Volltext Seite (XML)
/luer Tageblatt Anzeiger für öas Erzgebirge AMD mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsbla«. «pnchstunoe Ne»«»««« mit Ausnahme »e, «onniag» nachmittag, 4-S Uh». - T'l.gramm-M.ss,, Lag,bla« flu,ttzg,blrg». s»rnst>r,ch», SS. ».n» />' ra» unverlangt Ung»so«»tt Manuskript, kann bewahr «tcht geleistet «,»»«,. mänuM MM Nr. 144. Donnerstag, 2S. )uni 1S14. S. Jahrgang. Diese Nummer »mfaht 8 Seite». Das Wichtigste vom Tage. In Gegenivart des Kaiser- wurde der erweiterte Kaiser-Wtlhelm-Kanal feierlich «tnge- weiht.*) Herzog Georg II. von Meiningen ist in der vergangenen Nacht in Wildungen gestorben.*) * Der Entwurf eines Etsenbahnhastpflichtgese- tzeS wird dem Reichstage voraussichtlich bei seinem Wiederzusammentritt vorgelegt werden. Die Meldung, daß der preußische Justizminister Dr. Baseler von seinem Posten zurücktreten werde, entbehrt jeder tatsächlichen Begrün dung. In Paris hatte ein Streik der Briefträger den gesamten Postbetrieb lahmgelegt. Am Mitt wochabend ist die Arbeit wieder ausgenom men worden. ' I ' ° » V« König von Serbien hat für die Zeit seine» KuraufenthalteS in Vrantskabanja dem "Kron- Prinzen Alexander die Regierung über- tragen.*) m NLtna a» »na«. Mutmaßliche Witterung am 2«. Juni: Siidwest. winde, wechselnde Bewölkung, etwa» wärmer, Win erheb- kicher Sliederschlag. 'M*: Die Wacht am Rhein in Nlagenfurt. V Während der Anneziomskries« fangen tschechische Soldaten, die -um Kampf« gegen di« Serben bestimmt waren, da» slavtsche Kampflied: Hey Slovan«! In der jüngsten Balkankrts«, die ja noch keineswegs zu Ende ist, mußten dalmanttnische Gemeinderäte aufgelöst wer den, weil sie mit den serbischen Brüdern liebäugelten- In der Nacht zum SS. Juni aber sangen Hunderte von Deutschen auf dem Klagenfurter MarVplatze die Wacht am Rhein, um im deutschen Liede gegen die von den k. k. Behörden geförderte Slawtsierung de» Kärtnerlandes ihrs Stimmen zu erheben. Schwerlich wird aber dieser mitternächtige Sang aus dem Klagenfurter Marktplatz die Kanzleien der Wienerstadt in ihrem gesunden Schlaf stören. Wenn das russische Spionen- und Spitzelwesen zu arg wird, dann fährt ja auch die schwarz-gelbe Büro kratie einmal auf und schlägt drein, manchmal auch da neben. Aber das einzige wirksame Gegenmittel gegen die Vergiftung der Grenz lande mit russischer und serbi scher Propaganda, die Stärkung des Deutsch, tum», finden diese HeiMnstler nicht in ihrer Apotheke. Und wenn sie es finden, dann dünkt es ihnen vielleicht, als sollten sie den Teufel durch Beelzebub austreiben. Denn Leute, die die Wacht am Rhein singen, die sind doch einem k. k. Ministerialrat höchst verdächtig der Hinneigung zum Reiche. In der Tat haben ja anfangs nur die radikalsten unter den Deutschen, die um Schoenerer, die Wacht am Rhein anlestimmt, wenn sie ihrer deutschen Gesinnung. Luft machen wollten. Sonst war Deutschland, Deutschland, über alles, das Trutz lied auch der Deutschen in Oesterreich, und die Schoens- revleute mochten es nur nicht, weil die Hehdensche Weise sie in Verdacht bringen konnte, si,e sängen das Gott er halte Franz den Kaiser. Eine unersvrschliche Regierungs weisheit hat es glückliche fertig gebracht, daß das ge samte liberale und nationale Deutschtum -wischen Al pen und Sudeten Schneckenburger» Lied singt; die Deutschbühmen wie di« bisher in national«: Fra gen wett gemäßigteren Alpendeutschen. Dem: al» eine Kundgebung der Mlpendeutschen stellt« sich jene Nachtszene in Klagenfurt dar. Sie bildete den Au»klang eine» deutschen Bolkstage», der deut sche Männer au» allen Alpenländern nach der Haupt stadt de» Kärtnerlandes führt«. Zn Kärnten wird eben ein ganz planmäßiger Glavisterungsfeldzug geführt, des- sen Vorposten leider vielfach die Geistlichkeit ist. Nicht nur wurden slovenische Geistliche au» dem ja fast gänz- ttch flavisierten Krain nach dem immer noch weit über- wiegend deutschen Kärnten vorgeschoben, selbst au» Böh men holt« man sich tschechisch« Geistliche unv setzte sw in deutsch« Pfarreien. Und nach der Kirch« folAe die Schul«. Dio Regierung aber, di« Hunderte von Millionen ausgibt, um die Reichsgrenze von der südslavtschen Flut fveizuhalten, sieht tatenlos, wie diese Flut im Reich« selbst die deutschen Eckpfeiler der Monarchie langsam, aber sicher aushühlt und zum Sturze bringt. Di« Zeiten sind ja längst vorüber, da in dem österreichischen Beam tentum noch der Geist de» josephinischen Einheitsstaates, wenn auch nicht der joschchinischen Aufklänmg lchte. Heute Whlt auch ein großer Teil der österreichischen Bü rokratie in erster Linie national: tschechisch-natio nal, sloden 1 sch-national, polnisch-national, und so fort, nur nicht deutsch-national. So wurden denn auch in Klagenfurt bittere Beschwerden geführt über die Art, wie Hne k. k. Regierung den berühmten Paragraph 14, der schwarz-gelben Regierungskunst Krone, zu Un ¬ gunsten des Deutschtums handhabt. Und der Ruf au» den Alpen hat diesmal einen Wiederhall, wenn auch nicht an der Donau, so doch! an der Moldau, gefunden. Die Deutschen Böhmens wollen den Segen des Paragraph 14 nicht mchr länger tragen und fordern die Einbe rufung des ReichSrateS. Ob sie mit diesem Wun sche viel erreichen, das ist eine andere Frage. Aber jeden falls hat sich in Klagenfurt wie in Prag ein einheitlicher Wille kundgetan, sich das Fortwursteln nicht länger gefallen zu lassen. Und wenn auch die 'Männer de» Paragraph 14 dadurch kaum in ihrer Beschaulichkeit ge stört werden, so werden die kämpfenden Deutschen doch in ihrer Einmütigkeit den Willen und hoffentlich auch die Kraft besitzen in dem Ringen um den Boden, den ihre Altvordern der Kultur gewannen, auch! gegen eine hohe Regierung und gegen eine hohe Geistlichkeit das Feld zu behaupten und die Wacht an den Alpen zu halten. Die Negattareäe äes Aaijers. Brvnsbiittelkoog, 24. Juni. An Bord der Hapag-Dampfjacht Viktoria Luise fand gestern abend, wie alljährlich nach Beendigung der.Cuxhave ner Untere lbo-Negatta, ckn Beilsein des -Kaisers da» Regatta- diner des Norddeutschen Regattapereims statt, an dem di« Vertreter der Stadt Hamburg, der Hambupg-AnwrikENie und de» Norddeutschen Regattavereins teilmaHinen. Bei der Tafel saß der.Kaiser Mischen dem Bürgermeister Dr. Schrö- her und Generaldirektor Ballin. Gegenüber dem Kaiser faß Bürgermeister Dr. Pvcdoehl. Im Verlaufe,de» Mahle» hielt Bürgermeister Dr. Schröder eine Festrede^ die mit einem Hoch auf den. Monarchen «ndets. Unmittelbar darauf «hob sich der Kaiser und erwiderte mit folgendem kvrinkspruch: Wollen Eure Magnifizenz mir gestatten, unsevenherz- lichen Dank auqzusprechen für Ihre freundlichen Worte und Mr dm Mnem Rückblick, den Sie soeben über wichtige Phasen unserer nationalen Entwicklung geworfen haben. Ich möchte zu gleicher Zeit diesem Dank noch «inen ande ren anschließen, nämlich den, der noch mein ganzes Herz erfüllt, .für djie Aufnahme, der ich feiten» der Bevölkerung der Stadt Hamburg in diesem Jahr«, wie immer, mich erfreuen dutfts, und Mar geht daswon den ältesten Jahr gängen herunter dis zu den großen Scharen lieblicher Kinder. Ich Habe daraus «Äsehen können, -wie nun allmäh lich Oe von mir schon öfters al» enge und herzliche be rührten Verhältnisse und Beziehungen Mischen Hamburg» Bürgerschaft und mir anfangm, historisch und traditionell zu werden, denn sie gehen von Generation zu Generation. Gur« Magnifizenz haben hingewiesvn auf die Quellen^ dis zu der Entwicklung des Menschanmaterials des deutschen Vaterlandes aus der 'See geführt haben, und einzelne leuch tende Erscheinungen auf diesem Gebiete-uns vorgeführt. Wenn ich auch meinerseits mit Freuden die Entwickelung Wilhelm Zoräan. lZum 10jährige« Todestag« am LS. Juni 1914). Nachdruck verboten. Zehn Jahre sind nun oerfloffen seit dem Tode Wilhelm Jordans, des Ältesten jener kraftvollen deutschen Dichter, die im Jahre 1819 das Licht der Welt erblickt hatten. Gott fried Keller, Klau» Gdoth und Theodor Fontane, die um einige Monate jüngeren, waren ihm alle drei um Jahre in den Dod vorausgegangen. 'Jordan hatte, wie He-yse, «in Alter von 85 Jahren erreicht, als ihn in freundlicher Som- mermorgenstunde der Tod abberief von diesem Stern, auf dem es ihm allezeit wohlgefallen hat, bis ihm sein hohes Atter die Schaffenslust und den Lebensmut raubte. In dem letzten L-usttum feines Lebens hat sein Dichtevmund ganz geschwiegen. Seinem 80. Geburtstag hatte er noch rüstig wie ein Sechziger in großem Kreise und in großem Stile feiern können. In Frankfurt-a. M., wo er seit dem Revolutionsjahre 1848 im eigenem behaglichen Hause glück- lich im Schoße feiner Familie lebte, hatte das Schauspiel haus unter des Intendanten Claar Leitung -eine pompös« Jordan-Feier veranstaltet, und der Alte hatte, in Frack, Lack, Tlague, begleitet van den lebhaften Gesten seines rast los arbeitendem Geiste», eine flammende Thaaterrede ge halten vor einem tausendköpfigen Publikum, und sein« großen braunen Dichteraugen hatten hell aufgeblitzt, all er zündende, begeisternde Worte sprach von der zweifellos unmittelbar bevorstehenden Wiederkehr der klastischen Muse auf di» Bühn«, von der Abkehr de» Theater» vom Naturalis mus, vom Mckevoberungszuge der Romantik. Ein paar Iah« vorher hatte er in einem freundlichen Brief« an mich gewettert gegen die MtreMtem und Afterpoeten, die sich genital dünken, wenn st« statt Farben Titer und Blut wurst selbst auf di« Palette nehmen, um Geschwür« an kranken Miedern der Gesellschaft naturtreu zu malen. Unv doch hatte « eigentlich mit an der Wege des Swalismu« in der deutschen Dichtung gestanden^ war er dach selbst eiw! fch im Boden ddr Wircklichkeit wurzelnde «ernhast knorrige Persönlichkeit, ein allzeit frisch zupackonder ganzer Mann, der einen wahren Ekel hatte vor allem Weichlichen und Süßlichen, der nur spärliche Perlon empfindsamer Natur lyrik aus dem Grunde seines Herzens zu heben vermochte. Die ganze Epigonenlitemtur aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts war ihm, mit wenigen Ausnahmen wie Uhlands und Heimes Gedicht«, gründlich verhaßt, st« war ihm zu matt und vor allem zu oberflächlich. Allenthalben vermißte er die Tiefe -Siner eigenen Meltbetrachtung Nur 'Hebbel schätzte er hoch und dessen still bewußte Gröhe. Aber auch bei diesem fehlte ihm eines: deutsch-nationales Empfinden. Gr, der Offtpreuße (geboren am 8. Februar 1819 in Insterburg), war in seinen 'König-beiger Studienjahren von der Theologie zur Philosophie, und von dieser zu- den Naturwissenschaften und der Astronomie übergegangen, und seine 'ganze Lebensarbeit hat er daran-gesetzt, um den alten, den Bibelglauben, zu versöhnen mit den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaften,, um vorzubereiten das große Werk «ine« neuen, «ine» deutschen Glauben». Die göttliche Ethik der Christenlehre, die Kraft und die Kühm hett nordisch-germanischer Mythologie und die Wundertaten und -lehren der neuzeitlichen Technik und der Naturwissen schaften, di« allesamt und durch alle Jahrhunderte, wie Jor- dan in seinem starken nationalen Hstimismu« behauptete, ihre höchste Erfüllung finden im deutschen Volke, sollten diesen neuen deutschen Glauben schaffen helfen. Als ein deutscher Dichter wollte er zugleich ein Priester und Lehrer seines Volke» sein, er wollte hinau-sführem aus den lavsndel- duftenden blaffen Blumengärten spielerischer Romantik hin auf auf dm Beug einer hohen und erhabenen, modern germanischen Weltanschauung. Doch wie er einst die alt« Romantik verpönt und verhöhnt hatte in feinen Jugend jahren, so verachtete und verabscheut« der Greis die natura listisch-pessimistische, kleingläubige deutsche Dichtung am Ausgange de» vorigen Jahrhundert«, deren erste Anfänge er wohl als Versuche vertieftevm poetischem Empfinden« be grüßt hatte, deren Hinahstteg aber zu kleinen und klein lichen Memschlein-SchiHaLen, ja, gelegentlich zu albernem Plattitüden, ihm eine frivole Entwürdigung der Dichtkunst schien. Darum hat er aufrichtig Vie Neuromantik unff namentlich Hauptmanns Versunkene Glocke begrüßt. Seine Weltanschauung hat er am vollkommensten niedergslegt in seinem Nibelungen-Epos. Aus dieser Dichtung lodert wie aus keiner seiner anderen das heilige Feuer be geisterter und begeisternder DeutfcheNkiebe. Als das deutsche Volk -sich im -einem Zustande erbarmungswürdiger 'Lethargie befand, als nur «in paar kraftstrotzende Wollnaturem vom derb lebensfreudigen Wuchs« Arndts Md Hoffmanns von Fallersleben an die Verwirklichung des deutschen Einheits traume» in bewußtem Deutschtum zu glauben sich ge trauten, da stimmte, um die Wende des fünften und sechsten Jahrzehnts des vorigen Jahrhunderts Wilhelm Jordan sein deutschnationalles Lied an. Der Dvümlmerstätts der poe tischen Werke unserer Altvordersn hatte er den Grundakkorv entnommen, und die wissenschaftliche Erkenntnis der Gegen wart akkompagnierte. Bei Goethe fand Jordan dem Stoßseufzer: Wir geben unser Beste» schwarz auf weih; jeder «auzt sich damit in eine Ecke und knoppert wie er kann. Wenn man auch vor seiner Nation stehen und sie persönlich belustigen dürfte! Diese Worte in der Italienischen Reise gelegentlich der Schilderung der Akademie man Piacenza, in der italienische Dichter eigene Dichtungen öffentlich vorzutvagem pflegten» gaben Jordan eine Weisung. Mas, so fragte er sich, soll den deutschen Poeten hindern, vor seine Nation zu treten und sie persönlich zu belustigen? So entschloß er sich denn nach Art der fahrenden Rhapsoden de» Altertum», selber Lauscher zu sammeln für sein Epos. Vierzehn Jahr« lang ist «r fast ununterbrochen unterwegs gewesen, unv in etwa 200 Städten hat er zu lautem Leben dia» Li«d erweckt von den Nibelungen. Noch al» hoher Siebziger ist er aus meine Veranlassung in ein paar nord- und mitteldeutschen Städten al» Rhapsode aufgetreten, Wer je ihm auf feinen Mandl» rungem um den Erdball — denn auch jemfeit» de» Ltzeann im Newyork und im Sam Francisco, ist «r gewchen --- be gegnet ist. der vergißt gewiß nicht den Eindruck den dsr rüstige Recke aus der Rednertribüne machte. Unter buschig«