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>. d«ch on f»r, >au» m»i>,tUch /luer Tageblatt M Mnzeigec für -as erzgebirge MMWR mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsblatt. ep^hfdmö« Ser «eSaktioa mitMwmchm, der Sonntage nochmlaag» 4-S Uhr. - Telegramm.flSr.ss», Tagebla« flunrsgeblrge. r-nfprecher SA. °>.°°> Nakak -A»M rar onverlangt ^ngesanSt. vlflnassrlpt, kann SewShr nicht geleistet «er»«. Nr. IIS. Zreitag» 22. Mai 1914. 9. Jahrgang. c, n e ll » » l i. k k Diese Nummer umfaßt 1V Setten. Das Wichtigste vom Tage. Das Luftschiff L. 3 ist gestern früh in Fried- rtchshafen zu einer 36stündigen Fahrt auf. gestiegen, deren Ziel Johannisthal ist. * Der Aufstand in Portugiesisch-Kongo dauert an. Tas Dorf Molkt wurde vngegrsliffen, wobei acht Personen getötet und mehrere ver wundet wurden. * In Niragarafalls haben am Mittwoch die Un terhandlungen mit den mexikanischen Jrtedensdelegierten begonnen. * Essad Pascha hat ein Schriftstück, in dem er sich verpflichtet, seine Verbannung einzuhalten, un terschrieben. Er ist in Brindisi eingetroffen.*) * Da Juanschikat sich von seiner Leibgarde und sei nen Freunden bereits jetzt ganz öffentlich Kai ser nennen lüßt, so erwartet man, daß ein Staatsstreich des Diktators unmittel bar bevorsteht. n Nähere« siehe an anderer Stell«. 7W- Mutmaßliche Witterung am 23. Mai: Schwache L-ftb-wegung, sonnig, heiter, warm, trocken. Die Zukunft Oesterreichs. Bei unserem Drel'lbundnachbar sieht es zur Zeit einmal entmutigend aus. Die Stillegung des Par laments und die Krankheit des Kaisers be schränken die Tätigkeit des Staatswesens auf das not dürftigste Minimum. Und üm das Elend voll zu machen, werfen einige Skandalaffären grelle Schlaglichter aus den Nationalitätenkampf, der dadurch auf seinen wüstesten und häßlichsten Schleichwegen ertappt w-trd. Die Veröffentlichung der hinterlassenen Papiere Kaizl», der sein Amt zur systematischen Glawisierung der Per- Wallung mißbrauchte und schließlich sogar In Verbindung mit dem jetzigen böhmisch«! Statthalter, dem Fürsten Thun, an einen Staatsstreich zugunsten der Tschechen ge dacht hat, gibt einen Begriff von der üblen Situation der Deutschen in Böhmen. Der Polizeispitzel Sviha, dessen sich die Prager Staatspolizei bediente, ist ein typischer Vertreter des altmodischen Systems, mit dem auch heute noch in Oesterreich gegen politisch Verdächtige vorgogangen wird. Wir hören von Verletzung des Brief geheimnisses, Bestechungen und anderen Mitteln, die an Omars erster Weg. Erzählung von Marti« Proskauer. NachdMI verdien Die Wr des großen Rlaubtiechauses siel zu, -der Wärter drehte den Schlüssel herum und ging mit schlürfen den Schritten Über den sandigen Wag davon. Dämmer licht füllte die Halle des Hauses, in dem an beiden Längs seiten die großen Käfige lagen. Fm vordersten stand Pascha, der alte Löwe, preßte den dicken braunmähnigen Kopf an die Gitterstangon und starrte mit glühenden Augen hinüber nach der anderen Seite, «oo Simba, die Löwin, mit ihren drei-'Jungen lag. Pascha tmt zurück, reckte den schmalen biegsamen Lew, daß sich an den Hinter schenkeln di« Muskeln, spannten, und brüllte. Wie Donner rollte der Ruf durch den Räum, schwang sich durch die Mauer ins Freie und-klang durch die heiße atemlose Som mernacht in die anderen Käfige und Ställe, und alle Tiere ringsum Mischten auf den Schrei der Wickdni», auf di« Stimme der Heimat. Siimb». di- Löwin, sprang auf, daß ihre Jungen durcheinander rollten^ streckt« sich und schmiegte sich an das Gitter. Langsam verhallt« Pascha, Schrei, wie abaiehendes. Gewitter grollten Vie dumpfem Töne, dqnn setzte in allen Käfigen ringsum Mauchen und Kreischen, Knurren und Brummen ein;» « war, al» oh eine gewaltige Stimme alle Tiere geweckt hätte. Di« Kinder der Löwin waren, in ein« Ecke getrollt, sie wußten, daß jetzt ihre Mutter ruhelos die Nacht hindurch am Gitter hin- und herschreiten würde, unaufhörlich, auf und äh, den .Kopf nach den beiden glühenden Augen dort drüben gerichtet, bis der Morgen Ham und alle Tier« in ihre Schläfrigkeit zurUckNÄem Hassan und vuW-i, die beiden kleinen der drei Jungen, rollten sich tim Stroh in der Eck« zusammen und Missen, eng aneinander gedrückt, ein.» Nur Omar, der größte, ckief an der Bretterwand auf und ab, wir er «s von se'-'ner Mutter gesehen hatte; und wenn! die Zetten Napoleons und Metternichs erinnern. Die Af färe Mangva trübt einmal wieder die ungarisch-rumä nischen Beziehungen. Das Durcheinander ist heillos wie nur je. GS könnte das Wasser auf die Mühlen der Poli tiker sein, die dem österreichisch-ungarischen Kaiserreiche überhaupt die bleibende Existenzberechtigung absprechen. GS gibt ja Viole Leute, di« am liebsten die ganze Karte Europas nach Raffen- und Sprachunter. schieden revidieren möchten. Nach diesem einfachen Rezept könnt« man die Deutschen Oesterreichs an das Deutsche Reich angltedern und die slawischen Bestandteile den Slawen überlassen. Das ginge ja auch, wenn es nicht außer den genannten Unterschieden noch sehr viele an dere gäbe, die in der Politik bedeutsam sind. Da sind vor allem die wirtschaftlichen- und Kultur-Interessen zu nen nen. Eine Zerteilung Oesterreichs nach dem nationalen Prinzip wäre für Deutschland und ganz Europa ein schwerer Schlag. Für Deutschland zunächst aus dem wirtschaftlichen Grund, weil uns nur die Einheit Oester- reich-UngarnS ben Wog über den Balkan nach Klein asien offen läßt, wo wir bereits so große Kapitalien fest gelegt haben. Europa aber würde es wohl zu bedauern haben, wenn an Stelle der herrschenden deutschen Kul tur in den slawischen Gebieten Oesterreichs die niedri gere slawische zur Herrschaft käme. Das bekannte Wort, daß man den österreichischen Staat erfinden müsse, wenn er nicht schon da wäre, gilt auch heute noch. Allerdings, bei den jetzigen Zuständen kann es nicht bleiben. Hier werden die österreichische Regierung und die österreichischen Völker über kurz oder lang endlich einmal die Energie aufbringen müssen, di« po litische Organisation von Grund aus zu reformieren. Bei dem jetzigen stets wiederkehrenden Gehemmtwerden des ganzen Staatslebens, muß Oesterreich-Ungarn auf die Tauet in sein ex wirtschaftlichen Kraft -uvückkommen, daß es sich nicht astf d« Höhe der übrigen europäischen Kulturstaaten hatten kann. Diese Härte Notwendigkeit wird vielleicht die erforderliche Energie endlich einmal auslvsen, die hurch die bloße Einsicht im politischen Le ben leider Men geweckt wird. Häufig wären es schwere kriegerische Verwickelungen, welche den Völkern und so auch den vesterretchern di« Schwungkraft zu weitgrei fenden inneren Reformen gaben. Es kann aber auch Situationen geben, di« ohne Krieg kritisch genug sind, um entscheidend« Schritte zu veranlassen. In Weit schauenden Denkern, denen die Schäden der österreichi schen Verfassung nicht nur Gtudienobjekt, sondern auch Anlaß zu wirklich brauchbaren Reform-Vorschlägen wa ren, hat es der österreichisch-ungarischen Monarchie seit ihrer Abtrennung vom deutschen Reiche nicht gefehlt. Bon der Einführung des allgemeinen Wahlrechtes hoffte man eine Ueberwindung der nationalen Gegensätze. Daß das ein« Täuschung Werden mutzte, ließ sich aber Vor ausschau. Denn da weder die Deutschen noch die Un garn in ihrem Machtbereich über die absolute Mehrheit er in-dis Ecke kam, wo seine Brüder lagen, setzte er mit einem kleinen lautlosen, Sprung darüber weg. Omar «ar drei Monate alt, ein kleine» dunkelgelbes Lier, dick, mit wolligem Fell. Gr mar der Liebling der Kinder, wenn er nachmittags aujf dem eingezäunten -Rasen fleck draußen im Garten hevumlief und immer wieder mit unwilligem Knurren di« Versuche abwehrte, ihm Bonbons oder Kuchen in den Mund zu stecken. Omar lief hin und her. Er dachte daran, was seine Mutter, die Löwin, ihm von der Wüste erzählt hatte, der weiten, endlosen, heißen Ebene, Über di« Antilopen und Zebra« trabten, und wo man frei und ungehemmt streifen und jagen konnte. Er wußte nicht, was Antilopen stich,,er war im Kjäftg ge boren und kannte »Mr seinesgleichen und Menschen,; er wußte auch Nicht, daß-er, wenn er größer war, an eine Menagerie verkauft werden würde und lernen mußte, durch brennende Reifen zu springen; durch, seine täppische Jugend hindurch brannte bereit» das Blut der Eltern, di« noch in der Wttdnft-gelebt und geherrscht hatten. Und er streckt« sich in stnem dumpfen jungn Kvaftgeftihl und mochte tm Dunkeln einen weiten Sprung, der ihn bis vor die Mhe der rastlos wandernden Löwin warst Die Alte fegt« ihren Sprößltng mit einem unwilligen Hieb der Pranke au» dem Was, daß-er bi» in die Hintere Ecke zuvückslog. Erschreckt und 'leise miauend, lag Omar da, er fürchtete sich vor der Mutter und kroch tiefer in das Stroh. Al» er sich «an Ü'e Bretterwand schmiegt«, sMlte er «inen freien Räum. Gr -mängt« den Keinen Kopf Wischen die Planken, die tapsigen Dorderpranken folgten nach, und plötzlich stürzte Omar, der kleine Löwe, au» den» Käfig -erau». Er fiel auf harte kalte Fliesen und blieb entsetzt liegen. Rover sich hört« er da» Schreiten der Löwin und Rascheln tm Stroh. -Langsam raffte er sich auf, kroch unter dem Käfig hervor und faß plötzlich, von einem Mondstrahl hell beschienen, al» kleiner gelber Fleck mitten aus dem breiten steinernen Gang, de, sich -wischen dm Käsigen htnzog. Ringsum starrten und funkelten aus verfügen, kann das allgemeine Wahlrecht die Schwierig- kett für sie nur vergrößern. Da sich andererseits aber auch eine Rückwärtsentwickelung der Verfassung in un seren Zetten nicht Muhen läßt, so bleibt nur die Möglich- § keit, noch Wetter zu modernisieren, indem man das allge meine Wahlrecht mit dem Proportionalverfahren ver bindet. Aus diese Weise kann auch dm nationalen Mi noritäten zu einer verfassungsmäßigen Vertretung ihr« Interessen verhalfen werden. Und nirgends ist eine Be rücksichtigung von Minorttätswünschen nötiger, ab» wo «S sich um so tiefwurzelnde und unausrottbare Inte ressen wie bei nationalen Eigenarten handelt. Dies« Modernisierung wäre unzweifelhaft auch ein siche res und gerechteres Mittel, al» die Klertkalisie- rung, an die der derzeitige Thronfolger zu denken scheint, denn der starke "protestantische Kultureinschlag würde bei einseitiger Bevorzugung des slawischen Katho lizismus nur zum Schaden der österreichischen Gesamt kultur unterdrückt werden können. In konfessionell ge mischten Reichen mutz man sich nun eben einmal Mit der Tatsache abfinden, daß die religiösen Bräuche und Vor stellungen kein EinigungSband mehr sein können. Reichstagsschluß. X Kehraus im Reichstage! Trotz aller Anstrengungen war man am Dienstag mit den Beratungen nicht zu Ende gekommen. Erst am Mittwoch sollte der Etat verabschiedet werben. Bereits um 10 Uhr vormittags versammelten sich die Reichsboten, um zunächst in wiederholter Abstimmung die von Schulz-Bromberg für unzulässig erklärte Strei chung des sechsten Roichswnwalts zum zweiten Mal durch- zusetzen. Hatte am Dienstag die Gosetzesmaschine förmlich gerast, so geriet sie am Mittwoch hin und wieder ins Stockem. Zwar wurde der Etat in Geffamtatstimmmng gegen die So zialdemokraten angenommen, als man aber auch die -weite Lesung der Militärgesetznovelle im Handumdrehen -u er ledigen trachtete, machten Dr. Müller-Meiningen (BP.) und Stadthagen (Sog.) einen! Strich durch diese Rech nung. Der fortschrittliche Führer ,gvb die Erklärung ab, doch seine Partei durch die mangelhaften Dispositionen der Re gierung in di« Notlage versetzt worden sei, die Regierungs vorlage anzunehmen, wenn anders die Novelle nicht schei tern sollte. Die Fortschrittspartei lehne ober jede Verant wortung Mr die Folgen der Regierungsvorlage ab und werde in Verbindung mit den Mchcheitspartelen tm Herbst aus dem Wege gesetzgeberischer Initiative mehr zu erreichen suchen. Nachdem Dr. Müller-Meiningen dann nochmals Mr eine Milderung wenigstens des FochnenWucht-Paragra- phen (8 72) «itzgetreton wär, überließ er das Wort dem Genossen Stadthagen (Sqz.), der den Rmfall aus der ganzen bürgerlichen Linken konstatierte und mit Donner stimme verlangte, daß man endlich den Militarismus zur Kapitulation bringe. Sehr beachtenswert war dann Vie Erklärung des Zentrumsmannes Fehrenbach, der die der Finsternis grüne und gelbe Augen autf den kleinen Löwen, dem vor Angst kaum zum Bewußtsein, kam, daß er aus Käsigen entronnen war. Aber Pascha, «er alte Miihnenlöwe, sah das Jungs dort frei sttzeis, Zorn und Neid und gefessslte (Kraft peitschten ihn äust utzd er wMf sich gegen die eisernen Stangen, daß sie klirrten, und brüllte; der kleine Omar sprang entsetzt auf und lief den Wog entlang zur Mr, wo ein winkliger Ausschnitt Mr die 'Katze mar, der auf der Mäusejagd der Weg offengelassen wer den sollte. Er kroch unter der Tür durch und sah nun vor dem Raubtierhaus Üm Freien.. Ringsum war alles leer. Dio Kieswege glänzten im harten, weißen Licht des Mondes -wüschen den schwarzen Schatten der Bäume, die Dünste der Vere und der Ge ruch der Blumen verbanden sich zu einem heißen fremd artigen Gemisch das die Lust der glühenden Sommernacht aufreizend und seltsam durchzitterte. Der kleine Löwe stand auf, streckte sich und sich sich unsicher schnüffelnd um. Der Geruch und die Einsamkeit machten ihn irre; aus den Häusern und Stallungen ringsum klangen fremde drohende Geräusche. Drüben von den dicken Holggtttern her dröhnte da» ungefüge Schnaufen de» alten Bisonbullen, der durch die Nacht seine» Gehege» trabte. Hirsche klapperten mit den Geweihen an den eisernen Stäben, dsm Schrei der Wassevvögel antwortete der schrille Ruf eines Kranich», der mit brünstigen Sprüngen in seinem Käfig uMHerllvf. Omar setzte sich aijf den Kies und versuchte, sich zurecht- zufinden. Seine Nase fand im Strom de» lauen Winde», der über ihn fortstrich, den Dunst seiner eigenen Rässe heraus. Langsam drehte er den dicken Kopf zumRaub- ttevhau», au» dam dumpf und knurrend die Stimmen von Tiger, Leopard und Löwe durcheinanderklangen. Wer er ging nicht zurück. Er empfand, da» er au» Gefangenschaft und engen Schränken entkomm»« «ar, sprang mit einem täppischen Satz noch vorn und trabte den Weg «ntläng. Instinktiv, uralten Gefühlen der Selbstverteidigung ge horchend, hielt er stch im Schatten der Wegränder, fttzte