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14. Jahrgang Nr. 6 Donnerstag» äen 9. Januar 1919 ÄV I. A . ffMlUWUwMU« MUMM«, ssdMPSpSWVWWM ZE:uA?Ä:rÄ mit öer wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: /wer Sonntagsblatt. tk^S" «». n—nni-«^«u«u,bs.»i, Eprechstun-« -er N»-akt>on mitAusnahme -er Sonntage nachmittag» 4 -- Uhr.— Telegramm-fiürrssr» Tageblatt ^lueerzgedirge. Zrrnsprrcher SZ. ,^«Ä! xhkn,'^ ' Zür unverlangt »Ingesansl, Manuskript» kann Gewähr nicht geleistet wer-en. «aauMptnlchtl-»»« »st. Vas Neueste vom rage. In BeeltL sind 70 000 viS 80 000 Mann regierungs treuer Truppen curgesammelt, mit denen man den Aus stand der Spartakisten niederzuschlagen hasst. In England sind unter den Soldaten und Matrosen ernste Unruhen ausgeLrochen, die sich immer weiter aus- SrLttsn. Zn Posen ist der stuumMrdievende General von den Polen interniert worden. In Prag wurde auf den tschechischen Ministerpräsi- bsEa ein Anschlag iM-Mt. ^SMMUNiWUS. Die H-rren Avmnnrnisten mit ihrer kindischen chölu'lnist glauben, daß wir uns gegen ihr sellgmachendest Pwgcamin nur deshalb sträuben, weil wir für unse- ren Besitz fürchten, und sie erklären, das, unsere Behauptung, der Kommunismus würde den Selbst, mord unseres Volke» bedeuten, nur eine hoble Phrase sei. Nein! wir sträuben uns gegen den Kommunismus, wie jeder gesunde Mensch M gegen den Wahnsinn sträubt! Man kann bequem und genau einen Eimer Was- ser usuter zehn Durstige verteilen, aber wie soll man et- nen fließenden Bach „verteilen", noch dazu unter ein« immer wechselnde Kopfzahl Durstiger? Tast dec Kommu nismus sehr bald wieder, selbst wenn er durchführbar wäre, zu Besitz und B e si tz ung lei chchet t e n führen würde, »vollen wlr ganz beiseite lassen, beim daraus Hof- sen ja die Kommunisten selbst. Sie wollen ja letzten Endes nur die jetzt Besitzenden berauben, um an ihr« Stelle atö Besitzend« der Zukunft -u treten. Si« sind gar. nicht so selbstlos wie sie zu sein behaupten. Um das Wirtschaftsleben zu begreifen, muh man sich vor allem klar machen, bah «S ein Leben ist, eine Bewegung, eine sich immer neu ergänzend« Kraft. Um sich ein Bild vom Leben zu rnachen, darf man nur aus Lebendiges zurückgreisen, nicht auf Totes. Nicht da» Wasser im Eimer, sondern bar rauschende Bach, nicht der tote Körper, sondern der lebend« Leib kann uns al» Beispiel dienen. Der Ausdruck de» Wirtschaftsleben», brr Voiüivtrischast, der lebendigen Arbeit, der Besttzrechte, ist das Geld. Genau so wie da» Blut der Träger de» Lebens ist. - - Auch beim Menschen, wenn er einen Berg nsteigl, werden die Beittmnsteln, wenn er rudern must, die Armmuökeltt besonders stark mit Blut gespeist. So auch im Wirtschaftsleben. Diejenigen Teile des Bulkskbr- pers, die die im Augenblick wichtige Arbeit leisten, wer- den höher bezahlt, besser erMyrt, bekommen mehr Geld zage führt. Ist schwere Gedankenarbeit zu leisten, dann wird das Gehirn besonders reichlich vom Blut ernährt. Tritt aber Blutleere im Gehirn ei», so fällt der Mensch in Ohnmacht, wie unser Wirtschaftsleben jetzt, nw die Handarbeit übertrieben, die Kopfarbeit der hinter- nehmer garntcht bezahlt wird. Gelingt es, den Kürher am Leben zu erhalten, dpnn tritt der Ausgleich von selbst wieder ein. — ! <. i § i ' lsI § Tas aber wollen die Kommunisten nicht. Sie wol len die tiefe Ohnmacht unsere» Wolke- benutzen, um «ine „gerechte" Perteilung seine» Lebenssäfte», seine» Blu tes vorzunehmen. Gl« sind die Metzger, di» da» Blut ab zapfen, um daraus „Blutwurst" zu machen. Di, strrm man dann in gleichgroße Stück« schneiden. IP aber die Blutwurst und da» geschlachtete Schwei« verzehrt, dann ist das Ende vom Lied« da, zirmi Leben läßt e» sich nicht mehr erwecken, während da» lebendig« Schwein sich ohne Unterlast vermehrte. Weil der Bach nicht alle gleichmäßig mit Wasser versorgte, sondern bi« dicht an ihm stehlen den Mühlen Vesser trieb, al» die abseits liegenden, wol len sie ihn abgraben, damit er, patt in starkem Strom, tropfweise, versickere. An Stelle des lebendigen Strome» würde ein« voll- ständige Versumpfung tvettn. Nicht nur alleMWlen würdet! stille stehen, sondern da» einst klare Trinstvafser wird zur stieberpfütz«. Kommunistische Wirtschaftsform ist nur mbgltch Sei fast dollstÄndlgemj Stillstand auf gra- nitfosten Stufen. — Darum Muß der Kommunismus zum B ürgerkrieg führen, da erst -Wei Drittel aller Menschen ausgevottet fein müssen, »he da» letzte Drittel im kommunistischen Sumps Platz hat, nicht zu gesun dem starken Leven, sondern zu tierischem Vegetiere«. Und darum ist Kommunt-neu» nicht «in Ideal,son dern Selbstmord «ine» Volke». Vie Vorgänge in öerlin. Zuversicht -er Negierung. Au» Berlin wird vom gestrigen Tage gemeldet: Von autori tativer Seite wird erklärt, datz der Regierung anhängende Trup pen jetzt soweit gesammelt sind, daß sie keinerlei Ueber« raschungen mehr zu befürchten haben. Gestern nacht sind von außerhalb Harke Truppenmasfen in Berlin zur Verstärkung der Regierungvtruppen eingetroffen, ohne in ihrem Aufmarsch« von spartakistischen Angriffen behindert worden zu sein. Ihre Zahl kann aus begreiflichen Gründen nicht näher angegeben werden. Wie aus der Reichskanzlei mitgeteilt wird, herrscht bet der Re gierung die feste Zuversicht, daß es ihr gelingen werde, in lurzer Zeit der Aufrührer Herr zu werden. Aus Betreiben des Postsbeauftragten Rosk« sind Marine truppen von Krel aus im Anmarsche, die ihr zuverlässig ergeben sind. Da» grsamte in Berlin weilende Offizier korps Hai sich aus Ehr-nwort dem Oberkommandierenden von Berlin, dem Voltsbeauftragten Roste, verpflichtet. Die Regie rung P't zur Bildung von Offiztersbatillonen geschrit ten. Die linier den Landen postierten Regisrungstruppen werden fortwährend von radaplusttgen Elementen unbekannter politischer Richtung belästigt. Die Regierungstruppen sehen sich daher ge zwungen, von Kall zu Fall Schüsse abzugeben, um die Radau macher zu vertreiben. An der Ecke der Wilhelmstrahe und Unter den Linden ist ein Flammenwerfer po st irrt worden, um bei einem etwaigen Angriff der Spartahlsleut« pon den Linden aus d'cs« mit Flammen zu bewerfen. Vie Haltung -er Srrllner Matrosen. Die „Franks. Zig." meldet au» Berlin: Die Matrosen, die sich in dem Streit zwischen Regierung und Spartakus für neutral erklärt hatten, Haden, wie sie auf da» bestimmtest« vttsichern, al le BezirhungeNzu Li«bkn«cht und den Unabhängi gen abgebrochen, di« ihr bisheriger Führer, der Matrose Dörnbach, ar.grkniipst hatte. Dornbach ist aus der Division ausgeschteden und geflüchtet. Er soll von den Matrosen verhaftet werden, wen.' er angrtroff-n wird. Die Haltung der Matrosen ist von um so größerer Bedeutung, als sie seit einigen Tagen die Bewachung der Retchsbank übernommen haben. Di« Mätrosrnwache soll entschlossen sein, die Bank gegen jeden An griff zu schützen und ihren Geschäftsgang ficherzustellen. Vlr Kämpfe am Anhalter Sahnhof un- Wolff-Süro. Der Anhalter Bahnhof und die Umgebung desselben waren in der Nacht zum Mittwoch der Schauplatz eine» heftigen Kamp- ses, der sich bis in die frühen Morgenstunden hinzog. Seit ge raumer Zelt war eo den Spa r t a ku s l« ut e n «in Dorn im Ang.», daß gerade dieser Bahnhof sich in den Händen der Regie- rungstruppen befand, und es wurde eine kleine Plänkelet dazu benutzt, um einen entscheidenden Vorstoß zur Besetzung des Bahnh»s«s zu unternehmen. Fast zu gleicher Zett wurde von beiden Seiten das Feuer eröffnet. Die Maschinengewehre streu ten die Möckern- und Köntggrätzer Straße ab, ohne zunächst einen Erfolg zu erzielen. Nachdem so der Kampf kurze Zett hin und her gewogt hatte, erhielten sowohl dir Spartakusleut« al» auch di« Regi»rung»truppen Verstärkung«», und nun be. gönn de- eigentlich« Kampf um den Besitz de» Bahnhöfe». Trotz de» rasenden Feuer» au« dem Bahnhofsgebäude versuchten die Spartakuvleute viermal »inen Sturm, der jedoch von den Regierungstruppen glatt abgeschlagen wurde. Der Kampf endete schließlich damit, daß die Spartakusleutr in regelrechter! Flucht das Kampsfeld räumen mußten. Somit ist der gesamte Bahnhof,komplex nebst dem Gebäude der Lisenbahndtrektton im Besitz d«r Regierungstrupptn. Auch auf dem Pot,^ dem»« Bahnhof, wurden Putschversuch« unternommen, doch vergeblich für di« Spartakisten. Von and«r«r Seit« wird noch berichtet: Gegen den Anhalter Bahnhof unternahmen auf da» Gerücht hin, e» wrrd« Grneralfeldmarschall Hindin burg erwartet, Spartakisten «inen förmlichen Sturmangriff, der aber von der au, regierungstreuen Truppen gebildeten Eicher« hettowache abgeschlagen wurde. Bei den Kämpfen gab r» zahl reich« Tot« und verwundete. Zv sehr heftigen Kämpfen, bei denen es auf beiden Seiten Lot« und verwundet« gab, kam «» in der Rächt zum>' Mittwoch ferner in der Charlottenstraße vor dem Hause de» Wolfsschen Bureau». Gegen 1 Uhr nachts rückten Regie- rung«trupp«n heran und vrrsuchten, da« Gebäude in ihr« Hände zu bringen. Di« Verteidiger erklärten, daß st« freiwillig den Platz nicht räumen würden. Daraufhin wurde da, Feuer rrvffnkt. Da» am Eckfenster de» Wolfsschen Hkuseo ausgestellt« Maschinengewehr arbeitet« und hielt die Charlottenstraße in bei de« Richtungen, sowie di« gtminerstraß« unter starkem Feuer. Regierung,truppen »ersuchten, vom Hausflur au« mit Hand granaten und Maschinengewehren den Gegnern -eizukommen, vermochten jedoch nicht, da» Gebäude zu erobern. Nach einer halbe» Stund» wurde der Kampf abgebrochen und die Regierung«, trupp», erbat», Verstärkung und schwer« Maschinengewehr,. G»g»n 1 Uhr morgen» lebt« wieder «in sehr heftiger Kampf auf, der fast «in« Stund« währt« und auf beiden Setten zahlreiche Opfer forderte. Durch dl« Handgranate« und Maschinengewehre wurden di« umliegenden Häuser zum Teil sehr schwer beschädigt. Zahlreiche Kugeln gingen in die Privatwohnungen, deren Bewohner in di« nach dem Hof« zu gelegenen Räume geflüchtet waren. Auch zahlreiche S,schäft- auslagen wurden durch Treffer beschädigt, »ei dem Erfechte wurden fünf Personen getötet und einige 20 verletzt. Bis zur Stunde befindet sich das Wolffsche Telegraphen-Bureau noch in den Händen der Unabhängigen. Di« Spartakisten ver proviantieren sich durch gewaltsame Requisitionen bet den nächsten BSckqrN Der -»lagcrungszusian- verhängt. Kelae Aussicht auf vrrsiän-lguug. Da» Berliner „Achtuhr - Abendblatt" meldet: Der Ober- befehl-haber, Volk,beauftragter Kolke, hat den Belag,- rungszustand Über Berlin verhängt. Di; Hoffnung, durch Verhandlungen eine Rettung aus der verzweifelt gewordenen Situation zu finden, hat sich nicht erfüllt. Wir treiben »nab- wendbar einem furchtbaren Blutbad entgegen. Di, gesamte Bürgerschaft vereinigt sich mit dem überwiegenden Teil der Arbeiterschaft in dem Wunsche, daß es der Regierung gelingen möge, in diesem furchtbaren Kampf Herr der Sage zu werden. Die Verhandlungen in der Reichskanzlei zwischen Regierung, Unabhängigen und revolutionären Obleuten sind vollständig gescheitert. Wie von R,gterung»seite mit- geteilt wird, ist keinerlei «u,sicht aus Verständigung mehr vo- Händen. Stark» Trupp»nmassim t« sinmarsth. Auf Berlin waren gestern nachmittag stark, rrgterunge- treue Truppen im Anmarsch, mit denen di« Regierung dees Aufruhr» H«rr zu werden hasst. Russisch» Uatrrsiützun-. Die Londoner „Morning Post" meldet au» Peter,burg: Der Mo«kau,r Sowjet hat die militärisch, Unterstützung de» Befreiungekampfe» in Deutschland beschlossen. Vi» Dpartakisi»« la L»!pzl- ua- -all«. Wie di« „Hallesche Zeitung" meldet, fordert, am Dien,tag «ine groß« Menschenmenge vor dem Geschäftslokal de» Soldaten rat,» di« Herausgabe von Waffen, die ihr verweigert wurde. Der Zug begab sich sodann vor di« Reitkasern«, wo er di« gleiche Forderung stellte. Gegen die mit Gewalt «indringend« Meng« warf ein Feldwebel au» dem Gebäude «ine Hand granate, wodurch drei Demonstranten getötet und vier ver wandet ward«. In der gestrigen Vollsitzung de» Großen Arbeiter- und Soldatenrate, Leipzig wurde ein« Entschließung angenommen, in der die Arbeiter- und Soldatenrät« Deutschland» ersucht werden, di« schleunig« Beseitigung der Regie rung Ebert-Schetdemann zu fordern. Der Hauptbahnhof in Leipzig war gestern von Ma trosen de» Stcherheitskommando» besetzt worden, welche di« Sol datenwach« ablöst«. Die im Anschluß an diese Tatsachen ausge tretenen verücht« von dem angeblich bevorstehenden spartakistt- schen Putschversuche scheinen unbegründet. Wie dem „Leipziger Tageblatt" von dem Soldatenrat mttgetetlt wird, geschah di« Besetzung d«, Hauptbahnhof«» in seinem Auftrage und Einver ständnis firbeitslosenvrrsammlung !« Vrer-e». Nach einer gestern vormittag im Zirkus stattgehabten Ar beitslosenversammlung zog ein etwa 200 Köpfe zählender Trupp in da» Stadtinnere. Ein« Abordnung begab sich in da» Rat- Hau«, wo «» zu einem kurzen Zusammenstoß kam, weil di« Wachmannschaften di, Absicht der Abordnung mißverstanden und die Waffen schußsertig machten. Schließlich begab sich die Ar- Leitilosenabordnung »um Stadtrat, um die Wünsch« ihrer Ka meraden zu übermitteln. Nach einiger Zeit zerstreut, sich di« vor dem Rathause ang,sammelt« Menge, ohne daß e« zu Zwi schenfällen gekommen wäre. vk» Dpartakuss» In Ehemnih. Die Chemnitzer Unabhängigen und Spartakus!« in Stärk« von mehreren 100 Mann demonstrierten vor der ErschSst,st«I« de, Chemnitzer Tageblatt««, weil diese« «inen Artikel veröffentlichte, in dem «« al» Aufgabe der Regierung bezeichnet wurde, die Großstädte von den Arbeit,losen zu entvölkern. U. a. wurde in dem Artikel empfohlen, den Arbeitszwang «inzuführrn und dep Arbeitslosen, wenn ihnen Arbeit nachgewtesen wird und sie dies« nicht annehmen, di« Arbeitslosenunterstützung zu ent- ziehen. Klein» tz»I»<isch» Meld,«,«». Sie Vorgänge t« Osten. Au» Anlaß «ine« deutschen Fliegerangriffe» auf ein Polenlager bet Posen ist der Kommandeur General v. Vock und Pollach in Posen von den Polen interniert worden. Di, Polen sollen mit »<000 Mann auf di« Stadt Schneid« müh l (Westpr.) im Anmarsch sein. Der al» Präsidmt der polnisch«« Republik aueersehen« Paderewskt hat in Posen erklärt, daß di« Entente mtt de« Väschen der Palen nicht in erstanden sei «S