und aus den Kosten des Postscheck- und Wankverkehrs zusammengesetzt, sind 485 000 vorgesehen. Bet weiterem Fortschreiten der Anstalt wird natürlich dieser Haushaltplan nicht mehr genügen, sondern höhere Summen erfordern, die bekannt lich ohne «inen Zuschuß des Reiches ganz aus den Beiträ- gen der Angestellten und ihrer Arbeitgeber bestritten wer den müssen. Für das Heilverfahren sind 12 Millionen F. eingesetzt. Beinahe zwei Millionen allein für die Besoldung der Kassenbeamten, für Utensilien und Materialien, für Ta gegelder, Spesen usw., das ist reichlich viel. Die Kölnische Zeitung stellte daneben zum Vergleich den für das Heil verfahren ausgoworfenen Betrag. Fast den sechsten Teil dieses Betrages machen die Werwaltungskosten aus. Das zeigt doch, wie mangelhaft bei der Beratung dieses so- zialpolitischen Gesetzes der Betrieb gegliedert worden ist. Dabei fehlt es dem Reichstage wirklich nicht an Zett. Gut ein halbes Jahr pflegt er immer versammelt zu sein, aber da wird Wochen hindurch über die fernsten Dinge geredet, ganz« Reihen von Sitzungen werden nutzlosen Jnterpella- tionen gewidmet, damit agitatorische Reden zum Fenster hin aus schalten werden können, aber die Gesetze, die der Reichs tag selbst macht, ermangeln oft der gründlichen Durch arbeitung. Der Sensationsfil^r. Skizze von A. ThuMndt. Änchdru« v«.b»i«n.> Ich weiß nicht, was das mit Ihnen ist, Herr Sötebronn, sagte der Direktor ärgerlich, Sie hätten auch wirklich etwas anderes wie kurbeln lernen sollen. Sie verpatzen mir jeden noch so gut und von der Regie Vurchgearbeiteten Film. Die glückliche Hand fehlt Ihnen sozusagen. Ich habe Ihnen doch wahrlich oft genug Gelegenheit gegeben, Ihre Talent« zu beweisen. Der heutige Auftrag wird darüber entscheiden, ob Sie noch länger für Unsere Gesellschaft arbeiten. Endlich reißt einem doch die Geduld. Oder ist da» heute vielleicht kein dankbarer Auftrag, den berühmten Dompteur Johnson mit seinen Bestien filmen zu können? Zum Donnerwetter, reißen Sie doch mal Ihr kleine» Können zusammen und liefern Sie Und eine Sensation, um die uns die jKonkur- renz giftig wütend beneidet! Denken Sie sharan, daß e» sich um Ihre Stellung handelt. Guten Morgen. Der Opera- teur Sötebronn verließ noch gebückter al» sonst mit seinem Apparat da» große Ateliergebäude. Mm hätte meinen können, daß dieser bleiche, Müde Mann sein« Kündigung be reit schriftlich in der Tasche habe; so -Usammengsbrochen machte er sich für seinen neuen, vielleicht seinen letzten Auf trag auf den Weg. Wa» war da» nur? Seit seinem Ban- kerott in der westfälischen Kreisstadt, seit dem fast gleichzei- itgen Berschwinden seiner Frau, «ar er ein anderer gewor den. Wenn er daran dachte, datz er einsten» dir silbern« Medaill« für sein« photographischen Leistungen erhalten hatte, mußte er über sich selbst lachen. Jetzt riß ihn einzig und allein die Angst gitternd zusammen, daß ,r vielleicht in fünf Wochen dem Nicht» gesenüberstand uitd sich nach einer anderen vrotstell« verzweifelnd umsehen mußte. Wie ent- setzlich da» in der Großstadt Berlin war, wußte er leider zur Genüge; da» fehlende oder doch auf jeden Fall nicht allzu glänzende Zeugnis seine» jetzigen Direktor» würde mich sei nen Teil dazu beitragen, seine Lage zu verschlechtern. Ja, er wollte die Zähne zUsammenbeißen, sich noch einmal sei ner alten Erfolge Mnnern, Meder ganz stegesgläubig der Zukunft sntgegensehen. G» Muhte ihm eben gelingen! Im Zirkus erwartete man ihn schon, da sein Besuch von der Film-Gesellschaft auf 12 Uhr mittags angesetzt war und dle Artisten es gewöhnt sind, di« Zeit ihrer Arbeit mit der Minute anzutreten. Man hatte den großen Vorführungs käsig wie abend» in der Manege sorgfältig aufgebaut und in der Deckenkuppel verschieden« breiteLuken geöffnet, so daß die volle Tageshelle leuchtend in die Mitte de» weiten, sonst dämmerigen Raum«» 'siel. Sötebronn richtete mit be- sonderer Sorgfalt seinen Aufnahmeapparat zUrvcht Und wie» ctnen älteren Stallmeister an, den Dompteur zu vsranlas- s«n, mit seinen Tieren zu erscheinen. Gin lauter Psisf — und herein stürzten vier Löwen, drei Tiger und ein Gis bär, gefolgt von einigen prachtvollen dänischen Doggen und dem peitschenknallenden Johnson. Sötebronn» Hand griff schon nach der Kurbel, ließ st, aber jedoch gleich wieder sin ken. Er fühlte, wie bleich er geworden war Und wie heftig seine Knie zitterten. Der Stallmeister lächelte überlegen, da «r die plötzlich« Veränderung de» Photographen einzig dem Erscheinen der wilden Bestien -uschrieb. Al» ob dies« festen Gisenstäb, jemal» mit roher Gewalt von innen aus- ttnandevzubringrn oder gar zu -erbrechen gewesen wären! Gin« Täuschung war ganz ausgeschlossen. Diesen Mann Latte Sötebronn unter HUndetttausenden sofort wieder er kannt; so einzigartig charakteristisch war ja seine Herrscher- grberd«, Ml der er jetzt die sich duckenden Raubtier« *n eine Gck, scheucht«, mit der er «inst einem gewissen Photographen in einer -«wissen westfälischen Kleinstadt di« Ehefrau nahm. Wer weih, in welchem Spitak er sie sterbend zu rückgelassen hatte, er, den seine Engagement« niemals länger als vier zehn Tage an einem Orte hielten. Mir jenen gab es keinen Unterschied zwischen seinen Tieren und Frauen. Und die Leidenschaft einer wahnsinnigen Rache stieg in Sütebrunn auf, in di« sich noch da» ehrgeizige Verlangen nach einem niemals dagewesenen sensationellen Film mischte. O, der Direktor sollte daran seine Helle Freude haben! Sein Mei sterstück würde sich schnell genug herum sprechen. Eine an dere Gesellschaft würde ihn für da» doppelte Gehalt weg engagieren. Ja, aber wa» ist denn eigentlich los? ward d«r Stallmeister schon ungeduldig: War der Auftritt Nicht rich tig? Soll Mister Johnson noch «inmal beginnen? Ja, ja, noch einmal beginnen, stotterte Sötebronn ganz verwirrt. Da» Licht ist auch noch nicht gut. Di« Tiere Müssen noch mal hinaus. Der Herr DompteUr freundlichst ebenfalls. Und damit hatte sich schon für ihn di« Kette söiner sich hetzenden und schon wieder verworfenen Entschlüsse unwi derruflich geschlossen. Auge Um Auge, Zahn um Zahn! stöhn, te es dumpf Und dumpfer in ihm. Mit unheimlicher Ge schwindigkeit, über di« selbst der Stallmeister stutzig wurde, hatte rr an drei verschiedenen, voneinander -temsich wett entfernten Stellen de» großen, runden Gitterkäfigs Magne- stumpatronen angebracht, sie mit einem dünnen Draht elek trisch verbunden, v nd auf die Mage eine» zufehenden Elowns in Zivil, üb sich denn di« Mester nicht bei der Explosion er schrecken könnten, «in sehr beruhigende» Iwo zur Entgeg nung gehabt. Wieder etn Pfiff, und -um -weiten Mal« rast« di« wild« Jagd, staubaufwirbelnd, vor ihrem Herrn »kn di« Manege. Sötebrunn kurbelte eifrig drauflos, ermuntert« den Domp teur, der ihn bisher noch keine» Blicke» gewürdigt hatte, mit Ausrufen wie: Ausgezeichnet! Bitte, etwa, langsamer in d^n Bewegungen! Sol Brillant! GarH famos! und nahm