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Mittwoch» 2. September 1914 Nr. 203 9. Jahrgang Am risge von Seäsn G«fallenen erstehen un» neu« Kämpfer au» Deutschland» unerschöpflicher Jugendkraft. Bet den Festen tn «Parts sang zuerst der Thor der Veteranen r wir waren Helden einst m unserer Jugendzeit, darauf antwortete der Thor der herangewochsenen Männer r wir sind «S jetzt, und wemt du willst, erprob es gleich! Der dritte Thor aber, der der Knaben, fang: wir werden einst verdunkeln Such durch tapfer« Tat. Da» deutsche Volk in Waffen besteht jetzt herrlich diese Prob«, führt un» einem neuen Sedan entgegen, und schon wächst ein Ge- schlecht heran, da» in großer Zeit lernen wird, sich der Väter wert zu erweisen, einst zu verdunkeln Such durch tapfer« Tat. Und deshalb, weil unsere Gegenwart sich würdig erweist der großen Vergangenheit, deshalb wts. sen wir, daß unser auch d^e Zukunft ist! Sin Spiel de» Schicksal, will es, datz gerade jetzt, wo wir den Tag von Sedan feiern, oemfchl»»« !» vsr»»kscd »«f?ar!r ist. Der Fvanikfurter Zeitung wird darüber über Rom aus Pari, gemeldet: Deutsche Truppen sind am Sonntag in Tompidgne, 80 Kilometer von Pari,, ange- kommen. Die französische Militärbehörde kündigte an, daß die Zivilbevölkerung Gelegenheit halbe, in Zügen Paris zu verlassen, da die Militärtvansporte beendet seien. In Paris hatte man bi» zuletzt gehofft, datz der Vormarsch der Deut schen durch die verschanzten Lager von Laftzre und Laon, sowie durch di« natürlichen Hindernisse der Dodengestaltung aufgehalten werden würde. Run tröstet man sich damit, daß La» deutsche Heer infolge der riesigen Anstrengungen und Verluste erschöpft sei, während die Franzosen noch über starke und frische Reserven verfügten. Die erste Kunde von den nahenden Deutschen brachte das deutsche Flug, zeug, da» in einer Höhe von 2000 Metern mittag» eine ganze Stunde über Pari, schwebte und drei Bomben Heralbwarf. Di« Sorge de, Pariser Bevölkerung In Paris ergreift das Gefühl der Unsicherheit, Bange und Besorgnis alle Bevölkerungickreise. Der Sonntag trug trotz des sonnigen Wetters ein ernstes und düsteres Gepräge, das noch erhöht wurde durch das Erscheinen des deutschen Fliegers Über Pari». Tlemenceau schreibt in seinem Blatte: Wir erhalten lange Berichte, die von Tatsachen an gefüllt sind. Man überhäuft un» mit amtlichen Eommuni- qu6s, mit leeren Worten, und auch Frankreich erwartet Handlungen. Wie läht sich der sichere Optimismus des Kriegsministers mit den letzten Meldungen des General stabes in Einklang bringen. Millerand war vom Haupt quartier befriedigt zurü^ekehrt. Wie kann er von einer Front von der Somme bis zu den Vogesen sprechen, wenn wi- niemals zu w'ssen bekommen haben, datz unsere Trup pen zur Somme zurückgegangon waren. Tlemen- reau wendet sich dann an Frankreichs Verbündete und sagt: Wir haben mährere Verbündete und der endgültige Sieg st uns siche-. Wenn es sich aber darum handelt, Frankreich ;u verteidigen, so ist die» eine Ehre, die iw erster Reih« di« Franzosen angeht. Die Räumung von Lille. Aus Lille nach Holland geflüchtete Franzosen berich ten, daß nach einer Mischen der Pariser und der belgischen Negierung getroffenen Abmachung ein Teil der Geflüchteten über französische» Gebiet abgeschoben werde, um Pari», wohin sich in den tztzten Tagen etwa SO 000 Bewohner Nordfrankreich, Segnen haben, Au entlasten. Die Franzosen «»klären übereinstimmend, Latz tn den durch den deutschen Einbruch bedrohten Städten und Ortschaften eine fürchterliche Angst herrsche, hervorgerltfen durch di« skandalösen Bericht« der belgischen Presse über angeb liche deutsche Grausamkeiten an der Bevölkerung. Alle vo> ruhigungsmittel de, Bürgermeister, und Präfekten sind fvuchtlo» geblieben. Am schlimmsten Ist e, tn Lille. Eine Abordnung der Bürgerschaft Legab sich auf die Präfektur, um flehentlich zu bitten, datz man die Stadt vor einem Bombardement -«wahren möge. Die Deputierten von Lille unterstützten die, Ansuchen -ei der Regierung, die sich dem dringlichen Wunsche der Volksvertretung unterwerfen mutzt«. Di, prächtige Stadt, wo noch vor wenigen ragen durchkommenden englischen Soldaten ^"begeisterter Emp fang -ereilet worden war, liegt heute S^nzlich veretnfamt. Blich die armseligen, durch ihre kläglichen Zustände Lrrüch- tigten Arbeiterviertel find noch so dicht Vewoihnt wie in Frieden«,iten. E, herrscht w diHw^enq^r^ unbeschreiblich«, Elend; zudem befinden fich in Lille auch Nun laßt di« Glock«n vom Turm zu Turm Durch» Land frohlock«« — Jubelsturm. De» Feuerstöße» Geleucht facht an, Der Herr hat Große» an un» getan, Ehr« fei Gott in der Höhe! Go sang vor 44 Jahren Emanuel Geibel, al» di« Freudenkunde von dem herrlichen Sieg« bei Gedan durch Deutschland» Gaue drang. Es war die letzt« der acht gro ßen Schlachten, die in den ersten Teil de» deutsch franzö sischen Kriege» fielen und den Erfolg der drutschru Waffen entschieden. Mit dem Siege von Sedan war fast di« gesamte, im Feld« stehende Armee geschlagen, und wenn die Franzosen auch neue tzeeresmassen sammelten, mit deren Niederwerfung der Krieg erst im Fcbruur 1871 völlig beendet wurde, so ivar mit der am 2. Sep tember erfolgten Kapitulation von Sedan doch dar Schick sal de» Krieges entschieden — und damit auch das zu künftige Schicksal der deutschen Staaten, de» deutschen Wolke». Und eben deshalb hüt der Tag von Sedan für un» von jeher weit mehr bedeutet als die stolze Erinne rung an eine gewonnene Entscheidungsschlacht, als die Gefangennahme einer mehr al» 100 000 Mann starken Armee und eines mächtigen Monarchen, denn weit ge waltiger als die kriegerisch« ist für uns die politische, die nationale Bedeutung dieses Tages geworden. Welch eine Wendung durch Gottes Fügung, so telegraphierte König Wilhelm von Preußen, der eigentlich schon an diesem Tage zum Deutschen Kaiser wurde, wenn er auch erst am Tage von Versailles, am 18. Januar, des folgen den Jahres, dazu proklamiert wurde, an die Königin Augusta. Und in der Tat, es war eine wunderbare, es war eine gewaltige Wendung. Aus den blutigen Käm pfen um Sedan war die deutsche Einheit emporgewach sen, und im Feuer der Feldschlacht, wo Preußen und Bayern, Sachsen und Schwaben, Badener und Hessen und alle die anderen deutschen Stämme vereint, welscher An maßung und Tücke entgegentraten, war di« Kaiserkrone geschmiedet, war der Grundstein gelegt worden zu dem Bau des neuen deutschen Reiches. So haben wir Jahr um Jahr den Sedantag als den Geburtstag des deutschen Reiche» gefÄert, aber es war menschlich begreiflich, es war vielleicht natürlich, datz im Lause der 44 Jahre, die seitdem ver flossen sind, das Feuer nationaler Begeisterung nachließ, die Erinnerung an jene große Zeit allmählich, wenn auch nicht bei den Vätern, die anno 1870 mttgestrttten, mit gelitten und mttgejubelt hatten, so doch bet den Söhnen der Väter verblaßte. Tie Errungenschaften jener gro ßen Zeit begannen wenigstens den Jüngeren unter uns selbstverständlich zu werden, sie vergaß der Mahnung: was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb e», um es zu besitzen l Glaubte doch gar schon manch einer in dieser langen Zeit des Friedens sich mit dem Vorschlag hervor wagen zu dürfen, die Sedanfeier fallen zu lassen, weil sie nicht mehr zeitgemLtz sei. Nun, jetzt ist sie mit einem Male wieder zeitgemLtz geworden tn dieser Zeit der schweren Not, die immer mehr zu einer großen und schönen Zeit wird, Wie sie un» vor 44 Jahren beschte- den war. Nach 43 friedlichen Sedantagen ist uns jetzt eine kriegerische Sedanfeter beschieden, eine Feier, di« uns in blutigem Kriege findet gegen den revanche lüsternen Gegner von 1870, dem da» verräterisch« Ruß land, da» perfide Albion und noch einige Trabanten mehr zur Seite getreten sind. Meder ist wie vor 44 Iah. r«n, an die 'Völler und Stämme de» deutschen Reiche» der Ruf ergangen, wie «»in dem Aufruf unsere» Kaiser» an die deutsch« Ratton heitzt: Mit gesamter Kraft, tn brüderlichem Zusammengehen mit unserem Bundesge nossen, zu verteidigen, Wa» wir in friedlicher Ar bist geschaffen haben. And wieder Kat Alldeutschland sich wie ein Mann erhoben, um da» zu schützen, wa» das deutsche Boll vor 44 Jahren errungen, um den Franzo sen ein neue» Sedan zu bereiten und unseren anderen Gegnern da» gleiche "Schicksal zuteil werden zu lassen. Nun, wir dürfen nach, dem, wo» die deutsch« Ration schon in den ersten Wochen diese» Kriege» geleistet hat, sagen, daß di« S^hn« sich der Väter würdig er weisen. Und wenn dies« blutige Abrechnung mit ei ner Welt von Feinden auch schwere Opfer von un» heischt, wenn zahllos« Männer und Jünglinge in der männermordenden yeldschlacht fallen, manch eine» un serer stolzen Schiffe, den Feind mit sich reißend in di« Fluten sinkt, wir wissen, datz alle dies« Opfer nichtum so n st gebracht werden. Hinter den Schlachtreihen der Dausende von französischen, belgischen uffd englischen ver wundeten. Schon deshalb sah man van einer Verteidigung der Stadt ab. D'e Rasterung der BchestigungBwerke wurde von der Bevölkerung mit unverhohlener Freude begrüßt, und al, der Kommandant mitteikte, datz di« Besetzung von SO 000 Mann zur Unterstützung der französischen Nordarme« hin-uge-ogen werden sollt« fühlten sich di« Leut« völlig ge borgen. Dom Bürgermeister erhielt die Bevölkerung die Mahnung, einem etwa!gen Einmarsch deutscher Truppen nicht den geringsten tätlichem Widerstand entgegensetzen und mit Würde di« hoffentlich nicht lange Besetzung der Stadt zu ertragen. Eifersüchteleien »wisch«, Jefft« n«d Freuch. Zur besseren, Würdigung der englischen Tvuppenckührung hat General French in einer -«sonderen Zeitungsnotiz den jüngsten Bericht des französischen DeneralstkL» ergänzt, der zwar die englischen Anstrengungen rühmend hervorhob, aber mit anderen Ausdrücken, al» French gewünscht hätte. Dadurch entstand ein Gerücht von Unstimmigkeiten zwischen Ioffre und French, das vom Kttegsminister dementiert wurde. Dieser trug Sorge, datz French fortan alle Berichte, in denen von den englischen Truppen die Rede ist, vor ihrer Veröffentlichung etnsehen wird. Bombardement von Luxemburg ' tmrch ein französische» Luftschiff. Der Köln. Ztg. schreibt man aus Luxemburg vom 24. August: In der Nacht »um Sonntag, um ILsch LH», wurde da» Dahnhofsoiertel durch einen fürchterlichen Knall in Aufregung versetzt. Der erste Gedanke war, datz die Franzosen eine Uvberrumpelung ausgeführt hätten. Aber kaum einige Sekunden nach dem ersten Schlag sahen Augenzeugen au» der Höhe einen leuchtenden Körper f a l l en, der fich zischend fortwährend Überschlug und einen Flammen, und Fiunkenregen um fich streute. Er fiel auf dem Bürgersteig vor dem Mirstenpavillon zu Boden. Und wieder einige Sekunden später gab es im Hinter-«« des Hotels International (Beffort) ein lautes Krachen und Splittern, au« einem Loch im Dach, dicht am Giebel, der an die Joseph-Funck-Straße stöht, stieg es wie eine Rauch wolke, die aber rasch verwehte und sich als Staub heraus stellte. Ein französisches Flugzeug — wahrschein, lich «tn Lenkballon, dessen Silhouette einige gesehen halben wollen — war von Bonnüweg hettibengekommon und hatte fünf Bomben geworfen, offenbar zu dem Zwecke, di« Bahnhofsankage zu zerstören. Die vierte Bombe, anschei nend ein Fttkhtzünder, fiel vor dem Fürstenpavillon auf den Bürgersteig und blieb dort liegen. Sie zeigte einen meh rere Finger breiten Längsriß. Später wurde sie mit Säcken und Kisten bedeckt und umgeben, und ein Posten hielt das Publikum in gehöriger Entfernung. Die fünfte Bombe flog durch das Dach des Hotel» International. Frankreich stachelt Japan auf. Der frühere französische Minister Pichon fragt m Pariser Petit Journal, warum das japanische Heer nicht ebenso am Kampfe teilnehmen solle, wie die Flotte, und zwar nicht in China, sondern im Europa. Man brauche fich zwischen London und Petersburg nur zu einigen um einige hunderttausend Japaner herübeMmoerffen. Andere Blätter schließen sich diesen Gedanken an. — Die Franzosen find wahre Teufel, wenn sie in solcher schamlosen Weise di« Gelben gegen Europa loszulassen wagen. Glauben dies« Elenden denn, daß die Japaner nachher vor Frankreich selbst Halt machen werden? De, deutsch« Flieger über Pari», sileber das Erscheinen de» deutschen Flieger» am Sem» tagnachmittag über Pari» berichten englische Blätter: «r' warf fünf Bomben, von denen drei explodier-' t e n. Ein« fiel im den dichtbevölkerten Stadtteil der Rue Vlbony und der Rtue Nnaigrter» vor Vie Läden eine» > Bäcker» und eines We'nhändler». Zwei Personen wurde« verwundet. Auf dem Quai Balmy explodierten zwei Bom ben. Temps meldet, datz der Flieger auch ein Manifest herunterwarf, in dem es heitzt, die deutsche Arme steh« vor den Toren von Patt», und der Stadt -leibe nicht» übrig, al» sich zu ergeben. Die UnteMrifft lautete: Leutnant o. Hlddessen. Die -elstksche Königin P«k»tzt Antwerpen. Di« Königin von Belgien hat Antwerpen gestern vor. mittag verlassen, um ihre Kinder nach London -u begleiten. Englisch« «eesolpaten in velgimk. ^Nichtamtlich.) wie di« Londoner Blätter meldeiz M hat Churchill mitgeteilt, datz England Seesoldaten nach Mer Tageblatt W« Mnzeiger für -as Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt. und Nu»,ad,1i,u,n, sawi, Sprrchfluv», Sw »»Satti»« mit fiu-nahm, s„ Amata», »achmiaa»» 4—- Uhr. — rrlrgramm-stSress,, Lag,bla» Na,«zg*birg,. tvmsprrchn SA. wen» »I. «ufaab, »«, Saf.rat^ Um,°a °Wüu°A «n'-U" ra» unvrrlangt ttagrsantt, Manuskript, kan» ««wahr nicht g,üifi,t ««Sm.