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KW Mzeiger Mr -as Erzgebirge MW^W mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Mrer Sonntagsblatt. »Ä'r < Sprechstunö» Srr Nr-akttoa mit Muonahm» »er Sonotog« nachmittag» 4—» Uhr. — T«l»gramm-tzSrrss, r LagrblaN stueerzgeblrg». Jernfprecher SS. />» Nuf-af! »?« s«ck!mN i, SeftriUm,«, Zür unverlangt vingefanüt» Manuskript» kann Vrwähr nicht griristtt wer»««. wanu^t>ucht'»»Äu<fo^^ Nr. 1S4. Dienstag, 7. Zuli 1914. 9. Jahrgang. ' Diese Nummer umfaßt 8 Setten. Das Wichtigste vom Tage. Der Kaiser fuhr gestern vormittag nach Kiek, um von dort aus die Nordlanhretse anzutreton; die Kaiserin fuhr nach WtlhelmShöhe. * Kriegsminister Generalleutnant v. Earlowttz ist zum Bundesrats bevollmächtigten ernannt worden- * Das Kaiserlich Statistische Amt berechnet die Bevöl kerung des Deutschen Reiches für die Mitte des Jahres 1914 auf 67812000Köpse. * Die Semliner Polizei verhaftete einen aus Agram kommenden Mitschuldigen der Attentäter von Serajewo namens Popowic.*) * Der albanische Ministerpräsident Turkhan Pascha wird sich von Wien nach Petersburg, Ber lin, London und Parts begeben. » Nach Meldungen aus Durazzo scheinen die Aufstän - bischen ihre Angriffe zu erneuern. Die Verhandlungen BibdodaS mit dem Mbret wegen der Neubildung einer BerteidtgungS- armee sind bisher ergebnislos geblieben.*) '1 Nähere« fleht a» ander» Stell,. IMP* Mutmaßt che Witle-ung am 8. Juli; SUdwest w.nd, wolkig. Abkühlung, kein erheblich.« Niederschlag. "MO Des Aaisers Hirtenbrief. . *LS> Es -war im den letzten Dagen davon die Rede, Kaiser Franz Josef wolle nach der Beisetzung des erzherzoglichen Paares eine Kundgebung an die Völker der Monarchie erlassen. Ob das Handschreiben an die Minister Graf Stürgkh, Graf Tisza und v. BilinSkt, wel- ches jetzt veröffentlicht wird, gemeint war? ES ist je denfalls anzunehmen, daß eine Willenskundgebung an die Allgemeinheit ungefähr denselben Ton festhatten wird, der in dem Handschreiben angeschlagen wurde. Der Ton eines ehrwürdigen Patriarchen, der alle seine Kin der mit gleicher und nimmer wankender Liebe umfaßt, und sei ihre Aufführung so unkindlich wie möglich: Der Wahnwitz einer kleinen Schar Irregeleiteter vermag nicht an den Banden zu rütteln, die mich und meine Völker umschließen. Also auch die Serben. Selbst für di« Die Welt als Zischeräorf. Plauderei vom A. Oskar Klaußmann. sNachdruck > Es beginnt jetzt die Reisezeit, und damit wieder die Gelegenheit, die Behauptung a-NWwenden, die Wett sei nichts als ein einziges Fischerdorf. Da kommt der Reisend«-' in.ein entlegenes Tiroler Gebirgstal, nur um dott einen Deutsch-Amerikaner zu trttsfon, der ein Freund eines ost- preußischen Verwandten des Reiseitt-on ist, und gleich so diele Beziehungen weiß, -daß -man wirklich dazu ge-n.igt ist, anzunehmsn, die Erde werde immer kleiner, und alle Menschen seien miteinander bekannt. Solche lieber raschungen begegnen Leihst sehr erfahrenen Reisenden und Geographen, und ein Beispiel ttaftir liefert der bekannte Professor der Geographie, Dr. Dove, einer unserer Afri kaner. Mo-dieser Herr vor einigen Jahren in ebn ent legenes Nest in Natal kam, lernte er> dort unter den 'wenigen Einwohnern auch «inen Arzt kennen. Dieser Arzt hatte eine Frau, und, es stellte sich heraus, daß dies« Frau den Professor schön gekannt hatte, ob» er noch in die Scholle ging. Me Eltern der Doktorsgattin hatten nur wenige Häuser von den Eltern des Professors entfernt in dem selben Otte gewohnt. Daß aus! diese sonderbare Weise Menschen, die Interesse aneinander hatten, zusammen kamen, imponierte selbst dem weitgewamderten Geographen. Die Überraschungen, hie man auf diese Weise erlebt, lassen .sich gar nicht auehenben, und es gibt Leute, die be- haupten. ste würden» seM aus einer wüsten Insel, wann sie an deren .Misten verschlagen würden, schott von irgend- einem Menschen in Empfang genommen wetten, der mtt ihren Familien- und BermögenErhUtnissen vertraut sei und sie auf irgendeine Weise direkt -der indirekt kenne. Es ist selbstverständlich, dich man nach ttner Erklärung für dies« Begegnungen und das Zusammentreffen so sonder barer Umstände verlangt!, und wenn man sich -nur Mich»: kleine Schar wird es, soweit irgend tunlich, noch ein kai serliches Verzeihen gäben, sind sie doch Wahnwitzige, Irregeleitete, keine verruchten Bösewichter. — Der Aus druck einer solchen vergebenden Liebe sechs Tage noch einem der ungeheuersten Frevel und angesichts seiner schwerwiegenden Folgen für das Kaiserhaus und den Staat muß als ein unmittelbarer Ausfluß der persön lichen Art beträchtet werden, die «in köjährtges Herr scherleben dem alten Kaiser unerzogen hat. Daß eine solch« Unerschütterlichkeit de» vertrauen» und der Liebe zu den Menschen nur auf einem tief religiösen Grunde gedeihen kann, ist selbstverständlich. Aber auch unter dieser Voraussetzung war e» nicht leicht. Die Habsbur gischen Ahnen waren doch auch streng gläubige Christen, und wie ganz anders vergalten sie Bluttaten nach Art der von Serajewo! Die strenge Agnes, Albrechts I. Tochter, rächte den Mord des Vaters an der Möder ganzem Stamme, an ihren Knechten, Kindern, Kindes kindern, ja, an'den Steinen ihrer Schlösser selbst. Der milde Franz Joses will nichts davon wissen, das furcht- bare Verbrächen sich Anlaß werden zu lassen zu einer Revision seiner Gesinnungen gegen die serbische Nation, zu einer Reaktion gegen di« Politik der gleichen Pflege aller Stämme unter Oesterreich» ^ron«. SV fühlt der alte Herr sich denn auch bloß in dem Vorsätze gestärkt, auf dem al» recht erkannten Wege bis zum letzten Atemzuge auszuharren. Mit unerschütterlichem Optimismus entsagt er in dem gleichzeitigen Armee- urid Flottenbesehle auch jetzt nicht der Hoffnung auf eine ge deihliche Zukunft, hofft immer noch auf eine zuletzt doch reifende süße Frucht seiner halb-hundertjährigen Versöhnungs-Politik, auf eine vergeltende Liebe seiner Völker, deren Unterpfand er al» kostbarste» Vermächtnis dereinst seinem Nachfolger hinterlassen könne. Wir wol len hoffen, daß er sich nicht täusche. Vom menschlichen Standpunkt aus ist es ja mich etwa» Schöne» und Gro ßes um ein solch felsenfeste» vertrauen zum ursprüng lichen Güten der Menschenseele. Und auch der starke Glaube an den als recht erkannten Weg der eigenen Ge barung hat etwas Imponierende». Wenn wir di« vielen Zickzackgäng« damit vergleichen, in denen anderwärts ähnliche Fragen behandelt werden, die Nervosität, mit der immer nach kaum Jahresfrist Resultate in die Scheuern gebracht Werken sollten, wo e» sich um Entwickelung-Pro zess« handelte, die durch ganze Menschenalter gehen, dann mag zuweilen die Wage sich zu gunsten der Fran- Josef- schen stlrt neigen. Indessen findet sich in dem Armee- und Flottenbesehle doch auch ein Satz, in dem ein etwa- an derer Unterton nlltkltngt. ES wird da von der Ueber- zeugung gesprochen, daß in aller Bedrängnis, von der wir heimgesucht werden mögen, die Monarchie in der todes mutigen Hingebung der Wehrmacht ihren sicheren Hott finden wird. Also koch «in Hinweis auf da» letzte UeberzeugungSmittel der Könige! Aber eine ernste Droh ung mit dem Aeußersten ist da» doch nicht; und wenn Wie viele Bekannte hat ein Mensch aus gebildetem I Kreisen? Da» festsustellieM ist nicht smr «ine sehr inter- essant«, sondern auch amüsante Sache, die besonders die Leserinnen interessievm wird. Man muh nur-nicht müde wetten, en« Liste d r Bekannten aufzustellem. Zuerst geht das verhältnismäßig langsam. Man ist. überzeugt, daß man höchstens vier, füitzf Dutzend Bekannte hat, mit denen man im iLebm längere oder kürzere Zeit zusammen gemessen ist. Wenn man aber einen Blick in die Vergangenheit wirst sich einzelne Phasen de»-Leben», besonders Vergnügungen und Reisen ins Gedächtnis zuttlckrust, dann steigt di Zah' t«er Bekanntschaft ey, die man gemacht hat, in einer Wei>, di« uns Mst i» Erstaunen setzt. Und wenn man konse quent ist, dann schwillt diese Zähl mehr und mch- an. und wenn man -sich acht Lago lang die kleine Mühe -gemacht hat, nur di« Namen der Menschen, die man kennt, zu notieren, entdeckt man plötzlich noch Dutzende von Menschen, die man wirklich kennt. Menn man schließlich das Fazit dieser sehr interessanten Statistik zieht^wird man übn- vascht sein, daß man mehrere hundert Bekannte hatte. Na türlich ist der Grad der Bekanntschaft verschieden. Einzelnem Leuten ist man nur flüchtig begegnet, bei anderen Leuten erinnert man sich nur de» Namens, man weiß nicht ein mal, rot« sie auägejsehen haben, ober man war doch mit ihnen bekannt und steht, zu -ihnen in gewissen Beziehungen. Nehmen wir an, man hat LOS Bekannte, und jeder dieser 800 Bekannten hat wahrscheinlich auch avieder 300 Bekannte. Da» gäbe bei 800 Neb^tfchasten schon 80060 Menschen, die in gewissen Beziehungen zueinander stehen. .Wenn man nun anniimmt, dtch von, diesen 60000 Menschen auch jeder «tnzAne wieder 300 Bekannte habe, dann kommt schon die Zahl von 27000000 heraus, und man muß sich eigentlich wundere daß man nicht zu jedem Menschen, tdn man trifft, in irgendwelchen veztehumgen steht oder durch Bekannte für ihn Jntsresse hat. Lauts, die sehr viel reifen, machen auch viel-» Bekamt zumal der offiziöse Pester Llohd ausdrücklich schrei- ben darf, Oesterreich Wolle leinen Krieg mit Serbien, so wird man in Belgrad die leise Mahnung des Armee befehls zu den übrigen legen und zufrieden von dem MD des Fran-ferdinandtSmuS befreit zu sein, sich nicht Wet ter in seiner Wühlarbeit jenseits von Drina und Save beirren lassen. Berufsneiä unä Berufssorgen. (Von unserem Berliner -Mitarbeiter). Schon der antike Fabeldichter spottet darüber, vag jo gern ein Beruf den andern um seine Vorteile beneide und -über die Nachteile de» eigenen nicht genug klagen Lünne. Er läßt den Schiffer und den Bauern dann einmal die Rollen tauschen, damit nach kurzer Zeit jeder aus Er fahrung einsehe, ttaß ihm doch sein eigener Beruf, den er von Hause aus hatte, am bequemsten- liege. Das mag ja nun «in Trost sein, der für besonders schwierige und un glückliche Lagen zu billig ist, um wahr zu ifein. Mer für den großen Durchschnitt der Menschlichen und ihrer Lebens verhältnisse hat er tatsächlich auch heute noch weitgehende Geltung. Es ist ja gewiß schwer, Vorteile und Nachteile d^r Deru'e gegeneinander ahzmoqgen. Persönliche Anlagen und Neigungen spielen bei der Beurteilung eine groß« Rolle. Nach einer Richtung hin kann man abe- die Be- rufsunte «schiede statistisch fasten, und! auf diese Weise vielen Urteilen und Vorurteilen Vie Jrttumsquellen verstopfen. Da» ist di« finanzielle Sette, und ste ist umso be deutsamer, je mehr der mokierne Mensch geneigt ist, alles in Zahlen auszudrücken, und denMMäß auch seinen Beruf, ast in allzuweitgehemder Einseitigen nach dem zu werten, was er oinbringt. Da kann man ddnn oft die allen Klagen des antiken Fabeldichters in der modernen Form neu angestimmt hören, daß es dieser oder jener Beruf doch zu ganz anderen Ein künften bringen könne, als der eigene. Da schielt der Ar, beiter nach dem Kau'-mann, und der -Kaufmann nach dem Advokaten und der Advokat nach dem Beamten und ver sucht, dir, eigene Geldverdienft am fremden zu messen. In teressant ist es nun, einmal statistische Unterlagen dafür zu bekommen, Me es denn in Wahrheit mit den durchschnitt lichen Einnahmen verschiedener Berufe bestellt ist. Die Statistik hat schon von vornherein das Guts, dich sie den Ausnahmen gegenüber die gewöhnlichen Verhältnisse zu deutlicher Darstellung bringt. Die gewöhnliche alltägliche Beutteilung hält sich immer an die Ausnahmen. Diese sind weich n sichtbar; sie machen durch die Größe ihrer Er folge besonderen Eindruck; sie spielen eine Rolle im öffent lichen Leben. Von der großen Zahl derjenigen, di« im Konkurrenzkämpfe des Lebens unterlegen sind, von der noch größeren Zahl der Durchschnittsexistenzen, M schlicht und recht das Nötige verdienen, ist -wenig oder garn-icht die Rede. Don besonderen erfolgreichen Rechtsanwälten ist bekannt, daß sie horrende Einkünfte beziehen. Es ist -schalten, ebenso solch«, die viele Vergnügungen auffucheN. -Ganz außerordentlich groß aber ist der Kreis der Bekannt schaften Mr Persönlichkeiten, die irgendwie in.die Offent- ttchkeit treten, sei es mich nur dadurch daß sie in politischen gder geselligen. Vereinen Vorträge halten, daß sie in Wcchl- v--rlammlungen vuftreten. Und neben den Hunderten von Bekannten, die diese Leute haben, gibt es Hunderte, ja Tau- sende.von Menschen, welche die betreffende Person ganz ge nau kennen, ohne von ihr gekannt zu sein. Menn einer fahrelaM als Stammgast in einem größeren Lokal verkehrt, dann, ist er nicht nur mit den Leuten bekannt, mit Vmen er täglich am Stammtisch zusammensitzt, sondern Dutzende von Menschen, die in diesem Lokale verkehren^ wissen ganz genau, wer er ist und welches seine sozialen und geschäft lichen Verhältnisse stad. Seihst in, der großen Stadt, wo MM sich nicht um einander kümmert, wo Menschen auf dem- selben Etagenflur jahrelang nebeneinander wohnen, ohne sich überhaupt kennen zu lernen, wird man bekannt. Di« Leute, in den Nachbarhäusern, die gegenübevwohnen, die Leute aus den Hinterhäusern, sie nehmen Interesse an der Person, di« sie ständig sehen, ste erkundigen sich danach, wer die betreffende Person ist, und so wird man diesen Leuten ganz genau bekannt, während man von ihrer Existenz kaum ein« Ahnung hat. Monn man verschiedene Erlebnisse dieser Art hinter sich hat, -wundert man sich über gar kein« Be gegnung mehr, und wenn man im fernen Westen, Amerikas von einem DampMtffmaschinisien anMwachpn Mrd und mit vollem Namen genannt witts, wundert man sich auch darüber nicht, denn man erfährt ja doch schließlich daß man früher vielleicht in dem Otte gelebt hat, in dem de- Mann beheimatet ist und daß er einen von dort ber von Anleihen kannte, während man sich nie um ihn gekümme t hat. Ziiht -man alle diese Umstände in Betracht, -so muß man sich sägen, daß gar kein Grund zu der Behauptung vorhanden ist d e Welt fei ein Fischerdorf, sondern daß eben di« persönlichen Beziehungen jede» etn-Änen Individuum» so auße'ordent- ffch s«k, weitverzweigt find, daß man sie mit dem Wu-tzel-